Volltext Seite (XML)
WoäwMM Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Tiobculchu »ud die Umgcgcudcu. Amtsökali für das Königliche Gcrichtsamt Wilsdruff und denStadtrath daselbst. ^7 8«. Freitag den 13. October 1871. Wegen Reinigung der Lokalitäten bleibt das hiesige Königl. Gerichtsamt künftigen Sonnabend den 14. October d. Js. geschloffen. Königl. Gcrichtsamt Wilsdruff, am 11. October 1871. Leonhardi. Tagesgeschichte. Dresden, 9. October. Das „Dresdner Journal" meldet amt lich die Ernennung des geh. Justizrach Abeken zum Minister der Justiz. Dresden. Beim königlichen Justizministerium sind Beschwerden darüber erhoben worden, daß in einzelnen Fällen den Gefangenen die Halste des Arbeitsverdienstes nicht ab- oder zugerechnet worden ist. Es wird deshalb in der neuesten Nnmmcr des Justizministerial- Blattes mittelst Generalverordnung sämmtlichen Untergerichten die Vorschrift, daß den Gefangenen die Hälfte des Arbeitsverdienstes bei den sic treffenden Untersuchungskosten in Anrechnung zu bringen ist, zu strengster Befolgung in Erinnerung gebracht, dabei aber noch weiter verordnet, daß die Arresthausinspectoren und Wachtmeister auf den für jeden Gefangenen zu den Actcu zu gebenden Arresthaus- liqu idationen den Betrag der den betreffenden Gefangenen zukommen- den Arbeitshälfle notiren, damit die Sportelofficianten bei Einziehung der Untersuchungskosten die nothwendige Verabzugung nicht übersehen. — In einer zweiten Generalvcrordnung werden die Gerichlsämter auf 8 16 des Reichstagswahlgesetzes aufmerksam gemacht, laut welchen nur die Kosten für die Druckfvrmulare zu den Wahlprotocollen und für die Ermittelung des Wahlergebnisses vom Staate, alle übrigen Kosten aber von den Gemeinden zu tragen sind. Es wird noch häufig viel Mühe und Zeit darauf verwendet, die mit der Post zu versendenden Packete ohne Werthangabe und die zuge hörigen Begleitbriefe zu versiegeln. Nach den bestehenden Bestim mungen brauchen jedoch die Begleitbriefe zu gewöhnlichen Packeten überhaupt nicht versiegelt sein. Auch bei fest verklebten, gehörig ver schnürten, gut vernähten Packctcn, vernagelten Kisten, verschlossenen Koffern u. dcrgl. ist eine Versiegelung nicht nvthwendig. Dagegen ist es wichtig, daß alle Packete mit der vollständigen Adresse signirt werden, damit, wenn sich bei der Beförderung Packet und Brief trennen sollten, die Uebcrkunft des Packeis auch ohne den Begleit brief gesichert ist. Am 8. d. (Sonntag) Abends ereignete sich bei Gelegenheit einer im Maycrschen Gasthofe zu Dorf Bärenstein abgehaltcnen Tanz musik der Unfall, daß durch Bruch eines Tragebalkens der Boden des Hintern Saaltheiles nachgab und sammt den darauf befindlichen Personen in den Keller darunter versank. Es gab ein grauenvolles Durcheinander, und die Gefahr war groß, da natürlich Balken und Breter den Hinabgcfallenen nachstürzten. Glücklicherweise hort man nichts von ernsthaften Verletzungen und kamen die Meisten mit dem Schrecken und zerrissenen Kleidern davon. In Plauen ist am 7. October der Grundstein zu der das Thal der Shra überspannenden Eiscnbahnbrückc gelegt worden, welche ei nen Theil der zu erbauenden Eisenbahn PlancwOelsnitz bilden wird. Diese neue Bahn wird der Stadt Planen eine dirccte Verbindung Mit Böhmen verschaffen. Leipzig, 7. October. Heute Abend S^UHr wurde der hiesige Markthclfer Carl Friedrich Naumann aus Sommerfeld, welcher am 9. April d. I. den Versuch gemacht halte, mittelst in Braunbier ge mischten ChankaliumS seine Frau zu tödten, vom Schwurgericht wegen Mordversuchs zu zwölf Jahren Zuchthausstrafe und 5 Jahren Ehr verlust vcrurtheilt. Freiberg, 8. Octobcr. Einem hiesigen, ohnweit des Bahnhofes Und des Gasthofes „zum deutschen Hanse" wohnhaften Geschäftsmanne ist vor wenigen Tagen in den Abendstunden, während welcher er ab wesend war von seiner Wohnung, die Geldkassc mit ziemlich ansehn lichem Inhalte — man sagt über 3^ hundert Thaler — gestohlen Worden. Die leere Kasse ward andern Morgens in der Nähe auf- gefunden; die bis jetzt angestclltcn Nachforschungen nach dem entwen deten Gelds und dem Thäter aber haben noch zu keinem Resultate geführt. Au einer gefährlichen Stelle in Lommatzsch brach am 7. d. Mts. Abends gegen 11 Uhr in einer Scheune, welche an das HauS des Sattlermeisters Scheibe am Hansischen Thore angebaut war, Feuer aus. Die mit vollständiger Ernte angefüllte Scheune stand plötzlich in Flammen, doch gelang es der raschen, thäligen Hilfe der Feuerwehr, den Feuerheerd auf dieses eine Gebäude zu beschränken. Als man sich aber früh ^2 Uhr anschickte, diese Brandstätte zu ver lassen, ertönte zum zweiten Male wieder ein Fenerruf, und es brannte wieder eine Scheune, und zwar die, ganz in entgegengesetzter Richtung der Stadt gelegene Scheune des Bäckermeisters Heinrich Kühne am Frauenmarkt. Die mit vollständiger Ernte angefüllte, jedoch zum Glück etwas isolirt von dem Gehöfte des Calamitoscn gelegene Scheune bildete ein großes Flammenmeer, doch war die Stadt weniger be droht. Bei beiden Scheunen hat man frisch gemachte handgroße Löcher bemerkt, durch welche vermuthlich die Brandlegung bewirkt worden ist. Ganz wahrscheinlich sind beide Brände durch ein und dasselbe Snbject bewirkt worden. Aus Zwickau berichtet das „Zw. W.": Am 4. d. M. srüh ist der 36 Jahre alte Bergarbeiter Friedrich Wilhelm Mätzner, wohnhaft in Planitz, verheirachet und Vater von 4 Kindern, in dem Sarfert'schen Steinkohlenwerke, als er eben seine Arbeit hat beginnen wollen, von einer unversehends herabfallenden bedeutenden Kohlen masse verschüttet worden, so daß sein Tod durch Erstickung erfolgt ist. Eine Schuld am Unglücke trifft Niemanden. — Sonnabend in der 12 Stunde, als zwei hiesige Bürger den Rosenweg passiren wollten, hörten sie entferntes Gewimmer, eilten darauf zu und fanden an einem Baum erhängt einen Mann, den sie sofort ab- schnittcn und dadurch dem Leben erbielten. Derselbe war vollständig durchnäßt und hat später auf der Polizei, wohin er gebracht, ange geben, daß er schon zuvor in den großen Teich gesprungen, um sich zu ertränken, sei aber wieder ans Ufer geschwommen. Der Lebens müde soll ein Tischlermeister aus Frankfurt a. M. sein und dürften zurückgckommcne Vcrmögensverhältnifse als Motiv seiner That gelte». Das sächsische Ministerium des Innern veröffentlicht die Ver ordnung, die Einberufung des Reichstages betreffend: Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden deutscher Kaiser, König von Preußen rc. rc. rc. verordnen auf Grund des Artikels 12 der Verfassung des Deutschen Reiches, im Namen des Reiches, was folgt: Der Reichstag wird be rufen, am 16. d. M. in Berlin zusammenzutretcn, und beauftragen wir den Reichskanzler mit den zu diesem Zivecke nöthigcn Vorberei tungen. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und bcigcdrucktcm kaiserlichen Jnsiegcl. Gegeben Baden-Baden, den 2. Octobcr 1871. (gez.) Wilhelm, (ggcz.) von Bismarck. Der Kaiser und Fürst Bismarck sind wohlbehalten in Berlin angekommen. Die Wintersaison kann nun beginnen. Wir wollen andächtig lauschen, damit uns nichts entgeht. Das Erste, womit sich der Kaiser nach seiner Rückkehr beschäftigt hat, ist die Eingabe der deutschen Bischöfe, über die er sich dem Vernehmen nach günstig aus gesprochen haben soll, betonend, daß er Frieden haben wolle auf religiösem Gebiet und keinen Streit mit den Bischöfen. Aus Mislowitz, 4. October, wird der „Brest. Ztg." der fol gende unerhörte Fall berichtet: Gestern wurden Seitens der russischen Grenzbchörde in Modrzejow an den hiesigen AuswechSlnngscommissar, Bürgermeister Kotze, sieben Bergleute, sämmtlich ans Freiberg in Sachsen, ansgeliefert. Die Leute befinden sich, wie wir vorausschicken, sämmtlich im Besitze vorschriftsmäßiger Auslandspässe, auf Grund deren sie in Wiliczka in Galizien Arbeit gesucht, jedoch nicht gefunden hatten. Dieselben beabsichtigten aus diesem Grunde bei einer der