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Amts- Nil AnzeiBlatt für deu Ubonnemsnt merlklj. 1 M. 20 Pf. einschlietzl. de« »Jllustr. Unterhaltungsbl." u. der Humor. Beilage »Seifen blasen" in der Expedition, bei unfern Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. GM des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. Erschein« wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag u. Sonn abend. Jnsertionspreis: die kleinspaltige Zeile 12 Pf. Im amtlichen Theile die gespaltene Zeile 30 Pf. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. --------"-i 48. Jahrgang. ' ' n-- Donnerstag, den 4. Dezember LZKGL. Konkursverfahren. Das Konkursverfahren über das Vermögen des Bürsten- und Pinselsabrikanten OIrrlstlun I'rtsciriLd Iln^sr, alleinigen Inhabers der Firma O. » in Schön ¬ heide, wird nach Abhaltung des Schlutztermins hierdurch aufgehoben. Eibenstock, den 28. November 1902. Königliches Amtsgericht. Im Jahre 1903 sollen die Gerichtstage in Schönheide Montag, den 12. und 26. Januar, „ „ 8. und 23. Februar, ,, 8. und 23. März, „ „ 6. und 27. «pril, „ „ 11. und 25. Mat, ,, ,, 8. und 22. Juni, Montag, den 6. und 27. Inti, „ „ 16. und 24. August, ,, ,, 14. und 28. September, ,, „ 12. und 26. Oktober, „ ,, 8. und 23. November, ,, ,, 7. und 21. Dezember im Rathhause, wie seither, abgehalten und dabei nur Geschäfte der freiwilligen Ge richtsbarkeit, die spSteftens drei Hage vorher an Gerichtsstelle schriftlich oder münd lich angemeldet worden sind, erledigt werden. Betheiligte, die zur gesetzten Zeit nicht erscheinen, müssen gcwärttgen, datz ihre Angelegenheiten an dem Tage überhaupt nicht vorgenommen werden. Eibenstock, den 18. November 1902. Königliches Amtsgericht. H» Der Hteichstag am Scheidewege. Der deutsche Parlamentarismus steht gegenwärtig an einem Scheidewege. Der Abweg, dessen Beschreitung unter allen Um ständen verhindert werden muß, führt direkt auf die Straße zu, die seit geraumer Zeit das österreichische Parlament wandelt. Der deutsche Reichstag steht mit andern Worten vor der Frage, ob er seine einunddreißigjährige oft ruhmvolle Vergangenheit ver leugnen will oder ihr treu bleiben. Da« ist die Frage, deren Lösung gegenwärtig nicht nur den Reichstag, sondern das ganze deutsche Volk auf das lebhafteste beschäftigt, so sehr, daß der Zolltarif augenblicklich in den Hintergrund gedrängt zu sein scheint. Wir sagen absichtlich scheint; denn thatsächlich hat die ganze Obstruktion, die jetzt in brutalster Weise gegen den Grund gedanken de« Parlamentarismus, das Mehrheitsprinzip, wüthet, letzten Endes doch kein anderes Ziel als die Beseitigung des Zolltarif«. Mit dieser Absicht sind die gegenwärtigen Obstruktions parteien von vornherein in den Kampf gegen die Zolltarif-Vor tage eingetreten. Solange sie diesen Kampf in einigermaßen sachlicher Weise führten, wie e«, freilich mit starken Einschränk ungen, allenfalls noch von ihrem Auftreten in der Kommission gesagt werden könnte, konnten die Freunde erhöhten Zollschutzes ihre Gegner ausschließlich mit sachlichen Gründen au« dem Felde schlagen. Al« die Verhandlungen der zweiten Lesung im Plenum begannen, da war e« mit dem letzten Rest von Sachlichkeit bei den obstruirenden Parteien zu Ende. Redner der zollfreundlichcn Mehrheit konnten e« bald kaum noch ivagen, da« Wort zu er greifen, um nicht ihrerseits die Verabschiedung der Vorlage zu verzögern und so die Sache der Opposition zu fördern. Wie ungeschickt gerade diese Verschleppungstaktik der Socialdemokralic und der an ihren Rockschößen hängenden freisinnigen Vereinigung ist, das hat der Abgeordnete Richter am Montag diesen Herren mit scharfer Ironie vorgehaltcn. Gerade dadurch haben die anfangs sehr zersplitterten Mehrheitsparteien Zeit zur Ver ständigung gefunden. Der Ausdruck dieser Einigung ist der Antrag Kardorss. Durch ihn wurde die Opposition auf ihren ungeheuren taktischen Fehler aufmerksam gemacht. Daraus erklärt sich ihre sinnlose Wuth, die nun gegen den deutschen Parlamentarismus anstürmle und mit Gewalt durchzusetzen suchte, was sic auf legalem Wege nicht erreichen konnte. Auch darin liegt, ganz abgesehen von dem Mangel an Anstandsgefühl, ein sehr großer Fehler: Die Socialdemokratie, die, wie sie stet« geäußert hat, erst eine Mehr heit im Parlamente haben will, ehe sie Gesetze nach ihrem Wunsche zu diktiren gesonnen ist, sic hat diese» Prinzip verletzt und sich zu einem zu frühen Losschlagen verleiten lassen. Da« müßte aber ,in der That eine jammervolle Mehrheit sein, die sich die» ruhig gefallen ließe", um abermals den Abg. Richter zu ziliren. Die Mehrheit hat bewiesen, daß sie sich diesen Terrorismus nicht gefallen lassen will, und so tobt der Kampf denn augenblicklich in der Thal um die politische Macht. Im Hintergrund steht aber der Zolltarif, aus dessen Ver abschiedung da» deutsche Volk ein Recht hat. Da« Volk leidet unter dem seit Jahr und Tag auf Landwirtschaft, Industrie und Handel lastenden Druck der Ungewißheit. E» ist schon so oft gesagt worden, daß wir es nicht wiederholen wollen, wie schwere wirthschaftliche Schädigungen der gegenwärtige Zustand Hervor rufen muß und auch thatsächlich hervorruft. Da» muß ein Ende nehmen, je schneller desto besser; die Obstruktion Niederkämpfen ist hier gleichbedeutend mit einer Förderung de» Zolltarifwcrke» und seiner glücklichen Verabschiedung. Der Mehrheit und speziell der konselvativen Partei kann nur der dringende Rath gegeben werden, diesen Kampf schnell zum siegreichen Ende zu führen ; sie kann sicher sein, daß der überwiegende Theil de» deutschen Volke« ihr Dank wissen wird. Tagesgeschichte. — Deutschland. Berlin, 2. Dezember. E» verlautet, daß sowohl der Präsident Gras Ballestrem wie der Vize präsident Büsing von den Aufregungen der letzten Tage in ihrer Gesundheit sich ernstlich angegriffen fühlen. Ein Wechsel in diesen beiden Stellen wird deshalb nicht al» unmöglich angesehen. — Wa« die von der Mehrheit geplante Geschäftsordnung angeht. so meldet ein ParlamentSberichtcrstatter: die Mehrheit-Parteien sind entschlossen, die Geschäftsordnung so zu gestalten, daß eine Obstruktion und jede Verhöhnung der Präsidialgewalt unmöglich gemacht wird. Von anderer Seite wurde es als nothwendig be zeichnet, daß der Präsident mit den gleichen Machtbefugnissen ausgestattet werde, wie der englische „Sprecher", der ein unbot mäßige« Mitglied zu Pönitenz verurthcilen kann. — Wie man hört, geht u. A. ferner die Absicht, in Zukunft es nicht mehr zu langen GeschästSordnungsdebattcn kommen zu lassen, in praxi dahin, sobald eine Geschäftsordnungsfrage auftaucht, beziehungs weise aufgeworfen wird, einfach sofort, ohne jede Begründung oder Rede und Gegenrede, die Meinung de« Hause» über den betreffenden Punkt einzuholcn. — Köln, 2. Dezember. Der „Kölnischen Zeitung" wird aus Berlin von heute telegraphirt: Den Meldungen aus eng lischen und amerikanischen Quellen über die Bemühungen des Präsidenten von Venezuela, Castro, Geld aufzubringen für die ausländischen Forderungen und über eine geheime Sendung Castros nach Europa besonderen Werth beizulcgen, halten wir nicht für nöthig. Entweder bringt Castro Geld auf, um feinen Verpflichtungen nachzukommeu. Dann ist über die Angelegenheit nicht weiter zu reden, oder er bringt das Geld nicht aus, sei es, daß er e« nicht will oder daß er Unvermögen vorschützt, dann wird man zu Maßregeln schreiten müssen, welche ihn gefügiger und williger machen. Daß es vorzuzichen wäre, wenn Venezuela seinen Verpflichtungen einfach in gebührender Weise nachkäme, bedarf keiner Versicherung. Wenn in diesem Sinne Thatsachen reden, so werden wir es gern anerkennen, geheime Sendungen machen jedoch keinen Eindruck auf uns. — Afrika. Aus Somaliland verlautet, daß die an fangs mit ko großer Eile in England betriebenen Rüstungen gegen deu Mullah vorläufig vergeblich gewesen sind. Wie der „Mor- ningvost" aus Aden gemeldet wird, halten die Spitzen der Mili tärbehörden in Aden einhellig dafür, daß die Jahreszeit für eine nachdrückliche Wetterführung de» Feldzuges in Somaliland jetzt, da die Regenfälle aufgehört haben, vorbei ist. Bi» zum August werde kein wirksamer Vormarsch möglich sein und bi« dahin wahr scheinlich, abgesehen von der Verstärkung der militärischen Statio nen, nicht« unternommen werden können. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 2. Dezember. Einen echten Kunstgenuß bot gestern Abend die Gesellschaft Erholung ihren Mitgliedern und Gästen in dem durch Frl. Emilia Cairati und die Herren vr. Arturo Bossi und Alfredo Cairati auSgeführteu Concert. Die Clavierstücke wurden meisterhaft durch Herrn Cairati vorgctragen, der auch die Gesangsstücke begleitete ; letztere, in der so überaus wohlklingenden italienischen und zum Theil in französischer Sprache gesungen (der Text mit deutscher '.lebersetzung war dem Programm beigegeben), wurden ebenso wie jene stürmisch applau- dirt. Da» Programm enthielt u. A. Arien, Romanzen und Duette au» den Opern „Cavalleria rusticana", „Aida", „Fra Diavolo", „Mignon" und „Carmen". Eine für uns Deutsche säst unbegreifliche Zungenfertigkeit bewies Herr I)r. Bossi im Vortrag einer Rossinischcn Tarantella. — Nach Beendigung de« Concert« hielt ein flotte« Tänzchen die Zuhörer noch lange bei sammen. — Eibcnstock, 3. Dezember. Am Montag Nachmittag ereignete sich auf einem Grundstücke der inneren Auerbacherstraße ein schwerer Unglücksfall, indem ein mit Reparaturarbeiten beschäftigt gewesener I8jähriger Dachdeckcrgchilfc von dem zwei stöckigen Hause in den Hosraum hcrabstürzte, wobei er sich den Bruch beider Unterschenkel zuzog Da« Unglück ereignete sich während de» Hereinnehmens der Leitern nach beendeter Reparatur. Der Bedauern»werlhc wurde sofort nach dem Krankenhause über führt. Sein Befinden ist den Umständen nach zufriedenstellend. — Schönheide. Am Dienstag früh in der 3. Stunde ist auch noch da» alte Armenhau« dem Feuer zum Opfer ge fallen. Die Scheune aber, in welcher am Freitag ein Brandherd entdeckt worden war, ist diesmal stehen geblieben. Da« Gebäude war vollständig leer u. gehörte jetzt dem Fleischermstr. Schumann. Wie wir hören, soll eine Verhaftung stattgefunden haben. Fuß spuren nach und von der Brandstelle über Felder und Wiesen weg haben dabei zum Anhalte gedient. — Morgenröthe-Rautenkranz. In der letzten Schulvorstanvssitzung wurde Herr Gemeinde-Vorstand Gnüchtel als Vorsitzender und Herr Gemeinde-Aeltcster Fabrikbesitzer Neubcrt als stellvertretender Vorsitzender gewählt. Ferner wurde da« gesetzliche Grundgehalt der hiesigen ständigen Lehrer um IbO Mk. erhöht. — Der hiesige Erzgcbirgsverein hat den Bau eines neuen Flußbade« beschlossen. — Schwarzenberg, 2. Dezember. Wie der „Erzgeb. VolkSsr." aus zuverlässiger Quelle hört, geht Herr Amtshaupt mann vr. Krug von Nidda mit l. Januar 1903 in gleicher Eigenschaft nach DrcSden-A. — Die Kunde von dem Scheiden des trotz seiner verhältnißmäßig kurzen Wirksamkeit im hiesigen Bezirk allverehrten Herrn Amtshauplmann« wird überall mit aufrichtigstem Bedauern vernommen werden. — Schwarzenberg, I. Dezember. Am Sonntag Nach mittag von 2 Uhr an hatten sich, einer Einladung des konservativen und de« nationalliberalen Vereine» folgend, gegen löO Ver trauensmänner au« dem westlichen Theile des 2l. Reichstags wahlkreise« im Saale de« Rathskeller« eingefunden, woselbst sich in einer Bertrauensmännerversammlung der Nationalliberale, Herr Fabrikbesitzer Rehwoldt-Leipzig als Kandidat der Ord- nungsparleien für die nächstjährige Reichstagswahl vorstellte. Die Betheiligung wäre gewiß eine weit größere gewesen, wenn die Zugsverbindungen gestattet hätten, die Ab haltung der Versammlung auf einen späteren Zeitpunkt anzu beraumen. Die Versammlung, der auch Herr AmtShauptmann Krug von Nidda beiwohnte, wurde vom Vorstand de« konservativen Vereines im Obererzgebirge, Herrn Fabrikant Kommerzienrath Kaiser- Annaberg geleitet. 'Nach kurzen BcwillkommnungSworten au die Erschienenen wurde ein Hoch auf Ihre Majestäten Kaiser Wilhelm II. und König Georg ausgebracht. Der Herr Vor sitzende legte sodann dar, daß auf Grund des bisherigen Besitz standes die Nationalliberalen das Recht der Kandidatcn-Nomi- nirung besäßen. Diese hätten zunächst im Wahlkreise selbst Um schau gehalten, dort aber den geeigneten Mann nicht gefunden, dagegen in Leipzig in Herrn Fabrikbesitzer Rchwoldt, den er, Redner, hiermit der Bertrauensmännerversammlung verstelle. Von konservativer Seite sei dieser Kandidatur zugestimmi worden, ebenso vom Bunde der Landwirthe, und auch von deutsch freisinniger Seite liege eine Erklärung vor, welche besagt, diese Partei werde den Socialdcmokraten keine Stimme geben. Von der deutschsocialen Reformpariei steht eine Erklärung noch au», doch sei zu hoffen, daß diese nicht durch eine Sonderkandidatur Uneinigkeit in den 21. ReichSIagSwahlkreiS bringen und damit die SicgesauSsichten für den gemeinsamen Gegner, die Social demokraten, fördern werde. Bei der Wahl de« Kandidaten war der Hauptwunsch: einen Mann der Industrie al» solchen zu finden. Da« sei also gelungen und man sei der Ueberzeugung, in ihm thatsächlich den geeignetsten Mann zur Vertretung de» Kreise» gesunden zu haben. Die Kandidatur sei aber noch kein Mandat; bis zur Erreichung de« letzteren bedürfe e« noch schwerer Kämpfe, Ausdauer und Arbeit. Ein Jeder sollte Streiter im Kampfe sein. Die Eindrücke, die die BersammlungSbcsucher heute gewinnen, sollten sic mit hinausnehmen in die Kreise der Wähler, um den Boden für die Rehwolbt'sche Kandidatur zu ebnen. Der Vorsitzende erwähnte die beschämenden, tieflraurigen Ereignisse der letzten Zeit! Einer der edelsten besten Deutschen sei in den Tod getrieben worden; im Reichstage habe e» Skandalvorgänge gegeben, wie glücklicherweise noch nie zuvor. Veranlaßt wurden sie dadurch, daß die Minderheit versuchte, die Majorität in ihrer Arbeit lahm zu legen. Da» Tafcltuch zwischen sich und den Socialdcmokraten müsse jeder deutsche Mann entzweischneiden, geeinigt aus nationalen Grundsätzen müsse in den Wahlkampf cingetreten werden, dann könne der Sieg nicht ausbleiben. Nunmehr ergriff der Kandidat der OrdnungSparteien Herr Fabrikbesitzer Rchwoldt Leipzig das Wort und gab zunächst die Zusicherung, daß er, wenn ihm durch da» Vertrauen der Wähler schaft da» Mandat zusallcn sollte, bereit sein werde, nach ganzen Kräften und mit bestem Gewissen seine Pflicht zu thun. Daß die Kandidatenwahl auf ihn fallen konnte, habe wohl darin seinen Grund, daß die Industrie im ganzen deutschen Reiche die gleichen Interessen habe. Er, Redner, habe in Aue und Annaberg schon über den Zolltarif gesprochen, denn dieser sei die Frage, die jetzt da« ganze deutsche Volk bewegt. Auch heute wolle er wieder davon sprechen, aber nicht in gleicher Weise. In Aue seien von ihm die allgemeinen Gesichtspunkte dargelegt worden, weshalb