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, 2 59 Dienstag, Ken 23. Zum ^925 Oie Lufthiebe der Entwaffnungsnote Deutschland soll „abrüsten", was gar nicht vorhanden ist. - Das Gutachten des Reichswehrministers an der Ent waffnungsnote offenbart die ganze Lächerlichkeit der Forderungen n IZ a Macht- ntner in üdmark. 115 110 100 5 - 85 117 10« 102 03 87 0-105 115 107 102 M 70 110 107 95 116 11S 9-111 96 96 95 95 87 Schwein Kälber Wietzen -rkaufs- ben sich Oie Quixoterien der Alliierten Wie wir Hore», ist nunmehr das militärische Gutachten des Re'chsmchrminislcriums über die Entwasfnungsfoldcrunqcn der alliier,en Vecgierun- gen endciültig sertiggestellt und dein Reichslrebinett Pir Beratung zuacieitet worden. Zwischen Rcichs- «anper Dr. Luther und dem Reichswchrministcr Geßler und dem Chef der Heeresleitung, Akccai von Lecckt, haben am Montag cingchcudc vcspicchunqen statigcfundcn. Als Ergebnis der Besprechungen kam? vor allem festgcstellt werden, aas' General Sceckt vorläufig nicht daran denkt, llw Rücktliitsgesuch cinzurcichcn, * Wir sind in der Lage, aus diesem Gutachten des Reichswcbrministerinms über das alliierte Emwasfnmigsmemv-.andum nähere Einzcl- beitei' nilziltc'lcn. Vorweg sann uian scst- nellcii, -das; die «iellnngnahmc des Reichsrvehrministci rinmg gegen übe?- den Eniwafsnnngssordc- rungen fast in allen wesentlichen Punkten ablehnend ist In erster Linie wendet man sich deutscherseits gegen die Forderung auf Auslosung des gro ben Gcneralstabs. Man steht hier auf dem Standpunkt, daß die Organisation des Rcichs- wehrministcrinms durchaus den Bestimmungen ''cs Versailler Vertrages entspricht. Bereits IN Frühjahr 1020 ist bei wiederholten Besuchen der Kontrollosfizierc in weitestgehender Weise Auskunft erteilt worden, ohne daß seitdem die geringste Beanstandung erfolgt ist. Das ReichSwehrminifterium ist auch gar nickt in der Lage, die Fordcrnngeu der ncnerlichcn EntwassnungSnote z« erfüllen, weil doch nichts ansgelöst werden kann, was gar nicht existiert. Eine Abteilung zur Beförderung von Offizie ren des Ruhestandes gibt es nicht. Die Charaktcrverleihnng an ehemalige Reserve- und Landwehroffiziere ist längst abgeschlossen. Es erfolgen jZü nur noch Charaktcrerhühun- gcn beim Ausscheiden eines aktiven Offiziers. Man fragt im Reichswchrministerinm: Ist etwa der Frieden gefährdet, wenn einem verdienten Major a's Pflaster für de« „blauen Vries" der Charakter al» Oberstleutnant gegeben wird? Ein „Luftrat" existiert im Reichswchrmnü- stcrium nicht und hat auch nie existiert. Er kann also auch, nicht aufgelöst werden. Auch die Rügen der Note in bezug auf die Ausbildung der GeneralstabSoffizierc muß znrückgewicscn werden. Die Ausbildung fin det tatsächlich bei jeder einzelnen Division durch Offiziere aus dem betreffenden Stabe statt, so daß von einer einheitlichen Ausbildung und einem geschlossenen Lehrkörper also gar nicht gesvrvchcn werden kann. Eine Nenderung der zur Zeit bestehenden Gebräuche lehnt das ReichSwehrministc- rium dagegen ab. Sehr wichtig ist auch die Frage der gesor- Nrnen Zerstörung oder Zerstreuung von Fa briken. Depots und Werkstätten, die angeblich der Rüstungsindustrie dienen sollen sArtikel 168 169 des Versailler Vertrages«. Man ist seitens des Rcicksmchrministc- riumS der Auffassung, das; die Fordernn- acu der Zerstörung von Maschinen nnd Werkstätten geaen den Friedensvertrgg verstoßen, da Werkstätten wie Maschinen nur friedlichen Zwecken dienen. ES muß auch berücksichtigt werden, daß die Zerstörung der Maschinen den in Frage kom menden Werken außerordentlich hohe Kosten verursachen würden, die ihnen vom Reich er setzt werden 'müßten. Diese Kosten werden vorläufig auf etwa 560 Millionen Mark ge schätzt, die für die Daweszahlungen in Ausfall kämen. Ganz abgesehen davon, daß durch die Zerstörung der Maschinen eine große Anzahl Arbeiter in Deutschland brotlos wurden. Entscheidende Tage für Painleve Heute Entscheidung des Sozialisten referendums Die öffentliche Meinung Frankreichs ist arüber einig, daß in dieser Woche wichtige politische Entscheidungen zu erwarten sind. Das Ergebnis des Sozialistenreserendnms, die Debatte über Marokko, das Vorgehen der Negiernng gegen die kommunistische ^Propa- ganöä, die Rettung des französischen Francs, der heute wieder gefallen ist: alle diese Ereig nisse und Probleme drängen sich in den letzten Tagen des Juni zusammen und stehen unter einander in Verbindung. lieber die Resul tate des Referendums glaubt man jcüt bereits Bescheid zu wissen, obwohl die offizielle Stati stik erst heute abend veröffentlicht wird. Bon den kN Sozialisten der Kammer uud des Arbeitsausschusses, die befragt worden sind, werden voraussichtlich nickt mehr als sür die versöhnlich'. Resolution Rinceuc Auriols stimmen. Die übrigen Stimmen werden auf die Reso lutionen Nenaudels und Compere-MorelS fallen, die beide in etwas abweichender Form für das Ende der Unterstützuugspolitik sind. Das Wort „Bruch" wird vermieden. Nach einer Aeußerung Compere-Morels soll die so zialistische Gruppe gegenüber dem Kabinett Painleve die gleiche Haltung annehmen, wie sie Jean Jaures 1911 gegenüber der ehemali gen Regierung Monis empfahl: Keine suste- matische Opposition, sondern ein „wohlwollen des Abwarten bei voller Freiheit der Abstim mung für den einzelnen". Diese Methode soll einen Druck auf Painleve und Eaillnnx aüs- üben, aber sie kann auch für die Sozialisten der Kammer aefäbrlich werden, denn sie läßt eine DaS Gleiche gilt sür die Zerstörung von Gebäuden. Wie haltlos die ganzen Forderungen aufge stellt worden sind, ergibt sich daraus, daß in der Werkstatt des Wehrkreises „Desching" 17 Münitivnsschnpen zn zerstören sind. Zunächst wußte niemand im ganzen Reichswehrministe rinnr. was dieser Passus zu bedeuten habe, da ein Wehrkreis Desching gar nicht existiert, bis sich durch. Rückfrage herastsstellte.-daß das Mu- nitionsdepot des Wehrkreises.Vii.-in München gemeint sei. In diesem Depot lagert die uon der JMKK. genehmigte Mnnition der 7. Di vision. Die Eulontc genehmigt also bic Munition, aber nickt die dazu gehörigen Schuppen Nf Die Munition mnß daher unter freiem Him mel lagern!!! Der Vorwurf der Entwassnnugsnote, viele Fabriken könnten wieder Kriegsfabrikation anfnchmen, ist eine Tatsache, die wohl bekannt, aber picht aus der Welt zu schaffen ist. Znm Beispiel können die znr Verstellung vvn Mak karoni verwendeten Maschinen durch geringe Abänderung zur Anfertigung von Röhren- vnlper verwendet werden. Wenn Deutschland sich diesem Passus füge» wollte, müntcn sämtliche Makkaronimbri- kcn zerstört werde». Bei der großen Zerstreuung der Armee reicht die bei normalen Verhältnissen aus reichende Ausstattung von einer Werkstatt pro Bataillon öder Regiment nicht ans, deshalb sind auch in den kleinen Garnisonen Repara turwerkstätten notwendig, die aber lediglich handelsübliche Werkzeuge, wie Hamnier, Zan gen, Feilen, enthalten nnd für die, Sicherheit der Entente nickt gefährlich werden können. Wenn diese Werkstätten fortsielen, dann entstünden riesige Transporte mit erheb lichen Kosten, denn jeder reparaturbedürf tige Gegenstand müßte erst auf dem Bahn- wege zu der nächsten Reparaturwerkstatt geschasst werden. Anch das ist nicht möglich. Spaltung Ser Sozialisten beinahe mit Sicher heit erwarten. Die Probe wird gleich heute, Dienstag, ge macht werden, wenn über die Marokkopolitik der Negierung abgestimmt werden muß. Pain leve hat die Absicht, gleich zu Beginn der Sit zung eine Erklärung abzugeben, die keinen Zweifel über die Absicht der Regierung läßt. Es liegt nahe, zu vermuten, daß er wieder den! Wunsch betonen wird, schnell zn einem Fric-! den in Ehren zn gelangen-, aber cs ist nichts vorauszusehen, daß er über den Weg .zum Frieden erheblich anders denkt wie unmittel bar «ach seiner Rückkehr aus Marokko. Trifft diese Voraussage zu. da»« werde» sich bereits bei dieser Abstimmung die Stimmen der Sozialisten spalte«. Die Regierung wird dadurch nicht in Gefahr kommen. Es ist sogar möglich, daß sich eine Mehrheit der Linken Undet, wenn alle ande ren Gruppen des Kartells geschlossen für die Regierung eintrcten. Aber die stärkste Gruppe wäre getrennt, und diese Tatsache kann für die nabe Zukunft verhängnisvoll werden. Den» am Mittwoch soll die Diskussion über bic Finanzfrage beginnen, über deren Verlauf selbst erfahrene Parlamentarier nichts Ve- stimmtes zn prophezeien wagen. Ein Appell der „Erc Nouvelle" für Erhaltung des Kar tells zeigt die Verworrenheit der Situation. Dieser Bericht verlangt, daß Herriot die Ob jektivität übt, zu der er durch jeine Stellung als Kammerpräsident gezwungen sei. Der Führer der Radikalen solle seinen Einslus; auf seiuc Gcsiunuuasfreundc geltend machen, da mit sie für die Politik PainleveS und Caillaux cintreten, ohne sich um »ersönliche McinungS- versckicdenheitcu zu kümmern. Die Forderungen'in bezug aus die militä rische Organisatiou des Ciseubahunctzcs sind, wie man auf Seiten des Reichswchrministe- riums erklärt, vollständig unverständlich, nnd natürlich auch unannehmbar. Die Reichswehr, die über viele kleine Garnisonen zerstreut ist, muß zur Erlediguug ihrer Aufgaben, Aufrecht erhaltung von Ordnung und Ruhe im Reiche nnd Schutz der Grenzen, äußerst beweglich sein. Sic wird hierzu ebenso wie zn ihren Hebungen auf den Truppenüb«ngsplätzen meist d-c Eisenbahn benutzen, Bearbeitung von militärischen Eisenbahn transporten kann aber nnr von militärischen Fachleuten erfolgen, wie dies auch in allen anderen Armeen geschieht. Wer den Betrieb der früheren Eisenbahnabteilnng des Großen Generalstabes kennt, weiß, daß das sür TranS- vcrtzwccke jetzt eingestellte Personal dcS Mini steriums nnd der Wehrkreise nicht annähernd anSrcicht, um sich überhaupt mit anderen Fragen, als den linsenden Transporten, ge schweige denn mit Mobilmackungsvorbercitun- gen, zu beschäftigen. Die Zerstreuung beS Eisevbahntranspor.- Materials kann überhaupt gar nicht in Frage komme« und mnß abgelchnt werden. Käme man dieser Forderung nach, so würde beim AuSbruche vou Uuruhcu das Material gar uicht rasch genug herbeigcschafft werden können. Was die Note sonst mit „Besondere Einrichtungen der Eisenbahn" meint, ist dem Neicköwchrmittistcrinm unklar. Vielleicht alaubt man, daß die Bezeichnung auf deu Wagen: „6 Pferde oder 40 Mann" ein Beweis für die angebliche Nichtabrüstung Deutschlands sein soll. Damit ist das Gutachten des RcichSwchr- ministeriums noch keineswegs erschöpft, viel mehr geht es auf die anderen Punkte der Ent- wasfnüngsnote ein, die man in einer besonde ren Darstellung behandeln muß. Ab- el Krims Aufstand in spanischer Perspektive Grauada, Mitte Juni 1925. lieber der weißen Stadt liegt die bren nende Sonne. In den Gassen des Arabcr- viertels klappern die Hufe der Maultiere. Auf den breiten Alleen nnd Plätzen am Gcnil brandet die Menge der spanischen Herren. Droben in der Alhambra ist stumm ausge streckt die maurische Hand gegen den bösen Blick; dort wartet der eingemeitzelte Schlüssel über den Eingangstoren der Burg: das Sym bol der Macht. Wer ihn greift, ist Herr. Die Jahrhunderte sind vorübergeetlt, seit sich der Kamps um deu Besitz entschied. Und doch geht der Kampf weite'-, blutend und zäh; verlegt in die Berge des Atlas. Denn drüben haben sie die Erinnerung an Freiheit und Selbst bestimmung, an den HochstanL früherer Kul tur noch längst nicht vergessen. Die Söhne des neuen Spanien ziehen täg lich hinaus, um eine Sache, deren wahre Bc- weggründeZie bis heute nicht verstehen. Man ches erschütternde Bild sah ich auf den häß lichen Bahnhöfen in uachgemacht maurischem Stil, wenn sich Mütter von ihren Söhnen los rissen oder sie den tiefdunkel gebräunten Ur lauber empfingen. Das geht nun Jahr für Jahr und um was eigentlich? Ja, wenn es sich wenigstens noch nm eine Lebensnotwen- digkeit Spaniens handelte. Es liegt eine ge waltige Tragik in diesem Ringen eines Vol kes um etwas, was ihm selbst so gut wie nichts bringt und nur anderen Nutzen bringt. Die Ziele sind im tiefsten Grunde ebenso wie die der katholischen Sturmtruppen zur mau rischen Hochperiodc wieder eine Aufopferung für das Abendland, nur daß damals die christliche Kultur die Grenzmark Spanien als ideell und materiell notwendiges Glacis brauchte, wie Ungarn es im Türkcnkamps be deutete. Diesmal macht Spanien sich zum Packesel des zivilisierten Europa. Damaliges und heutiges Ziel verhalten sich zueinander wie die abendländische Kultur zur abendlän- dischen Zivilisation. Jenes war der Opfer Spaniens wert, dieses nicht. Die Spanier bewahrten sich als Kampfer bisher viel von der Art eines reinen Toren, der dem heiligen Gral irgendwie zustrebt. Sie besitzen viel von dem naiven Sinn ihres Don Ouichoto, der gläubig sür seine ritter liche Sendung gegen Windmühlen Front machte. Trotzdem glauben sie als Kolonial volk, für den eigenen Vorteil zu handeln, während es um das Gleichgewicht der west europäischen Mächte am Mittelmeer geht. Ge rade an dem Tage, als Painleve von Bar celona nach dem Süden abfloa, Kte ich Ge legenheit, mich mit einem po! einflnst- reichcn Spanier zn unterhalten. Er w- - um die Tragödie des spanischen Marc kriegcs: „In Wirklichkeit kämpfen nicht Ri - kabylen und Spanier um Freiheii oder Ko lonie, sondern Engländer nnd Franzosen um das Mittelmeer. Die Aeußerung Englands, daß die Erfolge der Vergstämme die euro päische Ruhe gefährde«, ist gar uicht anders zu verstehen. Und Frankreich saßt die ihm eigentlich unbequeme Gelegenheit einer künf tig besseren Sicherung der Linie Fes—Oran beim Schopfe." Anch die spanischen Blätter zeigen sich plötzlich sehr orientiert. Sie wol len kein Spanisch-Marokko unier französisch englischem Schutz,-trotzdem sie wissen, daß es nicht anders geht. Da sie jedoch das kleinere dem größeren Uebel vorziehen, sind sie ange sichts der Haltung Englands, die Frankreich vor unberechtigten Uebergriffen ans spa nisches Gebiet warnt, beruhigt. Nun kann die Marokkokonfcrenz beginnen. Frankreich wird sich ans ein vorübergehendes, strategisch sich als notwendig erweisendes Uebcrschreiten der Grenzen beschränken, — wenn eS erst soweit ist. Doch bis dahin hat es noch gute Weile, wie die Berichte über Abd el Krims Vordringen gegen Fez beweisen,