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MMusserTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da« .Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachtnittags b Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in »er GefchSftsitelle und den Ausgabestellen 2 AM. im Monat, bei Zustellung durch dje Boten 2,3» AM., bet Postbestellung r AW. zuzüglich Abtrag. , gebühr. Einzelnummern tLAplg.AllcPostanstalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postboten und unser-Aus. trüge-und Dcichaftsstelle» ! L—2 nehmen zu jeder Zeit V-. »ellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung err ? eitung oder Kürzung des Bezugspreises. — ALcksendung eingcsandtcr Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Aaumzeile 2V Rxfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile l Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspsennige. Poo- geschriebene Erscheinung-. ,, tage und Platzoorschriften werden nach Möglichkeit Fern spre ch er: Ami Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annahme bis aorm.ioUkr. Für die Richtigkeit' der durch Fernruf üdermittrltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. IederRabattanspr. a erlischt, wenn berBclra g durch Klage cingezogen werden mutz oderderAuftraggcderin Konkurs gerat. Anzeigen nehmen alle Bk !mittlu»g-stellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft V ritzen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und Les Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Rr 193. — 87.Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt« Wilsdruff - Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 18. August 1928 Stnsnmi reist bestimmt uch Paris Keine reine Freude. Zwischen Rhein und Mosel. — Geschäft und Politik. — Bitte, nicht stören! Viele Federn waren schon gespitzt, um den 27. August den Tag, an dem in der Hauptstadt der Französischen Re- publik ein neuer internationaler Friedenspakt unterzeichne! werden soll, als einen beträchtlichen Fortschritt aus dem Wege zum ewigen Frieden schwungvoll zu feiern. Abei da bekam zunächst einmal Herr V h a m b e r l a i n Herz oder Lungenbeschwerden und ließ sich von seinem König für mehrere Monate beurlauben. Kaum waren die Unbe^ haglichkeiten, die diese Nachricht allenthalben ausgelös! hatte, einigermaßen überwunden, als die Pariser Blüttel zn berichten wußten, daß an den bevorstehenden Herbst- manövern der französischen Besatzungsarme« im Rheinland ein englisches Husarenregiment teil nehmen werde. Und um das allgemeine Mißvergnügen noch höher zu treiben, meldete sich just in diesen Tagen auch die längst totgeglaubte Botschafterkonferenz unseligen Angedenkens wieder einmal zum Wort mit der Mitteilung, daß sie — ans militärisch-politischen Notwen digkeiten heraus — nicht in der Lage sei, schon jetzt über die beantragten Anschlußgleise zwischen den Opel-Werken in Rüsselsheim bei Frankfurt a. M. und dem Neichsbahn- körper zu entscheiden, daß also dieser Anschluß — wie ein anderer Anschluß, von dem ungleich mehr noch die Rede ist — zu unterbleiben habe. Ein bißchen viel aus einmal, mitß man schon sagen; eine Luft, in der alles andere eher als Völkerverständigung gedeihen kann. s Steckt eine bestimmte Absicht hinter dieser auffälligen Häufung von Schwierigkeiten, oder soll man au bloße Zu fälle glauben, die dieses unglückliche Zusammentreffen von Peinlichkeiten gerade in diesem Augenblick herbeigeführt haben? Darf nicht die Tatsache, daß die Franzosen Ul der Ll-.-slioserungSfrage schließlich nachgegeben haben, doch als ein Beweis guten Willens von ihrer Seite hin- genvmmen werden und als Anzeichen dafür, daß sie, soweit es an ihnen liegt, keinen neuen Streit mit Deutschland Wünschen? Nun, die deutsche Öffentlichkeit ist sich ziemlich darub-r einig, daß di-.- Franzosen uns seit Jahr und Tag ungleich mehr Grund zum Mißtrauen als zu irgend welcher Vertrauensseligkeit gegeben haben. Sie zeigen nicht das geringste Verständnis für die Empfindungen, mit denen unsere Brüder im besetzten Gebiet die umfassenden Vorbereitungen zu den großen französischen Herbst- manövern zwischen Rhein und Mosel beobachten. Sie schämen sich nicht, einer kleinen Stadt wie Prüm in der Eifel für die Dauer dieser militärischen Übungen eine Einquartierungslast von geradezu ungeheuerlichen Di mensionen aufzuerlegen, und es fehlt wirklich nicht viel, daß sie die deutschen Beanstandungen der Hinzuuahme englischer Kavallerietruppen zu diesen Manövern als eine Anmaßung gegenüber sogenannten militärisch-politischen Notwendigkeiten zurückweisen. * In England hat man die deutsche Erregung über diese unseligen Beweise von Friedensbetätigung zu nächst gleichfalls mit ein paar hochmütigen Redensarten abtun zu können geglaubt. Aber die Erkenntnis, daß sich diesmal das ganze deutsche Volk in der Verurteilung dieser alliierten und assoziierten militärischen Veranstaltung voll kommen einig ist, beginnt jetzt in London doch einigen Eindruck zu machen, wenn auch durchaus nicht anzu nehmen ist, daß an den einmal getroffenen Manöverver abredungen jetzt noch etwas zu ändern sein wird. Wir sind auch nachgerade gegen Versuche, uns durch bloße ver einzelte Zeitungsstimmen zu beschwichtigen, während die englische Politik mit der französischen wieder mehr als je auf Kosten der deutschen Lcbensinteresscn Hand in Hand arbeitet, recht unempfindlich geworden. Und wenn wir uns vergegenwärtigen, daß für die neueste Aufführung der Botschafterkonferenz kaum noch andere Gründe mehr denk bar sind als das Bestreben, die französische Auto mobilindustrie gegenüber den Anstrengungen der deutschen Automobilindustrie nach Möglichkeit zu begün stigen, so muß diese abstoßende Verbindung von hoher Politik mit ganz niedrigen Geschäftsinteressen schließlich doch zu denken geben. Jedenfalls kommen wir, solange diese Nadelstich- Politik nicht aufhört, auch mit den schönsten Kellogg- Pakten und Thoiry-Gesprächen keinen Schritt vorwärts in der wahren Befriedung der Völker, und man wird die Hoffnung auf irgendeinen Erfolg in der Abrüstungsfrage ganz und gar begraben müssen, wenn die Großen dieser Welt fortfahren, sich den Teufel um die Schwachen und Wehrlosen zu kümmern, sobald ihr eigener Vorteil in Frage steht. Der Polenmarschall Pilsudski hat in Wilna den Degen nicht aus der Scheide gezogen, wie es die War schauer Gebärdenspäher bestimmt vorausgesehen hatten, und auch in Agram ist alles ruhig geblieben, obwohl man den Tod des Kroatenführers Stephan Naditsch schon als den Anfang vom Ende des Jugoslawischen Königreiches bezeichnet hatte. Die kleinen Staaten sehen sich eben vor, müssen sich vorsehen, weil sie es wissen, daß die großen zurzeit kein neues Völkermorden in Europa zulasten wollen. Sie wollen eben in der allmählichen Befestigung der Machtstellung, die sie selber vor zehn Jahren errungen haben, nicht gestört sein. Dr. Sh. Aas Rheinland muß frei werden. Plötzlicher Ministerra 1 in Frankreich. Das lange Hin- und Herraten über die Frage, vb Ncichsaußenminister Dr. Stresemann zur Unter zeichnung des Kellogg-Paktes nach Paris geht oder nicht, scheint nun ein Ende gefunden zu haben. In Berlin er fährt man, daß Dr. Stresemann am Sonntag von seinem Urlaub aus Oberhof nach Berlin zurückkehrt und voraus sichtlich am Mittwoch an einer Kabinettssitzung mit außen politischem Programm teilnehmen wird. Am nächsten Sonnabend werde Dr. Stresemann dann seine Reise nach Paris antreten. Auch die Nationalliberale Korrespondenz, der man enge Beziehungen zu Dr. Stresemann nachsagt, berichtet: „Wir haben die amerikanische Einladung aus guten Gründen angenommen und der deutsche Reichsaußen minister kann jetzt der feierlichen Unterzeichnung nicht fernbleiben, weil sie zufällig in Paris, der Hauptstadt Frankreichs, erfolgt. Das würde die Welt nicht verstehen und zweifellos in den Vereinigten Staaten als krasse Ab weichung gegenüber unserer ursprünglichen Einstellung empfunden werden. Stresemanns Reise nach Paris, mit der ja nun wohl gerechnet werden muß, bedeutet mit Nichten eine Verbeugung vor Paris und Frankreich, noch weniger eine Preisgabe deutscher Würde, sondern nur einen Akt selbstverständlicher und politisch kluger Höflich keit gegenüber den Vereinigten Staaten." Kettogg-Paki und Rheinlandräumung. Bei der nunmehr als feststehend zu betrachtenden Tatsache, daß Dr. Stresemann nach Paris geht, gewinnt die Frage, ob im Anschluß an die Unterzeichnung des Friedenspaktes die Rheinlandräumung angeschnitten wird, erhöhte Bedeutung. Ein Pariser Blatt schrieb, es lasse sich nicht mehr verheimlichen, daß die deutsche Regie rung durch Vermittlung ihrer Botschafter in Paris, London, Brüssel und Rom sondiert habe, ob sie am 27. August die Rheinlandrämung mit Aussicht auf Er folg verlangen könne. Die Antwort sei ablehnend aus gefallen und habe besagt, daß die Gelegenheit nicht günstig sei, da Kellogg nur zur Unterzeichnung des Paktes käme und nicht wünsche, in die europäischen Angelegenheiten verwickelt zu werden. Die französische Regierung habe zu verstehen gegeben, daß sie der Räumung gegen Gegenleistungen und Garantien, die im übrigen noch völlig unbestimmt seien, zustimmen würde. An deutscher Stelle in Paris will man erfahren haben, bei der Sondierung der deutschen Regierung habe es sich nicht um direkte Schritte, sondern vielmehr um eine Ankündigung gehandelt, in welcher Weise man in Deutschland beabsichtige, die Unterhaltung zwischen den Außenministern bei ihrer nächsten Zusammenkunft zu Pariser Slimen zm Streit nm den Panzerkrenzer. Paris, 17. August. Der Streit um den Panzerkreuzer hat besonders in links gerichteten französischen Kreisen die Befürch tung ausgelöst, daß sich nach einer Abberufung der sozialdemokra tischen Reichsminister eine nach rechts gerichtete Regierung bil den könnte. Obgleich man noch keinerlei ernste Erfahrungen auf diesem Gebiete gesammelt hat, glaubte man, in einer unter dem Einfluß der Sozialdemokratie stehenden deutschen Regierung einen nachgiebigeren Partner zu finden. Die Verstimmung, die sich im Zusammenhang mit der Brüsseler Sozialistentagung gegen die deutschen Sozialdemokraten bemerkbar gemacht hatte, ist heute, wo ihr Einfluß auf dem Spiele steht, vergessen. Der sozialdemo kratische Soir, der eine eingehende Darstellung der Angelegenheit gibt, hebt hervor, daß die leitenden Persönlichkeiten der deutschen Sozialdemokratie ihr Bedauern über die Haltung der sozialdemo kratischen Regierungsmitglieder in einer Form ausgesprochen hätte, die einem Tadel gleich komme. In völlig entgegengesetztem. Sinn nimmt der rechtsstehende Temps Stellung, der die Gelegen heit benutzt, der Bewilligung der Gelder für den Bau des Pan zerkreuzers den deutschen Klagen über die Leistungen des Da wesplanes gegenüberzustellen. Es sei seltsam, so erklärt das Blatt, daß Deutschland eine weitgehende allgemeine Abrüstung verlange und gleichzeitig für den Wiederaufbau seiner Flotte wie auch der Reichswehr Sum men ausgebe, die seine Mittel überschritten und in keinem Ver hältnis zu den wahren Bedürfnissen der deutschen Armee und Marine, deren Grenzen durch den Versailler Friedsvertrag gezo gen seien, ständen. Die Teilnahme der deutschen Sozialdemokra ten an der Regierung bedeute also keineswegs eine Garantie für eine ausschließliche Abrüstung und Friedenspolitik. Owren. Gedacht lei hierbei viel mehr an Genf als an Paris, da man sich auch ans deutscher Seite darüber vollkommen klar ist, daß der amerikanische Staatssekretär Kellogg an einer derartigen Unterhaltung nicht teilnehmen werde. Einberufung des französischen Kabinetts. In dem letzten am 17. Juli abgehaltcncn französischen Ministerrat war vereinbart worden, daß die nächste Zu sammenkunft des Kabinetts nicht vor dem 1. September stattfinden sollte, und zwar in Sambiann. der Sommer- cesidenz Poincares. Diese Disposition ist nun plötzlich umgestoßen werden, und zwar durch Poincarl- selbst. Ein dringendes Telegramm des französischen Minister präsidenten hat sämtliche Mitglieder des Kabinetts, die mit Ausnahme des mit Generalvollmachten ausgestateten Justizministers Barthou fern von Paris der Erholung leben, für Donnerstag, den 23. August, zu einem außer ordentlichen Ministcrrat nach Paris berufen mit dem aus drücklichen Zusatz, daß mit Rücksicht auf die Dringlichkeit der Tagesordnung die Anwesenheit sämtlicher Minister notwendig sei. Man kann unmöglich fehkgehen, wenn man diese un erwartete Einberufung mit der Erwartung in Zusammen hang bringt, die Rheinlandfrage könnte doch schon in Paris während oder nach der Unterzeichnung des Paktes Bedeutung gewinnen. Vielleicht besteht auch aus deutscher Seite nicht die Meinung, es könnte zu bestimmten Entscheidungen in Paris kommen. Aber die Möglichkeit erscheint nicht ausgeschlossen. Stresemann werde bei seinem Pariser Aufenthalt Gelegenheit haben, sich mit Briand und Poincars eingehend über die für Deutschland und die Zukunft der deutsch-französischen Beziehungen entschei dende Frage der Räumung zu unterhalten. Von großer Wichtigkeit dabei würde selbstverständlich das sein, was man in Frankreich Kompensation, in Deutschland Gegen leistungen zu neunen pflegt. Stehen dabei mehr for male Dinge im Vordergründe, etwa getrennte Behand lung der zweiten und der dritten Zone im Rheinland, so läge ein Übereinkommen Wohl nicht fern. Tröten aber weitere materielle oder die deutsche Volkswirtschaft schädigende Forderungen Frankreichs zu tage, so müßte die Rücksicht auf Deutschlands sowieso schon bis zum Berste« angespannte Leistungsfähigkeit den Aus schlag geben. Immerhin bemerkenswert bei dieser Materie ist die von englischen Zeitungen verbreitete Ansicht, daß der frühere Reichskanzler Dr. Luther im Auftrag der Reichs regierung soeben nach London gekommen sei. um Verhand lungen über die Rheinlandräumung zu führen. Diese Deutung ist irrig, wie von deutscher Seite erklärt wird. Dr. Luthers Reise trägt vielmehr lediglich privaten Cha rakter. Er ist von der Reichsregierung mit Näumungsver- handlungen nicht beauftragt worden und verhandelt daher auch nicht über die Räumungsfrage. Reue Pariser Hetze gegen -en Anschluß Paris, ll7. August. Journal de Debets nimmt einen Ar tikel des österreichischen Bundeskanzlers Seipel zum Anlaß, sich mit her österreichischen Einstellung Seipels zur Anschlußfrage zu beschäftigen. Nach der Meinung des Blattes sei der österreichische Bundeskanzler durchaus kein begeisterter Anhänger des Anschlus ses. Der geringe Widerstand der Kreise, die die Möglichkeit ge habt hätten, sich dem Anschluß zu widersetzen, habe Seipel jedoch dazu gebracht, den Anschluß als ein unvermeidliches Ereignis zu betrachten. Seine Aufgabe werde künftig darin bestehen, Unan nehmlichkeiten von Oesterreich fern zu halten und für sein Land der Blitzableiter zu sein. Eines Tages werde man dann seststellen können, daß er, wenn auch unfreiwillig, zur Durchführung des Anschlusses am meisten beigetragen habe. Diese Katastrophe, wie das Journal de Debats den Anschluß bezeichnet, sei heute noch zu verhindern. Das Blatt wiederholt dann seine Warnung, daß der Anschluß Oesterreichs nur der Anfang sür eine weitere An gliederung deutschstämmiger Gebiete an das Reich sein werde. Beschlagnahm des „Herman Köhl" in Prag. Prag, 17. August. Das dreimvtorige Iunkersjlugzeug der Deutschen Lufthansa „Hermann Köhl", das den Verkehr zwischen Wien und Berlin versieht, mußte heute in Prag notlanden. Das Flugzeug wurde dort beschlagnahmt. Da die tschecho-slowakiscken Behörden für die Verkehrsflugzeuge, die die Tschscho-Slowakei überfliegen, eine Zwischenlaridung in Prag verlangen, wird die Strecke Wien—Berlin stets unter Umgehung der Tschecho-Slo- wakej beflogen. Der Pilot der „Hermann Köhl" hatte sich heute verirrt und war zu dieser Notlandung gezwungen.