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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, La»k»l«tt- «rlchttxl «« «le» Wer»«««»» »«chmitt«,, L »he. »e,u,,peer«: Bei In L«»sichSs>.f<elle^»d »en «-„„»-ft-IIen r «M. im W»N«I, bet Sustellnn, «mich di« Boten r.zo RM., bei Poftdeftelinng Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgeqend Postböten^d'»",»"«^ tril.eeunn »ei»ät»itelleu nehme» ,u jebee Zeil B-. ftellnngen entgegen. JmFalle hSherer Dewall, Krieg oder sonstiger Letrieboftörungen besteht dein Ansprnch ans Lieserung »«» Zeit»», oder Kürzten, Le- Bezugspreises. — «LcksenLnng ein,es«ndter Schrislftütke ersolgt nnr, »enn Porto b-tliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Naumzeile 20Npfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- Pfennig, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweijungsgebühr 20 Reichspfennige. 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Man hört oder liest solche Reden höchst un gern, weil jeder Staatsmann — oder wer sich dafür ans- zibt — mit Vorliebe an des Franzosen Talleyrand spöttischen Witz zu denken scheint, das; die Worte dazu da sind, die Gedanken zu verbergen. Manchmal wird das mit solcher Geschicklichkeit ausgeführt, daß man in der Rede überhaupt keine Gedanken findet. Was ja wohl die Höhe diplomatischer Redner wcis- heit ausmacht. Diplomaten neuerer und neuester Schule „entgleisen" freilich bisweilen etwas, indem sie so reden, wie — um rin vulgäres Wort zu gebrauchen — ihnen der Schnabel gewachsen ist. Das erfrischt geradezu und Zuhörer oder Leser freuen sich. Wenn z^8. der deutsche Außenminister »" "u kleines drastisches Wort erinnert, das der frühere englische Premierminister Lloyd George jetzt Führer der Liberalen Partei in England, cin,nal°ü'ber die Locarno- nen/»»hat, so wirkt solche Drastik gerade in sein Kreise der Wiener Vertreter ausländischer Heilungen vor denen Dr. Stresemann sprach, sehr viel mehr als wenn er ihnen „diplomatisch" gekommen wäre Lloyd George hatte nämlich unter Beziehung auf den englischen Außenminister allein oder auf die deutschen, französischen englischen Außenminister von einem Storch gesprochen' der in den Gewässern des Lago Maggiore auf einem Bein stehe und zufrieden die Ergebnisse von Locarno betrachte; es käme aber nun darauf an, nicht dauernd in dieser Stellung zu verharren. Stresemann vervollstän digte dieses Bild noch dadurch, daß er meinte, daß auch mit dem Geklapper über die Erfolge von Locarno es noch nicht getan sei. Das Bild kennzeichnet wirklich die ganze Situation viel besser als taufend Worte. Alles redet und preist „Locarno" — aber damit begnügt man sich auch. Stolz und selbstzufrieden schaut mau auf die wunderschönen Verträge, die dort abgeschlossen sind. Aber mehr tut man nicht. Es werden sogar Reden darüber gehalten, Reden, die Dr. Stresemann sarkastisch als Geklapper bezeichnet, und in Deutfchland jedenfalls wird es kaum jemanden geben, der ihm da irgendwie widerspricht. Wo bleibt aber die Tai? Die Räumung der Rheinlands, die allge meine Abrüstung, die Nicderlegung auch der sich immer hoher auftürmenden wirtschaftlichen Hindernisse der Gtaaten gegeneinander? Was hat man nicht bloß alles geschrieben über die Wiener Reise der d e u t s ch c n' M i n i st e r! Aber eine französische Zeitung hat es herausgekriegt, warum diese Reise erfolgte: das Paßvisu m zwischen Deutsch land und Österreich soll abgeschasft werden. Eine glor reiche Entdeckung! Denn es besteht ja erfreulicher weise überhaupt nicht mehr. Und Dr. Stresemann sagt ganz keck und frei, er wurde sich freuen, wenn das Paß visum überhaupt zwischen sämtlichen Ländern der Erde abgeschasft wurde; denn die Menschen, die man nicht qcrn hinemlassen will, kommen auch ohne Paß hinein sind die anderen, die man gern hmcinlasscn will werden durch den Paßzwang bloß geärgert. Uber solches Wort Dr. Stresemanns werden sich z. B. in Italien sämtl^ e Haare ans den Regierungskopfen sträuben, vor allem des Agen, weil Dr. Stresemann völlig recht hat. W„ je- mals — bis vor zwei Jahren — das zweifelhafte Vcr- anügen hatte, etwa von Bozen nach München zu fahren hatte das noch zweifelhaftere Vergnügen, viermal den Paß vorweisen zu müssen im Verlauf von ein paar Stunden. Gerade so ist es mit der Zollabfertigung. Ein ganzes Beamtenkorps ist mit dieser „Arbeit' beschäftigt und trotzdem ist es schon für jeden Touristen eine Kleinig keit, von Südtirol aus über die italienisch-österreichische Gre'A zu Hüpfen. . . Was Stresemann mit seinem klappernden Storch an; einem Bein sagen will, ist ja doch nichts anderes, als daß all diese — und andere Hemmnisse einer wirklichen Völkerversöhnung, einer Zusammenarbeit und eines Zusammenkommens der Staaten und Völker Euro pas fallen sollten. „Die beste Sicherheit für die Erhaltung des Friedens ist die Bekämpfung des Mißtrauens zwi schen den Nationen; für uns in Deutschland lft der Ge danke, daß nur eine friedliche Entwicklung überhaupt drc Möglichkeit einer Wiederaufrichtung Europas gibt, eins Selbstverständlichkeit." Deutschland liegt ja mittendrm in Europa und wird am meisten davon betroffen, wenn dieses Mißtrauen trotz Locarno immer noch besteht, daß den Worten von damals die Taten seit damals gar so wenig entsprechen nnd immer weniger entsprechen. Nicht Zuletzt in der Art, wie unsere Beziehungen zu Österreich beurteilt und behandelt werden. Locarno ist der Versuch, den Blick abzudrehen von den Ereignissen, die der Weltkrieg und die Nachkriegs zeit gebar, den Blick nicht mehr nach rückwärts zu richten, Widern ihn nach vorwärts zn lenken. Um das Bild zu vervollständigen: es ist sozusagen erst mit dem einen Auge geglückt, das andere schielt immer noch nach rückwärts w die Vergangenheit zurück. Und darnm — bleibt der Storch auf dem einen Bein stehen, setzt das andere nicht Klouu^m vorwartszuschreitcn. Darum bleibt es beim PP r» vorläufig. Aber gerade wir Deutsche hoffen ver keickskanLler j« München IchMs Wille zum Eigeuslaat. Dr. Marx' Besuch iu der bayerischen Hauptstadt. Die Wiener Reise des Reichskanzlers Dr. Marx uni des Reichsaußenministers Dr. Stresemann hat nunmehi ihren Abschluß gefunden. Vor der Abreise besuchten Dr Marx und Dr. Stresemann zusammen mit Bundes kanzler Dr. Seipel Klosterneuburg, wo sie in der Stifts kirche einem feierlichen Pontifikalamt bei wohnten. Hierauf wurde vom Kirchenchor auf besonderer Wunsch des Reichskanzlers Dr. Marx die Messe in L-Mol von Anton Bruckner aufgeführt. Nach dem Hochamt be sichtigten die Gäste das Stift. In der Bibliothek trüge» sie sich in das Gedenkbuch ein. Während der Reichsaußenminister sich von Wien aut unmittelbar nach Berlin begeben hat, hat Reichskanzlei Dr. Marx noch in München Station gemacht, um zurr ersten Male seit seiner Kanzlerschaft der bayerischer Staatsregierung einen Besuch in der baye rischen Landeshauptstadt abzustatten. Der Begrüßung durch Ministerpräsident Dr. Hell folgte ein Empfang in den Repräsentationsräumcn im Palais des Ministerpräsidenten, der die Gäste Dr. Helds mit einem großen Kreis prominenter Persönlichkeiten des politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben- Bayerns und den Vertretern der bayerischer» Presse ver einte. Der Reichskanzler unterhielt sich besonders ein gehend mit Kardinal von Faulhaber. Nach einer kurzer» Rundfahrt durch die Stadt be suchten Reichskanzler Dr. Marx und Ministerprästdem Dr. Held am Donnerstag das Deutsche Museum. Im Ministerium des Äußern nahm der Reichskanzler die Vorstellung der Staatsminister entgegen, während ihm darauf, saß endlich einmal die Stunde kommt, da aus den Worten dir Tat wird und die Einsicht sich durchsetzt: wenn Europa nicht den Weg hinausfindet aus dem Druck der Nachkriegspsychose, dann wird nicht bloß Deutschland, sondern werde»» alle europäischen Völker nnd Staaten politisch wie wirtschaftlich schwersten Schaden da von haben. Deutsche Verhandlungen mit Polen. Beginn der Aussprache. In Berlin ist in» Auftrage der polnischen Regierung Ministerialdirektor Jakowski aus Warschau ein getroffen, um die Vertretung seines Landes wahrzu- nehrnen bei den nun beginnenden Besprechungen über die deutsch-polnischen Handelsbeziehungen. Auf deutscher Seite nimmt Reichsaußenminister Dr. Stresemann, der aus Wien zurüügekehrt ist, an den Verhandlungen teil. Ministerialdirektor Jakowski wurde bereits Don nerstag vom Reichsautzenministcr empfangen und hatte eine eingehende grundsätzliche Aussprache über die Wiederaufnahme der gegenseitigen Handelsbeziehungen. Freitag findet ein Essen zn Ehren Jakowskis bei Dr. Stresemann statt, an dem auch der deutsche Gesandte in Polen, der zur Teilnahme an den Vorbesprechungen nach Berlin gekommen ist, teilnimmt. Die Verhandlungen des deutschen Gesandten Rauscher in Warschau haben bereits zu einer Einigung über die Polnische Holzeinfuhr nach Deutschland geführt, die dahin geht, daß beide Seiten noch vor dem Abschluß des Handelsvertrages an einen Abbau gewisser Ein fuhrverbote u n d S ch u tz z ö l I e gehen. Vorläufig betrifft diese Abmachung das polnische Holz und eine ganze Reihe deutscher Fertigfabrikate. Einige reii» ver waltungstechnische Maßregeln für den Grenzverkehr sind auch behandelt worden. Die polnischen Wünsche Zählt ein Artikel des Warschauer offiziösen Blattes „Epoka" auf. „Epoka" unterstreicht den Verständigungs- Willen Polens. Das Regierungsblatt erklärt, man dürfe wohl hoffen, auch bei der deutschen Reichsregierung Ent gegenkommen in der K o h l e n f r a g e und der Frage des V " h v e r t r a g e s zu finden. Polen stelle dem Dent- ^^15 keinerlei Zumutung, die etwa den Beschlüssen der Weltwirtschaftskonferenz widerspräche. Die Aufnahme der amerikanischen Anleihe habe an dem polnischen Stand punkte zur Handelsvertragsfrage nichts geändert. Nach wie vor sei man in Warschau der Meinung, daß der Ver trag »m Interesse beider Teile nnd der europäischen Ge samtwirtschaft gelegen sei. Reichspräsident v. Hindenburg hat an den Staatssekretär a. D. L e w a l d, der bisher die deutsch- polnischen Ausgleichsverhandlungen leitete nnd nun ;n- rückgetreten ist, ein Schreiben gerichtet, in dein der Reichs präsident dem Scheidenden seinen herzlichsten Dank aus- spricht. Lewald wird sich der Pflege des deutschen Sport- Wesens widmen. im Landtagsgcbäude das Präsidium und die FraktionS Vorstände des Bayerischen Landtages vorgestcllt wurden Bei diese»» Besuchen wurden auch einige Reden ge wechselt. Im Ministerium des Äußern gab Ministrrprä sidcut Dr. Held der Hoffnung Ausdruck, daß es bei de» Zuftnnmcnarbeft zwischen Reich und Ländern gelingen möge, den lebenskräftigen und Willensstär ken Ländern die Möglichkeit zu erhalten, in Selb ständigkeit sich an den Aufgaben des Reiches zu ihrem Teil zu betätigen. Der Reichskanzler glaubte zu sagen zu können, das» durch tatkräftige Zusammenarbeit von Reich und Ländern alle noch bestehenden Schwierig keiten überwunden werden würden. Im Landtag teilte Reichskanzler Dr. Marx mit, daß sich die Reichsregierung viel mit der Lage Bahcrns beschäftige, dessen Bedeutung sie voll würdige. So lange im bayerischen Volk der feste Wille zu»»» Eigen st aal vorhanden sei, wäre es politisch falsch, einen andere»» Zustand hcrbeiführcn zu wollen. Das wesentlichste sei, daß das Reich Zusammen halte. Einem Besuch im Rathaus folgte eine längere Aussprache zwischen dein Reichskanzler und der bayerischen Staatsregierung. Die Münchener Neuester» Nachrichten widmen Reichs kanzler Dr. Marx Begrüßungsworte, wobei sie mit Bezug auf den vorangegangenen Besuch ii» Wien betonen, daß der Weg des Deutschen Reiches der Zukunft nicht über eine Provinz Bayern führe und daß der Anschluß nicht den Unitarismus, sondern nur den Föderalismus kenne. Im übrigen wird betont, der Reichskanzler werde hoffent lich aus München die Gewißheit mitnehmen, daß Bayern heute noch den Anspruch erheben dürfe, der am meisten deutschfühlende Staat des Reiches zu sein, uin so mehr, je weniger es von außer» bevormundet werde. Nicht der Zwang schaffe die Einheit, die allen Stürmen trotze. Skandal im Englischen Mechaus. Macdonald gegen Baldwin. Das Unterhaus hatte sich mit Bergbaufragen uni Anträgen zur Reform des gesamten Bergbaues in Eng land zu befassen. Der frühere Ministervräkident Ram say Macdonald hatte einen Antrag eingebracht, dei sofortige Maßnahmen für die Sicherung einer wirksamen Produktions- und Verkaufsorganisation des Bergbaues sowie Hilfsmaßnahmen für die Zahl der unbeschäftigten oder verkürzt arbeitenden Bergarbeiter verlangte. Bei der Begründung des Antrages durch Macdonald kam es zu lebhaften Szenen, die den Sprecher veranlaßten, die Sitzung auf eine Stunde zu unterbrechen. Macdonald er. klärte weiter, das große Problem für den Kohlenbergbau sei die Umbildung von Kohlen in Kraft, und in dieser Hinsicht sei Großbritannien wesentlich hinter den kontinentalen Ländern zurück. Die Frage, wie Kohle in Öl und andere wertvolle Bei- produkte verwandelt werden könne, sei wesentlich für die Fortdauer des nationale»» Nutzens. Es handle sich hier nicht um die Frage der Profite für die an der Kohlen industrie unmittelbar beteiligten Personen, sondern um eine Frage des allgemeinen Wohls. Die Regierungs politik in der Arbeitslosenfrage, die den größten Teil des Volkes einfach dem Armenrecht überweise, Habs vernich tende Folgen. Die Regierung halte optimistische Rede»», lasse aber eine Lösungsmöglichkeit nach der anderen vor übergehen. Macdonalds Rede folgte ein sehr starker Bei fall. In» Anschluß au Macdonalds Rede kam es zu einem Zwischenfall, als an Stelle Baldwins der Handelsminister Cunliffe Lister antworte»» wollte. So oft der Minister sich anschickte, seine Rede zu hatten, wurde er von de» Opposition durch Lärir» unterbrochen. Ununterbrochei» forderten die Bänke der Arbeiterabgeord neten das Erscheinen des anwesenden Ministerpräsidenten Baldwin auf der Rednertribüne. Cunliffe wollte immer wieder beginnen, konnte sich aber kein Gehör verschaffen. Nachdem sich diese Szene»: verschiedentlich wiederholt hatten, vertagte der Sprecher das Haus. Auch nach aer Aufhebung der Sitzung hielt die erregte Stimmung an. Die beiden Seite»» des Hauses standen einander drohens gegenüber und Schimpfwoite flogen hin und her. Bald win blieb noch einige Minuten an seinem Platz sitzen. Als er dann das Haus verließ, ertönte aus den Reihen der Arbeiterpartei lautes Pfeifen. * Abrüstungsfragen lm Oberbaus. Jrn Englischen Oberhaus wickelte sich eine Abrüstungsdebatte ab, in der Lord Cecil die Gründe seines Ausscheidens aus dein jetzigen britischen i darlegte. Zunächst sagte Lord Parmoor, das Auftreten Chamberlains auf der letzten Völkerbundversammluug l Ge nicht nur dem britische»» Ansehen, sondern auch der Behandlung der Abrüstungsfrage außerordentlich ge- schgdet. Cecil führte aus, er sei nach Gens mit Vor-