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WMIIUMckB ThmM. Mt«, Menleh« md die MWeMt«. ImlsblM Erscheint / wöchentlich dreimal u. ^var VienSi tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis viertel). s Nlk. 30 j)f., durch die Post bezogen h Nik. 55 Pf. Einzelne Nummern s0 Pf. für die Ugl. Amtshauxtmannschast Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt» Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H. A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. Inserate werden Montags, Mittwochs «Nd Zreitags bis spätestens Mittags f2 Uhr angenommen. Insertionspreis s O pf. pro dreige spaltene Lorpuszeile. No. 130. Sonnabend, den 2. November 1805. Aus Deutschlands großer Zeit. Erinnerungen zum 25jährigen Jubiläum des Krieges 1870/71. Von Eugen Rahden. (Nachdruck verboten) 35. Der Krieg um Metz V. (Die Kapitulation). Die große Unbesiegte, die Uneinnehmbare, die Unbezwingliche, auch sie, die kolze Veste Metz, sie mußte fallen und mit ihr die Kapitulation einer Armee erfolgen, wie solche in diesem Umfange noch nicht erhört gewesen. Das, was jeder Franzose, auch der ruhigste und vernünftigste, als ein Ding der Un möglichkeit bezeichnet hatte, die Gefangennahme der ganzen Rhein armee wurde zu einer nach Tagen und Stunden zu berechnenden Nothwendigkeit und Selbstverständlichkeit. Nach der Schlacht von Noisseville hatten sowohl Belagerer wie Belagerte sich einzurichten begonnen. Die von deutscher Seite angelegten Schützengräben und Befestigungen hatten Er weiterungen und Ausbaue mannigfacher Art erfahren, wodurch die Linien der deutschen Truppen so stark wurden, daß sie nur mit großen Opfern zu durchbrechen waren. Leider verschlimmerte sich in der nassen Jahreszeit und in den von Regen durch weichten Laufgräben, Batterien rc. der Gesundheitszustand der Truppen so, daß Mitte Oktober gegen 40000 zumeist an der Ruhr Erkrankte in den Lazarethen lagen. Auch die Verpflegung stieß wegen Ausbruch der Rinderseuche auf große Schwierigkeiten» Jndeß sah es in der Festung nicht besser aus; dort herrschte Mange! und Krankheit, während die Vertheidigungsarbeiten eifrig fortgesetzt wurden. Marschall Bazaine hatte mit der Zeit eingesehen, daß selbst ein gelungener Durchbruch seine Armee nicht mehr retten konnte; deshalb waren auch fast alle seine nun folgenden Ausfälle nur Fouragirungen für die Festung. Ein kleiner Ausfall am 22. September richtete sich gegen Mercy l'Haute und Villers l'Orme und hatte den Erfolg, daß Stroh und Lebensmittel nach Metz gebracht werden konnten; dagegen blieb ein Ausfall am folgenden Tage gegen Rupigny und Failly erfolglos. Ende September dachte Bazaine ernstlicher daran, seine Vorräthe zu vervollständigen, ohne daß er sich besonders große Sorgen darum machte, weil er auf den baldigen Fall von Paris und auf den Frieden rechnete. Als ihm um diese Zeit gemeldet wurde, daß die Lebensmittel nur bis zum 6. Oktober reichen würden, sagte er: „Das ist mehr als genug." Am 27. September machte Bazaine einen größeren Ausfall gegen die Orte Peltre, Colombey und La Maxe. Es gelang dem Feinde, unter Zurückdrängung der deutschen Truppen, sich dieser und anderer kleiner Ortschaften zu be mächtigen und die vorhandenen Vorräthe in die Festung zu bringen. Der Verlust der Deutschen an diesem Tage betrug 10 Offiziere und 335 Mann, der der Franzosen ziemlich eben soviel. Prinz Friedrich Karl befahl nun, um den Franzosen keine Vorrathsstellen mehr zu lassen, das Niederbrennen der Orte Peltre, Basie, le Masce, Petites Tapes und eines Theiles von Magny. Die Bewohner hatten eine Stunde Zeit, ihre Habe in Sicherheit zu bringen, retteten aber meist nur das nackte Leben; tagelang irrten sie umher, ehe sie ein Obdach fanden. Den Soldaten, die sich zu Werkzeugen des grausamen Krieges gewacht sahen, die zum Theil selbst Weib und Kind und Habe in der Heimath hatten, kamen die Thränen in die Augen. Wennschon die Einschließung von Metz eine scharfe war, so war man doch auf deutscher Seite beständig gegen einen energischen Durchbruchsversuch auf der Hut. Man wußte, daß zwischen Metz und der nur schwach beobachteten Festung Dieden- bofen eine Signal-Correspondenz bestand. In Diedenhofen lagerten große Vorräthe und wenn überhaupt, so mußte Bazaine nach dieser Richtung hin fortzukommen suchen. Am 2. Oktober gab es wieder einen kleinen Ausfall, der nicht ungünstig für die Franzosen verlief und am 7. Oktober kam es zu einem ernsthaften Durchbruchsversuch. Der erste Vorstoß kam gegen Les Topes und St. Remy nordwestlich von Metz; auch auf die Höhen von Norrvy wurde eine Division vorzeschickt. Der Angriff wur>>e mit großer Wucht ausgeführt; die Generäle Canrobert und Deligny stellten sich an die Spitze ihrer Colonnen, auch Bazaine war zugegen. Die Begeisterung der ersten Schlachten war in die Truppen wieder eingekehrt, die froh waren, aus der niederdrückenden Unthätigkeit gerissen zu werden. Der Ansturm im Moselthal warf alles vor sich nieder, obschon 82 Geschütze, in weitem Kranze aufgestellt, sich gegen die Angreifer richteten. Die schwachen Landwehrtruppen mußten vor den überlegenen Massen der Franzosen weichen, die sich der Punkte Les Tapes und Bellevue bemächtigten. Dem weiteren Vordringen der Franzosen wurden aber durch Heranziehen weiterer deutscher Truppen zur Verstärkung Halt geboten. Auch Les Tapes und St. Remy wurden von der preußischen Landwehr wieder ge nommen und um 4 Uhr zogen sich die Franzosen unverrichteter Sache wieder zurück. Der Kampf wurde von beiden Seiten abgebrochen. Die Deutschen hatten 75 Offiziere und 1703 Mann verloren, darunter viele höhere Offiziere; die Landwehr hatte in dem sehr blutigen Gefecht schwer gelitten, 4 Bataillone waren derartig mitgenommen, daß sie in zwei verschmolzen werden mußten. Der Verlust der Franzosen betmg 64 Offiziere und 2000 Mann; 3 Generale waren verwundet. Am 8. Oktober wurde dem Marschall gemeldet, es seien nur noch Vorräthe für 12 Tage verhandeln an Salz fehlte es seit Ende September gänzlich. Die Brotrationen mußten auf 300 Gramm herabgesetzt werden, die Pferde stürzten vor Hunger zusammen, noch ehe sie geschlachtet werden konnten. Blattern, Typhus und Ruhr richteten unter den Mannschaften furchtbare Verheerungen an. Während der Einschließungszeit starben in Metz überhaupt 35000 Menschen. Die französischen Truppen waren allmählich sehr entmuthigt worden, so daß Bazaine nur noch auf 65000 Mann zuverlässige Truppen zählen konnte. Mit diesen nochmals einen Durchbruch zu wagen, erschien schon deshalb unthunlich, weil, nachdem die Artillerie- und Kavallerie pferde größtentheils geschlachtet oder gefallen waren, der Durch bruch nur mit Infanterie hätte unternommen werden müssen. Auf Entsatz konnte Bazaine nicht mehr hoffen. So waren denn bereits am 7. Oktober Verhandlungen mit dem deutschen Hauptquartier behufs Abschlusses einer Militär-Convention an geknüpft worden. Die Verhandlungen zogen sich sehr in die Länge, weil sich Bazaine mit seiner Armee in einer eigenthümlichen Lage befand: die Armee war von der früheren Regentschaft Frankreichs ihres Eides noch nicht entbunden worden und andererseits hatte diese Regentschaft keine Macht mehr in Frankreich. So kam es denn sonderbarerweise zu Verhandlungen, in denen die Exkaiserin Eugenie eine Rolle spielte; denn zu dieser reiste der französische General Boyer, um womöglich durch sie freien Abzug der Armee nach Algier zu erlangen. Das deutsche Hauptquartier hatte gute Gründe, die gestürzte Regent schaft mit in den Handel hineinziehen zu lassen, man hoffte dadurch rascher zum Frieden zu kommen. Die ungemessenen Forderungen, welche die Kaiserin Eugenie stellte, ließen jedoch alle Verhandlungen scheitern. Tagesgeschichte. Von der Reichsgerichtsfeier in Leipzig wird nach träglich noch bekannt, daß Kaiser Wilhelm kurz vor Beginn des Aktes der Schlußsteinlegung, als er schon Platz genommen hatte, sich wieder erhob, auf den Staatssekretär Dr. v. Bötticher zuschritt und demselben in herzlicher Weise die Hand drückte. Vielleicht wird man in der Annahme nicht irren, daß diese spontane und besondere Auszeichnung, welche Herrn von Bötticher seitens des Reichsoberhauptes bei der feierlichen Einweihung des neuen Reichsgerichtsgebäudes zu Theil geworden ist, mit den fortgesetzt wider den genannten Minister gerichteten Angriffen und Verdächtigungen in einem Theile der Tagespresse zusammenhängt. Jedenfalls zeugt der erwähnte Vorgang dafür, daß Herrn Dr. v. Bötticher noch immer die Sonne der kaiserlichen Gunst strahlt. Der Besuch des Königs von Portugal in Potsdam wird in einigen italienischen Blättern wie ein Erelgniß von großer politischer Bedeutung behandelt. Das ist eine willkürliche Deutung eines rein privaten Vorgangs, die sich nur erklären läßt aus einer gewissen Nervosität, die in Rom die plötzliche Absage des im Omrinal bereits angekündigten Besuchs hinterlassen hat. Und so erklärt es sich auch wohl, wenn in diesen Blättern mehr oder weniger deutlich dem Verlangen Ausdruck gegeben wird, man möge in Potsdam oder Berlin dem Könige von Portugal zu verstehen geben, daß man sich über die Nichtausführung der Reise nach Rom nicht minder verletzt fühle, wie die italienische Regierung und das italienische Volk. Bei ruhiger Ueberlegung wird man jedoch in Rom sagen müssen, daß trotz der innigen Beziehungen, wie sie zwischen Deutschland und Italien bestehen und zum Vortheil und Segen beider Länder hoffentlich noch lange bestehen werden, für Deutschland kein Grund vorliegt, sich in eine Angelegenheit zu mischen, die ausschließlich nur Italien und Portugal berührt und von diesen Ländern selbst ausgetragen werden muß und ausgetragen werden wirb. Dem Könige von Portugal werden bei seinem Besuch in Potsdam die Ehrenbe zeugungen zu theil werden, wie sie bei der Anwesenheit fremder Monarchen stets üblich gewesen sind, und es ist auch zu er warten, daß die Bevölkerung dem Gaste unseres Kaisers mit der Ehrerbietung begegnet, wie sie stets den Gästen am kaiser lichen Hofe entgegengebracht wird. Auf die Politik hat dieser Besuch keinen Einfluß und unsere freundschaftlichen Beziehungen zu Italien und dem italienischen Königshause bleiben von ihm unberührt. In der bayerischen Abgeordnetenkammer kam es am Dienstag bei der Debatte über den Etat des Ministeriums des Aeußeren zu einer Abschweifung auf das Gebiet der hohen Politik. Mehrere Redner kritisirten die deutsche Politik gegenüber Rußland abfällig, während dieselbe vom Ministerpräsidenten v. Crailsheim energisch vertheidigt wurde. Im weiteren Verlaufe der Sitzung rechtfertigte Herr v. Crailsheim die Stellung der bayerischen Regierung zur Umsturz-Vorlage, zu den Handels verträgen und zur Börsengesetzgebung. Der Etat wurde schließlich genehmigt. Die Wiener Gemeinderathsaffaire ist nun auch zu ihrem vorläufigen Abschlusse gelangt.. Am Dienstag wählte der neue Wiener Gemeinderath den Antisemitenführer Dr. Lueger mit 93 Stimmen zum Oberbürgermeister, 43 Stimm zettel waren unbeschrieben. Dr. Lueger erklärte auf Befragen des kaiserlichen Kommissars, die Wahl annehmen zu wollen, und hielt dann eine förmliche Programmrede, die von seinen Parteigenossen jubelnd ausgenommen wurde. Hie und da werden allerdings Zweifel laut, ob die neue Regierung die Wahl Dr. Luegers zum ersten Bürgermeister der österreichischen Hauptstadt genehmigen werde, im Ernst ist indessen schwerlich ein ministerielles Veto gegen die Wahl Dr. Luegers zu erwarten. Die Kürung des genannten Antisemitenführers zum Stadtoberhaupte entspricht gewiß nur den Wünschen weiter Kreise der Wiener Bevölkerung, für das Ministerium Badem liegt aber wahrhaftig kein Anlaß vor, sich durch eine etwaige Nichtbestätigung der Wahl Dr. Luegers in Gegensatz zur Mehrzahl der Wiener Bevölkerung zu bringen. Bemerkenswerther Weise will der conservativ- clericale Hohenwart-Klub des Abgeordnetenhauses in Opposition gegen die neue Regierung gehen, falls dieselbe der Wahl Dr. Luegers nicht zustimmen sollte. Im Abgeordnetenhause wurde am Dienstag die Dringlichkeit für den Antrag Hoffmann- Wellhoff, die Regierung möge dem Hause noch vor Weihnachten eine Gewerbenovelle vorlezen, einstimmig genehmigt, ebenso der Antrag selbst. Das französische Ministerium Ribot ist nun doch noch von seinem Schicksal ereilt worden, die Kammerdebatte über den Südbahn-Scandal hat ihm den Hals gebrochen. WaS aber nun werden soll, darüber herrscht in den Pariser politischen Kreisen offenbar vollständige Rathlosigkeit, denn das Fehlen einer zuverlässigen Mehrheit in der Deputirtenkammer stellt sich allen Versuchen zur Bildung eines neuen Cabinets als ein be denkliches Hinderniß entgegen. Präsident Faure hat auch schon eine ganze Reihe politischer Persönlichkeiten empfangen, unter ihnen Challemel-Lacour, Brisson, Ribot u. s. w., anscheinend ist aber hierbei die Frage der Bildung des künftigen Ministeriums noch um keinen Schritt ihrer Lösung näher gekommen. Das Ministerium Ribot ist nur neun Monate im Amte gewesen, und wenn man in Betracht zieht, wie lange es ge dauert hat, daß es von dem zurückgetretenen Ministerpräsidenten gebildet werden konnte, so wird man auch zu ermessen ver mögen, wie schwierig die schon wieder nothwendig gewordene Neubildung eines Ministeriums sich gestalten wird. In Paris soll die allgemeine Anschauung dahin gehen, daß die Minister- krists fast unlösbar ist, weil die Mehrheit, die das Ministerium Ribot stürzte, selbst nicht regierungsfähig ist. Die meiste Aus sicht besitzt, falls Bourgeois ablehnt, ein Kabinet Louvet, in das alle bisherigen Minister mit Ausnahme von Ribot und Trarieur eintreten sollen. Der französische Parlamentarismus hat sich bei den verschiedensten Schwindelaffairen von einer nichts weniger denn glänzenden Seite gezeigt; aber ein wohlentwickelter poli tischer Instinkt hatte ihn bisher immer noch davor bewahrt, sich den geschworenen Feinden alles Bestehenden in die Hände zu geben. Das Eingehen auf die Rouanetsche Tagesordnung zeigt aber, daß die Kammermehrheit sich selber nicht mehr die Kraft zutraut, den parlamentarischen Mechanismus zu hand haben; sie spielt der Opposition das Heft in die Hände, und zwar einer Opposition, an deren Spitze Leute stehen, deren Entrüstung über gewisse Vorgänge nur eine erheuchelte ist und den Vorwand abgeben muß, die Autorität der Regierung an einer der empfindlichsten Stellen zu verwunden. Künftighin werden die Sozialdemokraten noch mit ganz anderer Zuversicht die Arbeiter in Konflikte mit den Arbeitgebern Hetzen, nachdem die Thatsachen dargethan, wie zerrüttet die Parteiverhältnisse im Lager der Anhänger des Bestehenden sind. Der „K. Z." wird noch aus Paris gemeldet: Infolge der Ministerkrise ver tagt sich der Senat bis Montag. Seit heute Morgen 10 Uhr hat Präsident Faure über die Lage mit Ribot, Poincarö, LeygmS und Lebon berathen, heute Nachmittag empfing er die Präsi denten der beiden Kammern. Der Präsident der Republik möchte vor allem das Budget geschildert wissen; bevor er daher