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MsdmfferTageblatt m Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung -er amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meitzen, „ des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die «gespaltene NaumzeUc 20 Npfg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40Reichs- Pfennige. die «gespaltene Redlamezeile im textlichen Teile 1 NM. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Borge» schrieben« Erscheinungs- tage und Platzvorschristen werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis norm. 10 Uhr. >> Für tüx Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muff oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. brr? Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, uni N Wochenblatt für Wilsdruff u, Umgegend dein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung ^nAsmcklc^SchrifttM erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. Nr. 292 — 92. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Freitag, den 15. Dezember 1933 Weihnachiseinkäuse. „Es KM vor Mem, die Ideologie der Bedürf nislosigkeit und der systematischen Einschränkung des Bedarfs, also den vom Kommunismus ausgehenden Primitivitätskult zu bekämpfen. Das Entscheidende ist rtrcht, daß alle sich einschränken, sondern daß alle sich be mühen, vorwärtszukommen und sich" zu verbessern; die deutsche Wirtschaft kann nur bestehen unter einer ganz bestimmten Bedarfshöhe und einer ganz bestimmten Kulturforderung des deutschen Volkes." Das hat der Führer des deutschen Volkes, Adolf Hitler, schon Nor einem halben Jahre gesagt, als er im Generalrat der Wirtschaft die Linien für die neue deutsche Wirt schaftspolitik aufzeigte. Jeder, der sich in den Inhalt und den Zweck dieser Worte vertieft, Weitz, daß es wirt schaftlich nicht nur darauf ankommt, Waren zu er zeugen, sondern daß es das wesentliche ist, Waren abzusetzen. Denn wenn die Waren hinübcrgehen in den Verbrauch, dienen sie eben dem Zweck jeder Ware, in kürzerer oder längerer Zeit verbraucht zu werden und damit die Notwendigkeit herbeizuführen, ersetzt zu werden! Man liest so manches Mal etwas über den Umsatz der „Konsumgüter". Das sind alles jene Waren, die dem Verbrauch oder dem Verschleiß unterliegen und die da durch zum eigentlichen Motor des Wirtschaftens überhaupt werden. Denn die Waren, die Güter sind vor allem dazu da, um von Menschen verbraucht zu werden, damit sie der Erhöhung seines Lebensstandards dienen. Darum ist es in der Zeit einer Wirtschaftskrise, eines stagnierenden Wirtschaftslebens von so ungeheuerer Wichtigkeit, daß der Verbrauch, der Verschleiß, kurz ge sagt: der Umsatz sich erhöht, damit an die Stelle der derbrauchten Güter neue Erzeugnisse treten. Das alles sind nationalökonomische Wahrheiten von gestern, von heute und von morgen. Erne anders Wahr heit aber ist es — und die Erfahrungen, die man in Amerika darüber gemacht hat, beweisen sie von neuem — daß eine Belebung der Wirtschaft nicht allein darin bestehen kann, daß die Gütererzeugung mehr oder minder beträchtlich gesteigert wird, sondern daß allein entscheidend ist für die Konjunktur, daß der „Güterumlauf" oder, wenn man will, der Güter verbrauch sich steigert. Ihn zu bewerkstelligen, ist die Aufgabe des Handels und darum ist es ein bis zur äußersten Folgerichtigkeit si stgehaltener Standpunkt der neuen deutschen Regierung gewesen, die Wege nicht zu zerstören, die die Güter verteilung, der Umsatz, der Handel in fahre- oder jahr zehntelanger Erfahrung gesucht und eingeschlagen hat Was die Erfahrung schuf, was bisher im Laufe der Jahre dazu dienen follte, um auf einem mehr oder Wenigei geeigneten Wege die Erzeugung hinüberzuleiten zum Ver brauchs foll nicht zerstört werden, folange bis die neuer Pfade bis ins letzte hinein vorbereitet sind. Die Wege vom Erzeuger zum Verbraucher sind und gehen zur feinsten Verästelung. Genau so wie das Blut system im menschlichen Körper in seinen letzten und fein sten Enden hineingeht bis in die Fingerspitzen, bis in du feinsten Nervenbündel hinein, so ist es Aufgabe des Han dels, die Bedürfnisse und Wünsche des Einzelnen zu be friedigen. Das ist das Wesen, das ist die Aufgabe des Handels. Und darum soll man sich gerade in der Weih nachtszeit, wenn der Wunsch des Kaufens und deZ Schenkens besonders rege wird, als einzelner dorthin wenden, wo jene letzten Übergangsstellen des Blutes dm gesamten Wirtschaft sich befinden: zu dem Einzel handel. Im Einzelhandel wird das im Herzen dei Wirtschaft, in der Erzeugung hergestellte Gut hinüber geleitet in den Verbrauch und von dort aus wird Wiede: der Bedarf zurückgelenkt zur Erzeugung. Es ist, als wenn der ganze Wirtschaftskörper des Volkes durchblutet wird, und schneller und stärker schlägt das Herz der Wirtschaft, stärkt sich die Erzeugung, wenn in seinen letzten Enden dei Güterumsatz beschleunigt wird. Genau so, wie für die Notwendigkeit, daß im neuer Reich der B a u e r nsta n d herausgehoben wird aus dem Auf und Ab der Konjunkturbewegung, hat sich die Er kenntnis des deutschen Volkes für die Notwendigkeit ge- b: del und verbreitert, daß der kaufmännische Mittelstand, Latz der Einzelhändler zum wertvollen Glied des neuen Staates wird. Diese Erkenntnis schließt Pflichten in sich. Pflicht des Menschen, der im Boden wurzelt, ist es vor allem, seinen Bedarf dort zu decken, wo auch der Kauf mann, der Gewerbetreibende, der Handwerker der kleinen rmd mittleren Stadt im Boden der Heimat wurzelt. Es ist ein Geben und ist ein Nehmen. Die Ware, die in Hände des Käufers kommt, ist wie jener Tropfen, der durch die letzten Enden des Blutsystems von der Erzeu gung herüber zur Erzeugung hinüber geleitet wird, und wenn in den Weihnachtstagen die breiten Massen des deutschen Volkes zum Kaufen und zum Schenken gehen, dann sollen sie daran denken, daß der bodenständige Kaufmann, Gewerbetreibende und Handwerker ein Mensch nicht bloß ihrer Heimat, sondern ihres Bodens und Blutes ist! Der Oberreichsanwatt beantragt: Adesstrase M Lubbe und Turgler. Im Reichstagsbrandstifter-Prozeß beantragte der Oberreichsanwalt gegen den Hauptangeklagtcn vanderLubbedie Todesstrafe wegen des fort gesetzten Verbrechens des Hochverrats in Tateinheit mit dem dreifachen Verbrechen schwerer Brand stiftung und wegen Versuchs der einfachen Brand stiftung. Außerdem beantragte der Oberreichs anwalt Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebensdauer. Der gleiche Antrag richtet sich gegen Torg- ler, der ebenfalls unter den gleichen Umständen zum Tode und zum dauernden Verlust der bürger lichen Ehrenrechte verurteilt werden soll. Die drei bulgarischen Angeklagten, Dimi- trofs,Popoff und Tannesf, sollen von der Anklage des fortgesetzten Hochverrats in Tateinheit mit Brandstiftung aus Mangel an Beweisen frei- gesprochen werden. In der Donnerstagsitzung im Reichstagsbrandstifter prozeß ergriff Oberreichsanwalt Dr. Werner aufs neue das Wort. Aus seinen einleitenden Darlegungen ging bereits hervor, daß er die Mitschuld der Bulgaren und des Angeklagten Torgler an der Reichstagsbrandstiftung als durch die Beweisaufnahme erwiesen betrachtet, wenn auch, wie er ausdrücklich hinzusügte, keiner dieser An geklagten weder bei der Lat noch bei Verlassen des Brand ortes gesehen oder festgenommen worden fei wie van derLubbe. Es komme aber hier namentlich darauf an, nach der kriminalistischen Grundfrage zu handeln: „Wer hatte einen Nutzen von der Tat?" Da die Angeklagten alle Kommunisten sind, wird die Frage zu stellen sein: Hatte die Kommunistische Partei ein Interesse an der Tat und konnte sie nach verständigen Erwägungen unter Berücksichtigung der da maligen politischen Lage einen Vorteil für sich und ihre Ziele erwarten? Diese Frage, so ruft der Oberreichs anwalt aus, ist meines Erachtens unbedingt zu bejahen. Neben der Frage „zu wessen Nutzen", kommt der zweite juristische Grundsatz in Betracht, daß man sich fragt: Wer ist zur Zeit der Tat oder kurz vor oder kurz nachher am Tatort gesehen worden. Damit kommen wir auf die Abgeordneten Torgler und Koenen, von denen Koenen flüchtig ist und nur aus diesem Grunde nicht mit auf der Anklagebank sitzt. Der Oberreichsanwall beschäftigt sich zunächst kurz mit der Persönlichkeit Torglers und fährt dann fort: Der Ver dacht fällt auf Torgler, weil er sich kurz vor der Tat im Reichstag aufgehatten hat. Nun wäre die Tatsache, daß Torgler sich am 27. ununterbrochen im Reichstag auf- gehälten hat, allein noch nicht ausfallend. Es mutz aber berücksichtigt werden, daß als Mittäter neben Torgler der kommunistische Abgeordnete Koenen in Betracht kommt, der sich an diesem Tage ungewöhnlich auffallend be nommen hat. Ein auffallendes, verdächtiges Verhalten des Mittäters Koenen muß also auch den Mitangeklagten Torgler belasten. Nach weiteren Ausführungen über die Mitschuld des Angeklagten Torgler an der Inbrandsetzung des Reichs tagsgebäudes erklärte der Oberreichsanwalt: Durch schlagend aber gegen Torgler ist auszuführen: Er ist nicht nur kurz vor der Tat am Tatort gewesen, sondern er ist auch kurz vor der Tat mit dem Täter selbst gesehen worden." Die Versuche Torglers, einen Beweis dafür zu er bringen, daß er nicht mit van der Lubbe zusammen gewesen sei, sind restlos gescheitert. Torgler ist aber von Zeugen auch mit Po Poff am Nachmittag gesehen worden. Ohne zunächst einen eigentlichen Strafantrag zu stellen, erklärte der Oberreichsanwalt, er halte Torgler für schuldig und überführt der vollendeten Brandstiftung im Sinne der K8 306 Abs. 2 und 307 Abs. 2 mit dem Ziele, die Mitglieder der KPD. zum alsbaldigen Losschlagen zu veranlassen, also unter der Begünstigung des Brandes einen Aufruhr herbeizuführen. Die Beschuldigung fußt in erster Linie und hauptsächlich auf den Aussagen der Zeugen Karwahne und Kroyer. Die Nachmittagsverhandlung im Reichstagsbrand- stifterprozetz diente der Klärung der Schuldfrage der bul garischen Angeklagten, zu der der Oberrcichsanwalt das Wort hatte. Am Schluß seiner Ausführungen stellte der Ober reichsanwalt seine oben gemeldeten Strafanträge. Nachdem der Oberreichsanwalt die Straf anträge gestellt hat, fährt er fort: Meine hohen Herren Richter! Ich bin am Ende meiner Ausfübrunaen. Ich habe zusammen mit meinem Kollegen Pärrisius versuHh noch einmal das Ergebnis der Beweisaufnahme zu zeichnen. Wir haben uns bemüht, das Für und Wider gerecht gegeneinander abzuwägen, um einmal dem berech tigten Bedürfnis der Allgemeinheit und dem Rechtsgefühl nachzukommen, daß das schwere Verbrechen am deutschen Volke gesühnt wird, und andererseits alle diejenigen von der Verantwortung auszuscheiden, denen sie nicht mit voller Sicherheit nachgewiesen wird. Ihnen liegt nunmehr die schwere Aufgabe offen, das Urteil zu finden. Möge Gott Ihnen Kraft und Einsicht dazu geben. Bei der außerordentlichen Erregung, die die Tat hervorgerufen hat, und bei der lebhaften Stellungnahme für und Wider die Schuldigen wird es, wie auch Ihr Urteil ausfallen wird, nicht an Kritik, vielleicht sogar gehässiger Kritik, fehlen. Der Anklagte van der Lubbe blieb, während der Oberreichsauwalt die Todesstrafe für ihn beantragte, vollkommen unberührt von dem, was um ihn vorging, in feiner gewohnten tief zusammengesunkenen Stellung sitzen. Auch Torgler zeigte nicht die ge ring st eBewegung. Ebenso blieben die bulgarischen Angeklagten vollständig ruhig. Oer Verteidiger hat das Wort. Es tritt darauf eine kurze Pause ein. Nach Wiedereröffnung der Sitzung nimmt Rechtsanwalt Doktor Teichert, der Verteidiger der drei bulga rischen Angeklagten, das Wort. Dr. Teichert begann sein Plädoyer mit einer Be urteilung der Tätigkeit des Vcrteidigungs- komitees und des sogenannten Londoner Ge richts. Der sogenannte „Gegenprozeß" in London hat mit einem sogenannten Urteil geendet, in dem zunächst alle fünf Angeklagten für unschuldig erklärt wurden, bis man sich nach einer Weile besann und hinzufügte, es seien nur vier unschuldig. Es war in Wirklichkeit weder ein Gerichtsverfahren noch ein Urteil — es war ein Glied in der Kette der Hetze gewisser interessierter Kreise des Kommunismus oder des Emigrantentums oder sonstiger deutschfeindlicher Cliquen. An den Personen der Ange klagten liegt, meiner Überzeugung nach, diesen dunklen Ehrenmännern gar nicht, wenn sie nur den Zweck der Stimmungsmache gegen das nationalsozialistische Deutschland verwirklichen zu können glauben. Ihre Art der „Ver teidigung" ist für die Angeklagten nur schädlich. Meine Aufgabe hatte sich rein auf das sachliche Gebiet zu be schränken, auf die Erforschung der Wahrheit und die Be antwortung der Frage: schuldig am Reichstagsbrand oder nicht? Rechtsanwalt Dr. Teichert geht dann auf die Umstände ein, die zur Verhaftung der drei Bulgaren führten. Daß van der Lubbe Helfer gehabt haben mußte, stand nach der Art des Brandes und der Zeit der Brandstiftung fest. Es war nur verständlich, daß man nach Mittätern suchte. Dr. Teichert zählt sodann die Zeugenaussagen, die die Bul garen belasten, auf und fährt dann fort: Mit diesen Be kundungen war der Ring der Voruntersuchung geschloffen. Daß die Angeklagten in Verdacht gerieten, daran waren sie selbst schuld, da sie zunächst phantastische und offensicht lich unrichtige Angaben über ihre Tätigkeit und den Auf enthalt in Deutschland machten. Ich muß erklären, so fährt Rechtsanwalt Dr. Teichert fort, daß nach diesem Sachverhalt die Anklage erhebung völlig zu Recht erfolgte. De: Alibibeweis, den die Angeklagten Popoff und Taneff füi den Brandabend führten, gilt als unumstritten. Soweit Dimitroff in Betracht kommt, ist das Alibi als einwandfrei anzusehen, da er nachweislich am Brandtage sich in München auf gehalten hat. Der Angelpunkt des Verdachtes gegen die Bulgaren ist die Aussage des Zeugen Hellmer. Diese Aussage hat aber eine große innere Unwahrscheinlichkeit Wenn man Hellmer folgt, waren die Bulgaren etwa vicr- bis sechsmal zusammen mit van der Lubbe im Bayernhos Es kann als sicher angenommen werden, daß hier ein« Verwechslung vorliegt. Es steht demnach zweifelsfrei fest, daß Hellmer einem Irrtum unterlegen ist und daß Lubbe niemals im Bayernhof mit den Bulgaren zusammen gewesen ist. Eingehend befaßt sich der Verteidiger Dr. Teichert mit den Angaben des Majors Weberstädt, der ganz offensichtlich Taneff mit Bernstein verwechselt habe. Im übrigen habe sich die Erinneruna Weber-