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Auertzal -Zeitung. Tageblatt für -ie Stabt A«e und Umgebaag Erscheint tSglich Nachmittags, außer an Sonn- n. striertagen. — PretA pro Monat srei ins HanS LO Pf», auswärts 25 Psg. — Mit der Sonntagsbeilage: „Der Zeitspiegel" 5 Pfg. mehr. — Bei der Post abgcholt pro Vierteljahr 1 Mk. — Durch den Briefträger 1.40 Mark. Nr. 107 Billigste Tageszeitung Lm Erzgebirge. Verantwortlicher «edakteur: Ernst Am»»», Aue (Erzgebirge.) Redaktion u. Expedition: Uns, Marktstraßr. Mittwoch, dm 19. Juli 1899. IS. Jahrgang AÜs*r«t« die einspaltige Petitzell« 1V Pfa-, amtliche Inserate die CorpuS-Zeile LL Psg., Reklamen pro Zeile SO Pfg. Bei 4 maliger Aufnahme L5«/o Rabatt. — Bei größeren Inseraten u. mehrmaliger Ausnahme wird entsprechend HSHerer Rabatt gewährt. Alle Postanstalten uni Landbriefträger nehmen Bestellungen an. Okffkntlichk ÄMvkmdukikllßtzW D Ank. Donnerstag, den 20. Juli 1899 Nachm. 5 Uhr im Stadtverordnetensttzungsfaate Schwarzsnverger Straße Wr. IS. Das Mssser-ekd für da» 8 Mertekjahr 1899 ist bis spä. testen» den 2V. dieses Monats an unsere Stadtkasse abzüführen. Nach Ablauf der Frist erfolgt Mahnung bez. Zwangsvollstreckung auf Losten der Säumigen. Aue, den 11. Juli 18SS. Der Rach der Stadt. vr. Kretzschmar. Sch. Auerthirl-Zeitung erscheint jetzt täglich, k o st e t nur SV Pfennige. Aus uller wett. * Der Protest des Rektors und der vier Dekane der Gießener Universität gegen die plötzliche Kalt stellung des Prosessors Schiller hat Erfolg gehabt. Der Staatsminister nahm die Verabschiedung Schil ler» als Univerfitätsprofessor zurück. Die protestie renden Professoren haben dem Staatsminister an gekündigt, den Professor Schiller in Vorschlag zu bringen, sobald ein besonderer Lehrstuhl für Päda- gogik errichtet wird. * Die Vermittelungsversuche in der großen Aus- sperrung im Baugewerbe und in der Eisenindustrie in Dänemark sind endgiltig gescheitert. Das Eint- gungsamt hat sich, ohne Erfolg erzielt zu haben, aufgelöst. * König Oskar von Schweden hat sich durch den Besuch des deutschen Kaisers auf der „Iphigenie" veranlaßt gesehen, an Kaiser Wilhelm einen Brief zu schreiben, in dem er ihm seine große Freude darüber ausdrückt, daß der erste Schritt zu einer freundlichen Annäherung der beiden bedeutendsten europäischen Kulturstaaten innerhalb der Grenzen seiner Königreiche Schweden und Norwegen statt gefunden habe. * Immer entsetzlicheres kommt über die Be handlung Dreyfus' zu Tage. Der frühere Kolonial minister Lebon hat in seiner schon erwähnten Recht fertigung im Grunde alles eingestanden, was ihm inbetress der an Dreyfus verübten Maßnahmen, Verschärfungen der Gefangenschaft vorgeworfen wor den ist. Er gesteht namentlich, daß er dem Gou verneur von Cayenne drahtlich befohlen hat: „Bis auf weiteren Befehl halten Sie Dreyfus in seiner Hütte, der nachts in die Doppelschnalle geschlagen wird, Sie lassen den Hof um die Hütte mit einem starken Bretterzaun umgeben-. Im „Matin* er klärt nun ein Kundiger, was die Doppelschnalle ist. Die einfache Schnalle besteht aus zwei an den Bo den des Gefängnisses geschmiedeten offenen Eisen ringen, in welche die Füße geschlossen werden. Durch die Oesen der Ringe wird eine Eisenstange gezogen und befestigt. Die übrigen Glieder und der Rumpf bleiben frei. Aber der Gefangene kann sich kaum aus die Seite legen. Diese Strafe wird gegen die Verurteilten gebraucht, die sich dauernd schlecht füh ren, bösartig und ungehorsam sind, frech antworten. Die Doppelschnalle ist noch viel schlimmer. Die Eisenringe an dem Knöchel werden durch eine Kette mit dem Eisengürtel verbunden, welcher dem Ge fangenen über den Hüsten angelegt wird und eben falls an den Boden geschmiedet ist. Die Kette geht weiter, verbindet den Eisengürtel mit den eisernen Handschellen, Ringen, am Vorderarm. Der Gefan gene hat nur seine Hände frei, kann seine Lage aber nicht verändern. In die Doppelschnalle wer den gewöhnlich — nach dem Gesetze — nur die Verurteilten geschlagen, die sich gegen die Wächter impört haben und sie bedrohen. Lebon gesteht, daß er eigenmächtig diese entsetzliche Strafe über Drey- fus verhängte, bloS weil einige Blätter Räuberge- schichten von der geplanten Entweichung erzählten. Man mutz sich dabei vergegenwärtigen, daß fort- während zwei schußbereite Wächter um Dreyfus waren. * Ueber Unruhen in Cherbourg wird gemeldet: Die Polizei und die Truppen waren die ganze Nacht zum Sonnabend über thätig, um die Ruhe herzustellen. Neue Verhaftungen wurden vorge nommen. Die Soldaten der Marineinfanterie ver langten die Freilassung ihrer Kameraden. Scheiben wurden zertrümmert und eine Zivilperson am Arm verwundet. Die Marinesoldaten verfolgten mit ge zogenem Säbel die Leute, welche beschäftigt waren, die Lampions abzunehmen und richteten Heraus forderungen an die Jnsanteriesoldaten. Letztere be wahrten demgegenüber vollkommene Ruhe. Im Elysee zu Paris verursachten diese Unruhen große Besorgnis. Alle Nachrichten melden übereinstim mend, daß die Soldaten aufgewiegelt wurden Ein hoher Offizier wurde behufs Untersuchung der Vor kommnisse nach Cherbourg beordert. * Petersburg, 17. Juli. Der deutsche Botschafter Fürst v. Radolin und die Mitglieder der deutschen Botschaft folgten gestern einer Einladung des Kom- Mandanten des Schulschiffes „Charlotte* zum Frühstück * Heute begiebt sich die Schwarze Meer-Flotte nach NoworoszySk und von dort nach Batum, wo das Panzerschiff „Georg Pobjedonosetz* die sterb- lichen Ueberreste des verstorbenen Großsürst-Thron folgers an Bord nimmt. * Der am Freitag verhaftete Vetter des Fürsten von Montenegro Bozo Petrovic ist auf Befehl des Königs Alexander freigelaffen, aus Belgrad aus- gewiesen und unter Polizeibedeckung nach Semlin gebracht worden. * Admiral Dewey kommt in den nächsten Tagen an Bord des Flaggschiffes „Olympia* von Port Said zum Besuch nach Triest. * In New-Aork hat die Korruption der Polizei in solcher Weise um sich gegriffen, daß die öffent liche Meinung sich endlich zu regen beginnt und den lauten Rus nach radikaler Reform der Polizei verwaltung erhebt. In den letzten Tagen sind zahl reiche Fälle ans Tageslicht gekommen, in denen Polizisten sich mit Dieben und Einbrechern in» Einvernehmen setzten und den Raub teilten, während Einbrüche und Räubereien in einem Stile stattftn- den, der geradezu an das Reich dec komischen Oper erinnert. So beraubten neulich Einbrecher ein Tuchgeschäft der Grant Street und beluden vier große Möbelwagen mit den besten Waren des Ma gazins. Der Polizeihauptmann Chapmann, der zufällig vorüberging, wies einen Bürger, der ihn darauf aufmerksam machte, energisch zurecht. Spiel- Höllen, Opiumhöhlen und Bordelle vermehren sich mit jedem Tage, und alltäglich werden zahlreiche Bürger auf den Straßen erdrosselt. * Die Zusammengehörigkeit der lateinischen Ras- sen hat wiederum einen Stotz erlitten. Schon wie der sind zwei Fälle blutigen Zusammenstoßes zwi- schen Angehörigen zweier Reiche zu verzeichnen. Auf Kreta kam es zu einer Schlägerei zwischen sran- zöstschen und italienischen Soldaten von den Be satzungstruppen. Dabet wurden auf beiden Setten zwei Mann schwer verletzt, von denen ein Franzose und ein Italiener starben. In einem anderen, we niger ernsten Streite wurde di« Ordnung durch da» Eingreifen von Offizieren und den beiden General- konsuln sofort wieder hergestellt. Di« italienisch«« und französischen Truppen wurden in ihren Quar- tieren konsigniert. V e * iir i f t e * 8 Berlin, 17.Juli. Die„Welt amMontag"schreibt: Das Gewitter, welches am Sonntag über Berlin niederging, hat ein Menschenleben gekostet. Am Norduser schlug der Blitz in eine Gruppe von Spa ziergängern, von denen ein junger Mann von 18 Jahren sofort getötet wurde. 8 Die drei Kncker eines Brauereibesitzers zu Köln erkrankten plötzlich in gefährlicher Weise. Der alsbald zugezogene Arzt stellte fest, daß Blutver- giftung vorliege, heroorgerufen durch den Genuß von Waldbeeren, unter denen wahrscheinlich giftige Beeren sich befunden hatten. 8 Der Stadtmisfionar Jagd stein ist aus Wies baden flüchtig geworden, nachdem sich herausgestellt hat, daß er seit Jahren sich an schulpflichtigen Mädchen unsittlich vergangen hat. ß Der in Wiesbaden verhaftete Kellner Schnei der legte das Geständnis ab, den Mundenheimer Lustmord verübt zu haben. 8 Die Hamburger Bauarbeiter beschlossen, die Arbeit aus alle» Ämten einzustellen, wo bis zum 1. August der geforderte Stundenlohn von 60 Pf. nicht bewilligt wird. 8 Ein Liebesdrama ereignete sich in Braunschweig. Dort stürzten sich der Fabrikarbeiter Nippe und seine löjährige Geliebte mit einem Strick zusam mengebunden in die Oker und sanden ihren gemein samen Tod. Motiv: Die Eltern waren gegen das Verhältnis. 8 Im Riesengebirge abgestürzt ist ein Professor aus Grünberg, welcher in Krummhübel zur Sommer- frische weilte. Der Herr stürzte den Koppenabhang hinab, sich -dabei zweimal überschlagend. Bei dem Sturze verletzte sich der Verunglückte namentlich im Gesicht sehr schwer und wurde bewußtlos von einem Arzte aufgefunden, der ihm die erste Hise angedeihen ließ. 8 In den Doelauer Schießständen bei Halle traf ein Blitzstrahl drei Soldaten. Einer wurde ge tötet. 8 Ueber das Bergwerksunglück bei Recklinghau sen wird noch gemeldet, daß der Einsturz in dem Flötz „Sonnenschein* in sehr bedeutendem Umfange, angeblich aus öoo bis 600 Meter, stattgefunden hat. Bis jetzt werden noch fünf Mann der Beleg schaft vermißt, die sämtlich durch die Gesteinmassen erschlagen sein dürsten. 8 In der Nacht zum Freitag gerieten auf dem Dnjepr zwei mit Petroleum beladene Fahrzeuge in Brand. Zwölf Personen sind in den Flammen um gekommen. fünf haben schwere Brandwunden er- litten. 8 Eine aus Boston (Amerika) kommende Fran, die sich aus der Reise nach Rußland befand, warf zwischen Königs- und Guttenseld ein vier Monate altes Kind aus dem Fenster des Eisenbahnwagens. Ein Mitreisender zog die Notleine, die Strecke wurde abgesucht, das Kind aber nicht gefunden. Der Zug hatte eine halbstündige Verspätung. Die Verbrecherin wurde gefesselt der Gendarmerie in Guttenseld übergeben. 8 In Roche sur Uou (Frankreich) erwürgte der Pfarrer der Gemeinde Puyravault seine HauShäl- terin und erhängte sich dann auf dem Speicher seiner Wohnung. Die That wird auf Geistesstörung zurückgeführt. 8 Mn entsetzliche» Unglück wurde in Wien durch spielende Kinder h«roorg«rusen. Etwa fünfzehn Kin-