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für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, »Wilsdruffer Tageblatt- erschein! an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugeprei»! Bei Abholung in ^elchSflsstckle UN» den Ausgabestellen r AM. im Monat, bei Anstellung durch di« Boten AW., bei Poftbeftellung t «M. zuzüglich Abtrag« . gebühr. Einzelnummern Epf,.«ll«P„!-nstalt-n Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postbote» »»»»»,«»*«-. ir^ger und Geschäftsstelle» — > U 2—2 nehmen zu feder Zeil De. »elluugen entgegen. JmFalle hüherer Gemalt, Krieg oder sonstiger Betrtedsstürungen besteht kein Anspruch »ns Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreise». — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolg« nur, wenn Porto beiliegt. chenni^i?'^ N«»>Y»Ue r0«x,g dielgespalt-« Zeil, der amtlichen Bekanntmachungen AI A^ch*. g-schr,ed-7!eErscheinnu,.^ ^ ^ 'glichen teil. 1 Reichsmark. Noch-o-isung-g.blch, A> RmZhspfenm,.. Z-rnsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Melken des Amts, gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 214 — 90. Jahrgang Wilsdruss-Dresden Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Postscheck: Dresden 2640 Montag, den 14. September 1931 Deutsche Wochen. Wieder einmal stehen wir Deutsche allein in der Welt, hören wir vom Ausland her bestenfalls ein kühles „Helft euch selbst!". Das ist freilich kaum noch eine Überraschung, heute weniger denn je, da es den wirtschaftlich entwickelt sten Staaten ebenso schlecht gehl wie jenen Völkern, die in oer Hauptsache Rohprodukte liefern. Da Hal man nicht viel dafür übrig, den anderen zu helfen, nur an sich selbst denkt jedes Volk und rings um den Erdball sorgt jeder Staat, wie er sich selbst helfe, um durch die Zeit diefer Weltnot hindurchzukommen. Wieder einmal hören wir darum laut und oft — als selbstverständliche Mahnung — auch aus dem Munde der für Deutschlands Schicksal und Leben Verantwortlichen den Hinweis auf die Notwendigkeit dieser Selbsthilfe als Volk Was am „laufenden Band der Notver ordnungen" an Um- und Neuregelungen erfolgt, soll diesem Zweck der Selbsthilfe dienen. Aber auch solch einem Zwang, besser gesagt: den Wirkungen und der Erfolgsmöglichkeil eines solchen Zwanges, einer der artigen Reglementierung sind Grenzen gesetzt. Äußere ebenso wie innere. Die Reichsregterung kann nicht, wie ein bekanntes Wort sagt, neben jeden Staatsbürger einen Schupobeamten stellen, der aufzupassen Hai, daß die auf Selbsthilfe nuferer Volkswirtschaft abzielenden Zwangs maßnahmen auch wirklich befolgt werden. Die Einsicht in die Notwendigkeit solcher Selbsthilfeverordnungen ist nicht bloß ein besserer Gesetzeshüter als der Zwang, son dern der Appell an jene Einsicht, an die Ver nunft führt schneller und ausgiebiger zum Erfolg. Gewiß hat die Mahnung: „Deutsche, kauft deutsche Waren!" gute Früchte bereits in der letzten Vergangenheit getragen und ein Spottwort der großen englischen Zeitung „Times" aus dem Kriege, der Deutsche selbst halte die ausländische Ware ohne weiteres für besser als die entsprechende einheimische, trifft nur noch in recht bedingtem Umfang zu. Aber ausgerottet ist dieses Vor urteil doch noch längst nicht, sonst würden wir nicht tm vergangenen Jahre noch für etwa l,5 Milliarden Mark Fertigwaren aus dem Auslande eingeführt haben- Wir wissen genau, daß vieles — vielleicht das meiste — dar unter auch an Gleichwertigem in Qualität und Preis bei uns im Lande hergestellt wird, — und wenn wir es nicht wissen, dann sollte man als Deutscher heute mehr denn je sich doch recht genau danach erkundigen! Das ist P f l i ch t bei einer industriellen Arbeitslosigkeit von über vier Mil lionen! Denn diese Arbeitslosigkeit beruht auf dem Ab satzmangel und wenn wir nur die Hälfte jener Fertig wareneinfuhr durch einheimische Erzeugnisse ersetzen könnten und würden, dann hieße das: Lohn, Brot, Arbeit schaffen für Tausende und aber Tausende deutscher Arbeiter! Das hieße daher: Selbsthilfe! Und wirklich nicht viel verlangt ist es, die entsprechenden deutschen Produkte auf Güte und Preis wenigstens zu prüfen. Um unserer „schönen Augen" willen kommt doch auch das Ausland nicht zu uns, sondern es kauft bei uns nur Fertigwaren im Betrage von einer erfreulich hohen Zahl von Milliarden, weil diese Waren besser sind und preiswerter als anderswo. Diese Erfolge konnten errungen und im großen und ganzen auch verteidigt werden, obwohl fast alle Staaten ihre Zollmauern gewaltig erhöhten, bis sie fast al« Einfuhrverbote wirkten. Es heißt auch die An strengungen unserer Industrie, diesen Erpori noch zu er weitern, energisch und tatkräftig unterstützen, wenn der deutsche Jnlandsverbrauch das „Deutsche Waren sind die besten" zur unbedingt befolgten Parole macht Einsichtist und wirkt besser als Zwang und oft sind an sich vielleicht erwünschte Zwangsmaßnahmen kaum oder gar nicht möglich. Die ernsteste Sorge aller derer, die vom deutschen Polke eine Beschränkung der Einfuhr auf das wirklich und dringlichst Notwendige aus volkswirt schaftlichem Zwang fordern, war und — leider — ist auch heute noch der Massenimport lebensunwich tiger Nahrungs- und Genußmittel. Daß wir sie nicht einfach durch Verbot unterbinden können, weil die Handelsverträge dies verbieten, weil außerdem die da durch etwa betroffenen Staaten mit gleichen Maßnahmen gegenüber unserem Jndustrieerport antworten würden, erfuhren und wissen wir allzu genau. Natürliche Hem mungen dieser Genußmitteleinfubr sind an sich freilich schon eingetreten durch die rasch sinkende Massenkaufkraft, Wobei es gewissermaßen eine Art bitter-süßer Trost ist, daß auch die Welt draußen zu spüren bekam, was es bedeutet, den Konsumenten Deutschland auch nur teilweise als Käufer zu verlieren. Für 2,5 Milliarden Mark bezog 1930 Deutschland vom Ausland. Die zwingende Not schränkte diese Einfuhr beträchtlich ein, — die Einsicht soll sie noch weiter einschränken! Man mag nicht oft Gesagtes wiederholen, daß auf deutschem Boden Gewachsenes oder Erzeugtes bis zum letzten Nest verbraucht, seiner Bestimmung für die Er nährung des deutschen Polkes zugeführt werden muß — vor aller und jeder Auslandsware gleicher, ähnlicher, aber auch ersetzbarer Art. Wir dürfen nichts nutzlos ver kommen lassen, weil „der Geschmack" irgendwelche Aus landsware vorzieht, selbst dann, wenn diese sogar noch teurer ist als dre gleichwertige deutsche Ware! Deutsche Hausfrau in deine Hände ist hier die Entscheidung gelegt, denn durch drese Hände gehen heute etwa 85 Pro zent aller Lebensmittel des deutschen Volkes! An dich HMmhrM in Lestemilh uWM Heimktr besetzt Orte ix MiWmeich, Eteittmart mb SaWri. Heimwehrgruppen haben die Orte Bruck an der Mur, Kapfenberg, Feldweg, Judenberg und Schladming, sämt lich in Obersteierma rk gelegen, besetzt. Das gleiche war auch in einigen Orten Oberösterreichs, so in Kirchdorf an der Krems und in einigen Orten im Salz- burgischen, der Fall. Der Bundesführer Pfricmer erließ eine Kundgebung, in der er die Er g r e i f u n g d e r Macht durch den ihm unterstehenden Hcimatschutz be kanntgab und Gendarmerie und Polizei ihres Eides ent band. Die Bundesregierung hat in einem Rundtelegramm die Staatsbehörden angewiesen, Widerstand zu leisten. In einigen Orten ist zu Zusammenstößen gekommen. Über den Heimwehrputsch wird amtlich bekannt gegeben: Die Bundesregierung hat im eigenen Wirkungs kreise ebenso wie die Landesregierungen alles veranlaßt, um die Ordnung vollkommen wiederherzustellen, was auch in Kürze der Fall sein wird. Mit Ausnahme der erwähn ten Orte herrscht im ganzen Bundesgebiet und in der Bundeshauptstadt vollständige Ruhe. * Wien, 13. September. Ueber die Ausbreitung des Putsches selbst läßt sich folgende Uebersicht geben: Sowohl in Innsbruck wie in ganz Tirol herrscht vollständige Ruhe. Auch in Salzburg kam es nur in St. Johann und in kleineren Orten zu Alarmierun gen, aber nirgends zu Bewegungen. In Oberösterreich kam es zu einer größeren Aktion, wie gemeldet, in Kirchdorf. In Kärnten und in Dsralberg haben sich die dortigen Heimwehrformationen dem Putsch überhaupt nicht angeschlossen. Am stärksten war also das Vorgehen der Heimwehr in Obersteiermark, wo die Teilneh mer am Putsch auf 10- bis 15 000 Mann geschätzt werden. Dort ist es auch allein zu blutigen Zusammenstößen gekommen. Beim Vorgehen gegen das Arbeiterheim in Kapfenberg ist noch ein wei terer Arbeiter getötet worden. Im ganzen sind also in Kapfenberg zwei Arbeiter getötet und drei Arbeiter sowie ein Heimwehrmann schwer verletzt worden. Auch in Knittelfeld soll es zu blutigen Zusammenstößen gekommen sein, die ein Todesopfer und mehrere Verwundete mit sich brachten. Wie nunmehr bekannt wird, ist Sonntag nachmittag die Wie ner Polizei davon benachrichtigt worden, daß aus Weyr im Enns tal 17 Lastautos mit bewaffneten Hoimwehrleuten, die auch Ma schinengewehre mit sich führen, auf der Fahrt nach Wien begriffen seien. In der Umgebung von Weyr „requirierten" sie Proviant und setzten dann die Weiterfahrt nach Wien fort. Nach einer Mitteilung von amtlicher Stelle befinden sich diese Hennwehr- truppen augenblicklich in Amtsletten, wo sie in den Gaststätten rasten. Helmwehrführcr Dr. Pfricmer. vor allem geht der Ruf und die Mahnung, wenn in diesem Herbst jetzt in Deutschland überall „Deutsche Wochen" ver anstaltet werden Sind doch bei diesen Veranstaltungen in den verschiedensten Ländern und Provinzen gerade die Hausfrauenorganisationen an erster Stelle beteiligt und man will in und mit diesen „Deutschen Wochen" nicht bloß für ein paar kurze Tage, sondern längere Zeit hindurch auch den letzten Rest von Unkenntnis oder Unterschätzung jener Notwendigkeit beseitigen, die mit dem nahenden Winter immer lauter mahnt und fordert: „Deutsche, kauft nur deutsche Waren!" Die amtliche „Wiener Zeitung" veröffentlicht einen Auszug aus Dem Aufruf Dr. Pfriemers, in dem es heißt, daß ihn das Heimattreue Volk von Oesterreich zum obersten Hüter seiner Rechte berufen habe, daß er fich gezwungen fühle zur Tat zu greisen, um den völligen Untergang abzuwehren und daß Der Heimatschutz jni Sinne seiner Grundsätze die Macht im Staate ergreife. Dieselbe Sonderausgabe des amtlichen Blattes veröffentlicht eine Erklärung der Landessührung der niederösterreichischen Heim wehr, die von dem Landesführer Raab unterzeichnet ist. Es wird darin erklärt, daß diese mit den Aufruhrversuchen nichts gemein hat, sie nicht nur ablehnt und verurteilt, sondern auch aktiv gegen derartige Versuche austreten würde. Sie stelle alle Formationen der Regierung gegen Putschabsichten zur Verfügung und habe ihre Dienststellen angewiesen, sich zur Unterstützung der legalen Gewalt bereitzustellen. Eine zweite Erklärung der Landesführung der Tiroler Hiemwehr besagt, daß die Tiroler Heimwehr und die Frontkämpfervereinigung Tirol erklären, daß sie von dem Vor gehen des steirischen Heimatschutzes vollständig überrascht worden seien, dem Unternehmen gänzlich fernstünden und bedauerten, daß durch solche unüberlegten Verstöße dem Heimwehrgedanken in kurzsichtiger Weise schwerer Schaden zugefügt worden sei. Alle Kameraden werden aufgefordert, Ruhe zu bewahren und sich un beirrt durch die Ereignisse auch weiterhin in den Dienst des ge sunden Heimwehrgedankens zu stellen. Pfriemer brlchtden Aufstand ab Graz, 13. September. Die Pressestelle der Bundesfüh- rung des Heimatschutzverbandes Oesterreichs verlautbart in später Abendstunde folgenden Befehl des Bundesführers Dr. Walter Pfriemer: „An alle Heimatschutzführer Oestereichs! Die Notlage des Bauernstandes, das Elend weiter Kreise der Arbeiterschaft sowie der schaffenen Teile unseres Volkes hat mich veranlaßt, einen letzten Rettungsversuch zu machen, um es vor der Auslandsversklavung und vor Niedergang zu bewahren. Obwohl Wir nicht nur ganz Steiermark mit Ausnahme von Graz besetzt, sondern weit darüber hinaus gegriffen haben, breche ich, um Blutvergießen zwischen Heimatschutz und Exekutive zu ver meiden, die Aktion ab. Alle Heimatschutzabteilungen haben sofort geschlossen in ihre Heimatgemeinden abzurücken. Mein letzter Dank als Bundesführer des Heimatschußes gilt allen Führern und Kameraden, die gleich mir alles versucht haben, die Idee un seres Heimatschutzes durchzusehen. Insbesondere danke ich allen steirischen Kameraden für ihre unendlichen Opfer, die sie der Bewegung brachten. Gleichzeitig teile ich mit, daß ich meine Füh rerstelle dem Heimatschuß zurücklege." Bundesstabsleiter Raucher hat seine Funktionen im Heimal- schutz ebenfalls niedergelegt. -K Heimwehrleute bei Wien festgevommen. Wien, 14. September. Nach Privatmeldungen sind Sonn tag vormittag 40 Heimwehrleute, die nach Steiermark fahren wollten, verhaftet worden. Im Laufe des Nachmittags hatte eine etwa 300 Mann starke Heimwehrgruppe bei Weidling ein durch Vorposten geschütztes Lager bezogen, jedoch ergaben sich die Heim wehrleute kampflos einer Militärableilung aus Kloster-Neuburg. * Mst Starhemberg verhaftet. Ir. Pfriemer «ach Italien aefliiMet? Wien. Fürst Starhemberg wurde im Eisenbahnzug in der Gegend von Weißkirchen in Oberösterreich verhaftet. Desglei chen wurden in Linz die früheren Generäle Puchmayer, Englisch und Pottarich sestgenommen. Wie aus Graz gemeldet wird, sind Dr. Pfriemer und Raucher anscheinend nach Italien ge flüchtet. Die Einladung an die französischen Minister. Laval und Briand kommen am 27. September nach Berlin. Die deutsche Botschaft in Paris gibt folgende Mit teilung bekannt: Der deutsche Geschäftsträger Forster hat dem französischen Ministerpräsidenten Laval die offi zielle Einladung der Reichsregicrung für ihn und den französischen Außenminister Briand nach Berlin zum Wochenende vom 27. September überbracht. Der fran zösische Ministerpräsident hat die Einladung angenommen. Einzelheiten werden später vereinbart werden. Das Mgierungspi ogram des ^iwinters Immer noch keine Veröffenll aa.ng. Das Reichskabineti wird Mitte der Woche die materielleBeratung über das Winierprogramm forlsetzen, die dann in einer Reihe von Sitzungen bis etwa zum 20.