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WsdrufferTageblatt Al für Bürgertum/ Beamte, Angestellte u. Arbeiter S Nr. 195 — 91. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-DreSden Sonnabend, den 20. August 1932 Postscheck: Dresden 2640 Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend besteh. kj.n «nlpeu-h °«, Lieserung de. -de. K«.,un° Vc^.k^ek. - SndA Anzeigenpreis: die 8zeN«ttene Noiimzeile 20 Aptg., die ^gespaltene Zeile der amtlichen L ebanntmaLungen es 2 eiet« Pfennige, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Nachweisung-gebühr 2V Reich-Pfennig«. Dor» geschriebeneErscheinuvga. cr-- e^^ - « w»eund Platzv-.süris «q werden nach Möglichkeit FekNsprecher: AM! WtlSdrUff Ulk. b berSchsichtigt. «nzeigen, annahme bisvorm.IVUHr. ———————— Für die Richtigkeit der I r. n " , , .durch Fernrus übermittelten Anzeigen übern, wir keine (Garantie. Jeder Radallanipruo erlisct I, nenn bei Denar i > >ch -mgeiandtcr Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto deiliegi. Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs g„ä,. Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts- geircyts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Rem Kamps gegen Oesterreich Anleihe Mehrheit gegen die Regierung und Lausanne. Glaube und Aberglaube. Die Rolle des „13." — Geld für die Arbeit! — Österreichs zweites St. Germain. Auch wenn wieder einmal Menschengeist und Menschenleistung einen Sieg über die Natur erringen, wie Professor Piccard es zmn zweitenmal vermochte, so bleibt doch wohl in der letzten äußersten Ecke des Menschenver standes ein Nestchen von — Aberglauben l i e g en, das sich an schwarzen Katzen, dem Freitag oder der Zahl 43 stößt. Und dieses Nestchen kann ja mit Recht und fast triumphierend darauf Hinweisen, daß „der Drei- zelmte" des öfteren in der jüngsten deutschen Geschichte eine überaus unerfreuliche Rolle gespielt hat. Man vergißt das freilich meist sehr schnell, nnd darum sei an den „schwar zen Börsenfreitag" (!) des 13. Mai 1927 erinnert, an dem der Marsch ins Tal der Krise hinab begann, das deutsche Kreditgebäude den ersten folgenschweren Stoß er litt, — bis dann am 13. Jnli 1931, am „schwarzen Bankcn-Montag", dieser Marsch in einen tiefen Sturz überging. Und schließlich ist der 13. Augnst 1932 ein Politisch überaus unerfreulicher Tag für Deutschland ge worden, als zwischen den Nationalsozialisten und der Re gierung Papen das Tischtuch zerschnitten wurde. Was der Regierungswechsel, die Reichstagsauflösnng und -Neu wahl, das Vorgehen in Preußen wie überhaupt die ganze Innenpolitik des Kabinetts von Papen bezweckt hatte, nämlich die so oft verlangte und von der Gegenseite so viel bekämpfte „.Heranziehung der Nationalsozialisten an den Staat nnd die Verantwortung für ihn", ist auch nicht erreicht worden. Daß das Ergebnis dieses „13." in eine Art Konflikt auch zwischen Hitler als Führer der größten deutschen Partei und dem Reichspräsidenten selbst ans- klang, ergibt sich aus den scharfen Auseinandersetzungen, die ihm folgten und hinter denen sich doch nur wenig die Gefahr eines heraufziehcnden V c r f a s s u n g s k o n - fliktes verbirgt. Somit ist als zweites Ergebnis dieses dunklen „13." d i e U u g e w t ß h e i t zu verzeichnen, die über der nächsten politischen Zukunft einerseits des Kabinetts P a p c n s e l b st schwebt, und andererseits über dem kommenden Schicksal Gesamtdeutschlands. Vielleicht hat bei der bisherigen deutschen Innenpolitik der letzten Monate mehr als man vermutete ein Glaube anstatt einer Gewißheit mitgewirrt; und damit hätte es sich nun wieder gezeigt, daß in der Politik der Glaube sich nicht gerade selten als ein — Aberglaube herausstcllt. * Diese politische und jene parlamentarische Ungewiß heit sind es ja auch, die sich der Inangriffnahme des oder eines Arbeitsbcschaffungsprogramms als so „grobe" .Hindernisse in den Weg stellen, daß an die Politischen Reitkünste Herrn von Papens große Anforde rungen gestellt werden. Es geht dabei — natürlich — um die Frage der Finanzierung. Zum Teil hat die Reichsbank hierbei schon Hilfsstellnng geleistet durch eine Kredithergabe, deren Form zu manchen Bedenken Anlaß gibt, — die aber als Experiment doch schon ein paarmal geglückt ist. So bei der Stützung der Spar kassen im Herbst vergangenen Jahres. Allerdings be standen damals nicht die politisch parlamentarischen Un gewißheiten nnd Unsicherheiten wie heute! Gerade sie sind cs aber ganz offenbar, die beim Reichsbank- h r ä s i d e nt e n D r. L n t h e r Bedenken anslösten, ob er liquide genug bleiben würde, wenn er die beabsichtigte, von ihm geforderte K r e d i t a n s w e i tu n g im Be trage von ein paar hundert Millionen nur gegen Wechsel zulasscn sollte, die — keine sind, weil sie ja viermal um je drei Atonale verlängert werden sollen, also erst Ende nächsten Jahres fällig werden. Außerdem ist ja die mit diesem Kredit zu bewirkende Arbeit kaum uninittelbar „produktiv" nnd rentabel, wird beides erst, wenn die Gesamtwirtschaft wieder ins Arbeiten kommt. Letzter Garant für diesen Kredit soll nnd will zwar das Reich sein, aber über dessen innen- und damit auch wirtschaftspolitische Weiterentwicklung schwebt das Kefe, undurchsj^^ Dunkel der Zukunft. „So ganz nebenbei ist aber die Reichsbank die Hüterin der Wäh- rung, und sie weiß ans erschütternder Erfahrung, wie sehr ihr Wohl und Wehe abhängt von der Liquidi tät, und daß diese wieder bestimmt wird durch die Bonität der von ihr hereingenommenen Wechsel d. h. derer, die sie garantieren sollen. Gewiß ist es nicht Engstirnigkeit oder Paragraphen reiterei, die T.. Luther hindern, nicht sofort in den ihm vom Kabinett Papen offerierten sauren Apfel zu beißen. Jetzt soll Schritt für Schritt prüfend vorwärts gegangen werden, um nicht tiefer in den Sumpf des Massen elends hineinzumarschieren, um nicht den Teufel der Arbeitslosigkeit durch den Beelzebub der Währungskrise austreiben zu wollen. Noch steht der Glaube an die Stabilerhaltung unserer Währung fest, und man hört nicht auf jene, die diesen Glauben einen Aber glauben schelten Wollen. * Wie aber soll sich der Glaube daran, daß es wirtschaft- Ilch wieder besser gehen könnte, hcrvorwagen dürfen, wenn Ler Aberglaube billige Triumphe feiert, man vermöchte Wien, 19. August. Im österreichischen Parlament gehen wieder ernstliche Krifengerüchte um. Der Bundesrat hat heute beschlossen, gegen das Lausanner Protokoll Einspruch zu erheben. Danach muß das umstrittene Gesetz an den Nationalrat zurück- gehen, und es gilt nur dann als angenommen, wenn der Natio nalrat, der am Mittwoch das Protokoll mit 81 gegen 80 Stim men annahm, nochmals eine Mehrheit für das Protokoll zusam menbringt. Wie die zweite Abstimmung im Nationalrat aus fallen wird, ist noch sehr fraglich. Bei der Kanzlei des National- rates wurde heute vormittag ein Schreiben abgegeben, wonach der Abgeordnete Vinzl vom Nationalen Wirtschaftsblock sein Mandat niederlegt. Vinzl ist jener Abgeordnete, der seinerzeit für das von den Großdeutschen eingebrachte Mißtrauensvotum gegen die Regierung Dollfuß stimmte und dann von den wirt- schaftichen Verbänden, denen er angehört, so unter Druck gesetzt wurde, daß er einen vollständigen Nervenzusammenbruch erlitt, auf Krankheitsurlaub gehen mußte und auch bei der letzten Abstimmung über Lausanne fehlte. An Vinzls Stelle wird der frühere Sektionschef Schauer-Schoberlechner, der führend in der Angestelltenbewegung tätig ist, in den Nationalrat eintreten. Es wird mit Bestimmtheit behauptet, daß Schauer-Schoberlech ner gegen Lausanne stimmen werde, das heißt also, daß die Regierung ihre Mehrheit verliert. Nun ist aber dieser Mandats verzicht durch ein im Laufe des Nachmittags eingegangenes, mit Vinzl unterzeichnetes Telegramm wieder zurückgezogen worden. Von seilen der Opposition wird behauptet, daß diese Zurück ziehung des Mandatsverzichts auf Einwirkung von Vertrauens männern der Negierung geschehen sei. Im Bundesrat, wo die Angelegenheit zur Sprache kam, bestritt der Bundeskanzler entschieden, auf diese eingewirkt zu haben. In einer parteiamtli chen Verlautbarung des Nationalen Wirtschastsblockes wird der Fall ebenfalls aufgegrifsen und der Regierung vorgeworfen, daß im Augenblick der Kenntnis des Mandatsverzichtes von Ver trauensmännern der Negierung in dem genannten Sinne einge wirkt worden sei. Im übrigen sei die Echtheit der Unterschrift des Wiederrusungstelegrammes bis zur Stunde nicht beglaubiqt- Der Regierung gegenüber, die sich auf Grund dieses Tele gramms geweigert hat, den Wahlschein für ..achfolger Vinzls auszufertigen, wird in der parteiamtlichen Verlankba- rung festgestellt, daß durch diese merkwürdigen Praktiken, eine Mehrheit für das Lausanner Abkommen zu sichern, das Ansehen der Regierung keinesfalls gehoben werde. Der Nationale Mirt- schaftsblock kündigt an, sich alle Rechtsmittel zur Sicherung des sreigewordenen Mandats sowie zur Anfechtung eines aus solche Weise bloß mit einer Stimme Mehrheit allenfalls zu stande gekommenen Beschlusses zu sichern. Als weiterer Unsicher heitsfaktor kommt die Nachfolge für den soeben verstorbenen Dr. Schober hinzu. Schober hat an der Dienstagabstimmung nicht teilgenommen, weil er da schon schwer krank darnieder lag. Die Haltung seines Nachfolgers im Parlament wird also angesichts des knappen Abstimmungsergebnisses besonders ent scheidend sein. Silispruch des ötiemichischenVundesrats gegen das Lausanner Protokoll. Der Österreichische Bundesrat beschloß, Einspruch gegen die Annahme des Lausanner Protokolls im Na tionalrat zu erheben. Der Bundcsratsbefchluß kam mit den Stimmen der Nationalsozialisten, des Bundesrats Tanzmeister, des Großdeutschen Bundesrats und der So zialdemokratie zustande. mit Gewalt das Rad der Entwicklung festzuhalten oder es gar rückwärts zu drehen. Mit Österreich haben es die Beherrscher Europas wieder einmal gemacht, und zwar in einer Art, die sich nur äußerlich von der in Zeiten der Kabinettskriege „beliebten" ein wenig unterscheidet. Man macht es nicht mehr mit Bajonetten, Kanonen oder Tanks, nicht mehr, wie Deutschland gegenüber nach dem Waffen stillstand, durch eine „effektive" Blockade, sondern stiller, heimlicher, heimtückischer durch die kreditpolitische, finan zielle Aushungerung. Und diktiert dann Friedensbedingnngen L la St. Germain. Uns Deutsche, die wir mit mindestens ebenso großer Not zu kämpfen haben und in Lausanne doch das Nein! aussprachen, ist es schmerzlich, erleben zu müssen, daß Österreich Ja sagte, um ein paar Monate weiter„leben" zu können. Trotzdem aber glauben wir, daß es Aberglaube dieses Europas von heute ist, dieses Völkerbundes", der so zu Unrecht seinen Namen trägt, eine papierene Scheidewand setzen zu wollen zwischen uns und Öster reich. Der Glaube an unsere gemeinsame Zukunft wird sie doch etnst zerstören. Dr. Pr. Die Gründe für den Einspruch sind folgende: weil durch dirses Protokoll die außenpolitische Hand». lungsfreiheU der Republik, insbesondere auch im Hinblick auf eine engere politische und sogar wirtschaftliche Ge meinschaft mit dem Deutschen Reich für eine Dauer bis zu 20 Jahren wesentlich beeinträchtigt wird, weil durch dieses Protokoll Österreich neuerlich einer drückenden Auslandskontrolle unterworfen wird, weil in diesem Protokoll wirtschaftspoli tische Bestimmungen gefährlichster Art enthalten sind und weil Bestimmungen dieses Protokolls geeignet sind, wichtige sozialpolitische Errungenschaften breiter Schichten arbeitender Menschen zu gefährden. Schober gestorben 1*. Am Freitag abend gegen 10 Uhr verstarb in einem Sanatorium in der Nähe von Wien der ehemalige Bundeskanzler und Außenminister Dr. Johannes Schober im Alter von 57 Jahren. Der Name Schobers ist besonders verknüpft mit dem Plane der österreichisch-deutschen Zollunion, der Anfang 1931 von Schober als damaligen österreichischen Außenminister und Reichsauhenminister Dr. Curtius vorbereitet worden war, von dem aber ein halbes Jahr später unter dem Drucke der Haa ger Entscheidung Schober ebenso wie Curtius abrückten. Dis Teilnahme Schobers an diesem Plane aber kennzeichnet gerade den Gegensatz zu dem erst vor zwei Wochen verstorbenen ehe maligen Bundeskanzler Seipel. Man hat von Schober als dem Gegenspieler Seipels gesprochen und mag damit vielleicht etwas übertrieben haben, denn in vielen besonders innenpolitischen Programmpunktcn haben beide übereingestimmt und es war bemerkenswert, in welch starkem Maße Polizeipräsident Scho ber mit seinen scharfen Maßnahmen gegen die Ausschreitungen im Sommer 1927 vom damaligen Bundeskanzler Seipel auch gegen schärfste sozialdemokratische Angriffe gedeckt wurde. Aber auf außenpolitischem Gebiete ging Schober ganz andere Wege als Seipel, mit dessen Kühle er nichts gemein halte. Schober wurde 1874 in Perg geboren Im Juni 1918 wurde er Ponlizeipräsidcnt von Wien.. Schober hat die Wiener Po lizei in der Nachkriegszeit vollkommen reorganisiert. Die erste Kanzlerschaft dauerte von Juni 1921 bis Mai 1922, die zweite von September 1929 bis September 1930. Unter der Kanzler schaft Schobers wurden die Verfassungsreform und das Haager Abkommen durchgebracht. Unter seiner Kanzlerschaft wurde Oesterreich von den Reparationen befreit und wurde die Auf legung der Internationalen Bundesanleihe 1930 durchgeführt. Von Dezember 1930 bis Januar 1932 war Schober österreichi scher Außenminister. Dri Schober galt als erste Autorität auf dem Gebiete des Polizeiwesens. Er war Ehrendoktor der Uni versitäten Graz und Wien.' Schober trat 1913 als Mitglied der Großdeutschen Partei und Abgeordneter des Nationalrates ins politische Leben ein. Ltm die Mstungsgleichberechiigung. Paris in Erwartung der amtliche« deutschen Forderung. In französischen politischen Kreisen erwartet man mit Sicherheit schon in den nächsten Tagen cincp amttnhcn Schritt des deutschen Botschafters von Horsch bei der französischen Regierung, durch den die Frage der Gleich berechtigung in den militärischen Rüstungen aufgeworfen »nd Frankreich anfgefordcrt werden soll, sich zusammen mit den anderen europäischen Großmächten an den Ver handlungstisch zu setzen. In der französischen Presse wird bereits jetzt lebhaft gegen die deutschen Forderungen pro testiert, denen man jede juristische Berechtigung abspricht. Reichskabmeti beschließt Haushaltabstrich. Um das wirtschaftliche Aufbauprogramm. Das Reichskabinett befaßte sich in einer nicht sehr rusgcdehnten Sitzung mit Einzelheiten des bekannten Ar- beitsbcschaffungsprogramms in Höhe von 200 Millionen. Ls beschloß ferner die Verteilung des sogenannten „Globalabstriches" an dem Haushalt 1932/33 in Höhe von insgesamt 110 Millionen entsprechend den Vorschlägen des Ncchsfinanzmittisterittms auf die einzelnen Ressorts. In Kreisen der Reichsregierung hat man weiterhin den Eindruck, daß eine Einigung über die großen wirt schaftspolitischen Linien der Reichsregierung mit dem Reichsbankpräsidenten durchaus zu erreichen sei. Es han delt sich hier um ein größeres wirtschaftliches Aufban- programm. von dem die bisher bekannt gewordenen, weil