Volltext Seite (XML)
Amts- und Anzeigeblatt siir den Mv'LR-» Benrk des Amtsaerichts Gibenliolk sMLL rag und Sonnabend. In- I Expedltwn, be, unfern Bo- sertionSprei«: die kleinsp. ten, sowie bei allen ReichS- ZeilelOPs Ed dessen Umgebung. Postanst-lten Verantwortlicher Redakteur: E. Hannebohn in Eibenstock. 41. Aahr«,««. — SS. Dienstag, den 7. August L8S4 Die ostasiatischen Händel. Die guten Zeiten, in denen der Europäer in be haglicher Ruhe die um Monate hinter den Ereignissen hcrhinkenden Nachrichten vernahm, „wie hinten weit in der Türkei die Völker auf einander schlagen," sind längst vorbei. In dem Maße, in dem sich der Ver kehr zu Wasser unv zu Lande, mit Dampfkraft und Elektrizität, durch da- geschriebene, gedruckte und ge kabelte Wort entwickelt hat, scheint unser Planet kleiner geworden zu sein. Wir nehmen jetzt Anthcil an Dingen, die uns früher völlig fremd waren; was uns ehedem zur Befriedigung der Neugier und zur Unter haltung in müßigen Stunden diente, das vermag jetzt unsere eigensten Interessen zu berühren. Die Halb insel Korea liegt noch weit, weit hinter der Türkei im fernsten Asien, und doch braucht man nur ein Zeitungsblatt in die Hand zu nehmen, um auf die koreanische Frage zu stoßen. Im Jahre 1885, als China wegen Tonking mit Frankreich im Streite lag, kam der Vertrag von Tientsin zwischen China unv Japan zu Stande. Korea war bis dahin Vasallenstaat China«, fortan sollte jedoch auch Japan bei Regelnng der höchst ver lotterten inneren Zustände der Halbinsel mitzusprechen haben. Allein China strebte von Neuem die volle Oberhoheit über Korea an, ließ die Dinge hier laufen, wie sie wollen, und aus den Reformen wurde Nichts. Zn einer südlich von der koreanischen Hauptstadt Söul gelegenen Gegend brach ein blutiger Aufstand aus, der durch die grausame Mißwirthschaft koreanischer Beamten hervorgerufen war. Japan machte jetzt sein Verlangen nach Reformen in Verwaltung und Heer wesen mit Entschiedenheit geltend; China forderte, daß Japan seine Truppen aus Korea zurllckziehen sollte, bevor über die Reformen verhandelt werde. Japan ist darauf nicht eingegangen, die Versuche der euro päischen Diplomatie, einen Ausgleich herbeizuführen, sind gescheitert und der Krieg zwischen beiden Staaten ist, wie wir wissen, mit voller Heftigkeit entbrannt. Der stärkere Theil ist nach allgemeiner Ansicht und für den Anfang wenigstens Japan. ES besitzt ein nach europäischen Mustern erzogenes Heer und eine wohlorganisirte Seemacht, während die reguläre Armee Chinas sehr schlecht organisirt ist und die chinesischen Milizen schlechterdings nichts taugen. Dagegen hat China einen viel stärkeren Rückhalt in seiner ungeheuren auf 360 Millionen geschätzten Be völkerung, während das japanische Reich nur 40 Millionen Seelen hat. Während China sich nach außen absperrt und im Innern in seiner zopfigen Erstarrung verbleibt, huldigt Japan dem Fortschritt der Kultur und ist bestrebt, Korea dem allgemeinen Verkehr mehr zu öffnen. Jetzt dienen dem Außen handel nur drei Häfen: Chemulpo an der Westküste, Fusan im Süden und Gensan im Osten; Eisenbahnen giebt eS in Korea noch nicht. DaS gemeinsame Interesse der großen europäischen Staaten bei einem Kriege zwischen Japan und China gebt dahin, ihren mehr oder weniger beträchtlichen Handel nach Ostasien vor Schädigungen zu bewahren, sowie ihre dort wohnenden Unterthanen zu schützen. Weitere Interessen können sich noch einstellen für England, Rußland und auch für die Vereinigten Staaten von Nordamerika. England hat früher schon vorübergehend Port Hamilton besetzt gehabt. Ruß land ist auf dem Küstengebiet von Wladiwostok Grenz nachbar; mit dem Ausbau der großen sibirischen Eisen bahn bekommt eS in Ostasien eine viel stärkere Stellung und wird noch mehr als bisher wünschen, dort an der koreanischen Küste einen vollständig eisfreien Hafen zu besitzen. Nordamerika will Kriegsschiffe absenden, während England schon ein Geschwader in der Nähe Korea» hat. Ein direkte» Eingreifen in die dortigen Kriegshändel ist vorläufig nicht wahr scheinlich; man wird hauptsächlich dafür sorgen, daß die offenen Häfen mit ihren Frcmdenkolonien, darunter namentlich Shanghai, wo auch da« deutsche Element ziemlich stark vertreten ist, vor Angriffen möglichst bewahrt bleiben. Hagesgeschichte. — Deutschland. Die zur Vorberathung von Maßregeln gegen die Cholera im ReichSgesundheitS- amt zusammengetretene Kommission hat ihre Aufgabe an einem Tage erledigt. Es wurde anerkannt, daß beizeiten gegen die mörderische Epidemie, die sich schon an der Weichsel Bahn gebrochen hat, eingeschritten werden müsse, unv machte sich darüber schlüssig, mit welchen Mitteln ein gefährlicheres Auftreten der Seuche zu hemmen und zu hindern bezw. das gänzliche Er löschen derselben herbeizuführen sei. Die Ergebnisse der Kommissionssitzung, soweit sie sich in Einzelheiten auSdrücken, sind nunmehr den einzelnen Bundes regierungen zur Prüfung übermittelt worden. — Ueber das Auftreten der Cholera selbst meldet man: Danzig, Z. August. Der Staatskommissar für das Weichselgebiet giebt bekannt: Bei zwei am 31. Juli erkrankten Flößern in Kurzebrack, bei einem Arbeiter vom Gute Holm und einer Frau in Sagorsch ist asiatische Cholera bakteriologisch festzestellt worden; hingegen wurde dieselbe bei dem in Kurzebrack er krankten Arbeiter Czarra nicht nachgewiesen. Mast richt, 3. August, Nachts. Hier wurden heute 5 Cholera-Erkrankungen und 1 Cholera-Todes fall festgestellt. — Berlin, 4. August. Oer „Reichsanzeiger" schreibt: Verschiedene Zeitungen bringen die "Nachricht, daß eine Umbcwaffnung der deutschen Armee mit einem neuen Gewehr beoorstehe. Diese Nachricht scheint auf die Thatsache zurückzuführen zu sein, daß seitens der Heeresverwaltung fortgesetzt alle aus dem Gebiete des WaffsnwesenS zur Kenntniß gelangenden Neuerungen eingehend geprüft werden. Au« diesen Versuchen aber auf die Absicht zu schließen, die Armee demnächst umbewaffnen zu wollen, entbehrt der Begründung und ist nicht gerechtfertigt. — Die von den „Münchener N. N." gebrachte Mittheilung über die bevorstehende, mit einer Er weiterung der Korps-BekleivungSämter Hand in Hand gehende Aenderung der militärischen Bekleid ungs-Beschaffung und -Herstellung wird nunmehr da hin vervollständigt, daß innerhalb der bayerischen Armee seinerzeit von der Einführung der bei den üb rigen deutschen Armee-KorpS geschaffenen Korps-Be- kleidungsämter Umgang genommen wurde, nachdem die Handwerkstatten-Einrichtung bei den bayerischen Truppentheilen auch in maschineller Beziehung bereits sehr weit vorgeschritten war, die Einsparung der Kosten für das etatsmäßige Personal der KorpS-Bckleidungs- ämter weitere bedeutende Vervollkommnungen in der Einrichtung der Truppen-Handwerkstätten ermöglichte und die Dezentralisirung des BeschaffungswescnS, wie dieselbe mit der Herstellung der Bekleidung bei den Truppen verbunden ist, manche Vortheile gegenüber der zentralisirlen Beschaffung bei den KorpS-Bekleid- ungSämtern aufwies. Wie wir vernehmen, soll an dieser Einrichtung der BekleidungS-Wirthschaft in der bayerischen Armee auch jetzt nichts geändert werden, nachdem wiederholte Versuche, bei welchen an den Hand- werkstättenbctrieb einzelner Truppentheile die Anforder ungen des Kriegsfalles gestellt wurden, die Zweckmäßig keit und das gesicherte Funktioniren dieser Einrichtung dargethan haben. Die in Aussicht genommene voll ständige Entlastung der Truppentheile von der Her stellung von Bekleidungsstücken wird demnach für die beiden bayerischen Armee-KorpS nicht einschlägig werden. — Oesterreich-Ungarn. Ein soeben erschien ener Armeebefehl des Kaisers gedenkt de» jähen, unerwarteten HinschcidenS des Erzherzog» Wil helm mitten aus seiner schaffensfreudigen Thätigkeit. Tief erschüttert beklagt der Kaiser und die Armee, vor Allem aber die Artillerie, an deren Spitze derVerblichene 30 Jahre hindurch gestanden hat, den schmerzlichen Verlust de« edlen, ritterlichen Soldaten, de» Vorbilde» aller militärischen Tugenden. Möge der Geist de» Dahingeschiedenen fortleben in der Waffe, für die er so väterlich gesorgt und die er unermüdlich in die Bahnen stetiger Vervollkommnung gewiesen. Ver trauensvoll legt der Kaiser diese» Vermächtniß ihre« Inspektor« in die Hände der Artillerie; möge sie sein leuchtendes Andenken noch in fernsten Zeiten bewahren. Zu diesem Zwecke unv um seiner unwandelbaren Dankbarkeit dauernden Ausdruck zu verleihen, bestimmt der Kaiser, daß das KorpS-Artillerie-Regiment „Erz herzog Wilhelm" diesen Namen immerwährend zu führen habe. — Frankreich. Ueber Erwarten rasch hat die Schwurgcrichtsvcrhandlung gegen Caserio Santo ihren Abschluß gefunden, bereits Freitag Mittag fiel der Schutdspruch der Jury und das Ur- theil des Gerichtshöfe«, das Caserios Haupt dem Henker üoerantwsrtet. Die Lyoner Volksrichter haben sich von jeder Schwacheanwandlung freizuhalten gewußt und dem Präsidentenmörder die von seinem Verthei- kiger befürwortete Zubilligung mildernder Umstände verweigert. Caserio, der keinen anderen AuSgang des Prozesses erwarten konnte, bewahrte seine trotzige Haltung bis zum Schluß und stieß bei Verkündung de« TovesurtheilS wie bei seiner Abführung aus dem Gerichtssaal anarchistische Rufe aus. Es werden voraussichtlich nur wenige Tage bis zur Vollstreckung des Unheils verstreichen; im Angesicht der „Maschine" Herrn Deiblers wird Caserio Gelegenheit haben, zu zeigen, ob er in der That muthiger zu sterben verstehe als sein Vorgänger auf dem Schaffet, Emile Henry, dessen Gebrochenheit in der Stunde des Todes er seinerzeit so herbe getadelt hat. Das letzte Geheimniß seiner Unthar beabsichtigt er offenbar mit ins Grab zu nehmen. Die Verhandlung hat keinerlei Aufschluß darüber gebrach!, wer die Genossen der Verschwörung waren, in deren Schooß der Gedanke, den Tod Ra- vachols, Vaillants und Henrys mit dem Tode CarnotS zu rächen, zur That gereift ist. Daß eine solche Ver schwörung bestand, daß Caserio Santo nicht als Ein zelner und ganz auf eigene Faust gehandelt hat, kann nach den Erforschungen der französischen und italie nischen Sicherheitsbehörden keinem Zweifel unterliegen, wie eifrig der Mörver dem auch widersprochen hat. Wenn der französischen Polizei nicht ein Zufall zu Hilfe kommt, werden die unmittelbaren Schuldgenossen des Mörders Sadi CarnotS wohl leider der gerechten Strafe entgehen; eS wäre denn, daß sie bei einem nicht unwahrscheinlichen Versuche, Caserio zu „rächen", ergriffen würden. — Der „Figaro" berichtet aus Lyon, daß dort einige mit Revolvern bewaffnete Personen einen Zellen wagen angegriffen hätten, in der Meinung, der Prä sidentenmörder Caserio befinde sich darin, den sie be freien wollten. Der Versuch sei mißlungen. — Rußland. Aus Petersburg wird gemeldet, Rußland sei fest entschlossen, gemeinsam mit England eine schleunige Beilegung des Streites zwischen China und Japan herbeizuführen. Sollten die Anstrengungen indeß erfolglos bleiben, würde Ruß land keiner Macht erlauben, Theile Korea» zu besetzen. — Eine dem „Reuter'schen Bureau" au« Aoko- hama zugegangene Depesche bestätigt, daß die Chine sen bei Asan von den Japanern geschlagen worden sind. Der Kampf soll am 30. Juli statt gefunden haben. Damit ist die von englisch-chinesischer Seite über Gebühr auSgebcutete Schlappe der Japaner glänzend auSgcwetzt. General Schema, der japanische Feldherr scheint zu dem Angriff nahmhafte Verstärk ungen au« Söul herangezogen zu haben, da er sonst der Uebermacht der in starker Defensivstellung konzen- trirten Chinesen nicht wohl hätte Herr werden können. Der Waffenerfolg der Japaner zu Lande dürste die Verwirrung im chinesischen Lager noch erheblich ver mehren. Trotz der Ableugnung, die au» Tientsin kam, erhalten sich nämlich die Gerüchte, daß Li-Hung- Tschang bei dem Kaiser in Ungnade gefallen sei und über die weitere Leitung der Kriegsoperationen die größte Unklarheit und Zwiespältigkeit herrsche. Auch soll der Mangel an brauchbaren Seeoffiziren so er heblich sich geltend machen, daß doppelte Löhnung und ein beträchtliche» Handgeld öffentlich angeboten wird. Zur See will man vorläufig keine weiteren Truppen-Nachschübe tranSportiren, die von der Mand schurei nach Korea einmarschirenden Truppen müssen den schwierigen Lanvweg passiren, auf dem sie nur sehr langsam vorrücken dürften. Die chinesische Re-