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Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdors und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Leid und Garten", „Tpiel und Tport" und „Deutsche Mode". Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Mr die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in <öroß-Dkrilla. Die „<vt!en)orfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Annahme von Inseraten bi, vormittag w Uhr. Inserate werden mit w ps für die Sxaltzeilr berechnet Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Nr. 128. Mittwoch, den 26. Oktober 1904. 3. Jahrgang. Bekanntmachung. DK Kemeinderechnungen für 1903 liegen von heute ob 4 Wochen im Gemeindeamt (Kasse) während der üblichen Geschäftszeit zur Einsichtnahme aus, was hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht wird. Vttendorf-Morihdorf, am 25. Oktober 1904. Der Gemeindevorstand. Lincke. Oertliches und Sachliches. Vttendorf-Nkrilla, rs. Vktober 190^. — Die Vorstellungen der zur Zeit hier im Gasthof zum Hirsch gastierenden Theater« gesellschaft finden eine allgemeine freundliche Aufnahme. Wer mit nicht zu hoch gespannten Erwartungen und in der Absicht, einen Abend angenehm zu verbringen die Vorstellungen be sucht, wird nicht unbefriedigt sein. Die Sonntagsvorstellung mußte des Konzertes wegen -aussallen und findet die nächste 'Vorstellung Mitlwoch statt. Wir wünschen (besten Erfolg und verweisen wegen des Näheren auf den Inseratenteil. — Das große Los im Betrage von 500 000 Mark, der höchste Hauptgewinn unserer sächsischen Landeslotterie ist am Montag II Zichungstage der gegenwärtig spielenden 146. Landeslotterie auf die Nummer ,'45338 in die Kollektion von Heyser in Leipzig ge fallen. An großen Hauptgewinnen sind dem nach in dieser Klasse die 200 000 Mark und der obengenannte Treffer gezogen worden Für die noch restierenden sieben Ziehungslage, die gegenvärtige Lotterie spielt nur noch bis mrit Mitwoch den 2. November, verbleiben noch mls höchste Hauptgewinne die Prämie von -3OOOOO Mark, welche bekanntlich erst am letzten Zkhungstage auf den lctzgezogenen höchsten Hauptgewinn fällt, sowie ein 150000-Mark Gewinn und dann noch die IvovOO Mark. — Mit Nückstcht auf die während der letzten Wochen erfolgte Rekruteneinstellung ist erneut darauf aufmerksam gemacht, daß ein Brief an einen Angehörigen bis zum Feldwebel aufwärts portofrei von der Postverwaltung befördert wird wenn dieser in der linken Ecke den Vermerk trägt: „Soldatcnbrief! Eigene Angelegenheit ^ea Empfängers!" Ist bei einer Postpaket- Ao "sie derselbe Vermerk an der bezeichneten Stellt angebracht, so tritt bei der Sendung ebenso^ eine Porto Ermäßigung ein, sodaß für derartig bezeichnete Pakete bis zum Gewicht von drei Kilogramm nur 20 Pf. Porto und bei Postanweisungen bis 15. Mark. Ein zahlungen .nur 10 Pf. zu entrichten sind. Für alle drei Arten von Postsendungen ist die porto ermäßigende Bezeichnung eine gleichmäßige, d. h. die oben schon .erwähnte. Unrichtig ist die An nahme, daß bei den Postpaketen die betreffende Bezeichnung dem Inhalte der Verpackung ent sprechen muß. Richtig allein ist „SoldatcnbriefI Eigene Angelegenheit des Empfängers!" gleich gültig, ob die Sendung Brief, Paket oder Post anweisung ist. — Singende Postkarten sind das neueste deS neuen. Die Karten, welche von der Reichs post zur Beförderung zugelassen sind, tragen eine dünne Platte in ihrem Innern, der unter Zuhilfenahme geeigneter Apparate, ähnlich wie -aus einem Phonographen Töne und Worte, ldie ihr einverleibt wurden, entlockt werden -können. Die erforderlichen Apparate sind für -wenige Mark zu haben. Moritzburg. Das Außfischen des Mittcl- teiches halte ein sehr zahlreiches Publikum an gelockt. Sowohl die Residenz als auch Meißen Großenhain, Weinböhla, Kötzschenbroda und viele andere Orte der nähern und weiteren Umgebung waren vertreten. Das Ergebnis der mehrfachen Fischzüge war ein sehr zu friedenstellendes und die'Nachfrage war lebhaft Hecht wurde mit 60 Pfg., Karpfen mit 75 Pfg. und Schleie mit 120 Pfg. das Pfund verkauft. Die reichste Ausbeute wurde in Karpfen gemacht. Es waren meist starke Fische im Gewicht von 5 bis 6 Pfund. Dresden. Das Strafverfahren gegen den Mörder der Witwe Danneberg in Vorstadt Plauen, den Arbeitöburschen Lehmann, ist ein gestellt worden. Lehmann wurde in einer Irrenanstalt untergebracht. — Eine am Sonnabend abend im Ballhause Bautzner Straße abgehaltene von nahezu 1000 Personen besuchte sozialdemokratische Volksversammlung ist polizeilich aufgelöst worden. Devals Referent erschienene Reichstagabgrordnete Kaden hatte bei Besprechung des Themas: „Der Klassenkampf des Proletariats" auch das sächsische Dreiklassenwahlrecht mit berührt und scharfe Redewendungen gebraucht, die zur Wortentziehung von feiten des überwachenden Polizeibeamten führten. Von dieser Seite wurde auch gegen die Erteilung des Schlußwortes an Kaden Eim spruch erhoben, wogegen die Versammlung durch lautes Schreien zu gunsten Kadens demonstrierte. Dies veranlaßte den Ueberwachenden, schließlich, die Versammlung aufzulösen. Weinböhla. Am Sonntag früh ^4 Uhr brach im Grundstücke des Gutsbesitzers Herm- Schlechte auf bis jetzt noch unaufgeklärte Weise Feuer aus, das, durch Stroh- und Futter vorräte genährt, schnell nm sich griff. Infolge der Windstille und des Eingreifens der hiesigen Feuerwehr sowie der Noch herbeigeeilten Wehren aus der Nachbarschaft konnte der Brand auf ein Nebengebäude beschränkt und das an grenzende Wohnhaus erhalten werden. Der Steigerführer Grahl brach bei Rettungsversuchen in die fast siedende Jauchengrube und ver brannte sich so, daß er ärztliche Hitfe in An spruch nehmen mußte. Bei den AufräumungS- arbeiten stürzte der Hornist Schäfer einen Stock herab und wurde besinnungslos aufgehoben. Meiße n. Allgemeine Teilnahme wendet sich hier der Familie deh Büchsenmachers Ebigt zu dessen 18 jährige Tochter, eine ungewöhnlich hübsche Erscheinung, sich vor etwa 14 Tagen beim Auspacken einer Waffensendung durch eine versehentlich oder auch böswillig in einem Revolver gelassene Patrone eine anscheinend geringfügige Schußverletzung an der Hand zu- gezogea hatte. Trotz sofort in Anspruch ge nommener ärztlichen Hilfe trat später Blut vergiftung ein, der das liebliche junge Mädchen eine glückliche Braut nach schweren Leiden erlag. — In der Elbe unterhalb der „Geipelburg" wurde die Leiche des dort wohnhaft gewesenen seit zehn Tagen vermißten Weinreisenden Rudolph ausgehoben. Anscheinend liegt Sebst- mord vor, zu dem zerüttete finanzielle Ver hältnisse die Veranlassung gegeben haben mögen. Löbau. Ein Akt großer Roheit ist hier verübt worden. Seit einigen Wochen bemerkte der Stadtgutspäckter Trobisch, daß seine Kühe lahmten und alle Anzeichen von Schmerzen zeigten. Da alle Tiere b'sher vollkommen ge sund waren, konnte man die Ursache dieser Er scheinung nicht ermitteln. Vor einigen Tagen lahmte nun wieder eine Kuh, nnd zwar eine hochträchtige. Trobifch rief nun einen Tierarzt herbei, der sofort konstatierte, daß dem armen Tier, wie vor ihm allen anderen Tieren, tiefe Stiche in die obere Muskulatur der Hinterbeine beigebracht und die Stichwunden durch sorgsames leberdecken mit Haaren bezw. Lehm den Blicken des Besitzers entzogen worden waren. Da der Stall, der unter Leitung des Oberschweizers Weren, dem der Schweizerlehrling Fitze zur Seite stand, stets verschlossen blieb, konnte ich der Verdacht der Täterschaft nur auf diese beiden Genannten lenken. Diese wurden daher verhaftet und in das Amtsgericht eingeliefert. Belastend für den Oberschweizer ist der Umstand daß ihm seine Stelle vor sieben Wochen ge- ündigt worden ist und die Verletzungen der Kühe bis auf etwa vier Wochen znrückreichen. Sayda. Am Sonnabend Abend wurde der Stadtwachtmeister Hermann Pieper wegen Unterschlagung ins Gerichtsgefängnis eingeliefert. Wallbach. Der Anstifter des Brandes der Kirchhübelschen Scheune, die am Montag Nach mittag dem Feuer zum Opfer fiel, ist in einem bei dem Kalamitosen selbst bediensteten, aus Flemmingen gebürtigen 13jährigen Dienstjungen ermittelt worden. Der Junge gibt an, er hätte der zufällig am Montag in Wallbach statt findenden Feuerlöschübung zugesehen und gern die Feuerwehr bei einem wirklichen Feuer arbeiten sehen wollen; er habe daher Feuer in der Scheune angelegt. Da die Feuerwehr in der Nähe gewesen sei, habe er gedacht, das Feuer würde gleich wieder ausgelöscht werden Werdau. General Stößel, der Verteidiger von Port Arthur, besitzt in der Buchbinder meisters-Ehefrau Elstner eine Verwandte. Stößel ist bekanntlich ein geborener Deutscher und ehe- mal'ger Ingenieur. Er wanderte nach Rußland aus und trat dort beim Militär ein, wo er es bis zum General gebracht hat. Plauen i. V. Sämtliche elf Spitzenfirmen wurden auf der Weltausstellung in St. Louis mit Preisen ausgezeichnet. Sechs Firmen er hielten den Grand Prix zwei goldene Medaillen, zwei silberne und eine die brozene Medaille. — Die bayerische Grenzstadt Waldsaffen wurde durch eine Feuersbrunst heimgesucht, welche 20 Scheunen mit allen Vorräten und Materialien vernichtete. Infolge Wassermangels ist nichts gerettet würden. Nus der Woche. Abermals, wie nach dem Kämpfen am Jalu und bei Liaujang, ist in Ostasien eine Pause der Erschöpfung eingetreten, und das gibt uns Zeit unsre Blicke nach einem andern Kriegs schauplätze zu lenken, wo fast zehntausend deutsche Landeskinder ihr Leben riskieren, um das An sehen Deutschlands wieder herzustellen. Plötzlich unvorhergesehen hatten sich die Hereros in Deutsch - Südwestafrika gegen die deutsche Schutzherrschaft erhoben und in ihren Aufstand mit dem Hinmorden von Farmen und Händlern eingeleitet. Mögen die Beweggründe der Rebellionen welche immer sein — unter keinen Umständen durfte sich das Reich diese Schand taten ruhig gefallen lassen. Die Bestrafung der Schuldigen war es seinem Ansehen, dem Hinterbliebenen der Ermordeten und auch der gesamten zivilisierten Welt schuldig, die sich an der Erschließung Afrikas beteiligt. WaS der einen europäischen Nation da unten h»ute ge schieht. das kann der andern morgen geschehen und wir haben schon gesehen, daß das Ent kommen des größten Teils der Hereros vom Waterbcrge den Ovambos Mut gemacht hat, eine Kolonne portugiesicher Soldaten hinterrücks zu überfallen und 300 Mann von ihr nieder zumachen. Hätte nicht das mörderische sRingen im Osten das allgemeine Interesse für sich fast ganz in Anspruch genommen — wir wären öfter erschreckt über die Dinge, die sich in Süd westafrika abspielen. Der fürchterlichste Feind unsrer armen Truppen ist dort das Klima. UeberauS zahlreich sind die Todesfälle und wir werden uns erinnern müssen, daß eine ganze Komp mie, bei der diese Krankheit herrschte, von den übrigen abgesondert werden mußte, uni die Ansteckung zu verhindern. Trotzdem bringt der Telegraph oft genug noch die Kunde, daß der oder jener Brave dem Typhus erlegen sei. Eine fernere übergroße Schwierigkeit der Lage besteht darin, daß alle Bedürfnisse unsrer Truppen — fast ausnahmelos alle— aus der Heimat nachgesandt werden müssen und daß die Landungsverhältnisse in Swakopmund die elendesten sind. Die Mole, die man schon vor Jahren dort mit vielen Kosten errichtet bat, droht ganz zu versanden und die Ausschiffung unsrer Truppen, Pferde Munition und Ver pflegung in der benachbarten englischen Walfischbai begegnet diplomatischen Schwierig keiten, die dem schmierigen und neidischen Ver« halten Englands ihren Ursprung verdanken. Man scheint sich jetzt in Kapstadt und London dafür rächen zu wollen, daß das deutsche Volk über die Niederwerfung der Buren durch die Engländer nicht gejubelt, daß es vielmehr fort gesetzt seine Sympathie für das schwächere, aber heldenhafte stammverwandte Volk der Buren bekundet hat. Es gibt nun bei uns zulande Ueberkluge genug, die die Dinge in Deutsch- Südwestafrika nicht besprechen können, ohne der Leitung unsrer Truppen etwas anzuhängen, weil dieselbe nicht mit einem Schlage alles er reicht hat, was erreicht werden muß. Diese Leute wollen nicht einsehen, daß erreicht ist, was erreicht werden konnte. Das Land ist unsern Führern so gut wie unbekannt; die zu bekämpfenden Hereros sind dort zu Hause und kennen jeden Schlupfwinkel, jede Wasserstelle. Unsre Führer waren W.tbois, die nun selber einen Aufstand begonnen haben! Wir haben dieser Tage gehört daß General v. Trotha nunmehr sämtliche Witboiführer hat entwaffnen und nach Swakopmund bringen lassen. Unsre Truppen sind jetzt also so gut wie ohne des Landes kundige Wegführer; damit ist eine neue große Schwierigkeit geschaffen, die die Be wegungsfähigkeit unsrer Schutztruppen lähmt. Der Hererokrieg kostet uns viel, sehr viel. Er hat schon das Leben von mehr Offizieren ge fordert, als jdie Chinawirren, und seine Kosten werden selbst von vorsichtigen Sachverständigen auf rund 200 Milionen veranschlagt. Da drängt sich denn doch die Frage auf, ob die aufgewandten Opfer nicht die zu erwartenden Vorteile übersteigen. Deutsch-Südwestafrika ist uns bisher von keiner Seite als ein Land ge schildert worden, darinnen Milch und Honig fließt. Wenn überhaupt je, so wird es doch lange, lange dauern, bis wir von den Kosten irgendwie erkleckliche Summen zurückerhalten werden- Daß sich Deutschland ganz aus dem Lande zurückziehen und dasselbe seinem Schick sale überlasten solle, ist eine Forderung, deren Erfüllung eine kolossale, kaum je wieder gu:- machende Blamage Deutschlands bedeuten würde. Davon kann also gar keine Rede sein. Etwas andres aber wäre es, wenn sich die als not wendig erkannten Reformen auf diejenigen Distrikte beschränkten, in denen sich bisher Farmen befanden, und auch der militärische Schutz diesen Gebieien allein zu teil würde, statt er über ein wegeloses Gebiet von der doppelten Größe des Deutschen Reiches verzettelt würde. Das Oberhoheitsrecht, die Schutz herrschaft Deutschlands könnte dabei bestehen bleiben und eine Amnestie fik die begangenen Verbrechen der Hereros und den Treubruch Witbois brauchte nicht einzutreten. Um das engere Kolonisationsgebiet zu schützen, dazu würden einige leichte Forts, wenige hundert Mann Schutztruppen und ein paar Dutzend Maschinengewehre genügen. Dann aber ver meide man die Fehler, die beim ersten Kolonisationsanlauf gemacht worden sind und behandle die Farbigen menschlich, so daß ihnen die Herrschaft der Weißen angenehmer erscheint als ihr Leben in der Ungezwungenheit der Wildnis. Man kommt daher vielleicht lang samer, aber um so sicherer zum Ziel und spart die ungeheuren Opfer an Geld, das wir auch bei uns zulande ganz gut gebrauchen können, und die vielen kostbaren Menschenleben, die dahingeopsert werden, ohne der großen Sache wesentlich zu nützen,