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Ad ortest Wochenblatt. ,— >- - Mitt Heilungen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Dreizehnter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: I Thaler, bei Bestellung des Blatte« durch Botengelegenheit , 2» Ncugroschen. 41. " Oktober. 1848. Ein Wort an den Leser. Es tauchen jetzt im Frühling der deutschen Freiheit so viele neue Gestalten — am literarisch-politischen Ho rizont auf; — es entfalten sich so viel herrliche Knospen, daß unserem einfachen Blättlein — dem letzten südlichen Zweig des sächsischen Zeitungsstammes angst und bange werden möchte, wie es all' den größeren und kleineren Brü dern und Schwestern — die Stange halten soll. Das ist eben die große Frage. Zu welcher Fahne soll eS schwören, auf welche Zinne der Partei soll es sich stellen, um seinen ehemaligen Ruf treu zu bleiben oder vielmehr ihn wieder zu erringen ? denn, wir bekennen es of fen, der Radikalismus von ehemals, den es mit ganzem Herzen angehörte — hat aufgehört zu sein, so wie die meisten Männer, die jene verfolgte Partei, unter dem alten Regiment, vertraten, ebenfalls mit ihm schlafen ge gangen sind. Unser Wilhelm Becker, den unser Blatt wohl das Beste, d. i. das Aufrichtigste und das am red lichsten Gemeinte zu verdanken hat, — ist hinübergeganqen zu seinen Vätern, wo er keine Freunde mehr un treu und falsch werden sieht— und in ihm war unserem Blatte der letzte und begabteste Vater gestorben; — bei Anderen hieß es, wie es so oft heißt in der Welt: „ein anderes Aemiel, ein anderes G'wände"', oder „ein anderer Wind — mache anders g'sinnt", »der „dess Brod ich ess' —- deff^ied ich flieg'" — und wie die schönen Sprichwör ter alle zusammen heißen, die man auf die Leute anwendet, die die Farbe gewechselt haben; — kurz, wir meinen nur, daß uns die alten Federn alle weggekommen sind, die uns sonst unser Blatt so hübsch und munter heraus putzen halfen. Das muste natürlich auch auf eine längere Zeit unser Organ so gestalten, daß uns mancher gute Freund darüber Vorwürfe gemacht und gesagt hat: „das schwankt ja hin und her, wie ein Weberschiff!" — „das muß an ders werden!" denn: „ein Blatt ohne Farbe, ist wie ein Krieger ohne Narbe, — man glaubt die Geschichten nicht recht, die er vorbringt! — Nun, so soll es denn anders werden; — und wir wollen uns wieder fest anschließen an die Partei, die ganz entschieden den Fortschritt will; — an die Partei, die ihren Zweck vor allen Dingen durch Belehrung und Bildung des Volkes zu erlangen streben wird, — an die Partei, die zwar keineswegs von den eisernen Waf fen zurückbebcn und fliehen wird, — wenn es der Reaktion einmal gefallen sollte, solche Zwangsmittel ihren gesetz lich erlaubten Agitationen gegenüber anzuwenden, — die aber auch einsieht, daß wenig oder gar nichts durch einen bewaffneten Ausstand, durch einen Putsch, — zu erringen ist, so lange nicht das Volk die hohen Zeit-Ideen durch und durch kennen gelernt hat und von ihnen begeistert worden ist; so lange nicht das Volk — gelernt hat, mit Liebe und Lust seine Waffen selbst zn führen. Darum festgchallen an der Preßfreiheit, an dem Versa mmlungs- und Vereinsrecht. Darum mit all' unserer Kraft nach achter Volksbewaffnung gestrebt und einstweilen wacker und nn- «Zmüdlich das Wenige benutzt, was man uns mitleidig zugeworfen Hal; es ist doch wenigstens etwas, wenn uns .der Feind zu früh in die Flanke fallen sollte! - - Leider Gotte-, müssen wir so Manchen sehen, der wohl Tag und Nacht auf den Bicrbänken gar viel von „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" — herumräsvnnirt, — der keinen Pfifferling dazu beiträgt, unsere edengenann- l,n gesetzlichen Waffen — schmieden zu helfen. Einige Dörfer haben sich bereits unter Waffen gestellt; freilich fehlten wohl da und dort auf dem Lande die Waffen und das Geld dazu; freilich hat wohl auch da und dort ein Beamter tc. abgeralhen; doch ist es ein — Anfang; — aber manche Stadl — die schon fix und fertig sein konnte,— wenn vorzüglich schon ein Stamm da ist — ist noch weil hinten nach und — wenn eine oder die andere endlich bis zum Ercrziren kommt, so streite» sich die edlen Kämpfer wieder Wochen und Monate lang über die wichtige Frage: „wer gehl voraus?" — „wer komm an dirt?" — „was sieht schöner?" — rc. rc.