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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das .Wilsdruffer Tageblatt- erscheint -n allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. sret Haus, bei Postbcstellung 1,80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpsg. All- Postanstalten und Post- jeder Zeit Bestellungen ent. Wochenblatt für WilsdlUff U. UMgLgLNd g^egen°^Jm Fall/'hSherer Gewalt,Knegod.sonstigcr —— — " BetriebsstSrungen besteht kein Anspruch aus Lteserung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20 Rpsg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs» psennige, die 8 gespaltene R-Klamezeile im textlichen Teile 1 RM. Nachweisungsgebühr 2a Reichspfennige. Borge, werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 b°e?ücksichttg^°A!^n" annahm-bisvorm.lauhr. — Für dir Richtigkeit den durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden must oder der Austraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meisten, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 124 — 92. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Dienstan, den 30. Mai 1933 Ser MemSWM M dm AWutz. Politik und Geschäft. Auch insofern war und ist Amerika das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten", als es die stärksten und — die übelriechendsten Blüten des H o ch k a p i t a l i s m u s trieb und treibt. Wallstreet, die Börsenstraße von New. York, lst durchaus nichr der einzige „Sump f" in Amerika, wohl aber der größte. Und nun wanken die Gebäude, die auf ihm stehen, sind im weiten Umfang schon eingestürzt oder gar versunken, und den Männern, die in den übrig, gebliebenen Häusern noch sitzen, haben erhebliche Sorgen nicht bloß aus wirtschaftlichen und finanziellen, sondern aus recht persönlichen Gründen. Der Sumpf riecht nämlich, wenn man für die Gerüche noch einen so zurück- haltenden Ausdruck gebrauchen darf! Auch das Wort Skandal sagt noch nicht genug, und „Korrup tion" würde nur einen Ausschnitt aus den Ergebnissen bezeichnen, zu denen ein parlamentarischer Untersuchungs ausschuß des Senats gekommen ist. Wieder einmal — jetzt allerdings in allergrößtem Maßstab — sind allzu intime Beziehungen zwischen „Politik und Ge schäft" aufgedeckt worden, die eine ganze lange Reihe bekannter Politiker und Geschäftsleute heillos kompromit tieren. Wieweit die Dinare „kriminell" zu beurteilen sind, mag die amerikanischen Gerichte interessieren, auch wenn die moralische Beurteilung eindeutig genug sein mutz. Denn schließlich nahmen die Herren Politiker die Ge schenke — das waren die Effektenkäufe weit unter Börsen- kurs — nicht deswegen an, um sich dafür bei passender Ge- legenheit ungefällig zu zeigen! Solche politischen Schmiergelder der amerikanischen Bank- und Börsen- fürsten sollten doch Zins und Zinseszins bringen, — aber bitte zu einem recht hohen Zinsfuß! Auch der „König der Wallstree 1", John Pier pont Morgan, stand vor dem Untersuchungsausschuß. Und dieser Mann interessiert uns Deutsche ganz besonders, denn er ist im Weltkriege einer unserer Mächtigsten Gegner gewesen. In seiner Hand vor allem Vallie sich ein größer Teil des Weltkapitals zusammen, das gegen uns in den Kampf geworfen wurde, bis diesem mächtigsten Bundesgenossen unserer Gegner der amerikanische Staat selbst in den Krieg hinein gefolgt ist. Wenn man eine Zeitlang sagen konnte, daß Amerika der eigentliche Ge winner des Weltkrieges gewesen sei, so hatte das Bank haus Morgan an diesem Gewinne ganz außerordentlich profitiert, denn „sein" Bethlehem-Stahl-Trust lieferte die Granaten, Kanonen, Schiffe und Bomben an die Alliier ten, die ja ihre Schlachten zum größten Teil mit ameri kanischen Lieferungen schlugen. Auch des jetzigen John Pierpont Morgans Großvater hatte im amerikanischen Bürgerkrieg vor siebzig Jahren an Kricgslieferungen und an säst landesverräterischen Börsenspekulationen verdient. Was sind selbst die sagenberühmten Rothschilds, die „B ankiersderKaiserundKönige", gegen John Pierpont Morgan! Im Krieg und hernach war er ein „politischer Bankier", für den vor allem Frankreich erst ein Sorgenkind wegen der Francstabilisierung, dann aber eine ausgezeichnet funktionierende Geschäftsverbindung war. Ausländische Staatsanleihen zu emittieren, — das war Pierpont Morgans ureigenstes Ge schäft geworden. Bei der Begebung auch der großen internationalen Anleihen, die auf Kosten Deutschlands gingen, wie die Dawes- und Uoung-Anleihe, stand er ganz vorn und machte dabei Geschäfte in Höhe von Millionen und aber Millionen. Vom Stirnrunzeln dieses Mannes hing es ab, ob die Währung eines Landes sich halten konnte oder zerbrach. Wenn es zu verdienen galt, dann machte das Bankhaus Morgan aber auch Geschäfte mit dem Gegner von einst, gegen den er die Milliarden hatte auf marschieren lassen. Und nicht bloß verdienen wollte Mor gan daran, daß er deutsche Anleihen unterbrachte, sondern er sorgte dafür, daß uns der amerikanische Anleihe„segen" nicht gerade billig zuteil wurde. Das „Risiko" mußte dabei doch auch noch in den Zinsfuß einkalkuliert werden, und die anderen Bankfürsten in Newyorks Wallstreet folg ten dem Beispiel ihres Herrn. Wenn jetzt in Berlin die Konferenz unserer Anleihe gläubiger zusammengetreten ist — SO Prozent dieser Schulden entfallen auf Amerika — , so nimmt unsicht bar zwar, aber doch spürbar das Bankhaus Morgan daran teil. Sowenig dieser Mann daran gedacht hat, gegenüber dem eigenen, in schwerer finanzieller Not befindlichen Vaterlande selbstverständlichste, wenn auch nicht ausdrücklich sestgelegte Steuerpflichten zu erfüllen, ebenso hart wird er denjenigen gegenüber Verfahren wollen, die seine Schuldner sind. Er hat recht genau gewußt, warum er dem einstigen Reparationsagenten in Deutschland, Parker Gilbert, eine führende Stellung im Bankhaus Morgan zuwies; denn diesem Mann konnte er wirklich sehr dankbar sein! Und Herrn Owen Young ebenfalls. Nur sollte man nicht annehmen, daß die Untersuchung des ganzen „Sumpfes" nun etwa aus dem drängenden Verlangen nach Sauberkeit erfolgt. Es spricht vielmehr rxcht erheblich her Wunsch.mit, dem neuen Präsidenten Vor MerzeichniM »es ViermäSieverirages in Rom. In London wird bestätigt, daß eine allgemeine Eini gung über den Mussolinischen Viermächtepalt zustandege- kommen ist, und daß auch Deutschland seine Zustimmung zu dem letzten Textentwurf gegeben hat. Man erwartet, daß, falls die Aussprache in der französischen Kammer ohne Zwischenfälle verläuft, die Unterzeichnung des Vertrages in Rom unmittelbar bevorsteht. Auch in Pariser gut unterrichteten Kreisen rechnet man mit Bestimmtheit damit, daß die Paraphierung des Viermächtepaktes spätestens am Mittwoch erfolgen wird. zsooo Mann Schutzpolizei sollen ans die deutsche Seeresstärle angerechnet werden. Grundsätzlicher deutscher Vorbehalt. Der Effektivausschntz der Abrüstungskon ferenz schloß den Bericht an den Hauptausschuß über den militärischen Charakter der Polizei ab. In dem Bericht wird festgestellt, daß von der gesamten deutschen Schutzpolizei die kasernierte Bereit schaft in Höhe von 34 000 Mann und die Polizeianwärter in Höhe von 4000 Makn bei der endgültigen Festsetzung der deutschen Hceresstärle in Anrechnung gebracht werden sollen. Gegen diesen von der Mehrheit des Ausschusses an genommenen Bericht ist von deutscher Seite ein grund sätzlicher Vorbehalt bezüglich der militärischen Bewertung der Polizei eingelegt worden. Der deutsche Vorbehalt löste im Effcktivausschuß eine stürmische Ausfprache aus, in der von der gesamten fran zösischen Staatengruppe heftig gegen die deutsche Er klärung protestiert wurde. In der Sitzung wurde bezeichnenderweise beschlossen, den Hauptausschutz auf den in Bulgarien bestehenden Arbeitsdienst aufmerksam zu machen, obwohl es dem Ausschuß trotz aller Bemühungen nicht gelungen ist, den militärischen Charakter dieses Arbeitsdienstes sestzustellen. Der offenbare Zweck dieses Beschlusses geht nach überein stimmender Ausfassung dahin, eine Grundlage für ein künftiges Vorgehen gegen den geplanten deutschen Arbeitsdienst zu schaffen. Von verschiedenen Seiten wurde darauf hin gewiesen, daß der Arbeitsdienst eine „gewisse" Diszi plin mit sich führe und daher angeblich eine „gewisse" Grundlage für eine „gewisse" militärische Ausbildung biete. Die gesamte Frage der Anrechnung der deutschen Schutzpolizei und der deutschen Wchrverbände gelangt jetzt im Hauptausschutz zur endgültigen Entscheidung. Sie deutsch-iMenifKeKlllluraemeinMfi Reichsminister Goebbels beim italienischen König und Mussolini- Reichsministetz: Goebbels besuchte bei seiner An wesenheit in RoM zuerst den Staatssekretär im Aus wärtigen Amt, Suvich, dann den italienischen König im Quirinal und anschließend den Chef der Re gierung, Mussolini, im Palazzo Venezia. Dann fand ein Frühstück statt, das der Präsident der Confede ration der geistigen Arbeiter, Bodrero, zu Ehren des Ministers Goebbels gab. Es wurden kurze Trink- svrüche gewechselt, in denen Bodrero und Goebbels die Roosevelt in den von Not und Steuern bedrückten Massen eine starke Popularität zu verschaffen und ihm wohl damit auch Widerstände aus dem Wege zu räu men, die von „Wallstreet" her seinem rücksichtslosen Bemühen bereitet werden, sich gegen den hochkapitalisti schen Jnteressenegoismus bestimmter Kreise durchzusetzen, die im Kriege profitiert haben und am Kriegsgeist noch weiter profitieren wollen. Denkt an die ^Stiftung für Opfer der Arbeit". Einzahlungen an Rcichskredit-Gefellschaft A. - G., Berlin W. 8, Behrenstraße 21/22, sowie auf deren Reichsbankgirokonto und deren Postscheckkonto Berlin 120 unter Angabe der Kontobezeichnung „Stiftung für Opfer der Arbeit". engen kulturellen 'Beziehungen zwischen Deutschland und Italien, und zwar nicht nur in der Vergangenheit, wie Reichsminister Goebbels besonders betonte, sondern auch für die Zukunft besonders hervorhoben. Schacht über die iniernaiionale Kreditpolitik. Eröffnungsrede bei der Transfer-Zusammenkunft. Bei der Eröffnung der Transferzusam menkunst in Berlin wies der Reichsbankpräsident Dr. Schacht einleitend daraus hin, daß es sich bei den Be sprechungen weder um Verhandlungen noch um eine Kon ferenz handele, sondern lediglich um eine formlose Unterhaltung. Schacht ging dann auf die Vorgeschichte der Transferkrise ein. Die übermäßige Inanspruchnahme der Kredite sei Ursache gewesen, daß sehr hohe Importe nach Deutschland hereingekommen seien, wir die ganzen Jahre von 1024 bis 1930 einen Einfuhrüberschuß gehabt hätten. Die Idee der Gläubiger Deutschlands sei eine andere gewesen. Sie ging dahin, daß Deutschland das Geld für die Reparationen durch seinen Export ver- dienen sollte. Man baute also daraus, daß Deutschlanb einen Exportüberschuß erzielen würde. Gegen einen deutschen Exportüberschuß habe sich von An fang an der industrielle Widerstand aller anderen Länder geltend gemacht. Von den 30 Milliarden Aus landskrediten seien reichlich die Hälfte für Reparations zahlungen verwendet worden. Zusammenbruch des Kreditsystems. Dieses ganze System sei in sich völlig falsch und ungesund gewesen. Wenn die Amerikakrise Ena« 1929 dieses System gestoppt habe, so habe der Zusam menbruch der Österreichischen Creditvn- stall im Mai 1931 den Anstoß zur direkten Katastrophe gegeben. Die Stillhalteab kommen hätten letzten Endes dazu geführt, daß die Beendigung der Katastrophe verschoben worden, nicht aber, daß sie geheilt worden sei. Endlich habe man sich keine Gedanken darüber ge. macht, daß die Rückzahlung der Kredite nicht ohne eine schwere Schwächung der Reichsbank erfolgen konnte. Die Devisen- und Goldreserven emeZ Noteninstituts seien nicht dazu da, um mehr oder minder langfristige Schulden der Volkswirtschaft zu erstatten. Wir halten unsere Mark stabil durch die Devisen zwangswirtschaft, aber die Reichsbank kann in den Gold- u n L Devisenmarkt regulierend nicht eingreifen, weil su keine Gold- und Devisenreserven mikhi hat. Sie haben also die Reichsbank aktionsunfähig gemacht Es besteht heute die Gefahr, daß die Rcichsbanlrcserve au! Null zusammenschrumpft. Wenn wir diese Dinge ft weiterlaufen lassen, so kommt die Rcichsbank fti di, Gefahr, daß sie den Verkauf von Reichsmark im Ausland, nicht mehr verhindern kann. Das heißt, wir kommen mA Sicherheit in ein offizielles Disagio der Reichsmark hi» ein und erleben eine neue Entwertung der Ncichsn-ark, di» — ich glaube, das ist Ihnen allen klar — eine noch grüße» Katastrophe bedeuten würde als die von 1923, eine Kat» strophe, die die Reichsbank weder zuzulaffen noch zu vc» antworten gewillt oder in der Lage ist. Vizekanzler von Papen über die Freiheit im aviiliberalen Staat. Aus Anlaß der Anwesenheit des Vizekanzlers von Papen in Bonn veranstalteten die Universität und die Stadt Bonn einen Festakt, bei dem Vizekanzler von Papen die Hauptrede hielt. Er setzte sich mit vem brennendsten staatsphilosophischen Problem der Gegen wart, nämlich der Freiheit, auseinander. In groß angelegter Rede, die davon ausging, daß die deutsche Revolution nur durch das unerbittliche Denken des formen den Geistes die ersehnte Gestalt erreichen könne, suchte er Sinn und Ziel der Zeitenwende zu klären. Die Freiheit ist dem deutschen Volke so gefährlich ge worden, weil die überdemokratifche Verfassung von Weimar keine Zusammenfassung der staatliche Kräfte von oben, also keine Gegenwirkung gegen die von unten kom- mende Zersplitterung, ermöglichte. Die schlimmste Gefahr der Demokratie ist aber das Vorhandensein der politisierte Waffe,