Volltext Seite (XML)
KwnKrÄgM« ^^^M^druffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des ForstrenLamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs pfennig, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Dor- geschriebeneErscheinungs- tage und PlatzvUrschriften werden nach Möglichkeit Kernsvremer: Amt Wilsorufs Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annabmebis vorm.lOUHr. —- — Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch -clischt, wenn derBetrag durch Klage eingezogen werden muß oderderAnftraggcberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das .Wilsdruffer Tageblatt' erscheint an En Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in i2.AschSftsst.eNe und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 RM., bei Postbestellung 2 RM. zuzüglich Abtrag- —. aebühr. Einzelnummern rs«ps,.Ail«Poftanft°lttn Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postd<-ienundun,-reAu^ liS,^und»rIchSst,ftelIr» " nehmen zu jeder Zeil Be> ftellungcnenlgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteh! kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung de- Bezugspreises. — «uekfendung cingesandtcr Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto b-iliegt. Freitag, den 26 August 1837 Re 189, 86. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt' Wilsdruff« Dresden Postscheck: Dresden 2840 Die Nordmark. Der Europäische Minderheiteukongreß in Genf hatte vor Schluß noch einen Zwischenfall, der zu einer ernsten Krise der ganzen Bewegung zu werden drohte. Der pol nische Generalsekretär des Verbandes der nationalen Minderheiten in Deutschland, Kaczmarek, erklärte plötzlich, daß seine Gruppe aus dem Kongreß ausscheide. Als Grund gab er an, weil man die Friesen, eine ge ringe Minderheit in Deutschland, nicht zum Kongreß zu gelassen habe. Außerdem sollen verschiedene Redner, so behauptete er, den Kongreß zu einem politischen zugunsten einseitiger Machtpolitik gemacht haben. Zum allgemeinen Erstaunen erklärte später der Vertreter der dänischen Gruppe, daß auch diese infolge der Friesenfrage sich vom Kongreß zurückziehe. Da sich aber die Vertreter aller anderen Minderheiten sofort hinter den Präsidenten Wilfan stellten, der die Ausführungen Kaczmareks als unberechtigt abwies, und Wilfans Stellungnahme billig ten, so kann man annehmen, daß vorläufig eine Gefahr für das Weiterbestehen der Minderheitenbewegung nicht vorhanden ist. Der Vorsitzende will übrigens versuchen, die Ausgeschiedenen wieder zur Mitarbeit zu bewegen. Daß der Vorstoß gerade von polnischer Seite kam, ist nicht zu verwundern. Gerade Polen ist die ganze Minderheitsbewegung ein Dorn im Auge. Es sündigt auf diesem Gebiete am meisten und fürchtet deshalb, daß eines schönen Tages der Völkerbund doch die Sache in die Hand nehme und den Minderheiten zu ihren verbrieften Rechten verhelfe. Der polnische Vertreter nahm deshalb auch nur die Friesen zum Vorwand. Er wollte die Sprengbombe an den ganzen Kongreß und damit die Be wegung legen. Als Angehöriger der polnischen Minder heit in Deutschland kann er dies auch ruhig, ohne sich selbst zu schaden. Die Polen in Deutschland erfreuen sich der weitesten kulturellen Freiheit. Die Deutschen in Polen wären froh, wenn sie dasselbe von sich sagen könnten. Das Deutschtum in Polen soll aber mit aller Gewalt unter drückt und die Stelle verstopft werden, durch die seine Klagen das Ohr der Welt erreichen. Daß die Dänen mitmachen, zeigt die andere Seite der Angelegenheit. Hier spielen die Verhältnisse der deut schen Nord mark hinein. Fast alle diejenigen, die seinerzeit für Dänemark stimmten und so die Abtretung von Nordschleswig verursachten, möchten jetzt diesen Schritt ungeschehen machen. Das ihnen damals von dänischer Seite Verheißene geht nicht in Erfüllung. Sie geraten immer mehr in wirtschaftliche Not, fo daß ein Ausweg gefunden werden muß. In den von Deutschland abgetrennten Teilen der Nordmark bestehen zurzeit drei Richtungen. Die großdänische will unter allen Umstän den den jetzigen Zustand aufrechterhalten und allmählich die alte schleswigsche Bevölkerung durch Dänen ersetzen. Der klarer blickende Teil sieht den Ausweg in der Rück kehr zu Deutschland, während der dritte Teil die Bil dung eines selbständigen Herzogtums Schleswig in Personalunion mit Dänemark anstrebt. Außerdem besteht in Dänemark eine chauvinistische Strömung, die als End ziel die Vereinigung ganz Schleswigs mit Dänemark im Auge hat, also auch noch den deutsch gebliebenen Teil haben will. Dabei spielt nun die Friesenfrage eine gewisse Rolle. Die dänische Minderheit in Deutschland kann sich in Wirklichkeit nicht beklagen. Jeder, der in die Nordmark kommt, kann sich mit eigenen Augen überzeugen, daß sie auf ihre Fasson selig werden kann. Da ist man nun auf den Ausweg verfallen, eine bedrängte Minderheit zu schaffen, die man befreien will. Ein großer Teil der Be wohner Schleswigs ist friesischer Abstammung. Diese stempelte man in Dänemark nun plötzlich zu einer eigenen Nation, die natürlich nur eine Abart des Dänischen sei und die von den Deutschen an der Entfaltung ihrer Eigen art gehindert werde. So soll der Vorwand vorbereitet werden, unter dem man mit Billigung der Welt bei ge eigneter Gelegenheit den neuen Raub an Deutschland aus führen kann. Die Friesen werden sich selbst am meisten über diese ihnen zugedachte Rolle wundern. Sie haben stets den größten Wert darauf gelegt, ein deutscher Stamm zu sein, und werden auch von der ganzen Welt dafür gehalten. Das Präsidium des Minderheitenkongresses mußte den Antrag auf Zulassung der Friesen zurückweisen, da der statutengemäß notwendige Beschluß einer friesischen Min derheit nicht vorlag. Vielmehr hatte es die weit über legene Mehrheit der friesischen Bevölkerung abgelehnt, sich als eine Minderheit in Deutschland anzusehen. Den Polen kam die Erfindung einer friesischen Minderheit in Deutsch land sehr gelegen. Sie wollten Liese Frage ausnutzen, um sich die Möglichkeit zu verschaffen, unbeachtet von der Welt chre Unterdrückungstaktik weiter fortsetzen zu können. Appell an den Völkerbund, Der europäische Nationalitätenkongreß beendete seine diesjährigen Beratungen mit der Annahme einer Anzahl Resolutionen, die sich in erster Linie auf die Staaten- louveränität und die Minderheitsrechte, auf die innen- und zwischenstaatliche Zusammenarbeit der Nationali sten, auf die Gefährdung des europäischen Friedens ErcherWWall MsderÄWg d.ZnMMM MrpMamentarWe Tagung in Paris. Sine Rede Poincares. In Anwesenheit von etwa 400 Parlamentariern ans 35 Staaten ist in Paris die 24. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Friedensunion durch den Vor sitzenden, Baron Adelswaert, eröffnet worden. Die deutsche parlamentarische Delegation umfaßt 37 Mitglieder, unter denen erwähnt seien: Deutschnationale Volkspartei: Dietrich, früherer Vizepräsident des Reichstages, und Leopold; Deutsche Volkspartei: Dr. Schnee, Dr. Mittel mann, Dr. Gildemeister, Frau Mende und Frau Matz; Bayerische Volkspartei: Schwarzer; Wirt schaftliche Vereinigun: Mollath; Zentrum: Pfarrer Ulizka, der württembergische Innenminister Bolz, Frau Teusch und Frau Philipps; Demokraten: Dr. Dernburg, Prof. Schücking, Prof. Bergsträsser und Brod aus; Sozialdemokraten: Reichstagspräsident Löbe, Dr. David, Sollmann, Dr. Hertz, Dr. Moses, Frau Juchacz und Wilhelm Heile. Zum Vorsitzenden der Tagung wurde Senatspräsident Doumer gewählt. Er erinnerte daran, daß es die Aufgabe der in Paris ge gründeten Union sei, neben dem Völkerbund mit größerer Freiheit und mit einer weniger schweren Verantwortlich keit die ernsten Probleme, die eine Lösung forderten, zu prüfen. Hieraus ergriff Ministerpräsident Poincarö das Wort, um im Namen der französischen Regierung die Kongreßteilnehmer zu begrüßen. Die Lehre des Krieges, sagte er, sei die, daß man in noch stärkerem Maße jedes Werk unterstützen müsse, das der Annäherung diene. Das Vorhandensein unabhän giger Nationen, die einander nacheifcrten und sich nicht mehr feindlich gegenüberständen, sei eine der unerläß lichen Bürgschaften für den Fortschritt der Zivilisation. Trotz des Völkerbundes sei die Interparlamentarische Union nicht überflüssig, weil sie, aus demokratischer Grundlage gegliedert, die Vertreter der öffentlichen Meinung jedes Landes in sich schließe, die freier und un gebundener als die Vertreter der Regierungen über die wichtigsten Fragen zur Sicherung der Solidarität der Völker beraten und dazu beitragen können. Isolieren könne sich kein Volk, weder wirtschaftlich noch politisch noch moralisch. Aufgabe der Interparlamentarischen Union müsse es sein, so sehr wie möglich das zu beseitigen, was die Nationen entzweit, und das zu festigen, was sie ein ander näherbringt. Löbe über die Meinlandbefetzung. Nachdem Poincaro, dessen Rede bei der Mehrheit der Delegierten Beifall fand, geendet hatte, begann der Kon greß die Debatte über den Jahresbericht, und das Wort nahm Reichstagspräsident Löbe. Die Interparlamentarische Union, sagte er, sehe ihre Aufgabe besonders darin, den Gedanken der internationalen Schiedsgerichte immer mehr in die Praxis umzusetzen. Leider seien aber die großen Hoffnungen, die in den letzten beiden Jahren besonders die deutsche Öffentlichkeit beseelt hätten, nicht ganz erfüllt worden. Ein gewisser Stillstand in der Annäherungs politik sei eingetretcn, aber es gelte endlich, von Worten zu Taten überzugeheu. Da der Kongreß gerade in Paris tage, erhebe sich die Frage, ob Frankreich nicht öffentlich erklären sollte, daß vom 1. Januar 1928 ab kein französischer Soldat mehr auf deutschem Boden stehen werde. Es widerspreche der Tatsache der deutsch-französischen Annäherung ebenso wie der Auf nahme Deutschlands in den Völkerbund, wie endlich dein Geiste von Locarno, daß die militärische Be setzung im Rheinlande andauere. Auch Löbes Rede wurde mit starkem Beifall ausge nommen. Es sprach dann noch ein kanadischer Dele gierter im Sinne des Völkerfriedens und der Völkerver söhnung. durch die nationale Unduldsamkeit, sowie auf die Natio nalitätenkunde bezogen. In einer besonderen Resolution wird ein Appell an den Völkerbund gerichtet, unverzüglich an die ernsthafte Behandlung des Minderheitenproblems heranzutreten. Resormbe-ürstigkeit des amerikanischen Strafprozesses. Neue Ausschreitungen wegen Sacco—Vanzetti. Bundesanwalt Tuttle vom Newyorker Distrikt er klärte in einer Ansprache, ohne den Sacco-Fall ausdrück lich zu nennen, der amerikanische Strafprozeß sei von einem der obersten Bundesrichter als Skandal bezeichnet Aumelr AWvrt: MMjch Wert ein Memo! Zu Beginn der Nschmittagssitzung antwortete dem Reichs- Laaspräsidenten als erster der französische Senator Hubert, der als französischer Delegierter an der Septembertagung des Völker bundes teilnehmen wird. Hubert wies darauf hin, daß Frank reich, Les immer versöhnlichen Geist zeige, Deutschland bereits in weitem Umfange entgegengekommen sei. Wohl sei die deutsch- stanMsche Verständigung ein Eckpfeiler des Weltfriedens, doch sei es nicht leicht, von einem Tag aus den anderen die Folgen jahrhundertelanger Kämpfe zu verwischen. Danach wandte sich de Iouvenel heftig gegen die Aufrollung der Frage der Schuld Frankreichs am Weltkriege und die Reichs- tagsvcröffentlichunMn über die belgische Neutralität. Derartige Untersuchungen würden nur die internationalen Beziehungen zwischen den Staaten verschlechtern. Erst eine spätere Genera tion würde mit der Objektivität eines Richters urteilen können. Dann wandte er sich Loebes Ausführungen zu. Der Reichs- tagspräsident hätte nur, betonte er, mit einem gewissen Zögern von dem Frieden gesprochen. Das sei die Folge der Tatsache, daß in Locarno zwei verschiedene politische Situationen in Europa geschaffen worden seien: Ein Westeuropa mit anerkannten Grenzen und ein Osteuropa mit nicht anerkannten Grenzen. Solange die Osigrrnzen nicht wirklich anerkannt seien, müsse Frankreich im Rheinlande bleiben. Ein neuer Unruhesaktor in der europä ischen Politik sei auch der gleichzeitig mit Deutschlands Völker- bunds eintritt zustandegekommene deutsch-russische Vertrag ge worden. Wenn Herr Loebe die Rhemlandräumung zum 1. Ian. 1928 fordere, so müsse ihm geantwortet werden, daß die Be sitzung der Rheinlande die einzige Garantie für die Aufrechterhal tung des Friedens in Osteuropa darstelle. Was würde von der Lruisch-sranzösischen Freundschaft übrig bleiben, wenn die Fran zosen das Rheinland räumen würden, im Laufe von zwei oder drei Jahren die Daweszahlungen nicht inne gehalten werden und die Franzosen ihren neuen deutschen Freund im Kampf mit ihrem früheren Verbündeten erblicken müßten? (!) (De Iou- vere! meint augenscheinlich Polen.) Seit langem Verfeindete dürsten nur langsam die Bande der Frcundschaf knüpfen. Frank reich wünsche den Frieden, aber es wolle nicht seinen Frieden von dem Frieden der anderen trennen. Frankreich wünsche ein Euro pa, einen gemeinsamen Frieden. De Iouvenel schloß mit den Worten, d:ß auch er für die Räumung des Rhcinlandes sei, wenn euch unter der Voraussetzung, daß vorher erst ein Ost- Locarno geschaffen werden würde. Seim Ausführungen, die von Beifallsstürmen auf den Bänken der Polen unterbrochen wurden, wurden von den deut schen Parlamentariern mit lebhaftem „Hörl, Hört" und mit den Worten „unerhört" begleitet. Nach de Iouvenel betrat der deutsche Senator Heller aus der Tschechoslowotci die Tribüne und erklärte, es sei für jeden Deut schen schmerzlich gewesen, die Aeußerungen de Iouvenels anzu- hören, die sicherlich nicht der Gemeinschaftsarbeit in der Inter- parlamsnLarischen Union nützlich sein werde. Morgen wird ein deutsches Delegstionsmitglied de Iouvenel antworten. Me reniM ParimeMier zur JoMsel-M?. Paris, 25. August. Wie die Telegraphen-Union erfährt, betrachten die deutschen Parlamentarier Lie Ausführungen de Iou- verÄs als einen schweren Schlag gegen die von Briand erfolgre Verständigungspolitik. Die deutschen Parlamentarier werden in ihrer Antworlrede zum Ausdruck bringen, daß die Stresemann- Briandsche Verständigungspolitik auf wesentlich anderer Grund lage aufgebaut ist, als die Ausführungen de Iouvenels, die man in französischen politischen Kreisen auf die Vermutung zurückfiihre, daß Poincare gern de Iouvenel als Nachfolger Briands in seinem Kabinett sähe. - ! , 1 worden. Kürzliche Vorkommnisse zeigten jedoch, daß es sich nicht nur um einen nationalen Skandal, sondern auch um eine nationale Gefahr handle, die im Inland das Vertrauen und die Sicherheit zerstöre und im Ausland Kritik und Protest errege. Die Reform des Strafprozesses sei eine alte Forderung und jetzt eine Sache der natio nalen Sicherheit. Inzwischen dauern die Kundgebungen wegen Sacco— Vanzetti fort. In Hamburg kam es zu besonders schweren Ausschreitungen, wobei ein Polizeiwachtmeistcr getötet wurde. Er wurde aus einem Straßenbahnwagen heraus- gerissen und in schwerster Weise mißhandelt. Es gelang ihm, sich loszureißen und zu fliehen. Aber er brach bald infolge der erlittenen Kopfverletzungen zusammen und wurde nun von etwa 50 bis 60 jungen Burschen um-