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MsdrufferTageblati für Lürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter D«» Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats z« Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Stoffen. -Lnz-i,enpicis: dir ügcipaUknr R-umzril« LV Goldpsennig, dir 4 «-«paNtN- ZcUc dkr amtlichen Bekanntmachungen 4V tb»Id. Pfennig, di« s gespaltene Beklamezrile im tertlichen Teile 100 Goldpfennig. Rcchwcisuxg-gkdLhr 20 Goldpfennig. Dor. geschriebene Erscheinung^. , tage und Plagvorschrislen werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Ältlsbrufr Nr. 6 berücksichtigt, «nzcigcn. annahme bis vorm. 10Uhr — Für x>ie Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rab atranjpruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oderderAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da» »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint täglich nachm. 5 Uhr für den Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 Mk. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Mb., bei Postbestellung uN. «ApA-xUA Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend P-ftdöl-nÄun'', ULgrr und Geschäsl^stcllrn —————— — — nehmen ,u jeder Reil Bc- S«Lungen entgegen. Im Fall« höherer Gewalt, Krieg oder sonstig,! Betrledrstörungen besteht kein Anspruch aus Lieserung »er Zeitung oder Kürzung de» Bezugspreise«. — Rücksendung eingesandter Schriftstück« rrsolgt nur, wenn Porto deiliegl. Nr.68. — 86.Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt' Wilsdruff- Dresden Postscheck: Dresden 2640 Dienstag, de»22.März 1927 I I! lllül I!!,! 1IMHIWHIIM!! Das Jener am Balkan. Die plötzliche Zuspitzung der Dinge auf dem Balkan hat die europäischen Kabinette erheblich in Verwirrung und Erregung gebracht. Denn überraschend ist die Zir kularnote Italiens unstreitig so sehr gewesen, daß man vor allem nicht recht weiß, wieweit die italienischen Be hauptungen überhaupt richtig sind. Denn in Belgrad hat der jugoslawische Außenminister mit allergrößter Schärfe die Alarmnachrichten als durchweg falsch be zeichnet und zudem feierlichst die militärischen Sachver ständigen aller Länder aufgefordert, sich selbst davon zu überzeugen, daß von jugoslawischen Rüstungen ebenso wenig die Rede sei wie von Vorbereitungen zu einem Überfall auf Albanien. Man wird auch nicht so ganz die Empfindung los, als bilde die italienische Zirkular nole mit ihren Behauptungen auch nur den Vorhang, hinter dem sich ein Eingreifen in die albanischen Unruhen verbergen soll. Achmed Zogu, der einstweilige Diktator, hat Jugo slawien gegenüber ein schlechtes Gewissen; denn mit Hilfe der Unterstützung dieses Staates allein ist es ihm 1924 geglückt, sich an die Spitze Albaniens zu schwingen, um dann aber schließlich die Freundschaft Italiens für wich tiger und wertvoller zu halten. Wenn man im Westen Europas auch heute noch von dem Bestehen einer Ge heimdiplomatie sprechen kann, so trifft das für den Bal kan in noch erhöhtem Maße zu. Es ist daher schwer, die Fäden offenzulegen, die sich zwischen den Balkanstaatcn kreuz und quer hinziehen, und damit auch etwas zu sagen über die Folgen eines möglichen Kriegsausbruches zwischen Italien und Jugoslawien. Seit vielen Jahr zehnten lag ja dort unten der eigentliche Wctterwinkel Europas. Wenn man in der Geschichte zurückblickt, so gerade mit großer Zuversicht erfüllt wegen der Rachncht, daß die westeuropäischen Kabinette „fieber haft beschäftigt sind, den Frieden auf dem Balkan zu er halten". Das sind sie nämlich schon oft gewesen, aber ge nutzt hat es selten. Wie werden sich die andern Balkan- mächte dazu st eilen? Das ist ja immer die Frage, hie dort unteü sofort auftaucht. Nur zähneknirschend er trägt Bulgarien seine Zerstückelung durch den Frieden von Neuilly; Griechenland hat die Niederlage gegen die Türkei noch längst nicht verschmerzt und die Türkei hinwiederum hat schwere Einbußen erlitten, die bei passen der Gelegenheit wieder wettzumachen man in Angora be sonders dann nicht zögern würde, wenn ein allgemeiner Balkanbrand ansbricht, wenn namentlich Rußland in den Wirbel mit hineingezogen werden sollte. Gerade aber, weil dort unten ein Krieg auch zwischen nur zwei Mächten alle diese Fragen aufrollen und einen allgemein Brand anfachen könnte, werden die Westmächte alles daran setzen, um eine solche kriegerische Auseinandersetzung zu verhindern. Dabei haben sie allerdings mit einer derartig eigenwilligen Persönlichkeit Ivie M n s s o l i n i zu tun, der sich in seine Pläne niemals hat Hineinreden lassen. Außer dem wird man die weitere Vermutung nicht los, daß London doch nicht so ganz ununterrichtet gewesen ist über den Plan eines italienischen Vorgehens in Albanien. Bliebe noch das letzte Mittel, die ganze Angelegenheit vor den Völkerbundrat zu bringen, ein Bestreben, das den letzten Nachrichten zufolge ständig an Boden ge winnt. Schon, daß auch nach Berlin die italienische Zirkularnote gegangen ist, wird vielfach dahingehend auf- gefaßt. Vielleicht denkt man an den deutschen Außen minister als den Vertreter einer an dem Balkan gänzlich uninteressierten Macht, der also am ehesten die Veranlassung geben könnte, den Völkerbund in Bewegung begegnet Mussolini ja schon seit deutsche mit recht erheblicher Mißachtung, jeder Nich una es als ihre Pflicht, nach mögen d Neutralität zu wahren; an den Gescheh- n!« den dortigen Machtverschiebun- stell llllLlesjiell oÄer interessiert zu se!n ntanliett nun ihrerseits versuchen, das äußernde Feuers Schanghai von den Kantonesen beseht. Generalstreik und Ausnahmezustand. Die Südtruppen sind in die Chinesenstadt von Schanghai eingedrnngen. General Pischutschen, der Kom mandeur der Schantungtruppcn in Schanghai, hat sich, wie berichtet wird, in die französische Konzession geflüchtet. Tie Südtruppen haben Tschangtschau, 40 Meilen nord westlich von Sutschau, eingenommen und dadurch die Eisenbahnverbindung Schanghai—Nanking abgcschmtten. Der Generalstreik hat in der Stadt in vollem Umfange eingesetzt. Er trägt rein politischen Charakter. Die Polizei mußte wiederholt gegen die in den Straßen demonstrierende Menge v o r g e h e n. Drei Soldaten des Pundschab-Negimcnts wurden durch Schüsse verwundet. DieFreiwilligen sind mobilisiert worden. Der Stadtrat von Schanghai hat den A usna h m e z u st a n d erklärt. Alle auf dem Fluß liegenden Kriegsschiffe haben Marineabtei lungen an Land gesetzt. Einer der bei den Unruhen verwundeten indischen Soldaten ist gestorben. Italien unck Jugoslawien. Der Jank um Albanien. Die Spannung hält an. Der Konflikt zwischen Italien und Jugoslawien hält unvermindert an. Die Presse beider Länder führt weiter erregte Sprache. Italien hält die Borwürfe gegen fernen Nachbarstaat Jugoslawien aufrecht, während der U'lloflawische Außenminister Peritsch in der Belgrader f«?^^er^'*üung erklärte, daß Südslawien an keinerlei Abenteuer denke. Der Minister erklärte fernerhin sein Einverständnis damit, daß Sachverständige aller Länder sich an Ort und Stelle davon überzeugen sollen, daß der Stand der Verteidiannasmaünabmcn ^uanslawien« va« Der Zankapfel zwischen Italien und Jugoslawien. normale Maß nicht übersteige. In dieser Sitzung der «kupschnna kam es zu einem peinlichen Zwischen fall, da einige Abgeordnete Schmährufe gegen den sitzenden italienischen Gesandten ausstleßen. Die Sitzung wurde sofort unterbrochen. Nach einer Meldung des „Giornale d'Jtalia" trifft Albanien augenblicklich größere militärische Vorbereitun gen. So finden Aushebungen zur Schaffung eines regu- laren Heeres statt, außerdem werden Truppen und Ge schütze an die Nordgrenze transportiert. Meinungsaustausch -er Großmächte. Die Stellungnahme des Völkerbundes. Wie Havas zu berichten weiß, hat der deutsche Bot schafter in Paris, v. Hoesch, mit dem Generalsekretär des französischen Außenministeriums, Berthelot, in Abwesen heit Briands darüber verhandelt, ob angesichts der italie nisch-jugoslawischen Spannung die Einberufung des Bölkerbundratcs erforderlich sei. Briand hat den italie nischen Botschafter empfangen. Es hat auch ein lebhafter Meinnngsaustausch zwischen den Großmächten stattge funden. Aber vielleicht ist es nicht nötig, den Völkerbund in Bewegung zu setzen, weil dadurch vielleicht die jetzige Spannung sich verschärfen könne. Die jugoslawische Regierung hat sich übrigens bereit erklärt, sich einer Enquete der alliierten Militärattaches zu unterwerfen, die genau prüfen könnte, ob und welche militärischen Vor bereitungen an der albanisch-jugoslawischen Grenze vor- gcnommen werden. Die Nachrichten über die Italienisch-jugoslawische Spannung werden in; Völkerbundhaus mit lebhaftem Interesse verfolgt. Offenbar unter dem Eindruck, daß der Schwerpunkt >n bezug auf eine eventuelle Interven tion des Völkerbundes zunächst aus keinen Fall in Genf 'legt, bekundet man jedoch in jeder Hinsicht die größte Zuruckhaltung. In unterrichteten Kreisen scheint im Augenblick nicht damit gerechnet zu werden, daß der Völkerbund in der nächsten Zeit mit der Angelegenheit befaßt wird. Die Bemühungen zur Beilegung der italie nisch-jugoslawischen Spannung dürften vielmehr nach Genfer Auffassung zunächst von den interessierten Kabi netten ausgchen. Ans unterrichteten Kreisen verlautet in bezug auf die italienisch-jugoslawische Spannung, daß bisher beim Völkerbnndsekretariat von keiner Seite irgendeine Mitteilung in dieser Frage eingegangen ist. Zurückhaltung der deutschen Regierung. Die Meldung, daß Botschafter v. Hoesch bei Berthelot gewesen sei, um wegen der Einberufung des Völkerbund- cates in dem Balkankonflikt zu unterhandeln, stellt sich übrigens als ein Versuch dar, Deutschland auf Grund des deutschen Rarsvorsitzes in die Angelegenheit hineinzu ziehen. Botschafter v. Hoesch habe weder durch eine An regung noch durch eine Anfrage in dieser Beziehung die Initiative ergriffen. Weiter wird bekannt, daß man in amt lichen und politischen Krei,en Deutschlands den Konflikt zwischen Italien und Jugoslawien um Albanien mit Auf merksamkeit und nicht ganz ohne Besorgnis für den euro päischen Frieden verfolgt. Die Vermutung jedoch, der man in der Pariser Presse begegnet, daß die deutsche Re gierung in dem italienisch-jugoslawischen Streit inter venieren wolle — und sei es auch nur in der Form einer Vermittlung oder eines Vorschlags, den Streitfall vor den Völkerbund zu bringen —, ist völlig abwegig. Die deutsche Regierung ist an dem Konflikt nur soweit interessiert, als sie den Wunsch hat, den Frieden Europas bewahrt zu sehen; im übrigen aber beobachtet sie strikteste Neu tralität und äußerste Zurückhaltung. * Militärische Vorbereitungen 3W- slaivitkr ou der MMen Grenze. Eigener Fernfprechdienft des „Wilsdruffer Tageblattes".- Sofia, 21. März. Hier werden die Meldungen über militärische Vorbereitungen Jugoslawiens ausschließlich in Rich tung Albanien bestätigt. Längs der bulgarischen Grenze werden ebenfalls jedoch unbedeutende Verstärkungen der jugoslawischen Truppen vorgen.ommen. MienM Lrnppenlsnltung in Manien. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 21. März. Wie das Achtuhrabendblatt aus Bel grad meidet, veröffentlichen dortige Blätter Nachrichten aus Ti rana, wonach in den letzten Tagen wieder vier italienische Kriegs schiffe mit Munition und Lebensmitteln in Durazzo gelandet sind. Urbar hundert italienische Offiziere seien in Trana angekommen. Sie liegen albanische Uniformen und Hellen die Aufgabe, einen militärischen Operalivusplan für die albanische Armee auszu- arbriten. Die Blätter behaupten, -aß die Okkupation Albaniens durch Italien unmittelbar bevorstehe. Die albanischen Städte an der Adria seien bereits tatsächlich durch die Italiener besetzt, da dort eigentlich die italienischen Offiziere das Kommando führen. Aaekfentte Sslkanforgen in Paris. Eigener Fernfprechdienft des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 21. März. Die außerordentliche Beunruhigung, die in ositischen Kreisen über die Zuspitzung des Adria-Konfliktes herrscht, hat im Laufe des Montags noch weiter zugenommen, i Vor allem macht sich die Befürchtung bemerkbar, daß bei einem italienisch-jugoslawischen Kriege es Frankreich schwer fallen werde, sich neutral zu verhalten. — Der Intransigecmt tritt, wie übrigens fas» die gesamte Presse, für eine Völkerbundsintervention ein. — Das Journal de Debets weist auf die englische Unterstützung der italienischen Adriapvlitik hin und meint, daß Chamberlain Musso linis großen Verdienst im Mossulkonflilt bezahlen wolle. Es sei bedauerlich, daß sich die englische Oeffenllichkeit den faschistischen Anklagen gegen Frankreich anschließe. — Der Temps sieht in der neuen Balkankrisr eine Bedrohung ganz Europas. Jede ver antwortungsbewußte Regierung müsse sich um die Befriedigung der Beziehungen zwischen Rom und Belgrad bemühen. Mdemsliahme der deM-PlnWn VerhandlüWe«. Eigener Fernfprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Warschau, 22. März. Der deutsche Gesandte Rauscher, der sich von seiner Erkrankung wieder erholt Hst, ist am Montag mittag vom Außenminister Zaleski zu einer Besprechung über die Wiederaufnahme der deutsch-polnischen Verhandlungen empfan gen worden. Zaleski erklärte, daß die polnische Regierung die zwischen Stresemann und Zaleski in Genf getroffenen Verein barungen gebilligt habe, so daß der Wiederaufnahme der Ver handlungen über den deutsch-polnischen Handelsvertrag nichts mehr im Wege stehe. Rauscher erwiderte, daß auch seine Re gierung die Genfer Vereinbarungen bestätigt habe. Die diploma tischen Verhandlungen werden wahrscheinlich noch im Laufe dieser Woche ausgenommen werden.