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MsdmfferTageblati Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadlrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Äürgertum, Beamte/ Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20 Axfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs. Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Vor geschriebene Lrscheinungs. — _ tage und Platzvorschrifle« werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis norm.10 Uhr. — - - - -—- Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Zeder Aabattanspruch erlischt, wenn derBetrag durch Klage eingezogen werden muß oderderAuftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend strllungen enlö?genb^m F-U- HSHkr« Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — «ücksendung eingesundter Schriftstücke ersplgt nur, wenn Porto beiliegt. Nr. 148 — 90. Jahrgang Telegr.-Adr: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Posticbeck: Dresden 2640 Montag, den 29. Juni 1931 W Keine EntMmg in Paris „. . .herzlich dumm zu nennen." Was Frankreich auf den Vorschlag Hoovers ant- wortel, ist noch viel schlimmer, als wir und wohl auch Hoover selbst erwartet haben. Nicht blotz, datz es dem Geist nach nichts von dem verspüren läßt, was man als Zustimmung zu dem Ziele der Aktion Hoovers auffasten könnte, sondern Frankreich verlangt etwas, was noch über den Young-Plan hinausführen würde — aber nach rückwärts. Daß die französische Antwort, datz das Kabinett Laval und die ganze Deputiertenkammei zwar durchaus und nicht ungern den einjährigen Zahlungsaufschub für Frank reichs sämtliche Kriegsschuldenverpflichtungen annehmen will, wußte man schon, auch, daß es von Deutschland die Weiterzahlung der 660 Millionen ungeschützter Verpflich tungen verlangte Diese Summe sollte dann von der Tributbank in Basel umgehend Deutschland wieder zur Verfügung gestellt werden, so datz nicht blotz theoretisch, sondern auch praktisch der Young-Plan wenigstens in einem Teil seiner Bestimmungen weiter in Funktion blieb Und was wurde nun aus diesem Kredit- Vorschlag? Zunächst einmal der Hinweis, datz dieser Kredit von Deutschland selbstverständlich sofort nach Schluß des „Reparationsfeierjahres- zurückgezahlt wer den müßte: eine entsprechende Mehrbelastung würde der dann fälligen Jahresleistung des Young-Manes noch hinzugesügt werden Natürlich müßten wir außerdem für die als ungeschützte Zahlung an die BIZ. hinüber geleitete Summe nun auch noch Zinsen zahlen, wenn man uns die 660'Millionen zur Verfügung stellen würde Übrigens soll noch erwähnt werden, datz diese 660 Mil lionen „ungeschützter- Zahlungen die eigentlichen „Kriegs- trivuie- darstellen insofern, als diese Summe zum Wiederaufbau der zerstörten Gebiete" dienen soll Mit diesem „Argument" - das natürlich nur in der Theorie besteht — haben die Franzosen jetzt besonders heftig gearbeitet, Alle anderen Staaten, die dem Vorschlag Hoovers bedingungslos zustimmien, haben aber gerade auf diesen Teil der „Nevorations"rablungen also der Entschädigungen für ihre wirtschaftlichen Kriegs verluste, glattweg verzichtet, Amerika an der Spitze, Aber die obenerwähnte nachträgliche Kreditierung der deutschen Zahlungen während dieses „Schulden, feteriahres" soll ja gar nicht „zur Gänze" wie man in Österreichs Amtsdeutsch sagt, allein zugunsten Deutsch lands erfolgen, sondern auch andere Siaaien Mittel europas sollen Kredite aus dieser Summe erhalten namentlich solche Länder, „wo Vie Aussetzung des Young- Planes während eines Fabres eine finanzielle oder wirt schaftliche Störung bringen" Mit diesem Vorschlag zer stört übrigens Frankreich selbst seinen Einwand: die Weiterzahlung des ungeschützten Young-Plan-Anteils durch Deutschland verstoße nicht gegen den Vorschlag Hoovers, daß kein Schuldnerstaai etwas zahlen solle mit Ausnahme des Ztnsendienstes für die Dawes- und die Young-Anleihe; denn Deutschland erhalte das bezahlte Geld sofort als Kredit zurück Deutschland soll diese Summe nich> erhallen, höchstens einen Teil, und da z. B Frankreich selbst behauptet, das Young-Plan-Moralorium füge seinem Haushalt finanzielle Störungen zu, so könne man in Paris auch einen Teil dieses von der BIZ, aus den deutschen Zahlungen ermöglichten Kredites in An spruch nehmen! Was ja nun alles eigentlich der Idee der Vorschläge Hoovers kaum entsprechen dürfte. Aber dann heißt's obendrein: „Rückwärts, rück wärts, Don Rodrigo", nämlich zurück in die für Frankreich so erfreuliche Zeit der interalliierten Kon trolle in Deutschland Kontrolliert werden soll der französischen Note zufolge die Art, wie wir jenen Kredit der BIZ. verwenden, also was wir sozusagen mit unserem eigenen Geld machen würden. Kontrolliert soll ferner werden, wie Deutschland die Summen verbraucht, die es durch die übrige, die wirkliche Nichtbezahlung der Young- Plan-Verpslichtunngen etnspart beim Haushalt desNeichs: die Gläubiger sollen aufpassen, daß Deutschland diese Er sparnisse zu wirtschaftlich-vernünftigen aber nicht etwa zu Dumping-Zwecken verwendet, für Subventionen an die Wirtschaft u. dergl. Man kann ja schon darunter ver stehen, daß z. B die Industrie-Belastung aus dem Dawes- Plan, die immer noch erhoben wird, nun für ein Jahr nicht erhoben würde Kontrolliert werden soll schließlich auch noch, ob Deutschland rechtzeitig die notwendigen Maß nahmen trifft, die Reparationszahlungen nach Ablauf der einjährigen Frist prompt und pünktlich wieder aufzuneh men. einschließlich der Abdeckung des von der BIZ, erhal tenen Kredits Man darf wohl zitieren, was Schillers „Wallenstein" dem Gesandten des Kaisers antwortet: „Wohl ausgesonnen, Pater Lamormain!" — um dann allerdings sofort in die drastische Kritik aus zubrechen: „Wär der Gedank nicht so verflucht gescheit, Man wär' versucht, ihn herzlich dumm zu nennen- ... "uv zum Schluß nun noch ein Hinweis: Die fran- zoplche Regier,-^ Hal die „Annahme" der Vorschläge .wovers an do ^isttmmung der Kammer und des Senats ", '""den und diese ist natürlich nur zu erhalten, wenn dlna amerikanischen Präsidenten die französischen Be angenommen werden Abgesehen von allem deuv><^ "an den Verhandlungen und Besprechungen, be- t bleie allein in Frankreich erfolgte Zwischenschaltung Hoovers ZnstrutÜonen für Mellon. Die amerikanisch-französischen Verhandlungen. In Paris haben die Verhandlungen des amerikani schen Staatssekretärs Mellon mit der französischen Regie rung über den Hoover-Plan und die französischen Abände rungswünsche begonnen. In Amerika ist man noch immer trotz zu überwindender großer Schwierigkeiten optimistisch, daß die Verhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluß führen werden. Schatzsckretär Mellon hat eine telephonische Aus sprache mit dem Präsidenten Hoover gehabt, wobei eine Formel gefunden worden ist, die das äußerste Zugeständ nis Hoovers darstellcn soll. Aus der offiziösen Mitteilung, daß die französische Antwort weder dem Prinzip noch dem Geist nach dem Vorschlag Hoovers entspreche, geht aber hervor, daß die amerikanische Regierung sich zu einer ent schiedenen Stellungnahme entschlossen hat Hoover hat sich nach inoffiziellen Nachrichten damit bereit erklärt, datz Frankreich während des Schuldcnjahrcs die für bereits begonnene Bauten, wie die Donaubrücke und Picranlagen notwendigen Sachliefcrungcn weiter er hält. Darüber hinaus müssen jedoch die ungeschützten Zahlungen der Wiederherstellung Deutschlands zugutc- lommcn. Weiter ist Hoover damit einverstanden, daß Deutsch land den ungeschützten Reparationsanteil an die BIZ. überweist, wenn die Rückkreditierung an Deutschland zinslos erfolgt und der belgische, rumänische und südslawische Reparationsantell in Höhe von 37 Millionen Dollar ebenfalls als Kredit nach Deutsch land zurückfließt. Auch für diese Länder sollen die lau fenden Kontrakte für Sachliefcrungcn bestehe» bleiben. Entschieden abgelehnt wird aber der französische Vor schlag, daß Deutschland im übernächsten Jahr die doppelte Annuität leisten soll. Ebenso ist Amerika nicht bereit, sich in irgendwelche Kontrollmaßnahmcn gegenüber Deutsch land hincinziehen zu lassen, wie beispielsweise Unter suchung der deutschen Zahlungsfähigkeit am Ende des Moratoriums oder Überwachung der Verwendung der er sparten Annuität. Die amerikanische Regierung betont, daß sie absolut unbeteiligt an den Reparationsinteressen der früheren Verbündeten ist. Sie will lediglich die Krise von Europa Amerikas Finanzminister in Paris. Bei seinem Pariser Ausenlhall stattete der amerikanische Schatzamtssekretär Mellon dem französischen Minister präsidenten einen Besuch ab. Von links: französischer Ministerpräsidem Laval — Staatssekretär Mellon — Briand, der französische Außenminister — Edge, Amerikas Botschafter in Parts. oer VotkSverlretung Zeitversäumnis, verursacht den Aus jchub einer Entscheidung, die von wirtschaftlicher Welt bedeutung ist und mit jedem Tage drängender wird Es lst an Hoover, seine ursprüngliche Idee vor oer Verfäl schung durch Frankreich zu retten Wir selbst können oabe! nichts tun, höchstens daraus verweisen, daß die Wieder einführung der interalliierten Kontrolle gegen die Absicht und den Worttaui des Young-Plans verstößt, der aus- arücklich aus die Beseitigung jeglicher Kontrolle Deutsch äands ausgebaui ist. Und erinnern darf Deutschland auch noch daran, daß Frankreich derartige Konirollabstchlen auch in Österreich zu erzwingen versuchte: hoffen wir, daß :s bei uns ebenso mißl^igi wie in Wien Denn England dar auch noch ein Wörichen mitzureden und dort — ist man schon bei der Ausführung der Vorschläge Hoovers. abwenden und zur wirtschaftlichen Gesundung Deutsch lands beitragen. Jede andere Stellungnahme Amerikas würde der Kongreß als Hineinziehung in die politischen Affären Europas strikt ablehnen. Chefbesprechung beim Reichskanzler. Unter Vorsitz des Reichskanzlers Dr. Brüning hat in der Reichskanzlei eine Chcfbesprechung stattgefunden, in der die außenpolitische Situation durchgesprochen wurde, die durch die französische Antwort an Amerika gegeben ist. In politischen Kreisen wahn man weiter Zurückhal tung, um zunächst abzuwarten, wie die für heute nach mittag vorgesehenen Verhandlungen Mellons mit der französischen Regierung verlaufen werden. * Offizielle Einladung nach Paris. Hoesch bei Laval. Ministerpräsident Laval hat den deutschen Botschafter von Hoesch zu einer längeren Aussprache zu sich ins Innenministerium gebeten. An der Unterredung nahmen der Außenminister Briand und der Staatssekretär Francois Poncet teil. Gegenstand der Aussprache waren der Hoover-Plan und die französischen Gegenvorschläge. Über den näheren Inhalt der Unterredung wird von keiner Seite etwas bckanntgegeben. Der Ministerpräsident teilte dem Botschafter offiziell mit, daß die französische Regierung den Besuch der deutschen Minister in Paris aufrichtig be grüße. Der Zeitpunkt des Besuches ist späteren Ver einbarungen Vorbehalten geblieben. Auch nach Rom emgeladen. Aus gut unterrichteter Quelle verlautet, daß der italienische Botschafter in Berlin dem Reichskanzler und dem Neichsaußenministcr im Namen des italienischen Kabinettschcss eine Einladung zum Besuch der italienischen Regierung übermittelt hat. Der Reichskanzler und der Reichsautzcnministcr haben die Einladung angenommen. Wahrscheinlich werden sie ihr nach ihrer Pariser Reise, die voraussichtlich um den 10. Juli herum erfolgen wird, Folge leisten. Die offizielle Einladung der französischen Regierung an Brüning und Curtius ist sofort nach dem Abschluß der Besprechungen zwischen Washington und Paris zu erwarten. * Dis pariser Verhandlungen. Die ersten offiziellen Besprechungen zwischen dem amerikanischen Staatssekretär Mellon und den franzö sischen Ministern über eine Angleichung der amerikanischen Vorschläge und der französischen Forderungen zur Ein führung eines Reparationsfeierjahres dauerten etwa drei Stunden. Nach Abschluß der Besprechung wurde ein aeuer Termin für die Fortsetzung festgesetzt. Man hofft, am Montag zu einer Beendigung der Aussprache kommen ;u können. * Unannehmbare französische dedingunaen. Immer wieder politische Erpresfungs- l versuche. Bisher haben sich zwischen der amerikanischen und der französischen Auffassung drei Punkte herausgeschält, über die noch Meinungsverschiedenheiten bestehen. Amerika wünscht einmal, daß der gesamte Betrag des ungeschütz ten Teiles der Tribute lediglich Teulschland — und zwar zinslos — wieder zur Verfügung gestellt wird, während Frankreich auch die kleinen mitteleuropäischen Staaten daran ieilhaben lassen will. Die französische Regierung wünscht außerdem, daß die BIZ. die Garantie für die Anleihe übernimmt, die sie mit dem ungeschützten Teile an Deutschland erössnet. Wie in amerikanischen Kreisen verlautet, soll sich Mellon jedoch nachdrücklichst dagegen ge wehrt haben. Schließlich steht die französische Regierung noch aus dem Standpunkte, daß es unmöglich sei, Deutsch land so weitgehende finanzielle Erleichterung zu gewäh ren, ohne dafür fehr ernste politische und wirtschaftliche Garantien zu erhalten. Es liegt i» der Absicht Frankreichs, eine genaue Kontrolle über die Anwendung der frciwerdcndcn Tributgelder auszuüben. Laval verlangt von der Reichsregierung ganz bestimmte Garantien über ihre friedlichen Absichten und ihren ehr lichen Wunsch einer Zusammenarbeit. Er soll bei dieser Gelegenheit daraus hingewiesen haben, daß sich Teulschland verpflichten müsse, auf die Durch führung der Zollunion mit Österreich zu verzichten. Ferner verlangte er die Versicherung, daß weder die Reichsmarine noch das Reichsbeer in irgendeiner Weise etwas von den sreiwerdenden Geldern erhalte. Was den Besuch des Reichskanzlers und des Neichs- außenministers anlangt, so ist man in hiesigen politischen Kreises der Auffassung, datz eine Zusammenkunft mit den