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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Bormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich l Mark so PI ÄMM für Inserate werden bi» spätestens Mittags des vorhergehenden Tage- deS Erscheinens erbeter und die Corpusspaltenzeile mit m Pf-, unter „Eingesandt" mit so Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stabtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 26 Sächsische Aachrichten. — Zwönitz. Es ist gewiß der Wunsch vieler Eltern, ihre noch nicht schulpflichtigen Kinder dadurch den mannichsachen Gefahren des Straßenverkehrs rc. zu entziehen, daß sie einer schützenden Hand übergeben sind. Dieses Ziel strebt wohl am besten ein Kindergarten an und da sich nun in nächster Zeit eine Gelegenheit bietet, eine mit den vorzüglichsten Zeugnissen ausgerüstete Kindergärtnerin für den hiesigen Ort zu gewinnen, so dürfte dies gewiß mit großer Freude begrüßt werden; freilich, soll sich der Plan verwirklichen, so könnte dies nur durch eine allgemeine Betheiligung der Eltern da durch, daß sie ihre Kleinen erwähnten Alters das neue Institut be suchen lassen, geschehen, würden sich dadurch doch schon die Kosten sehr niedrig stellen. Hoffen wir, daß diese Anregung auf fruchtbaren Boden fällt und bald auch unser Zwönitz um ein Unternehmen be reichert ist, dessen Segen schon viele andere Städte gewürdigt haben! — Schneeberg, 26. Februar. Heute Morgen gegen 3 Uhr wurden die Bewohner unserer Stadt durch Feuerlärm erschreckt. Es brannte in dem in der Langegaffe gelegenen Hause der verw. Trödler Köhler. Da sich in dem Hause ungemein viele Meubles, Betten, Kleidungsstücke und andere alte Gegenstände befanden, so griff das Feuer blitzschnell um sich, und in kurzer Zeit war auch das ziemlich alte Gebäude vollständig in Asche gelegt. Das bezeichnete Haus wurde nur von der verw. Köhler, deren Mann vor kurzem gestorben ist, bewohnt; dieselbe konnte nichts als das nackte Leben retten. Mehrere Gebäude in der Nachbarschaft waren schwer bedroht, doch blieb das Element zum Glück auf seinen Hecrd beschränkt. Rett ungsmannschaften waren auch aus den Nachbarorten zur Hilfeleistung herbeigeeilt. Man vermuthet, daß Brandstiftung vorliegt. — Eibenstock, 25. Febr. Das „Eibenst. Amts- und Anz.-Bl," berichtet: Bezugnehmend auf unsere Mitlheilung in vor. Nummer, den Einbruch im hiesigen Amtsgericht betreffend, haben wir noch mitzutheilen, daß die dabei verwendete Leiter aus dem Geräthe- schuppen des hiesigen Turnvereins, welcher sich im hiesigen Schul garten im Steigerhause eingebaut befindet, entwendet worden ist, nachdem man vorher den Verschluß des Aufbewahrungsortes gewalt sam erbrochen hat. Desgleichen wurde an derselben Stelle noch das Nundlauf-Tau entwendet und im unbrauchbarem Zustande im Garten deS König!. Forstrentamts wieder aufgefunden. Der Verein erleidet hierdurch einen Schaden von ca. 25 Mark. Hiermit haben sich die Herren Einbrecher aber nicht begnügt. Heute Morgen wurde näm lich an dem Thorweg des Amtsgerichtsgebäudes ein schwarzes Placat mit weißer Aufschrift aufgefunden, welches Drohungen enthielt, dahin gehend, daß dieselben nicht nur wiederkchren, sondern auch das Ge bäude selbst in die Luft sprengen würden. — Crimmitschau, 25. Februar. In der Fabrik von Keylich und Comp. ist heute ein Streik ausgebrochen. — Annaberg. Bei den Restaurationsarbeiten in der St. Annenkirche hat man in den Seitenaltären in Nischen unter der Altardecke Zinnkästchen eingesetzt gefunden, deren Deckel durch ein Wachs-Siegel verschlossen war. Eines dieser Kästchen ist geöffnet und sein Inhalt untersucht worden. Es befanden sich darin kleine seidene Beutelcben, die inwendig zum Theil noch die ursprüngliche Farbe erkennen ließen und ein Pulver enthielten, das durch die chemische Untersuchung als Knochenrest erkannt worden ist. Auch einige freie, etwa I Centimeter lange Knochensplitter fanden sich zwischen einem Pulver von zerfallenen Weihrauch in dem Kästchen. Wenn auch weitere Belege für den Ursprung dieser Funde bis jetzt nicht zu erlangen waren, so wird man doch kaum fehlgreifen, wenn man annimmt, daß es „Reliquien" sind, die nach dem Brauche der katholischen Kirche bei Gründung der Altäre in dieselben eingesetzt morden sind. Dieselben wurden in der Sitzung des „Vereins für Naturkunde" vorgezeigt; später werden sie in der Sammlung kirch licher Alterthümer in der alten Sakristei aufbewahrt werden. — Dresden, 25. Februar. Staatsminister Frhr. v. Friesen ist heute früh gestorben. Richard v. Friesen war geb. 1808 zu Thürmsdorf bei Königstein, erhielt seine Bildung 1821—25 auf der Fürstenschule zu Meißen, 1825—29 auf der Bergakademie zu Frei berg und 1829—32 auf den Universitäten Leipzig und Göttingen. 1835 trat er in die Kreisdirektion zu Leipzig ein, 1846 wurde er s. Jahr«. vortragender Nath im Ministerium des Innern, 6. Mai 1849 Mi nister des Innern bis October 1852, Juni 1853 Kreisdirektor in Zwickau und Ende 1858 Finanzminister, 1866 zugleich Minister des Auswärtigen. Als im October 1870 in'Versailles die Verhand lungen zwischen dem Norddeutschen Bunde und den süddeutschen Staaten über die Bildung des Deutschen Reichs begannen, wurde F. von dem Bundespräsidium in Gemeinschaft mit dem Staats minister Delbrück zum Commissar für die Verhandlungen ernannt und schloß als Solcher theils in Versailles, theils zu Berlin die Verträge mit Württemberg, Baden und Hessen mit ab. Seit dem Abgänge des Ministers v. Falkenstein (1871) führte v. Friesen den Vorsitz im Gesammtministerium, bis er I. November 1876 aus dem Staatsdienste schied. Er veröffentlichte „Erinnerungen aus meinem Leben" (2 Bd., Dresden 1880), gegen welche des Grafen Beust „Erinnerungen zu Erinnerungen" (Wien 1881) und ein Aufsatz des Historikers Flathe (in Syvels „Histor. Zeitschrift", 1881) gerichtet sind. — Sächs. Landtag. (2. Kammer.) Die Kammersitzung vom 25. Februar bot nur wenig Interesse dar. Zunächst wurde der Deputationsbericht, betr. die Ergebnisse der bei der Altersrentenbank für den Schluß des Jahres 1882 aufgenommenen Inventur geneh migt; der Nest der Sitzung wurde durch Petitionsangelegenheiten ansgefüllt. Namentlich über den Fortbildungsunterricht war eine ganze Reihe von Petitionen eingegangen und entspann sich hierüber eine längere Debatte, welche damit endigte, daß der Deputations antrag, diese Petitionen der Regierung zur Keuntnißnahme zu über weisen, mit 33 gegen 22 Stimmen die Zustimmung der Kammer fand. politische Aundschau. Deutsches Reich. Die Wiederannäherung Rußlands an Deutschland, welche sich in den Missionen v. Giers und des Fürsten Dolgorucki nach Friedrichsruhe, durch die Versetzung Orlow's nach Berlin und endlich auch durch die Entsendung der russischen Beglück wünschungsdeputation an Kaiser Wilhelm so eclatant documentirt, wird in hochpolitischen Kreisen noch immer lebhaft discutirt. Neber den Ursprung der Besuche des russischen Ministers des Auswärtigen in Friedrichsruhe und die Berufung des Fürsten Orlow auf den Berliner Botschafterposten taucht aber jetzt eine ganz neue Version auf. Während man bisher annahm, daß in beiden Angelegenheiten Fürst Bismarck die treibende Kraft gewesen sei, heißt es jetzt, man habe es hierbei durchaus mit der Initiative des Petersburger Cabi- netö zu thun. Die russische Politik habe ihre Front verändert, an statt nach Westen zu, sei sie jetzt ausschließlich nach. Osten gerichtet. Für diese letztere Auffassung mag allerdings die Annexion von Merw sprechen, indessen ist nicht anzunehmen, daß Rußland nunmehr seine Pläne auf der Balkanhalbinsel aufgegeben haben sollte, an deren Verfolgung es ja über ein Jahrhundert hindurch festgehalten hat. Vielleicht, daß sich die Leiter der heutigen russischen Politik nach dieser Richtung hin mit Deutschland zu verständigen suchen. Der Streit über den Lasker'schen Zwischenfall dauert in der Presse noch immer fort, namentlich die Berliner Officiösen kommen immer wieder hierauf zurück. Sie wühlen indessen bei der Verthei- digung des Reichskanzlers bezüglich seines Verhaltens gegenüber der bekannten Resolution des amerikanischen Repräsentantenhauses gerade nicht die geschicktesten Mittel. So richten die Officiösen jetzt ihre An griffe gegen den amerikanischen Gesandte» in Berlin, Mr. Sargent, dem sie Betheiligung an dem in der Union blühenden Eisenbahn schwindel vorwerfsn. Eine solche Beschuldigung gegen den Gesandten einer fremden Macht ist in der That ungewöhnlich und nur geeignet, die leise, schon infolge der „Schweiuefleisch-Affaire" zwischen Deutsch land und den Vereinigten Staaten hervorgerufene Verstimmung zu verschärfen,- hoffentlich wird der Streit über die ganze Lasker'sche Affaire endlich aä aeta gelegt, um so mehr, als die Abberufung Mr. Sargent's in naher Aussicht stehen soll. Der anhaltische Landtag ist am Montag mit einer Thronrede eröffnet worven, in welcher darauf hingewiesen wird, daß es zur Er gänzung des Ausfalles in den Erträgnissen der Leopoldshaller Salz werke eine Betheiligung der Regierung an der Fabrikation eintreten zu lassen. Donnerstag, den 28. Februar 1884.