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Mittwoch, gen 1. Mai 1S2S 24. Jahrgang Vas neue -ünifthe Kabinett Der König hat der ihm von dem Sozialdemokrat, ten Stauning unterbreiteten Mtnisterliste seine Zustim mung erteilt. Die List« setzt sich folgendermaßen zu sammen r Ministerpräsident: Stauning, der gleichzeitig auch da- Ministerium für Seefahrt und Fischerei übev- nimmt; AeutzereS: Munch; Justiz: Zahle; Oeffent- ttcher Unterricht: Borgbjerg; Finanzen: BramsnaeS: Inneres: Dahlgaard; Handel und Industrie: Hauge; Landwirtschaft: Börding? Lande-vertetdtgung: Ra«. muffen; Kultus: Dahl; ««tkchrchv^nr Srits-Skotter So-tale Ungsleseatzeiten r Gtetnckst« Di« Minister Vahle Höchste Alarmbereitschaft äer Polizei am 1. Mai Der Polizeipräsident in Berlin hat für den 1. ^.. bereit- von den frühesten Morgenstunden ab die höchste Alarmbereitschaft für die Schutzpolizei ange- ordnet. Der Streifen, und der Postendienst werden ganz erheblich verstärkt, ebenso der Straßenaufstchts- dienst durch den Einsatz zahlreicher Kraftwagenstretfen zu den UeberfallkommandoS. Mit Rücksicht auf die wiederholt von den kommunistischen Demonstranten an einzelnen Schutzpolizisten verübten Tätlichkeiten wer- .am 1. Mai alle Streifen so stark fein, daß sie sich überall durchsetzen können. Fliegende Wachen und sonstige Reserven an den Brennpunkten des Verkehrs haben die Aufgabe, auf öffentlichen Plätzen und der gleichen jede Demonstration zu unterbinden. Ihre be sondere Aufmerksamkeit haben die Schutzpolizeibeam ten auch darauf zu richten, daß die öffentlichen Ver kehrsmittel nicht behindert werden. Der erste Kriegsächter von Wolf von VewaU gaard, Munch und Zahle gehören der radikalen Linken an, die übrigen Minister der sozialdemokratischen Pap- tei. Tas neue Ministerium hat im neuen FoEething eine sichere Mehrheit, nämlich 77 von 149 Stimmend Nicht bayrisch genug Der frühere Kronprinz Rupprecht lehnt das Protektorat -es Gtahlhetmtäges ab. Mch einer Meldung der .Bayerischen SbaatSzettuna" hat Evas Arco in einer Versammlung des Bayerischen Heimat«- und KLntMlnds» mitgeteilt, daß der frühere Kronprinz Rupprecht di« Usbernahme des Protektorates p«« Stahlhelm- Der Verfasser dieses Artikel«, ein Mitglied der Redaktion der „Frankfurter Zeitung", ist ein genauer Kenner Amerika« und der amerikanischen Äerhält, nisse. Der Aufsatz ist au« dem soeben in der Frank furter Goei-etäts-Drucker-ei erschienenen Buche De- Walls „Der Kampf um den Frieden" entnommen, da« :m gesamten In- und Ausland da« größte Aufsehen Hervorrufen wird. Ein Rechtsanwalt in Chicago, der im Frühjahr 1917 zwei seiner Sohne in den Krieg gehen sah, fragte sich, wie viele seiner Zeitgenossen, ob eine Menschheitsor-dnung, die in einem organisierten Massenmorden etwa« von dem Gesetze, ja sogar von Gott Gewolltes erblickt, sich wirklich auf rechtem Wege befinde. Er beschloß, sich einmal das Völkerrecht näher anzu sehen, und da er ein gewissenhafter Mann war, so fing er dabei nnt dessen Gründer, Grotius, an. Wa« aber mußte er entdecken? Er fand, daß der groß« Holländer, der selber ein Mann des Friedens 'gewesen war, in seinem „De jure belli et Paris die Rechtsnormen deS Krieges gesammelt und festge legt, also den Versuch gemacht hatte, Gesetzlichkeit in den Krieg hlnemz-ub.ingen! Für den Chicagoer Anwalt war diese Ent deckung erschütternd. Zeigte sie Nicht die Wurzel deS ganzen Uebels an? Was hat denn überhaupt >der Krieg, der die An wendung von Gewalt des Stärkeren über den Schwachen ist, mit Gesetzlichkeit zu tun? Sollt« der Krieg nicht außerhalb aller Gesetze stehen, so wie die Gewalttat in den Beziehungen der einzelnen als etwas ungesetzliches verdammt wird? Mus der Erkenntnis entstand eine Idee, die höchst einfach war: der Krieg muß aus dem internationalen Recht verschwinden, er muß außerhalb des Gesetzes gestellt werden, -er muß aufhören, ein anerkanntes Mittel der Politik zu sein. An seine Stelle müssen Recht und Gericht treten. Könnte sich auf dieser Idee beim Friödensschluß nicht eine neue Wöltordnuna gründen? Der Rechtsanwalt, dessen Tätigkeit im besonderen darin besteht, bei Finanzschwierigkeiten und Streitigkeiten von Fir men zu vermitteln, scheute sich zunächst, seine Me-e zu ver öffentlichen. Denn sie erschien ihm denn doch zu einfach. Das allzu Einfache, allzu Natürliche wird ja nur zu oft von den an ein kompliziertes .Denken gewohnten Menschen für bizarr gehalten. Doch als dann all das Gerede begann vom Völker bund, den man schaffen, von dem -dauernden Frieden, den man durch ein demokratisches Regierungssystem bei allen zivili- sierten Völkern sichern wollte, entschloß sich Levins,an, so ist der Name des Anwalts, nun doch mit seinem Plan an die Oeffentlichkeit heranzutrsten. Im März 1918 erschien aus seiner Feder in der Neuyorksr Zeitschrift „,Nsw Republik" ein Artikel, in dem gefordert wurde, daß die Outlawry of War, die Außergssetzstellung deS Krieges, daS Grundprinzip der neuen Weltordnung werden müsse. Der Artikel wurde beachtet. Lev inson, der schon immer ein Pazifist gewesen war, fand feine Gemeinde. Seine Hoffnungen begleiteten Wilson, als dieser nach ^Europa ging, um der Welt den Frieden zu geben. Als Levinson dann aber sah, daß sich der Präsident im Jntrigennetz der europäischen Staatsmänner einsangen ließ, daß er seine Hand zu einem Vertrage bot, der eine krasse Verhöhnung der von ihm früher verkündeten Anschauungen war, daß der von ihm ins Leben gerufene Völkerbund in seiner Satzuna sehr große Mängel zeigte und vor allem nicht radikal mit dem Kriege als Mittel der Politik brach, da trat Levinson zu Wilson und dem Völkerbund in scharfe Opposition. Von nun ab wurde seine KrtegsächtungSidee von ihm und anderen als Opposi- tionSPlan kräftig vertreten. Der Völkerbund fiel in den Vereinigten Staaten durch, hauptsächlich wögen der innerpolitischen Schwierigkeiten, in die Wilson hineingeraten war. Der Präsident selber scheiterte an diesen Widerstände u. Die Kriegsächter aber setzten ihren Feldzug fort. Und sie fanden Zulauf. John Dewey, der be kannte Philosoph, wurde neben Levinson zu einem der eifrig sten Verkünder der neuen Lehre. Die Kirchen wurden auf merksam. Outlawry ward bäld ein Schlagwort, dessen sich Volksredner gern bedienten. So gewann die Bewegung Popu larität. Don den Männern lder Praxis wurden die Kriegs ächter zunächst als cranks btzeichnet, als Leute, die mit ihren Füßen nicht mrf dieser Erde stehen. Aber so ist es sa den mei sten Neuerem ergangen, sind doch erst noch vor Verhältnis« mäßig kurzer Zeit auch di« Abolitionisten Garrison und Phi- lipps von dem großen Webster „unlogische Sentimentalisten und hysterische Weiber" genannt worden, weil sie sich für die MschMuna der Sklaverei eingesetzt hatten, die heute abgeschafft ist wie auch der Krieg einmal obgeschafft fein wird. Politische Anerkennung erhielt die OuUawry-Bewegung erst, als Leute von politischem Format, wie der ehemalige Staatssekretär Knox, von ihr gewonnen wurden und Borah sich an ihre Spitze stellte. Borah, der Senator von Idaho, war einer der heftigsten Bekämpfer Wilson« .gewesen, er war ein unversöhnlicher Be- kämpfer des Völkerbundes geblieben, er sah in oer KriegSLch« tung eine politische Möglichkeit. Vor allem aber machte auf ihn, den geschulten Juristen, den echten Amerikaner, die inne« Gedankenkonstruktion der Outlawry-Lehre starken Eindruck. Die Kriegsächter warfen dem Völkerbund nicht allein vor, daß seine Satzung nach einem Scheitern der Vermittlungs aktion den Krieg als Mittel der einzelstaatlichen Politik noch immer zuläßt, sie bekämpften ihn vor allem auch, weil er im Kriege, im Straf kriege aller gegen einen Angreiferftaat die ultimo rcrti-o zur Wahrung des Friedens sieht. Aus dieser Einstellung müßten, so sagten sie,, neue Kriege entstehen, und zwar würben diese, wenn sie kämen, Kriege allergrößten Aus maßes sein. Der Völkerbund sei infolge ferner umfassenden Organisation die größte Kriegsmaschinerie, die es je gegeben habe, er sei das größte Kriegsbünonis, das je ins Leben ge rufen wurde, und wegen der oligarchischen Zusammensetzung des Völkerbundsrats würde er stets das willige Instrument der Großmachtpolitik sein. Darum sei er eine Gefahr und nicht eine Organisation der Sicherheit für den Frieden. Der Krieg müsse überhaupt abgefchafft und an seine Stelle müsse das Recht gesetzt werden, fo lautete die fundamentale Lehre, die die Kriegachter dem Völkerbund und dessen Freun den erttgsgenhielten. Aber wer schützt dann das Recht? Be sorgt das im innerstaatlichen Leben nicht die Staatsgewalt, und muß es nicht auch im internationalen Leben eine Gewalt geben, die dem Recht nötigenfalls Achtung erzwingt? Di« Kriegsächder verwiesen in ihrer Propaganda auf die Geschichte ihres eigenen Landes. Die Gründer der Bereinigten Staaten fanden sich auch vor die Frage gestellt: Wer schützt -das Recht in zwischenstaatlichen Beziehungen? Die Staaten, die sich zu der Union zusammengeschlossen hatten, waren völlig unab hängige, sogar recht streitlustige Glieder des neuen Bundes ge wesen, und doch wurde das Oberste Gericht, das für die Rege lung -ihrer Streitsachen eingesetzt wurde, mit keinerlei Zwangs- gewalt ausgestättet. Dieses System siegte. Es setzte sich nicht los ort durch. Aber wäre in den ersten Zeiten ihrer Existenz die Anion mit Zwangsgewalt gegen Mitglieder vorgegangen, die die Sprüche des Obersten Gerichtes nicht anerkennen woll ten, so wäre das -ganze Land durch blutige Bürgerkriege zer rissen worden, so wäre -die junge staatliche Organisation in Trümmer gefallen. Tatsächlich aber entstand aus ihr da« mächtigste Reich der lEvd-e, tatsächlich -verschaffte sich im inneren Löben der Vereinigten Staaten -das Rechtsgefühl so sehr Gel tung, -daß seit jenen ersten Anfängen -der -amerikanischen Ge schichte das Oberste Gericht Entscheidungen in 80 bis 90 zwi schenstaatlichen Streitfällen -fällen konnte, die sämtlich aner kannt und ausgöführt wurden. Sollte, was auf dem neuen Kon tinent möglich war, nicht auch in -Europa möglich werden? Die Lehre -der Kriögsächter, zuerst tastend und unbeholfen, hat mit der Zeit -ein sehr bestimmtes Programm erthalten. Da die Outlawrier wissen, daß die grundsätzliche Abkehr der Völker vom Kriegs etwas Revolutionäres ist, s-o soll die Kriegs- ächtun-g sich nicht auf -einen Akt der Regierung beschränken, die Völker selbst müssen sie wollen. Deshalb soll -die Abhaltung -von Plebisziten in allen Ländern, die -für den Plan gewonnen werden können, der erste -Schritt zur Erreichung deS Ziels sein. Haben sich -die Völker erst einmal zur grundsätzlichen Abkehr vom Kriege entschieden, haben sie sich entschlossen, -den Krieg künftighin als ein internLt'onalcs Verbrechen anzusehen, dann wird darin eine bessere Garantie für den Frieden liegen, als irgendeine internationale Zwangsgewalt sie -bieten könnte. Die Völker, zum Frieden entschlossen und an den Frieden ge bunden, werden auch den Frieden halten, und die öffentliche Weltmeinung wird dabei der Wächter sein. Der Volkswille ist auch im innerstaatlichen Leben der eigentliche Garant der Gesetze und nicht die Staatsgewalt; können doch, wie die Er fahrung in vielen Fällen -gezeigt hat, Gesetze, die das Volk nicht will, vom Staate auch unter Anwendung von Gewalt nicht wirklich durchgeführt werden. Nach der Befragung der Völker ist als zweiter Schritt die Einberufung einer internatio- nalen Konferenz gedacht, die den KriegSächduN-gspakk ^aNfzu- fetzen und anzunehmen hätte, und der dritte und letzte Schritt würde die Kodifizierung des Völkerrechts, ebenfalls auf einer internationalen Konferenz sein, die wegen der * ungeheuren Kompliziertheit ihrer Aufgabe natürlich sehr lang« tagen würde. berliner Besprechungen Nachdem Reichsbankpräsident T«. Schacht am Montag mittag den für die Reparationsfragen zu ständigen Reichsministern Bericht erstattet hatte, fan den am Nachmittag einige Besprechungen zwischen Par lamentariern der Regierungsparteien und dem Reichs bankpräsidenten statt. Wenn auch Einzelheiten über diese Besprechungen nicht bekannt geworden sind, so glaubte man doch in politischen Kreisen aus der Tat sache, daß sich die Unterrichtung der Reichsminister dies mal in wesentlich engerem Rahmen vollzog als bei der vorletzten Anwesenheit Dr. Schachts in Berlin, den Schluß ziehen zu können, daß neue Momente inzwischen in Paris nicht eingetreten sind.. DaS aber würde be deuten, daß auch- hinsichtlich- des von französischer Seite vielfach angekündigten Provisoriums leine Aenderung in der Auffassung der deutschen Delegation etngetre- ten ist. Tr. Schacht wird Berlin nicht vor Mittwoch abend verlassen, da er am Mittwoch noch an den Be ratungen des Generalrats der Reichsbank teilnimmtl Sitzung -es Ke-aktkonsausschusses -er Reporatkonskonfereuz In der gestrigen Sitzung deS RedaktionSauSschuh- ses der Reparationskonferenz, die von 11 bis 1 Uhr dauerte, und an der deutscherseits in Vertretung des Reichsbankpräsidenten T«. Schacht Geheimrat Kastl teilnahm, hat der englische Delegierte Sir Josiah Stamp den ersten -Entwurf eines Berichtes vorgel!egt und einen Teil davon — etwa die Hälfte — verlesen., Es wurden von einigen Mitgliedern deS MuSschusseS Bemevkungen gemacht. In einer gestern nachmittag um 8 Uhr beginnen den neuen Sitzung wurde die Verlesung des Berichts entwurfes fortgesetzt. Tiefer Bericht setzt sich aus zahlreichen Teilen zusammen und ist vorläufig nur in englischer Sprache abgefaßt.. Much sind die einzel nen Teile noch! nicht geordnet.^ Gr enthält eine« Ueb erblick über das Zustandekommen der Konferenz, deren Auftrag ynd die Aussichten betreffend die Lkl- jung. Erklärung der Agentur Hcwa« zur Sitzung des Redaktions ausschusses der Reparationskonserenz. Wie Havas berichtet, war ebenso wie der erste deutsche auch der erste -französische Delegierte -aNf der Reparationskonfe renz, -der Gouverneur der Bank von Frankreich, Moreau, in der Vormi-ttagssitzung des Redakti-ons -Unterausschusses nicht - ölbst anwesend, -sondern hatte sich durch P-armentier vertreten assen. Nach dem gleichen Bericht werden die Vorarbeiten de« RedaktionSausschusseS wahrscheinlich bis Donnerstag andauern, zu welchem Zeitpunkt man mit der Rückkehr Dr. Schachts nach Papis rechnet. Die allgemeine Atmosphäre der Konferenz habe sich, so heißt eS -in der Havas - Auslassung, seit der vorigen Woche nicht geändert. Eine eventuelle Aenderung könne wahr scheinlich erst eintreten, wenn der Redaktion« - -Unterausschuß die Frage der Zahlen anfchnoiden werde. Nach dem Journal -des DsbatS scheint die Atmosphäre weiterhin einer end- gültigen Regelung nur wenig günstig zu sein. Sir Charles Addis nach Berlin abgeretst. Der »weite englische Delegierte aus der Reparation-- konfe^T ChaZs^Addts, ist, wie tzavas beÄchte^ Paris nach Berlin abgereist, um m, den Beratungen de« Ge- neralrates der Reichsbank teilzuneh-men. Ae ^CxttatrrritsrialttätSfrqge st» Lhd». .Die NanM'g«erung M einigten Staaten, di« Ntederla^ Fva^chö^r^n mch Bl-Wien Noten gerichtet, inkmn dteEvöffMnr von V« handlunKL über. M anMvsA Mw. /wer Tageblatt Anzeiger für -as Erzgebirge ZNM ... ...«......... n... Nr. 101 '