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MsdrufferTageblatl für Bürgertum/ Leamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20Rpfg., die 4 gespaltene Aeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs" Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. NachweisungsgebLhr 20 Reichspsennige. Vsr- geschriebeneErscheinungs- tage und Platzvorschrifte« werden nach Möglichkeit Kernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeige«, annabme bis:orm.1VUHr. —— Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. ^ederRabattanfprnch erlischt, wem» derBetrag dnrch Klage eingezogen »erden mutz oderderAuftraggeberin Konkurs gerat. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da, ,Wi!sdruffer Tageblatt» erschein! an allen Werdtacen nachmittags S Uhr. 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März 1931 Am Beobachiungsfiand. Jetzt, da der Volkstrauertag vorüber ist, muß «Nan — leider — noch ein paar Worte der Kritik sagen, damit endlich das Unerfreuliche daran vermieden wird, das sich auch diesmal wieder mit dem Begehen dieses Tages verknüpfte. Und dieses Unerfreuliche ist der Zank und Streit um die „amtliche" Beteiligung an diesen Feiern, die ja selbst einen amtlichen Charakter nicht tragen, aber doch darum um nichts schlechter sind. Ernst und würdig, unter Beteiligung des Reichspräsidenten und der Reichsregierung verläuft die Feier in und vor dem Reichstag, „obwohl" sie von dem Verein für Kriegs gräberfürsorge veranstaltet ist. Um so unerfreulicher wirkt es, ob und wie und wo nun „amtlich" durch Flaggenhissen auf halbmast von diesem Trauertage „Notiz genommen" werden soll. Denn es fehlt eben an der „amtlichen Rege lung", und ohne eine Verordnung scheint es ja auch heute nicht zu gehen. Dw preußische Regierung wünscht, daß erst einmal das Reich offiziell die ganze Sache in die Hand nimmt, den Trauerlag möglichst aus den Totensonntag legt. Aber es soll erst „angeordnet" werden. In anderen Ländern wieder setzte man die Flaggen auf halbmast, be teiligte sich auch offiziell also an der Begehung dieses Trauertages, und die Reichsregierung wählte einen Mittelweg, um weder die flaggenden noch die nichtflaggen- den Länderregterungen zu kränken. Und schließlich: die Reichswehr und die Neichsmarine setzten zum Gedenken der Kriegsgefallenen überall ihre Flaggen Halbstocks, eben so natürlich als Oberbefehlshaber der Reichspräsident — ein Wirrwarr also, über den man sich nicht entrüsten mag, aper doch den Kopf schütteln muß, auch wenn man das Offizielle" solcher Feiern nicht überschätzt. Denn man muß dabei doch auch an den Ausländer denken, der hier in Deutschland dieses — um es offen zu sagen — un würdige Durch- und Gegeneinander mit ansieht. Und der als Engländer, Franzose, Italiener oder Amerikaner so ost und so ganz anders hat mitmachen können, wie dort sein Volk in selbstverständlicher Einigkeit alljährlich seiner Kriegsgefallenen würdig gedenkt. Gut, wenn es in Deutschland durchaus nicht anders geht, dann soll man alles „offiziell" ordnen. Man braucht es nicht zu „be fehlen"; was vielmehr nur aus dem Wege zu räumen wäre, das sind alle die „Schwierigkeiten", Bedenken und sonstigen Einwendungen von Behörden, die eifersüchtig ouf die Wahrung der berühmten oder berüchtigten Kompe- ^uzen achten. Ja, diese Kompetenzen! über Schwierig keiten, Bedenken und Einwände der aus ihnen entsprin genden Art kommen wir ja auch aus jenem Gebiete nicht vorwärts, das kürzlich der Führer der Deutschen Volks- Partei in seiner Kölner Rede durchstreifte und aus dem feine Fraktion jetzt in den Reichstag hinein einige An träge geholt hat: die Neichsreform. Oder vielmehr: d i e Versa ssungsreform. über die „grundsätzliche" Notwendigkeit einer Verwaltungsreform, und zwar vor allem hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Reichs- und Länderbehörden, sind sich alle Parteien einig; ein deutsch- Nationaler Reichsinnenminister war es, der die „Länder konferenz" für diesen Zweck zum erstenmal zusammen berief, sein sozialdemokratischer Nachfolger hat deren Arbeit wcitergcleitet und von dem jetzigen Reichsinnen minister, der dem Zentrum angehört, wird nun verlangt, daß die ganze Sache endlich einmal zu praktischen Resul taten kommt und nicht in den üblichen Denkschriften steckenbleibt. Schon die finanziellen Nöte gebieten das; denn der volksparteiliche Redner im Reichstage, der selbst früher ein höherer Beamter war, erklärte sachverständig und ohne aus Widerspruch zu stoßen, daß ein großer TerldleserBehördenarbeitsichandemGe- genelnanderderNeichs-undLänderamts- stellen erfwopfe Der steuerzahlende Staatsbürger hört so etwas aber sehr ungern! Wenn man von ihm, wenn man von der A. irisch^ immer und immer wieder «as Sparen nnd das .nationalisieren verlangt, dann darf ?wn auch wohl von der Verwaltung ein rationelles, spar- Erbschaften fordern. Freilich gehen die volks- Phrteilichen Anträge uber?lne bloße „Neichsreform" noch hinaus, verlangen -Poetisches , wie die Heraufsetzung des Wahlalters auf 25 -^"ore wie unter dem alten Rerchstagswahlrechl und eme z^ite dem Reichstag ver fassungsmäßig gleichberechtigte Kammer an Stelle des immer noch „vorläufigen" und mir als Gutachter tätigen Reichswirtschaftsrates und mit umbau der Rechte des ^ichsrates. Außerdem soll der Reickisprasident auch gleich- preußischer Staatspräsident werden, dessen Rechte Pflichten jetzt durch eine Art ^lmannerkollegium scklx^nommen werden. Aber solche Politischen Por- lösen sofort ein erhitztes po^elmaßiges Für und aus, — und wir haben von dieser 4rt H,tze zurzeit ols genug! Im übrigen meinte der ^olksparteiler ,.;^"wrt, man werde im gegenwärtigen Reichstage doch er Mehrheit für diese Vorschläge finden. Unrecht hat mit einer solchen Ansicht wohl kaum! * de» leidigen parteipolitischen Zuspitzungen haben auch ^"-Deutschen Reichskanzler gehindert, ,n matt., persönlich seinen Gegenbesuch zu JnZf?; Dr. Curtius mußte allein fahren. schaftsv^l,°"^"1"eren sich zurzeit zwischenstaatliche Wirt- wobei -Holungen von der allergrößten Wichtigkeit, re österreichische Regierung in Richtung nach dem Iw Lmm-VertW n ürisnü spricht vor aer Usmmer. Im Verlauf der Kammeraussprache über den Haushalt des Außenministeriums sprach Franklin Bouillon von den Ge fahren einer demsch-sranzöftschen Annäherungspoltitk. In Deutschland herrsche Einmütigkeit über die Aufhebung des Uoung Planes, die Aufrüstung und die Zerstörung des durch die Verträge geschaffenen Status quo. Er frage den Außenminister, wie es um den guien Willen Demschlands bezüglich der Durchführung des Young-Planes bestellt sei. Der Bankkredit an Deutschland habe gezelgi, daß Frankreich den deutschen Forderungen nach gegeben habe. Curtius habe erklärt, Deutschland habe niemals bestimmte Garantien bezüglich der Turchjührung des Young- Planes gegeben. Treviranus, der Verirauensmann Hinden burgs, habe daraus hlngewlesen, daß der Versailler Vertrag als Lüge energisch zurückgewiesen werden müsse. Daraus be stieg Außenminister Briand die Tribüne, um Franklin Bouillon zu aniworten. Wenn man an die Kriegsgreuel denke, so sei es ganz selbstverständlich, daß man trotz aller Schwierigkeiten zähe an dem Versuch zur Befriedung Europas sesthalte. Wenn sich der Versuch zur Ausrechterhaltuna des Friedens insbesondere auf eine deutsch-französische Annähe rung erstrecke, so geschehe das einfach deshalb, weil von den deutsch französischen Beziehungen Leben oder Tod der euro päischen Politik abhänge Er habe manchmal über di Schmie- rigkeiten nachgedacht, insbesondere, als man ihm d Er gebnis der deutschen Wahlen mitgcieilt habe. Aber gerade in diesen Augenblicken müsse ein Minister zeigen, daher Wagemut besitze. «Großer Beisall.) Fest stehe jedenfalls, daß ein Fortschritt in der Entwicklung der internationalen Annäherungspoliiik zu verzeichnen sei. Wenn Deuischland sich aus den Standpunkt stelle, daß es das Protokoll der vorbereitenden Abrüstungskonferenz zu nichts verpflichte, so siehe doch andcrerseiis fest, daß dieses Protokoll den Rahmen der kommenden Konferenz bilde. Wenn Deuischland Hosfnungen und Wünsche hege, so könne er demgegenüber nur antworten, daß bereits im Locarno- Vertrag festgelcgt worden sei, daß stets die Möglichkeit bestehe, über gewisse Fragen neu zu verhandeln. Dies bedeute aber noch lange nicht,daß Frankreich in allen diesen Fragen nach geben werde. Die moralische Abrüstung sei ebenso noiwendig, wie die ma terielle und Deuischland habe die Pflicht, alle Hetzreden zu verhindern. Briand ging sodann noch einmal aus das Flotten- smziWw MWiW avrommen ein uns pcuie me uvercumunmung der iranzott- schen und der iialienischcn Anssassung als einen großen Erfolg feiner Poliiik hin. Er schloß mil dem Hinweis, daß er, wenn er auf die Ergebnisse seiner Arbeit zurückschaue, nichts zu be dauern habe. Die Erklärungen Briands wurden von der Kammer ohne jeden Zwischenruf ausgenommen. Als er die Tribüne verließ, dankte ihm nicht endenwollender Beifall aus allen Bänken des Hauses. Nach Briand bestieg Franklin Bouillon erneui die Tribüne. Er wünschte zu wissen, ob bei der bevorstehenden Abrüstungs konferenz der Versailler Vertrag unangeiasiet bleibe, da die Konserenz andernfalls zu einem Mißerfolg führen müsse. Briand erklärte darauf, Franklin Bouillon täusche Frank reich und Europa. Der Locarno-Vertrag bedeute die prakttschc Verwirklichung der Artikel 42 und 44 des Versailler Vertrages. Der Reichskanzler persönlich habe betont, daß die deutsche Grenze gegen Frankreich unantastbar sei. Der Young-Plan bestehe auch heute »och und deutsche Minister hätten immer wieder betont, daß sie ihre Unter schrift achten würden. Hierauf wurde der Haushalt des Außenministeriums mit 551 gegen 14 Stimmen angenommen. Gs bleibt alles beim alten! Keine Abberufung des Wojewoden Graczynski. Wie die halbamtliche Warschauer Iskra-Agentur er klärt, entsprechen die Meldungen, daß der schlesische Wo- jcwodc Graczynski in nächster Zeit abbcrufcn werde solle, nicht den Tatsachen. Im Gegenteil sei es sicher, daß auf dem Posten des schlesischen Wojewoden keinerlei Ände rungen vorgesehen seien. Ein dritter Versuch. Am 16. März Zollwaffenstillstands konferenz. Die dritte europäische Zollwasfenstillstandskonserenz ist jetzt vom Generalsckreianai des Völkerbundes zum 16. Marz nach Gens einberusen worden. Aus dieser Konferenz soll versucht werden, nach dem ergebnislosen Verlaus der beiden ersten Kon ferenzen zu einer langsamen Annahme des Zoüwafscnstill- standsabtonunens zu gelange». !!M! «I NW«, II!!!!! M» >!>!)! «WWW europäischen Südosten eine starke Aktivität entwickelt. Die deutsch-österreichischen Handelsvertragsverhandlungen sind schon beim Berliner Besuch Dr. Schobers formell zum Ab schluß gediehen, nur hat sich seitdem wirtschaftlich vieles geändert. Nicht zum Besseren. So werden denn zwischen Dr. Curtius und der Wiener Regierung neue, hoffentlich weitergreifende Wirtschaftsverhandlun gen stattfinden, und zwar, wie ein österreichischer Bun desminister erklärte, vor allem darüber, „in welcher Weise die wirtschaftliche Annäherung der beiden Staaten am besten gefördert werden kann". Besuch beim Brudervolk. Reichsaußenminister Dr. Curtius in Wien. Die österreichische Hauptstadt hat in ihren Mauern den deutschen Neichsanßenminister Dr. Curtius emp fangen. Der Reichskanzler konnte wegen der der- Abreise Dr. Curtius' nach Wien. Vordere Reihe (von rechts nach links): Gesandter Dr. Frank, Neichsaußenminister Dr. Curtius, Staatssekretär Dr. Pünder. zeitigen politischen Lage der Einladung der österreichischen Regierung zu seinem größten Bedauern nicht Folge leisten. Er hatte sich schon darauf gefreut, mit den öster reichischen Freunden die brennenden Fragen, die beson ders auf wirtschaftlichem Gebiete liegen, zu besprechen, aber die Sorge um das eigene Haus hielt ihn in Berlin zurück. So wird Dr. Curtius mit dem Stabe seiner Mit arbeiter den Reichskanzler mitvertreten und, da außer den wirtschaftlichen gemeinsamen Fragen auch sicherlich außenpolitische Themen zur Diskussion stehen, so Wird er Gelegenheit haben, aus seinem ureigensten Gebiete Wünsche und Stimmungen der Gastgeber zu erfahren, um dann darüber in der Heimat zu berichten. Der Besuch ist, wenn er auch formell ein Staatsbesuch ist, nicht eigentlich als ein p o l i t i s ch e r Akt zn bewerten, sondern vielmehr als ein Ausdruck der engen Freundschaft, die das deutsche Polk im Reiche dem deutschen Polk in Österreich entgegenbringt. Gemeinsame Sorgen und der gemeinsam empfundene Druck der Not, die auf beiden Polksteilen lasten, sowohl auf wirtschaftlichem wie auf politischem Gebiet, haben die Staatsmänner in Wien zusammen geführt. Die Zusammenkunft gilt aber nicht, wie die Konferenzen in Paris und Rom, die wir in den letzten Tagen erlebten, kriegerischen Rüstungen, sondern friedlichen Abwehrmaßnahmen zur Überwindung der Wirtschaftskrise und vor allem einer Festigung der engen Verbundenheit zwischen den Deutschen im Reich und denen in Österreich. Festlicher Empfang. Als Dr. Curtius und Staatssekretär Pünder den Zug ver ließen, begrüßte sie Vizekanzler Schober für die Bundes regierung aufs herzlichste. Hieraus wurden die aus beiden Setten noch erschienenen Herre» gegenseitig vorgesielli. Die reichsdeutschen Herren begaben sich daraus in das Hotel Impe rial, wo sie während ihres Aufenthaltes Wohnung nehmen. Vor dem mii österreichischen und reichsdeuischen Farben festlich geschmückten Bahnhof hatte sich eine zahlreiche Men schenmenge eingefunden, die die Ankommenden spontan lebhaft begrüßte. Herzliche Wiilkommensgrüße. Die meisten Wiener Zeitungen enthalten Bcgrüßungs- artikel für den Reichsautzcnminister Dr. Curtius. Sie betonen, daß die Wiener Bevölkerung den Außenminister des Reiches empfange, wie man ein liebes Familienmitglied bewillkommne. In den reichsdeutschen Staatsmännern begrüße Wien und Österreich vor allem nicht die Vertreter eines auswärtigen Staates, sondern die V o l k s g e n o s s e n. Mit Curtius betrete der Abgesandte eines Brudervolkes Wiener Boden. Gemeinsam erlebtes und erlittenes Schicksal,