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Auerlhal-Mung. Lokalblatt für Aue, Auerhammer, Zelle-Klöfterlein, Nieder« u. Oberpfannenstiel, Lauter, Bockau, Bernsbach, Beyerfeld und die umliegenden Ortschaften. Erscheint Mittwoch», Areitag» u. «onntagS. AdonnementspreiS tncl. der 3 werlbvollen Beilagen vierteljährlich «lit Bringerlohn 1 Mk. 20 Pf. durch die Post 1 M. 28 Pf. Mt 3 issustrirten Beiblättern: Deutsches Aamilienvlatt, Kute Heister, Zeitspiegel. Verantwortlicher Redakteur: «mit Hegemeister in Aue (Erzgebirge). Redaktion u. Erpedilion: Au», Marktstraße. Inserat» die einspaltige EvrpuSzeile 10 Pf», die volle Seite 30, >/, S. 20, >/< St. 0 Mk. bei Wiederholungen hoher Rabatt. Alle Postanstallen und pandbriesträger nehmen Bestellungen an. 6. Jahrgang. No. 69. Mittwoch, de» 14. Juni 1893. Kriegerdenkmal Aue. Nachdem es uns gestern vergönnt war, unser neues Krieger denkmal zu enthüllen und zu weihen, und damit eine langjährige Dankesschuld gegenüber unseren Heldensöhnen von 1866 und 1870/71 abzutragen, sagen wir auch hierdurch Allen Denen, welche uns durch freiwillige Beiträge die Ausführung des Denkmals ermöglicht haben, insbesondere aber Herrn Fabrikant Matschei hier, welcher uns das herrliche Geländer dazu geschenkt hat, innigsten Dank. Aue, am 12. Juni 1893. Der Denkmcrtcrusschuß. vr. Kretzschmar. Totengräberstelle in Aue. Die durch den Tod des bisherigen Inhabers frei gewordene Toteiigrnberstelle soll baldigst wieder besetzt werden. Der Anzustellende erhält neben den üblichen Gebühren von zusammen ctiva 700 Mark jährlich schöne freie Wohnung, muß aber im Stande sein, die Gräberlisten zu führen und soll auch einige gärtnerische Kenntnisse besitzen. Selbstgeschriebene Gesuche sind bis zum 20. Juni bei dem unterzeichneten Rathe einzureichen. Aue, den 9. Juni 1893. Der WccLb der Stadt. vr. Kretzschmar. E. Zur MilitärvorLage. Die Gegner der Militärvorlage betonen mit besonderer Borliebe, daß die Zahl in der Schlacht weniger entschei dend s«i, als die Tüchtigkeit der einzelnen Soldaten. Hat nicht Friedrich der Große mit seinen Preußen ganz Eu ropa in Schach gehalten? Warf Napoleon I. nicht ost den bemächtigen Feind zu Boden? Gewiß. Doch seit dem hat sich daS Spiel geändert. Friedrichs und Napo leons Grenadiere standen dem Gegner Aug in Aug ge genüber. Ihr persönlicher Mut und ihre Geübtheit schlu gen den Feind. Heutzutage aber wird der anrückende Feind schon auf Tausende von Metern von den feindli chen Geschützen beschossen und erleidet auf diese große Ent fernung schon namhafte Verluste, die sich mit jedem Schritte steigern. Dann beginnt daS feindliche Gewehr feuer zu wirken, immer größer werden die Lücken, welche die feindlichen Geschosse reißen, immer neue Truppen müs sen von hinten vorgeholt werden, nm die entstandenen Lücken auszufüllen. Endlich hat man sich bi« auf etwa 600 Meter an den Fund herangemacht und nun erst be ginnt die Hauptaufgabe des Tages, denn nach weiterem harten Feuerkampfe soll nun zur Entscheidung geschritten werden. Wer jetzt, nachdem die vordersten Truppen bei nahe zu Schlacken verbrannt sind, die meisten Reserven noch heransühren kann, wer vor der letzten Entscheidung die größten Truppenmassen zur Umgebung des Feindes verwenden kann, dem wird in den Schlachten der Zukunft der Sieg zufallen. Daß hierbei die innere Tüchtigkeit des Heeres mit in erster Linie maßgebend ist, das ist selbst verständlich ; eS würde aber eine Thorheit sein, von An fang an anzunehmen, daß die französischen Truppen uns in dieser Hinsicht ohne weiteres sehr nachstehen werden. Wenn wir auch darauf bauen, daß manches im Inneren der französischen Truppen nicht so ist wie bei uns, so ist doch das eine sicher, daß dem französischen Heere von heute eine große Liede zum Baterlande und brennender Durst nach Rache innewodnt. In der Schlacht bei Weißenburg hatten die Deutschen 44000 Mann mit 72 Geschützen, wovon die Hälste ins Feuer kamen, gegen nur 4650 Franzosen mit 18 Ge schützen. Bei Wörth hatte Kronprinz Friedrich Wilhelm 89000 Gewehre, 7700 Säbel und 432 Geschütze zur Ver fügung die Franzosen dagegen nur 32000 Gewehre 4800 Säbel, 131 Geschütze. Etwas geringer war die deutsche Ucbermacht bei Spichern, wo 38400 Deutsche mit 120 Ge schützen gegen 24400 Franzosen mit 90 Geschützen in den Kampf traten. Mit diesen ersten gewonnenen Schlachten war nicht nur der örtliche Sieg errungen, son dern es wurde auch daS moralische Uebergewichl über den Feind erreicht, der an seinem tollen Sirgesübermut gewal tig einbüßte und jetzt schon da« Vertrauen zur Heereslei tung verlor. Wenn dann später un Kriege gegen die französische Republik die französischen Heere bei Metz, an der Loire, im Norden Frankreichs und in den Aus fallschlachten vor Paris den Deutschen wieder an der Zahl überlegen waren und dennoch den Sieg erringen konnten, so ist die- nur ein Beweis gegen eie Milizheere denn die von Gambetta aus dem Bvben gestampften Heere bestan den znm größten Teil aus frischgebildeten Truppen, denen es an tüchtigen Offizieren und Unteroffizieren s.hlte. Daß man solche junge Truppen in den Krieg sandte, hat sich für Frankreich schon durch die schweren Verluste bit ter gerächt, denn es verloren die Franzosen mehr als 140000 Tote, mithin dreimal soviel als wir, während die Zahl der Verwundeten auch heute noch nicht angegeben werden kann. Bei diesem Äambelta'schen Heere konnte cs auch vorkommen, baß bis auf den heutigen Tag noch ein Divisionsgeneral, mehrere Oberste und zahlreiche Offiziere v rmiß sind, d. h. oaß man nicht weiß, wo ihre Leichen begraben sind. Auf dem Schlachtfelds gefallen von ihrer zahlreichen Umgebung schmählich im Stiche gelassen, wur den >ie von den Hyänen des Schlachtfeldes geplündert. Jetzt soll das deutsche Heer stark genug gemacht werden, daß eS auch im ZukunftSkriege den Feinden bas Gleich gewicht halten kann und zwar ohne auf die ältesten, we niger brauchbaren Jahrgänge zurückgreifen zu müssen. Eine furchtbare Verantwortung ladet auf sich, wer diesem Vorhaben entgegenarbeitet. Wir wollen, um zu zeigen, was auf dem Spiele steht, nur noch an das Wort erin nern, welches eine angesehene französische Militärzeitung, „Le ProgivS Mllitaire" am 4. Juni 1890 aussprach: „Wenn unser? Reitergeschwader die Fluren jenseits des (Nachdruck verboten). JeuiU'eton. Das Schützenliesl. s Eine wahre Geschichte, erzählt von Robert v. Hagen. (Fortsetzung.) Nordwestlich von Brixen in Tirol befindet sich der soge nannte Sturzvogel. So recht heimlich und versteckt liegt dort daS herrliche Anwesen des reichen Tobias Stahlauer, der im Leben schon mindestens fünfzigmal Schützenkönig war und mehr zum Zeitvertreib als aus Gewinnsucht so nebenbei eine Gastwirthschast betreibt. Die Schützenkönigs würd« ist bei ihm die Hauptsache. Da stand er, wie er leibt und lebte vor der Gogelwirthschaft und untersuchte einen nach dem andern von den vor ihm liegenden präch tigen Stutzen. Denn in einigen Tagen war ja wieder große- Vogelschießen in Brixen, und da mußte er doch auch dabei sein. Ging'- denn ohne ihn? Da kam plötzlich in großer Eile Loisel (Alois) der Viehhirt und schrie, soweit - der Kapitalkropf, den er sein eigen nannte, zuließ: „Gogelwirth am Jnncrsturz iS Ancr obtg'fallen i hon sei Stimm g'hvrt, aber allvi oi kann i ihn nit ausfihol'n." „So geh' holt hintri in die Scheu»', der HanSl soll mit Dir geh'», die Strick und die Steigeisen mitnehmen. Wenn'« gar schlimm sein sollt', so tragt'« ihn halt zu« samm' nach dem Kloster bin, nach Mariabrunn, wenn die Knochen aber no ganz sind, dann bringt« ihn in GotteS- Namen her. Es i« halt Mtnschenpflicht!" Loisel that, wie ihm geheißen und in Gemeinschaft mit dem ebenfalls kropfigen Hansl ging'« eiligen Schrittes dem Jnnersturz — einem gefürchteten Bergfall — zu, dem Verunglückten Hilfe zu bringen. Denn das Tirolerherz ist ein ungeschliffener Diamant, und wenn Loisel oder Hansl beim Kirchweifest im blutigen Faustkamps einen halblodt geschlagen hat, so wacht er denn auch Tag und Nacht beim Lager des Verletzten, pflegt ihn in aller Sorgfalt und betet einen Rosenkranz nach dem andern zur heiligen Jungfrau Mari», Muttergottes, damit er wieder recht bald g'funb wird — und sich dann wieder vom frischen raufen kann! „'S wird halt wieder so a Fremder sein," brummte ver Gogelwirth in den Bart hinein, „die Leut' hab'n kan Dunst vom Bergsteigen, aber auffi müssens halt,ohnedem gehts nit." Der Gogelwirth hatte recht, es war richtig ein Frem der, mit dem die beiden Knechte eine Stunde später bei der Wirthschaft ankamen. „Die G'schicht' wird nit schlimm sein," sagte er zu sei ner Tochter, dem Schützenlteskl, das soeben von Sellach, wo Jahrmarkt war, gekommen ist, und der er von dem Unfall erzählt hatte; „Liefe!, mach'- Fremdenlager zu recht!" Da- Schützenliesel eilte, dem Befehl ihre- Vater- nach zukommen. „Ich danke Euch, ihr guten Leute, für Eure große Mühe und Aufopferung; ohne Euch wär' ich wohl elend zu Grunde gegangen," so sprach der Fremde, als er anschei nend unter großen Schmerzen auf der Holzbank, welche vor der Wirthschaft stand, Platz genommen halte. Tein« Sprache klang fremd, wenngleich er sich auch tm Hochdeut schen ziemlich gut auszudrücken wußte. „Meine Kräfte drohten mich bereits total zu verlassen und daß Wurzel werk, an dem ich mich krampfhaft hielt, schien sich bereit« aus der Erde zu lockern. Hättet Ihr mir nicht noch zu rechter Zeit die Leine zugewvrfen, ich wäre tief hinabge stürzt in die finstere Kluft und hätte meinen Kopf wohl an irgend einem Festen zerschmettert." „Ja schau," sagte der Loisel im belehrenden Tone, „wa rum bist' denn auffi g'stieg'n?" „Na ja," ergänzte der Hansel und blähte seinen Kropf ans, „wärst halt nit auffi g'stieg'n, wärst halt nit abi g'fall'n!" „Nun, Euer Schade soll'S ja nicht sein," erwiderte der Fremde, „ich will Euch reich belohnen. Jetzt aber seht zu, daß ich mich auf Heu oder Stroh recht weich hinlegen kann; denn ich glaube, ich habe außer den vielen Schür fungen den linken Fuß gebrochen. Die Schmerzen neh men schon überhand " Die letzten Worte hatte der Gogelwirth, welcher eben au- dem Hause herau-trat, vernommen. „Wenn a Fremder beim Gogelwirth Unterkunft sucht, — so braucht er grad nit immer auf Heu und Stroh zu liegen," sagte er mit einem gewissen Stolz. „Das Frem« denbett oben iS zurecht gemacht. ES wird Dir wohl nit zu schlecht sein — so glaub i. Im vergangenen Jahr hat der Vetter vom Kaiser, der Erzherzog Heinrich drin g'schlafen und am andern Morgen hat er g'fagt: „Gogel- wirth, z'HauS mei Bett iS auch nit besser!" „Frisch überzog n iS halt auch," so ergänzte noch der Gogelwirth. „Und jetzt laß Dich 'cauftragen; i werd unter- dessen nach Brixen schicken um 'n Doktor, vorher aber noch die alte Ursula au- der Sennhütte herabho'en lassen; die taugt mehr, al- alle Doktoren; die wird Dir 'was auflegen, da wo'« Dich schmerzt. Brauchst Dich gar nit zu grnire vor ihr, 's is ja blvs a altes Weib und die Stucker neunzig Jahre hat'- bereit- am Buckel." (Fortsetzung folgt.)