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WchMsMMckch ThmM, DD, Siebenlehn nnd die UnigeMdkn. Imlsblnll für die Ugl. Amtshauptmannschast Meißen, für das Aal. Amtsgericht und den Ltadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1M. 55Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaküon Martin Berger daselbst. No. 1S1. Donnerstag, Ss« 23. Dezember UI— „ «> .. .. I, 1897. Rückblick. Der deutsche Reichstag ist in die Ferien gegangen, der Redefluth ist die Ebbe gefolgt. Es sind nur wenige positive Resultate, die zu verzeichnen sind. Man hat den Etat in erster Lesung erledigt, die Petroleumfrage be sprochen und sich an die beiden, nie Gegenwart beherrschenden Fragen der Marineverstärknng und der militärischen Strafreform schüchtern herangewagt. Während aber für unsere Schiffe sich die Chancen entschieden verbessert haben, so daß man, abgesehen von formellen Aendernngen, aus die Annahme der Vorlage mit einiger Sicherheit rechnen kann, will es scheinen, als solle bei der Strafreform sich das alte Schauspiel wiederholen, daß man das Gute aus schlägt, weil man das Bessere im Augenblick nicht haben kann. Darüber sollte man sich doch klar sein, daß die Bewilligung so radikaler Aendernngen, wie sie von der Linken vorgeschlagen und anscheinend auch vom Zentrum gebilligt werden, niemals die Zustimmung der maßgebenden militärischen Kreise finden kann, daß man hier nach un säglichen Schwierigkeiten bis an die äußerste Grenze gelangt zu sein glaubt, die ohne Gefährdung der Disziplin, des alten Soldatengeistes, erreicht werden darf. Weiß man sich im Parlamente nicht zu bescheiden, so wird eben auch das, was von allen Seiten als reformbedürftig hin gestellt wird, zurückgestellt werden. Daß die Aussichten für die Marinevorlage sich in so hohem Maße gebessert haben, ist um so erfreulicher, als in der vorigen Session weit bescheidenere Forderungen von den Wortführern der Mehrheit mit entrüstetem Pathos zurückgewiefen worden sind. Mancherlei Umstände haben allerdings inzwischen zusammengewirkt. Zunächst haben einzelne patriotische Verbände in Verbindung niit der Regierung durch schriftliche und mündliche Kundgebungen dafür gesorgt, daß in die weitesten Kreise Aufklärung darüber verbreitet wurde, was uns noth thut, daß Sicherheit entstand darüber, daß man nicht uferlosen Phantasien nach jage, sondern sich knapp und klar auf realen Boden des Nothwendigen und Erreichbaren stelle. Zugleich aber ist im deutschen Volke jene alte Freude an den Waffen wiederaufgeflammt, die durch keine Milizrede des Herrn Bebel ansgelöscht wird. Und vor Allem haben die Ereignisse, die jenseits der Weltmeere den deutschen Namen engagirten, und die in so drastischer und unwiderlegbarer Weise die Nothwendigkeit einer tüchtigen Rüstung darlegten, ihre Wirkung geübt. Die feierliche Art, in der Kaiser Wilhelm seinen Bruder entließ, daß er in der Ferne für die Ehre des deutschen Namens kämpfe, mußte zugleich eiu Merk zeichen dafür sein, daß es sich nicht um planlose, zusammen hangslose Abenteuer handelt, sondern um die Erkenutniß von Nothwendigkeiten, um die Erkenntuiß, daß für Deutschland, wenn es nicht zugreife, kein Platz mehr sein wird auf dem Riesenkampfplatze der Zukunft. Wir haben lange genug im Hintergründe gestanden und es andern überlassen, sich über uns lustig zu machen. Greifen wir jetzt zu und greifen wir „feste" zu! Freilich mit dem englischen Uebelwollen werden wir nunmehr wohl für alle Zukunft zu rechnen haben. Denn gerade in dieser hoch- müthigsten aller Nationen glaubt man ein natürliches Recht darauf zu haben, am gedeckten Tische zu sitzen und anderen Völkern nur die Brosamen zu lassen. Es ist gerade eine Folge der Antipathie, die überall d e Engländer gegen sich zu erwecken verstanden, daß jetzt, w:e es scheint, über ihren Kopf hinweg eine Verständigung aller anderen Interessenten erzielt wurde. Wenigstens deutet die sicher auftreteude Meldung, daß die Russen den chinesischen Hafen von Port Arthur besetzt haben, auf eine solche Verständigung hin. Port Arthur liegt an der Südspitze der Halbinsel, die den Golf von Petschili von der Korea Bai trennt, und beherrscht die Straßc, die an das Gelbe Meer führt. Gerade für die sibirische Bahn, die in der Mandschurei endet, ist dieser Punkt von durchgreifendster Bedeutung. Wenn Rußland sich hier festsetzt, ohne doch einen so schwerwiegenden Rechts titel zu besitzen wie ihn Deutschland nachznweisen vermag, so liegt hierin die eklatante Bestätigung dafür, daß Rußland nnd Deutschland im vollsten Einvernehmen miteinander handeln, wie ja auch Frankreich sich jedenfalls in Shantung schadlos halten wird. Trifft aber diese Voraussetzung zu, ist wirklich zwischen den Kabinetten von Berlin und Peters burg eine Vereinbarung erfolgt, so fällt der Hauptgrund zu Besorgnissen weg, die ihre Quellen eben in der Be fürchtung russischen Widerspruchs haben mußten. Und wiederum liegt hier eiu Anzeichen dafür vor, wie weise und durchdacht die Politik des ersten Kanzlers war, der stets an der russischen Freundschaft festhielt, und wie glücklich wir sein können, daß nicht mehr ein Troubier und ein Staatsanwalt an der Stelle stehen, die nur zünftigen Diplomaten gebührt. Während so in Deutschland die politischen Wellen recht hoch gehen, beschäftigen sich die Franzosen zur Ab wechselung einmal wieder mit dein Panamafkandal. Der Dreyfuß-Prozeß ist ja so gut wie vorüber, der Fellzug der Freunde des Verbannten auf der Teufelsinsel ist von Grund aus gescheitert und selbst dort, wo das Mitleid sich iu den Vordergrund stellte, ist der Zweifel an der Schuld des unseligen Mannes wohl für immer ausgelöscht. Der neue Panamaprozeß aber wird in Deutschland kaum noch Beachtung erregen. Wir haben ja so zahllose Phasen dieser widerlichen Affaire verfolgt, wir haben fo tief in die Fäulniß des offiziellen Frankreichs hineingeblickt, daß daß uns auch das neu begonnene, gegen sechs oder sieben frühere Parlamentarier gerichtete Verfahren schwerlich noch aufregen wird. Es macht überdies schon jetzt den Ein druck, als sei es nur begonnen worden, ul allqmä tisri viäsalur.. Denn gerade die Hauptsachen sind ausgeschieden worden wegen Verjährung und die Nebensachen, die man der Oeffentlichkeit preiszugeben sich anschickt, sind recht gleichgiltig. Es handelt sich ja auch nur um die kleinen Diebe, um Leute, deren Seelen für ein paar tausend Franks zu haben waren. Die großen Millionendiebe aber läßt man nach altbewährter Praxis laufen. Tagesgeschichte. Der Reichstag hat am Freitag nach Beendigung der ersten Lesung der neuen Militärstrafprozeßordnung seine Weihnachtsferien angetreten; am 11. Januar 1898 nimmt das Haus seine Verhandlungen wieder auf. Im Gegensatz zu der über Gebühr langen Generaldebatte über den Etat, welche im Ganzen sechs Sitzungen beanspruchte, konnte die Erledigung der erstmaligen Berathung der Militärstrafprozeßordnung in zwei Sitzungen vor sich gehen: offenbar drängte es die Reichsboten, endlich in den Genuß der Weihnachtsferien zu kommen. Will man nun das muthmaßliche Geschick dieser zweiten Hauptvorlage der gegenwärtigen Session nach dem äußerlichen Verlaufe ihrer erstmaligen Erörterung im Reichstage beurtheileu, so wird inan ihr allerdings kaum ein günstiges Horoscop stellen können. Gleich am ersten Tage dieser Generaldebatte wurde der Entwurf der neuen Militärstrafprozeßordnung von den Rednern aus dem Hause tüchtig zerzaust, aller dings theilweise unter verschiedenen Gesichtspunkten. Auch der zweite Tag der Debatte, der Freitag, brachte für die Vorlage keiue' besseren Aussichten Durchweg abfällige Beurtheiluug sand sie da bei dem Sozialdemokraten Frohme, dem Freisinnigen Beckh und der Zentrumsabgeordnete Berno. Doch selbst der Nationalliberale Bassermann, der die Militärstrafprozeßreform etwas freundlicher kritisirte, hatte an den Einzelheiten viel anszusetzen. Dieselbe aus Opposition und Zustimmung gemischte Stellung zu der Regierungsvorlage nahm der Freisinnige Munkcl ein, während der Reichsparteiler Gras Bernstorff und der Reformparteiler Werner den Entwurf der Militärstraf prozeßreform im Allgemeinen recht annehmbar fanden. Derselbe ging schließlich an eine besondere Kommission; ob deren Verhandlungen zu einer Verständigung zwischen Regierung und Parlament in dieser Frage führen werden, bleibt noch sehr abzuwarten. Für die erste Sitzung, nach der Weihnachtspause steht die erste Lesung der Novellen zum Gerichtsverfassungsgesetz und zur Zivilprozeßordnung auf der Tagesordnung. Der Abgeordnete Bebel hat kürzlich im Reichstage behauptet, die Arbeiter hätten an den Ausgaben für Heer und Flotte kein Interesse. Er meinte vielmehr, Heer und Marine wären nur zum Schutze des Besitzes, der reichen Leute da. Durch solche Aeußernugen werden die Interessen der Arbeiter direkt geschädigt. Der Staatssekretär des Innern, Graf von Posadowsky, wußte das überzeugend nachzuweisen. Er richtete an den Abgeordneten Bebel die Frage: Hat denn der Arbeiter bei uns kein Vaterland? Hängt er nicht durch Geburt, durch Heimath, durch Sprache auch an Vaterland? Die Antwort lautete sehr zutreffend: „Wenn wir uns den Staat, unsere Gesellschafts ordnung so denken, daß die arbeitenden Klaffen voll» kommen außerhalb des Staatswesens ständen, daß sie gar kein Interesse an die Sicherheit des Staates hätten, an der Aufrechterhaltung des Friedens, dann müßten wir eigentlich konseguenterweise die Arbeiter ebenso von der allgemeinen Wehrpflicht befreien, wie wir sie von der all gemeinen direkten Steuerpflicht befreit haben. Dann wäre aber allerdings die Aufrechterhaltung des allgemeinen direkten Wahlrechts auch nicht mehr berechtigt!" Und auf die weitere Frage: Hat denn der Arbeiter an der Er haltung des Friedens, an der Sicherheit des Staates nicht auch ein wirthschaftliches Interesse? antwortete Graf Posadowsky: „Was würde werden, wenn — was Gott verhüte! — wir einen unglücklichen Krieg führten, Handel nnd Wandel stockten, die Fabriken still ständen, der heimische Boden nicht mehr so intensiv bearbeitet würde. Wovon sollte dann der Arbeiter leben? Die besitzenden Klassen könnten sich dann viel leichter über Wasser halten; die haben etwas zuzusetzen, nicht aber der Arbeiter, der von der Hand in den Mund lebt!" — Man muß sich in der That wundern, daß die Arbeiter es ruhig hinnehmen, wenn ihre Führer, die sich doch als die Vertreter der Arbeiter-Interessen gebärden, gegen die Flotten-Vorlage Stellung nehmen. Tenn es ist doch keine Frage, daß der Bau von so großen Schiffen aus sieben Jahre hinaus vielen tausenden von Schiffsbauern und anderen Arbeitern dauernd Arbeit und Verdienst giebt. Und daß die Unter stützung und der Schutz des Handels durch die Flotte der deutschen Industrie und durch sie auch den Industrie- Arbeitern zugute kommt, liegt auf der Hand. Und doch wählen und unterhalten die Arbeiter mit ihren Groschen die sozialdemokratischen Vertreter im Reichstage! Zu treffend sagte neulich ein Arbeiterblatt: Wenn die Sozial demokraten die Herrschaft hätten, könnten wir uns in Deutschland in Erdlöcher verkriechen und Kraut und Wurzeln verzehren, denn ohne Handel giebt es keine In dustrie, und ohne Industrie keine Arbeit und keinen Verdienst für den Arbeiter. Daß aber das Gedeihen des Handels von dem Bestehen einer Flotte abhängt, beweist die Thatsache, daß nur die Völker bedeutenden Handel haben, welche Kriegsschiffe zu seinem Schutze aussenden können; und daß auch der deutsche Handel erst gewachsen ist, seit deutsche Kriegsschiffe im fernen Anslande die Flagge des deutschen Reiches zeigen, ist »»streitbar. Aber die Arbeiter sind wie mit Blindheit geschlagen: die Regierung und die nichtsozialdemokratischen Parteien haben die Entwicklung des Reiches gefördert, so daß Industrie, Gewerbe und Handel blühen und die Arbeiter Verdienst haben; sie haben den Arbeitern Versicherungs-und Schutzgesetze gemacht, um ihre Lage zu verbessern — die Sozialdemokraten haben gegen alles opponirt —, aber die Arbeiter halten es trotz dem mit den Sozialdemokraten, unterstützen sie mit ihrem Gelde. Wir wollen nicht hoffen, daß einmal eine Zeit kommen wird, wo die Arbeiter Anlaß haben werden, für diese Haltung ihrer Vertreter büßen zu müssen! Prinz Adalbert, der dritte Sohn des Kaisers, der diesen nach Hamburg begleitete, dort die mächtigen Hafen anlagen besichtigte und dann bei der Abreise des Prinzen Heinrich, seines Onkels, in Kiel anwesend war, ist im Jahre 1894 mit 10 Jahren als Unterlieutenant zur See in die Marine eingetreten. Der Prinz soll nunmehr, wie der „Magd. Ztg." aus Kiel gemeldet wird, im Sommer des kommenden Jahres, vorerst vorübergehend, an Bord des Schulschiffes „Charlotte" eingeschifft und damit in den praktischen Dienst der Flotte eingeführt werden. Die definitive Einstellung des Prinzen wird erst später er folgen, nachdem die Schulausbildung abgeschlossen ist. Auch Prinz Heinrich war fast 15 Jahre alt, als er im Sommer 1877 an Bord der Fregatte „Niobe" zur ersten praktischen Ausbildung kommandirt war. Prinz Adalbert that seinen ersten Dienst am 21. Juni 1895, als er bei Eröffnung des Kaiser Wilhelm-Kanals bei der von der 1. Matrosendivision gestellten Ehrenwache eintrat. Der Reichskanzler, Fürst Hohenlohe, ist von einem völlig unerwarteten Schlage des Schicksals schwer betroffen worden. Seine Gemahlin ist am 21. d. M. morgens 9* ., Uhr nach kurzer Erkrankung an einer Lungenentzündung gestorben. Der Reichskanzler hatte in diesem Jahre am 16. Februar das Fest der goldenen Hochzeit feiern können. Marie Prinzessin zu Sayn-Wittgenstein war am 16. Februar 1829 geboren. Der Ehe entstammen vier Kinder, die 1 Prinzessin Elisabeth, der Erbprinz Philipp Ernst Maria,