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WtiiM für Wilsdruff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis ' vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne ! Nummern 10 Pf. Thm>M, Uchn. Siebtnlthn »nd die UmgtMden. —— Imtsölutt Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Milsdruff, sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. No. 7V. Dienstag, den 22. September 1891. Auf Folium 3 des Handelsregisters für den Bezirk des unterzeichneten Amtsgerichts, die Firma Bruns Gerlnch in Wilsdruff betreffend, ist heute verlautbart worden, daß Frau Christiane Pauline verw. Gerlach geb. Richter in Wilsdruff als Inhaberin der Firma ausgeschieden und baß nunmehr der Kaufmann Herr Adolf Bruno Zollamtes Gerlach daselbst Inhaber der Firma ist. Königl. Amtsgericht Wilsdruff, den 17. September 1891. Iti Bekanntmachung. Das 8. Stück des Gesetz und Verordnungsblattes für das Königreich Sachsen vom Jahre 1891 entbält: No. 27. Disciplinarordnung für die evangelisch-lutherische ^Kirche des Königreichs Sachsen, vom 30. Juli 1891; No. 28. Kirchengesetz, die Pensionsberechtigung von Cantoren und Organisten, sowie Kirchnern und anderen kirchlichen Nnterbcamteu betr., vom 15. Juli 1891; No. 29. Verordnung, die Abtretung von Grundeigenthum zu Erbauung einer normalspurigen Eisenbahn von Zwickau über Crossen noch Mosel betr., vom 15. August 1894; Ülo. 30. Verordnung, einige Aenderungen in den für die Wahlen zur II, Kammer der Ständeversammlung bestehenden Wahlkreisen betr., vom 24, August 1891; No. 31. Verordnung, die Vornahme, von Wahlen für die II. Kammer der Ständeversammlung betr., vom 27. August 1891; Gedachtes Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes liegt zur Einsichtnahme ans hiesiger Rathsexpedit'ion aus. Wilsdruff, am 16. September 1891. Der S t a d t r a t h. Brgmstr. Tagesgeschichte. Dem mächtigen Eindrücke, den der begeisterte Enipfang Kaiser Wilhelms in der bayerischen Haupt stadt durch Fürst und Volk auf das Ausland hervorgebracht, giebt der Londoner „Standard" in gewissermaßen topischer Weise Ausdruck, topisch insofern, als seine Betrachtungen alle die Gesichtspunkte erschöpfen und zusammenfassen, denen man auch sonst in den mit einiger Sachkeimtniß urtheilenden Or ganen der Auslandspresse begegnet ist. Aus diesem Grunde sei der „Standard"-Artikel im Folgenden seinen allgemeinen Umrissen nach skizzirt. Gemäß der öffentlichen Meinung Eu ropas immer unabweislicher sich aufdrängenden Erkenntniß des wahren Charakters der internationalen Entwicklung nennt der „Standard" die Münchener Kaisertage einen „Zwischenfall von europäischer Bedeutung", denn er entzieht der Vorstellung, als sei Bauern in erster Linie eine Hochburg partikularistischen Geistes, entgiltig den Boden. Trotz der berüchtigten Ausfälle einer gewissen bayerischen Lokalpresse hält es der „Standard" für augenscheinlich, daß dieN Empfindung (der Mißgunst gegen Preußens weder in die Breite noch in die Tiefe geht, und der Kaiser hat hervorragenden Scharfblick in der Wahl des Aus- kunflsmittels bewiesen, wodurch er alle solche Regringen ent waffnete", indem er nicht als deutscher Kaiser, sondern nur in seiner Eigenschaft als König von Preußen nach München ge kommen sei. Dieses umsichtige Arrangement habe den Bayern außerordentlich geschmeichelt, welche darin nicht nur ein redendes Zeugnis; zu Gunsten der Würde und militärischen Leistungs fähigkeit ihres eigenen Staatswesens, sondern auch einen voll- wiebligeu Beweis erkannt hätten, daß Preußen nicht gesonnen sei, sich den anderen Staaten gegenüber in der Haltung eines überlegenen Faktors, eines Diktators, zu gefallen. Tein ent- sprack die jubelnde Begrüßung des deutschen Herrschers. Von der Erwiderung Kaiser Wilhelms auf die Ansprache des Mün chener Stadtoberhauptes urtheilt der „Standard"; Die Szene war darauf berechnet, mir allen offenen Mißklängen und ge heimen Eifersüchteleien aufzuräumen, und vor Deutschland wie vor Europa die Festigkeit der Bande zu zeigen, welche alle Bundesiiiitglieder umschließen. Es ist außer Zweifel, daß, wenn Bauern in seinen Beziehungen zu Preußen Befriedigung fühlt, von den anderen Rcicksstaaten das Gleiche gilt, und es wäre tbörichl, Nack den Kundgebungen der letzten Tage (in München) ui zweifeln, daß die deutsche Einmüthigkeit mit der deutschen Kriegsbereitschaft auf gleicher Höhe steht." Der „Standard" beißt diesen Stand der deutschen Dinge um so willkommener, als er sich nicht verhehlt, daß mächtige Bestrebungen im Gange sind, Deutschland von seiner Stellung als militärische Vormacht und iuternatianale Autorität herabzustürzen und im weiteren Verfolg kommt das englische Blatt auf die Reisen Kaiser Wilhelms nach Oesterreich und Bauern zurück, die als direkte Gegengewichte gegen die russisch französischen Kriegsmanöver be zeichnet werden. Die Welt darf sich nickt wundern, meint der „Llandord", wenn sie eines schönen Tages von einem Akte des Dreibundes hört, der den Eindruck der Kronstädter Verbrüder ungsfeste und ihre Folgen abzuschwächen, ja zu verwischen geeignet ist. „Möge Deutschlands Feind — so schließt der „Standard" feine Ausführungen — sein wer da will, mag Wehrpflicht und Steuerlast noch so schwer drücken, die verbündeten Staaten und Völker Deutschlands sind ein Herz und eine Seele gegen die Feinde des Vaterlandes. Ohne Frage schwebt Deutschland in Gefahr und Sorge. Aber voll Vertrauens zu seiner eigenen Kra't und zu der Loualitat seiner Verbündeten darf es der -Zukunft furchtlos und männlichen Herzens entgegenblicken." Die Sommerstille in der inneren Politik hat nunmehr am längsten gedauert und werden sich schon in nächster Zeit die Vorboten des wiedererwachenden politischen Lebens bemerk lich machen. Im Lause der kommenden Woche werden sämmt liche zur Zeit noch auf Urlaub befindlichen Mitglieder des preußischen Staatsministeriums nach Berlin zurückgekehrt sein und sollen dann alsbald die regelmäßigen Sitzungen des Staats ministeriums wieder beginnen. In denselben wird es sich vor läufig darum handeln, das Material für die Reichs- und Land tagsarbeiten aufzustellen und zu sichten und dürfte in dieser Beziehung jedenfalls bald Näheres zu erwarten sein. Die „Nordd. Allg. Ztg." bemerkt, daß, während einige deutsche Blätter den bedauerlichen Unfall, welcher einer deutschen Expedition in Ostafrika zugcstoßen ist, gleich zu einer maßlosen Kritik unserer kolonialen Unternehmungen benützen, die englische Presse durchgehends die Erwartung ausspricht, daß der Schaden bald werde wieder gut gemacht sein, mit dem Hinweis darauf, daß dergleichen Fehlschläge weder den Engländern, noch den Franzosen, weder Spaniern noch Portugiesen erspart geblieben seien. Von den konservativen Blättern ganz abgesehen, schreiben die Gladstone'schen „Daily News"; „Die Deutschen können sich damit trösten, daß jede kolonisirende Macht ähnliche Un fälle gehabt hat. In Afrika, wie anderswo kann man nicht Eierkuchen machen, ohne vorher die Eier zerbrochen zu haben. Ausdauer ist die einzige Heilung für solche Uebel, und solange es auch dauern mag, so ist sie ihrer Sache schließlich gewiß. Die Deutschen haben nur ihre große Eigenschaft der Geduld zu brauchen, und die Straße zwischen Mpwapwa und Tabora wird bald so sicher sein, wie eine Straße in Deutschland." In der französischen Hauptstadt bildete das Wochenereig- niß die am vorigen Mittwoch trotz aller Umtriebe der Chauvi nisten glänzend in Scene gegangene erstmalige Aufführung von „Lohengrin" in der Pariser Großen Oper. Die Blätter der Boulangisten und ihres Anhanges hatten alles gethan, um die Darstellung der Oper Wagners in Paris als eine Ver höhnung Frankreichs hinzustellen und die geheimen Macher des Anti Lohengrin-Spektakels waren bis zuletzt thäthig gewesen, um die Auffübrung der Oper entweder zu Vorländern oder dieselbe doch wenigstens dazu zu benutzen, eine „patriotische Demon stration" vom Stapel zu lassen. Es bat vor Beginn der Vor stellung in der That auch nicht an Versuchen in dieser Richtung gefehlt, aber die Pariser Polizei trat auch diesmal ungewöhnlich energisch auf, sie säuberte den Platz vor dem Opernhause von Massen der Demonstrationslustigen und verhaftete eine ganze Anzahl skandalirender Personen. Um 8 Uhr begann die Vor stellung des „Lohengrin", nach dem der Eintritt der Zuschauer in das Opernhaus ohne die befürchteten Zwischenfälle und Schwierigkeiten verlaufen war. Der erste Akt hatte einen glänzenden Erfolg, im ganzen Hause wurde stürmisch applaudirt, die Darsteller wurden zwei Mal gerufen. Die Jnscemrung war außerordentlich prachtvoll. Auf den Treppengängen des Opernhauses und der benachbarten Häuser waren ungeheure Menschenmengen versammelt, die durch Johlen und Singen der Marseillaise, sowie durch Hochrufen auf Elsaß-Lothringen großen Lärm verursachten. Die von den Massen verhöhnte Polizei mußte wiederholt einschreiten und viele Verhaftungen vornehmen. Auch die beiden letzten Akte von „Lohengrin" hatten, wie der erste, einen glänzenden Erfolg. Der Pariser Korrespondent der „Times" sagt; „Es ist eine der eigenthümlichsten Beobachtungen, die man machen kann, daß Frankreich durch seine Annäherung an Rußland das gethan, was noch keiner anderen Nation jemals vorher zu thun einge fallen ist, nämlich sich seines Rechtes, Krieg oder Frieden zu schließen, zu begeben. Es hat sich dieses Rechtes seither noch mebr, als in der Zeit vor dem Kronstädter Flottenbesuch ent- schlagen. Vor dem letzten Ereignis; stand es Frankreich frei, allein Krieg zu beginnen, olme Gemeinschaft mit Rußland, und es bätte sich in diesem Falle dem Volkswillen durch seine Nicht- theilnahme nicht zu widersetzen brauchen, wenn Rußland allein einen Krieg unternommen hätte; wenn aber jetzt Rußland sich ihm nicht anschlösse, so könne es keinen Krieg beginnen. Es würde cntmuthigenb auf die französische Stimmung wirken, wenn es so von Rußland aufgegeben würde, und falls Rußland einen Krieg unternehmen sollte, so wäre Frankreich wie vorher ge zwungen, ihm zu folgen. Hierin liege unbestreitbar das Re sultat des Kronstädter Besuches. Es ist nach dieser Schluß folgerung nicht mehr Deutschland, welches einen Krieg, wie das früher möglich war, heraufbeschwören kann, obgleich eine Macht ersten Ranges stets einen Krieg zu provoziren im Stande ist. Die Frage bleibt nur, ob sie sich des Sieges sicher glaubt. Seit Kronstadt liegt es in der Hand Rußlands, Krieg zu be ginnen, wenn immer es ihn, gutdünkt, und dazu stehen ihm nicht nur seine eigenen Truppen, sonder, auch die französischen zur Verfügung. Rußland verfügt seidtem auch über zwei Staats schätze, und sein Finanzminister ist ebenso bereit, das französische Geld anzunebmen, wie die Franzosen es iln» zn borgen geneigt sind. Die große Frage bleibt deshalb nur; Will Rußland den Krieg. S p anie n wurde in den letzten Tage» von einem Unwetter heimgesucht, dessen entsetzliche Wirkungen kaum ibres Gleichen haben. In der Nacht vom 11. aus den 12. September wütbete in Toledo ein furchtbarer Sturm, der ein Haus um stürzte und eine Familie von 5 Personen unter den Trümmern begrub. Neber Nacht war der Tajo um 2'^ Meter gestiegen, und Trümmer von Hausgeräth und Tläcrleichen bedeckten seine gelben Fluthen. Das deutete darauf hin, daß stromaufwärts und an den Nebenflüssen das Unwetter noch schrecklickcr gehaust habe, und das Ausbleiben aller Nachrichten erregte Beängstigung. Als aber die ersten Meldungen von Amarguillo eintrafen, konnte man die kur; gebaltene Mittheilung des Bürgermeisters von Consuegra, der um Hilfe flehte und von 1500 Opfern sprach, kaum fassen und wollte nicht glauben, daß es sick um Tobte handelte. Leider wurden durch die späteren Nackrichten selbst die schlimmsten Befürchtungen übertroffen. Es steht nunmcllr fest, daß von den 7621 Einwohnern Consuegra'S ungefäbr zwei Drittel um's Leben gekommen sind. Das ganze Thal des Amarguillo ist in einen See von 2 bis 6 Fuß Tiefe und von niedreren Hundert Ouadratmeilen Ausdehnung verwandelt. Der Gcneralpostmeifter Los Arlos wurde alsbald an den Schau platz des Unglücks abgesandt. Nur unter großen Schwierig keiten gelang es ibm, vorzudringen, schon in Mabrilejos und Cormunas trieben ihm auf den Wegen die Leichen der Ver unglückten entgegen. Er bat berichtet, daß in Consuegra mehr als 500 Häuser vollständig zerstört sind und kaum eins unbe schädigt geblieben ist. In einem einzigen Hause wurden 28 Todle unter den Trümmern gefunden, in einem anderen ertrank eine Familie von 11 Personey, die sich krampfhaft aneinander gekrallt batte. Mehr als 200 Leicken wurden fortgespült. Die Ernte ist vollständig vernichtet. In ganz Spanien haben die Unglücksnachrichten Trauer und Bestürzung heovorgerufcn. Truppen wurden abgesandt, um hilfreiche Hand zu leisten und die Todten zu beerdigen, da man den Ausbruch einer Seuche fürchtet; sie werden auch die Ordnung aufrecht zu erhalten haben, da die hungernden und verzweifelnden Einwohner selbst mii Gewalt Nahrungsmittel nehmen, wo sie solche finden. Die Königin ist, wie stets, so auch diesmal ihren Untertbanen mit dem Beispiel edelster Mildthätigkeit vorangegangen. Sie bat aus ibrem Privatschatz >00 000 Pesetas für die Unglücklichen gespendet rind bei der Bank von Spanien einen unbegrenzten Kredit eröffnet. Alle Zeitungen veröffentlichen Aufrufe zur Hilfeleistung und stellen sich selbst an die Spitze; so hat der „Jmparcial" seine Einkünfte von 5 Ta^n für die Nolhleidendcn angewiesen. Auch in andere» Provinzen, wie Valencia, Badajoz und Almeria hat das Unwetter furchtbar gehaust, in letzterer sollen 400 Häuser theilweise zerstört und viele Familien ob dachlos sein. Wie es heißt, haben die Bewohner von Cem-