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SprechstuuS, -n «»Sakttoo mit Mu»nahm, Sonntag» nachmittag« 4—S Uhr. — T»l»gramm-flSr»ss», Tagrblatt flurerzgrblrg». Zrrasprrchrr «. Mr unverlangt »lngefaa-t» Manuskript» kann Vewühr nicht geleisket werden. »» Pf«, »ei »er V»weN»ö»U» «»- Ich,» Pf«. a,i tee Pest b«st,Ut an» f.li>st ai,.h»U »l.rt.l,»d'I>L I.»» Ml., menitUch 1» Pf», durch »en »rI,Nr»-,r frei in» -au» Anzeiger für öas Erzgebirge WMPS «kt -er wöchentlichen Unterhaltunssbeilase: Muer Sonntagsbla«. E«Sü«s «u " p,stansta»!n°un» Sriestä?!» Eprrchsdmö» -er Ke-aktivn mit M««nahm» de« Sonntag» nachmittag« 4—s Uhr. — Telegramm-sl-ress», rageblatt sluerrzgeblrg». Zernsprecher rr. wenn »I.« 5uf;ab« »e» sn/,raü» nehmen VesteUlm,«n ent,,«en. -WL'LUWLUL Kaum sti» Saferat, an» stu» an» »en »N»ast«n »er Nmt»öaa»t- NT7ZK« »atsd»«ch«n»,r Na»att. staaatm» »»nstn»I,,a dl» fp«t«stea»»>/Uth» eermIUa»,. »Ur -«hier im Sa in »er «rfch,lnuna»w«If» laaa wenn »I« stuf,ad» »«» Snferate» durch lernfprecher erfolgt oder da» Manuskript nicht »eunich I»»dal 'st. Nr. 127. Zreitag, s. Juni rsi4. Diese Nummer umfaßt 8 Seiten. Das Wichtigste vom Tage. DwS sächsische Ministerium des Innern hat auch in diesem Jahre den?Gewerbekarmnern zur Förderung d.eS Kleingetver^es und d«S KetnhandelS'je 4000 Mark überwiesen*) » Ldr nächste SO. deutsche Geographentag findet 1917 in Leipzig statt. * Die Reichstagsersatzwahl im Wahlkreise Ko- burg ist auf den 10. Juli festgesetzt worden. Wie verlautet, werden die Konservativen in Osterburg-Stendal keinen Protest gegen die Wahl des Abgeordneten Wachhorst de Wente einlegen. * Die Beschwerde des Herrn Clement Bahard we gen seiner Verhaftung in Köln ist von dem französischen Botschafter in Berlin Lambon, dem Berliner Auswärtigen Am: übermittelt worden. » Die Familie Essad Pascha» ist nach den Meldun gen italienischer Blätter durch ein Dekret bei Fürsten au» Albanien au-gewtesen wor den. N Vküher«» sirhi an anbirgr Stell,. L dtt.'!. »»SSSSSSLSWSWWSMgr-- iIW- Mutmahltch« Witterung am 0. AuwirBitlg« West, w nde, völlig, kühl, zeitweise Nied«rschlag. 7»45« ..,W..7:.'^r^!k',7MS/ ' ISMMAMSSS- i!iä 'L.»ss" Die Hebung äer Moral. Ein Problem, da» immer wieder neu > auftaucht, ist die Frage nach dem Verhältnis von Moral und Kultur. Und wenn Rousseau seinerzeit diese Frage in pessimistischem Sinne beantwortete, so fehlt es heutzutage an Gesinnungsgenossen dieser Richtung nicht. Wie eigen berührt es, daß selbst in einem Lande wie Japan, das kaum erst in die Reihe der Kultur völker etngetreten ist, di« Aufgabe auch schon brennend erscheint, den moralverderbenden Wirkungen der Kultur entgegenzutreten. MS die Nachrichten von dem großen Marineskandal nach Europa kamen, von der Bestech- ungsasfäre, in die hohe und höchste Offiziere verstrickt sind, da gab es manchen schadenfrohen Pessimisten, der recht eigentlich in diesem Ereignis er^t di« Legitimation für Japans Vollberechttgung im Kreise der Zivilisation erblicken wollte. Aber in Jchron selbst ist man begreifli cherweise doch nicht der Ansicht, gerade nach dieser Seite hin die Kulturentwtckelung Wettergeyen zu lassen. Und so hat man denn einen Verband gegründet, der der Hebung der Moral bet der Jugend und in der Ge ¬ schäftswelt dienen soll. Eine Reihe angesehener Männer, Politiker, Bankiers, Erzieher und ander« haben teils ihre geistigen Kräfte zur Verfügung gestellt. Und dabei steht Japan mit seiner Krtminalstatisttk nicht einmal besonders schlecht neben den alten christlichen Kultur nationen. Man glaubte bisher sogar vielfach auf sein gutes Beispiel Hinweisen zu können. Die Hebung der Moral ist also ein internationales Problem. Und in derselben Zett, wo man sich im fernen Osten um seine Lösung bemüht, entstehen ähnliche Bereinigungen auch im fernen und nahen Westen. Amerika war ja ge radezu von jeher das typische Land für sittliche Reform bestrebungen aller Art. Seine freie Verfassung gab den ernsthaftesten wie den lächerlichsten Versuchen freie Bahn. Und was man in Japan im Namen des Budtsmus und Shintoismus zjr erreichen hofft, das will in den Verei nigten .Staaten Vetwa die christlich« Wissenschaft oder das Quäkertum uild so manche andere Sekte leisten. In Frankreich geht^man zum Teil von freigei- stigen Voraussetzungen aus der fortschreitenden Dekadenz entgegen. Ein« Rundfrage des Mattn zeigt, wie bitter man auch dort die moralische Not empfindet. Gebur tenrückgang und AlkoholiSmuS heißen die Schreckgespenster, di« umgehen und auf moralische Schat tenseiten der Kultur schließen lassen, wie Schmiergelder prozesse oder Polizei- und Bankskandale in Japan, New Kork unb Belgien die Kritik der Dthtker herausfordern. Daß auch die bisher best disziplinierten und vermehr rung-freudigsten Germanen von den allgemeinen Kultur krankheiten angefressen zu werden scheinen, wird vielfach die pessimistisch« Stimmung gewaltig erhöhen. Wir ken nen ja auch in Deutschland seit einigen Jahren Schmievgelderprozesse, Polizetskandale und Geburtenrück- gang al» alltägliche Erörterungsgegenstände, in Presse und Versammlungen. Und auch bei unseren skandinavi schen Vettern sieht «S nicht viel besser au». Man hat auch in Schweden Grund, Über die Geburtenstatistiken be sorgt den Kopf zu schütteln. Und wenn man im Gegen satz dazu neidisch auf die unheimlich« Bermehrungskraft de» russischen Nachbars sieht, so kann man nur allzu geneigt sein, dieses Zeugnis von Lebenskraft zu dem ge ringen Kulturgrade in ein direkte» Verhältnis zu brin gen. Für «inen modernen Rousseau wäre also Stofs ge nug in der Welt, wenn Wieder «Ine Akademie so unvor sichtig sein sollte, nach dem sittlichen Wert der fort schreitenden Kultur zu fragen. Freilich könnte man die Frage auch in dem Ginne jenes modernen Denkers beant worten, der die größere Häufigkeit von Nervenkrankhei ten damit erklärt, daß die Zahl der Aerzte gewachsen sei, die zur Feststellung solcher Krankheiten in der Lage ist. Man könnte ähnlich fügen, daß von Schmiergeldern und Geburtenrückgängen eben nur deshalb so viel ge redet werde, weil Wir heutzutage eine diensteifrige Presse und eine pflichtbewußte Statistik haben. Vergan gene Zetten konnten in der Dämmerung der geringen Oefsentlichkett vielleicht schwerer sündigen al» wir, ohne deshalb ebenso streng vor da» Tribunal der Geschichts schreibung gezogen zu werden. Rousseau» goldenes Zeit- Se Jahrgang. alter war ja im Grunde auch nur eine holde Phantasie, die allein durch das Fehlen aller geschichtlichen Nach richten über die Anfänge der Menschheitsgeschichte er möglicht wurde. Und an Wahrscheinlichkeit verliert sie, je Wetter die Forschung nun auch in das Dunkel jener Anfänge eindrtngt. Die Menschenfresser in Neu-Guinea, von denen Dr. Thurnwald berichtet, die sich ihre Woh nungen mit buntbemalten eingetrockneten Köpfen er schlagener und verzehrter Feinde schmücken, sind doch am Ende moralisch nicht etwas höher zu bewerten, als die Kulturvölker von heute. Begrüßen wir darum jene Vereinigung und Bestrebungen, die vor den Fehlern der Kultur nicht einfach kapitulieren, sondern mit ihnen ernsthaft rechnen. Die neuen Einjährigen. (Von unserem Berliner ^--Mitarbeiter.) Das Maiineverordnungsblatt -vom 1. Juni bringt so eben neben einer Reihe anderer wichtiger Anordwmgen auch vorläufige Bestimmungen Wer die Ausbildung von Seeoffizieren. das Beurlaubtenstandes, die «ine f reiw illige einjährige sllöbung ab dienen -wollen. Damit ist eine neue Einrichtung geschaffen, die zunächst für die Leistungsfähigkeit und Schlagfertigkeit unserer Marine von erheblicher Bedeutung werden dürfte. Der Reichstag hatte schon früher Anregungen in dieser Rich tung gegeben und bei den lehren Beratungen de» Dtvrine- etats einmütig die angeforderten Kosten Mr die Ausbil dung der neuen Einjährigen bewilligt. Die Marinover- wultung sucht nun offenbar die bewilligte Summe sobald als möglich nutzbar anzulegen. Alle Milttärverständigen stimmen darin, überein, daß bet den riesigen Massenheeren, die auf künftigen Kriegsschauplätzen in Europa zur Dor wendung kommen, mehr al» je zuvor die Entscheidungen von den Führerqualttätsn der Vorgesetzten ab- hängen werden. Nicht nur die Befehlshaber der großen Lruppenkörper müssen eine ganz ungewöhnliche Direktions gabe entwickeln, um die Millionen Soldaten ordnungs mäßig vorwärts und an den Feind heuamtzubrlngen, son dern auch die Offiziere der kleinen Verbände müssen viel selbständiger als früher handeln,, um den Anforderungen des modernen Feuergefechtes zu genügen. Die militärische Tüchtigkeit der Führer wird die beste, wenn nicht die einzige Garantie Mr die Erfolge künftiger Schlachten werden. Das gilt gleichmäßig Mr -di« Land-,, uste für die Seeschlachten. In der Marine kommt noch hin zu, daß bei der rasend schnellen technischen Entwicklung des Schiffsbaues und der SchWsbewaUnung die Ansprüche an die Ausbildung der Marineoffiziere besonders umfang- reich und streng geworden sind. Diesen gesteigerten An sprüchen gerecht zu werden, heißt für Friedenszeiten geeigne ten Offiziersersatz beschaffen. Die Auswahl junger Offi- ziere wird deshalb, soweit das dringende Bedürfnis es gestattet, besonders vorsichtig getroffen, und die Ausbil dung der Reserveoffiziere wird nach Möglichkeit vervoll kommnet. Gerade in der Marine Wer hat sich noch mehr als beim Landheer herausgestellt,, daß die wenigen Wochen Unser Ausverkauf. Humoreske von Freiherr von Schlicht. . Nachdruck oerboi«!,. Meine Frau war zur Stadt gegangen, um sich ein Paar neue Handschuhe zu kaufen; sie wollte diese Gelegen- heit und diesen kleinen Einkauf benutzen, um Mr mich in der Stadt einen Tausendmarkschein zu wechseln; und als sie dann am Mittag wieder nach Hause kam, hatte sie sich statt -der Handschuhe ein Haus jgeLruft uni^ damit der Kauf nicht wieder von beiden SÄten rückgängig gemacht werden könne, hatte sie gleich meinen Daufendmarkschetn auf das Haus angezahlt. Wer sich bet einer Frau noch Wer etwas wundert, verdient nicht geschieden, sondern standesamtlich noch zwei weiteren Frauen »erheiratet zu werden, damit er es bald und gründlich verlernt, sich noch weiter zu wundern. Das wußte ich schon längst, aber trotz dem war ich lange Zeit sprachlos, bis ich meine Frau bat: Nun aber erzähle mir mal im Zusammenhang, ob es denn wirklich wahr ist, daß du dir ein Hau» -gekauft hast, ein richtiggehende» Haus aus.Mauersteinen und Ziegeln, mit einer Dachrinne und mit allem, was sonst noch dazu gehört. Und vor allen Dingen: wo liegt da» Hau»? Kenne ich es überhaupt? Und ich erfuhr daß ich e» kannte. Es lag nicht wett von unserer bisherigen Mllck. Mr waren oft daran vorübergegangen, und ebenso oft hatten meine Frau und ich den Wunsch geäußert, die kleine Villa, wenn ste einmal frei werden sollte, zu mieten, da unser jetzige» Hau» für uns viel -u groß war. Al» meine Frau Heute morgen wieder an dem Hause vorüberging hatte st« den Hauswirt getroffen, der ihr erzählte, der bisherige Mieter habe plötzlich und unerwartet die Nachricht von seiner Versetzung erhalt«. Der müsse schon tn den nächsten Tag« ausziehen, die Billa werde leer, aber sie sei nicht wieder zu vermieten, sondern nur noch zu verkaufen, da der Hauswirt sich dem nicht wieder aussetzen wolle, daß er abermals einen -Mieter so schnell und so plötzlich ver liere. Nur, um da» Haus zu bekommen und damit kein anderer Käufer ihr zuvor käme, hatte meine Frau den Kauf gleich abgeschlossen; und al» ich wenige Tage später das neue Haus zum -erst« Male auch «von innen mir an sah, da giftet es auch mir sehr gut, so daß ich »meiner Frau zu dem Kauf gratulierte. Nur eins war mir völlig un klar, wie meine Frau in dem, sieben Räumen, die wir in Zukunft zur Verfügung haben würden, all die Sachen unterbringen wollte, die jetzt bet uns in mehr al» fünf zehn Stuben herumstanden. Wenn es weiter nicht» ist, beeilte meine Frau mich zu beruhigen, dann brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Selbstverständlich habe ich mir schon längst alles reiflich überlegt. Ich -werde di« Möbel, soweit. Mr sie hier nicht stellen können, verkaufen. Ich habe ste sogar schon von einem Sachverständigen abschätzen Asien und ich bekomm« alle» in allem mindesten» fünftausend Mark, wenn nicht sogar sechs. Da» große Büfett mit de*. Anrichte ist allein auf fünfzehnhundert Mark taxiert: viel ist e» ja.nicht, wenn man bedenkt, daß es vor ein paar Jahr« zweitausend- fünfhundert Mark gekostet hat und heute noch -so Hut wie neu ist. Aber trotzdem, Mr Mnfzehnhundert Mark gebe ich es fort, etwa» muß man ja im Preise heruntergehen, wenn man verkauft, aber Mnfzehnhundert Mark bringt.« sicher, sch« weil e» so groß ist. — Es war-sogar noch größer, ,» mar «in Monstrum an Länge, Breite, Höhe und Ge wicht, und mir vetfönlich erschien «s mehr al» Eöffelhaft, ob Mr überhaupt ein« Käufer dafür find« -wurden, aber ich hütete mich, da» auszusprechen, um meiner Frau,di« FreW« an den Mnstzchnhmdert Pauk nicht zu nehm«, mit denen ste bereits rechnete, als hätte stetste schon in Händen. Aber ste rechnete nicht Mr mit« dies« fünfzehn hundert Mark, sie rechnete schon mit den ganzen -fünf- bis sechstausend, die ihr der Ausverkauf bring« Milde, .denn daß die Käufer komm« würden, unterlag Mr ste nicht dem leisesten Zweifel. Und die kam« auch wirklich, .al» ich in einer sehr schön abgefaßten Annonce auf all die Herr lichkeiten htngewiesen hatte, die wir umzugshalber zu billigen, -aber unbedingt festen Preis« abgeben wollt«. Die Käufer kamen schön au» Neugierde, aber nicht «in einziger kaufte. Allen war« Li« Sachen zu teuer, das große Büfett wollt« kein Mensch geschenkt hab«, weil ste es doch nicht stellen könnt«. Bis dann eine» Wag«» «in» unserer Mädchen in da» Zimmer trat, um meiner Frau zu melden, e» sei eine Dame.da, die eime Chaiselongue kaufen wolle, aber nicht zu dem angesetzt« Preise von neunzig. Mark, sondern Mr Mr Mnfunddreihig, Mmf Mark wolle ste gleich anzahl« und den Rest stn monatlichen Raten von je zehn Mark. Mein« Frau war außer sich: fünsunddreißig Mark statt neunzig! Es hätte nicht viel gefehlt, so hätte ste ange- fangen, zu weinen. Und ste weinte wirklich, al» da» Mäd« ch« hinzusetzte: die Dame.lasse frag«, ab ste nicht eine von den echten Meißner Porzellanvasen umsonst dazu be käme, wenn ste soviel -Mr die alte Chatsesongue bezahlt«. Meine Frau weinte wirklich, und um diese Trän« zu trochi«, ging ich selbst hinunter, um mit d«r Dame zu sprech«, und al» ich Mrn zurückkehrte, gelang e» mir leicht, meine Frau zu beruhigen. Die Dame hatte -war keine neunzig Mark bezahlt, wohl aber MnfunUsieLztg, und diese bar. Mein« Frau strablte, ste war so glücklich, daß sie ganz vergaß, mich danach zu frag«, wie ich es fertig gebracht-hätte, einen so -oh« Pret» und noch dazu sofortig, Bezahlung zu erzielen, und da» war mir sehr lieh, denn