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Erscheint wScheutlich dreimal and zwar DimStag», DouncrstagS und Sormabe udS. Bezugspreis vierteljährlich I Mt. 30 Pfg., durch di« Post bezog« 1 Ml. 54 Pfg. Fernsprecher Nr. 6. — Telegramm-Adresse: Amtsblatt WilSdmfs. nnd Umgegend. Amtsblatt Inserate werden Montag», Mittwoch» und Freitag» bi» spätestens 12 Uhr angenommen. Insertion»Preis 15 Pfg. pro viergespaltene Korpuszeile. Außerhalb deS Amtsgerichts beztrks Wilsdmfs 20 Psa. Zeitraubender und tabellarischer Satz mit 50 '/, Aufschlag. Mr die Kgl. Amtshauptmannschaft Weigen, Mr das Kgl. Amtsgericht und den Stadtrat m WllsdxuA. sowie für das Kgl. Forstrentamt ru Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhai«, Blankenstein, Braunsdorf, BurkhardtSwalde, Groitzsch, Grumbach, Grunv bei Mohorn, Helbigsdorf, vrrzogs»u»e am sansser», Kaufbach, Kesselsdorf, Kleinschöuberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, SberhermSd-rf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bet Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steildach bei Mohor«, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. d,Druck uud Verlag vovZArthur Zschunke, Wilsdruff. Für die Redaktion und den amtlichen Teil verantwortlich: Hugo Friedrich, sür den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. No. IO» Dienstag, ve« 22. September 1S«8. >7. Jahrg. p-lttUch« Rnndscha«. Wilsdruff, den 2l. September. Deutsches Reich. 600 Millio«-« Steuer«! Nachdem Reichsschatzsekretär Sydow mit den Vertretern aller bürgerlichen Parteien, auch den Zentrums, über die neuen Steuervorlagen verhandelt hat, dringen weitere Einzelheiten über deren Inhalt in die Oeffentlichkeit. So soll, wie die „Köln. Volksztg." berichtet, als Be lastung des Mafsenkonsums eine Erhöhung der Einnahmen aus Bier, Branntwein und Tabak mit rund 300 Millionen Mark in Aussicht genommen sein. Als „Ausgleich" für diese Belastung des Konsums der wetten Volkskreise sollen auch Luxussteuern, eine Wei »steuer und eine Steuer für Gus und Elektrität, beide zu- sammeu mit einem Ertrag von rund 70 Millionen Mark jährlich, eingeführt werden. Damit auch der Besitz von den neuen Steuern erfaßt werde, soll außer der schon bestehenden Reichserbschaftssteuer, d. h. außer der Steuer auf die einzelnen Erbanfälle, der bisher die Erb' IN der Kinder und Ehegatten nicht unterworfen waren, "^ Nachlaßsteuer von allen hinterlassenen Vermögen, gleichviel an wen solche als Erbteil fallen, erhoben werden. Diese Steuer soll jährlich etwa 120 Millionen Mark betragen, wovon jedoch ein beirächlichcr Teil als Erhebungs- kosten abgeht. Alle diese Steuern ergeben eine Gesamt mehrbelastung von jähEch 540 Millionen Mark, von denen etwa 470 Millionen Mark netto in die Reichskaffe gelangen wurden; etwa 7o Millionen Mark jährlich dürften für Abfindungen und Erhebungskosten draufgehen. Außer dem soll noch Zur Deckung des St.uernachlasseS auf Zucker im Betrage von 2 Pfg-pro Kilogramm, welche der Reichs kaffe einen Ausjall von etwa 40 Millionen Mark jährlich verursachen wird, eine 3ns e rate »steuer (Annoncen- und Anzeigensteuer) eingeführt werden in Höhe von annähernd 60 Millionen Mark, weil auch diese Steuer wieder be sonders große Erhebungskosten erfordert. Heber de« G-s«ndhett-zusta«d de- Fürste« Eulenburg ist der Staatsanwaltschaft ein amtlicher Bericht erstattet worden. Dem Vernehmen nach läßt das Gutachten die Frage offen, ob der Fürst in absehbarer Zett verhandlungs- fähig sein werde. Da die Cha ritt den Fürsten nicht über den 1. Oktober hinaus behalte« will, weil die von ihm und seinen Wächtern bewohnten Räume anderweitig ge- braucht werden, andere geeignete Zimmer, die miteinander in unmittelbarer Verbindung stehen, aber nicht vorhanden find, so wird der Fürst nunmehr den Antrag stelle», ihn «ach seinem Gute Liebenberg zu entlasse«. Da- Heirat-alter. Das französische Ministerium hat jungst Statistiken üb--das H^iratsalter veröffentlicht, denen helvorgeht dab in Deutschland wie in Frankreich die meiste« Ehen ziemlich spät geschlossen werden, nämlich mit 29 Jahren. Noch um ei« Jahr später werden in Dänemark und Schw-d-« di. K N Durchschnitt.g-Mosseu. DaS Dol', bet denen die Brautleute am jüngsten sind, sind u°^dieser^Statistik die Serben, für die der Durchschnitt Eine dramettisch- Szene vom sozialdemokratische« Part-itag- wird wie folgt geschildert: Der Redner Segitz hatte mit den Porten geschlossen: „Ich stehe fest 35 Jahren in der Partei. Wir hätten ja noch ein paar Jahre fortwursteln können, aber der unwürdige, ekelhafte Streit empört uns. Bis zur Siedehitze steigt unser Zorn über diesen Skandal wegen Bagatellsachen. Urteilen Sie wie Sie wollen I" Kaum sind diese Worte verhallt und der Redner wendet sich zum Abgänge, da geht ein Donnern durch den Saal und die Szene wird von dramatischer Wildheit. Als nämlich die Berliner den Beifall der Rechten stören wollten, da donnerte das .Volk" an die Pforten der Halle. Ein ganz unbeschreiblicher Beifall von den Galerien und dem Vorraum feierte den Redner. Man trampelte und klatschte unaufhörlich in die Hände. All: Delegierten sprngen auf und wandten sich gegen den Zuhörerraum. Lange Minuten dröhnte der Lärm. Fort und fort läutete der Vorsitzende Singer mit der Glocke Sturm. Vergebens! Nun geraten die Delegierten selbst aneinander. Gruppenweise schreien sie sich an, aufgelöst ist jede Ordnung. Mit hochroten Gesichtern und wütenden Gebärden stehen die Genossen einander gegenüber, als wollten sie handgemein werden. Singer läutet und läutet. Endlich geht den Kundgebern der Atem aus, und Singer wendet sich tiefbewegt an den Parteitag: „Wenn ihr euch nicht mäßigen könnt und eure Erregung bcmctstern, ist eine geordnete Verhandlung un möglich. Die Partei, die euch hierher geschickt hat, muß erwarten, daß ihr euch bemeistert. (Lärm un Zurufe.) Die persönliche Erregung muß niedergehalten werden. Ich weise die Ordner an, den Platz für die Delegierten streng frei zu halten von den Zuhörern und erwarte, daß diese nicht vergessen, daß ste sich an den Verhandlungen nicht zu beteiligen haben." Ausland. Eine fürstliche Verlobung. Einer Meldung aus Paris zufolge ist dieser Tage eine Verlobung vollzogen worden, durch welche zwei ent thronte Linien des bourbonischen Königshauses zuein ander in neue, enge verwandschaftliche Verbindung treten werden. Bräutigam ist der Prinz Ludwig Maria Philipp von Orleans und Bragaza und Braut die Prinzessin Maria Pia Clara Anna von Bourbon-Sizilien. Prinz Ludwig, der am 26. Januar 1878 geboren wurde, steht in Lsteretchisch-ungarischen Militärdiensten. Die Prinzessin Maria Pia, geboren am 12. August 1878, ist das fünfte von den elf Kindern des Grafen von Easerta, des Thron« prädententen von Neapel und Sizilien, und eine jüngere Schwester der Prinzessin Johann Georg von Sachsen. Z«r Heirat deS Herzog- der Abruzzen. Die neuesten Meldungen über die Hochzeit deS Herzogs der Abruzzen sind in Rom Gegenstand lebhafter Besprechung. Der Graf von Turin soll tatsächlich sehr energisch bei der Königinmutter für seinen Bruder ein- getreten sein. Er erinnerte Margherita von Savoia daran, daß der Herzog bereit» 35 Jahre alt sei und die Heirat nicht länger verzögert werden dürfe. Außerdem bleibe der Herzog, dessen Festigkeit ja jeder kenne, unerschütterlich bet einem einmal gefaßten Entschluß, und daß er niemals heiraten würde, wenn er je zu Miß ElktnS die Beziehungen abbreche« sollte. Der Graf von Turin erwähnte dann, daß die erste Gattin des Prinzen Amadäus, Herzogs von Aosta, Mutter de» Herzogs der Abruzzen, eine geborene Dal Pozzo vella Cisterna war und in ihren Ader» durchaus kein fürstliches Blut floß. Die Vorstellungen deS Neffen waren aber völlig vergeblich. Die Königinwttwe Margherita beharrte bet ihrem Veto. Sie will nicht, daß der Prinz bei den Amerikanern als Mitgiftjäger erscheine. Sie zeigte dabei den Grafen die Karikaturen, die man auf de» Herzog in dieser Angelegen- heil in den amerikanischen Witzblättern gemacht hat, nnd wies darauf -in, daß auch in den italienischen Kolonien Amerikas dieses HeiratSprojckt gar nicht beliebt sei. Hierauf erwiderte der Graf, er habe nicht die Kraft, die Ausführungen seiner erlauchte« Tante zu wiederlegen, ihr mitteilen, daß der Herzog auch gegen ihren Willen heiraten werde. Königin Margherita soll von dieser Antwort sehr schmerzlich berührt worden sein. Der Graf von Turin fuhr bereits am nächsten Tage nach Spezia, um seinen Bruder über den wenig glücklichen Ausgang seiner Mission zu unterrichten. In politischen Kreisen neigt man zu der Ansicht, daß die Hochzeit nicht eher stattfinden wird, als bis auch der Widerstand der Königinmutter beseitigt ist. Der König setzt der Heirat seines Vetters keine Schwierigkeiten entgegen. Die Zarin zu Hause. Von dem Leben der russischen Kaiserin und ihrer Kinder entwirft eine mit den Verhältnissen vertraute Persönlichkeit in der letzten Nummer deS „Munsey Magazine" ein fesselndes Bild, das erhöhtes Interesse gewinnt durch die jüngsten Nachrichten über den besorgnis erregenden Gesundheitszustand der Zarin, die kürzlich in die Oeffentlichkeit gedrungen sind. Die Kette bitterer Ereignisse, die Rußland im letzten Jahrzehnt heimgesucht hat, ist an der jugendlich fröhlichen heiteren hessischen Prinzessin, die voll froher Erwartungen ihren Mädchen namen Alice mit dem Ucbertritt zur russtchen Kirche gegen den volltönenden Alexandra Feodorowna vertauschte, nicht spurlos vorübergeglitten. Die kühle Haltung, mit der die Kaiserin-Witwe der jungen Schwiegertochter gegenübertrat »und bald darauf die Wirrnisse, die ihr neues Vaterland erschütterten, haben dem einst so weichen, lebensfrohen Gesicht ihren Stempel aufgedrückt. Die Wucht dec Er eignisse zerstörte die anmutigen Umrisse ihre» Mädchen« wesens, und ihr einst freier sorgloser Blick hat die harm lose Fröhlichkeit von ehedem verloren. Wie eine dunkle Wolke lagern die politischen Geschehnisse über dem russischen Kaiserhofe, und auch das innige, reine Familien glück, daß die junge Fürstin an der Seite ihres Gatten und im Kreist ihrer heranblühenden Kinder gesunden hat, gewann nie vollkommene Macht über die düsteren Schatten, die von fern her unfaßbar sich auftürmten. Die Sorge um ihre Kinder ward der Inhalt ihres Lebens. Daß die ersten vier von ihnen Mädchen waren, weckte im aber gläubigen Volke manches bedenkliche Kopfschütteln; aber seitdem der kleine Großfürst Alexis geboren ward, find die alten Befürchtungen vergesse«. Wenn die heimliche Sorge über das Gesicht der Mutter den trüben Schleier heimlichen Grams ausgebrettet hat, so strahlt die harmlose Fröhlichkeit gesunder Jugend aus dem Wesen der Zaren- ktnder und trägt einen Quell sonniger Heiterkeit tn das stille Familienleben des russischen Herrscherpaares. Die älteste Tochter, die Großfürstin Olga, ist ein anmutiges, fröhliches Mädchen von dreizehn Jahren, und in ihr scheint jener frische Humor und jene ursprüngliche Freude an der Heiterkeit neu aufzuleben, die in der Mädchcnzeit am Wesen der Zarin so sympathisch berührt hat- Vor kurzem schrieb die kleine Olga eine phantastische Schil derung eines Besuches t« den Vereinigten Staaten, die sogar irgendwo gedruckt wurde und in ihren originellen Einfällen und ihrem frischen Humor von dem lebendigen, phantafieerfüllten Geist des ältesten Zarenkindes Zeugnis ablegt. Wie die Großfürstin Olga find auch die übrige« drei Schwestern gesunde, fröhliche Kinder, die unter der unmittelbaren Obhut der Mutter erzogen werden u«d tn dem lauschigen Park von Zarskoje Selo nichts ahne« von den stürmigen Sorgen, die draußen im Lande wogen. Der Zar selbst ist keineswegs so bedrückt, wie sensationelle Schilderungen ihn gern darstellen; fast immer, wen« er im Kreise seiner Kinder weilt, liegt ei» frohes Lächeln auf seinen Zügen, mit seiner Gatti« teilt er die Ab neigung gegen allen äußeren Pomp und alle freie Be weglichkeit etnengenden Hofzeremonien. Nur wenige Fürsten« familie« mag es geben, die so innig dem eigenen Familtenglück leben. Ei« Zare«fchlotz i« Meer. Der Zar liegt gegenwärtig in den stnnländische« Schären fleißig dem Fischfang wie auch der Jagd ob, wenn auch dort nicht viel mehr Wild al- Füchse und Rebhühner vorhanden find. LiebltngSaufenthalt der Zarenfamilie ist die schöngelegene Insel Kawo, auf der sie viele Stunden am Tage zubringt. Der Zar hat An ordnung zum Ankauf dieser Insel getroffen, auf welcher ein Sommerschloß mit vollständiger Einrichtung für de« ganzen Hof und Hofstaat erstehen wird. Auf diesem leicht zu überwachenden Schloß will dann die Zarenfamilie jeden Sommer zubringen. Die Zahl der Choleratranke« wächst in Petersburg mit jedem Tage. Die Epidemie erfaßt immer weitere Bezirke und nähert sich dem Zentrum d-r Stadt Sie erfaßt auch die Vororte, während die Väter der Stad nichts als Worte über die Cholera ver- lieren. Die Hospitäler waren schon vor der Epidemie stark überfüllt, in den dunkl-n stickigen Korridoren der meisten Krankenhäuser standen Betten mit chronisch Kranken. Jetzt ist rS in der Stadt soweit gekommen, daß der Cholera wegen die anderen Kranken einfach auf die Straße geworfen werden! Zu Anfang der Epidemie waren mit großer Mühe 300 Betten fceigemacht worden, während die Zahl der Cholerakranken in den Hospitälern heute schon über 700 beträgt. Jnfolgedesse« werden die Kranken aus den Hospitälern einfach auS. gewiesen. Gestern wurden aus dem Kaltukinhospital alle