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und Anzeiger für das Erzgebirge v-ra>ttv^-.cher^a?.-.r wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntaasblatt. „ vru-k unk, r,l.a: Für di. Inserate v^n.wortlich: Kuer vrus«. unü Um«z,.v«IrM».N lvslter Isriur Sprechstunde der Reduktion mit Aus,mH,ne der Sonntage nachmittags von 4—5 Uhr. — Telegramm-Adresse: Tageblatt Aue. — Fernsprecher in Aue i Lrm'b beide in Aue i. Lrzgeb. Für unverlangt cingesandte Manuskripte kann Gewähr nicht geleistet werden. Bezugspreis: Durch unsere Loten frei ins Haus monatlich 5o s«g. Bei der Geschäftsstelle abgeholt monatlich 40 psg. und wöchentlich >o Psg. — Lei der Post bestellt und selbst abgcholt vierteljährlich i so Mk. — Durch de» Lricjträger frei ins Haus vierteljährlich Mk. — Einzelne Nummer >n psg. — Deutscher Postzeitungs katalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, nut Ausnahme von Sonn- und Feiertagen. Annahme von Anzeigen bis spätestens g >/, Uhr vormittags. Für Aufnahme von größeren Anzeigen an bestimmten Stellen kann nnr dann gebürgt werden, wenn sie am Tage vorher bei uns cingehen. Insertionspreis: Die siebengespaltene Aorpuszeile oder deren Raum io psg-, Reklamen 25 psg. Bei größeren Aufträgen entsprechender Rabatt. Vies« Urrirrnrrr «rnkagi 6 Das WlchriM vsm Lag- .Jn der g c st r i g e n Sitzung der W a h l r e ch i s d e p u - tation der zweiten sächsischen K a m m e r wuide der g ru n d l eg e u d e ß 10 (Teilung dr Wihlbe- rechligten in zw.i Klassen) mit 13 gegen 10 Stimmen angenommen. (L. Art. i. Hv l'I.» Der vreußiscbe Landtag wurde gestern vom Kaiser mit einer T h r o n r e ü e e rö i f " e t. (S. Art. i. Big) -Graf Zeppelin wird, wie verlautet, erst morgen, am Donnerstag aufsleigen. (S. Art. i. Big.) In parlameii arischen Kreisen Beilins sind Gerüchte von dem bevorstehenden R^i ck i r i l l des preußischen Kultusministers Dr. Holle veibriiic.'. G Bei dem Ta i f u n in T s ch a n t s ch o u sind insgesamt 2700 Menschen ums Leben gekommen i nd 3000 Häuser zerstört warten. (L. N. a. a. Welt.) Bom ncuett Wahlrecht. Von unserem Dr. L.-Mitarbeiter in Dresden wird uns ge schrieben: Die Regierung hat, wie schon früher gemeldet, aus den von ihr genehmen Beschlüssen der Wahlrechtsdeputation in sofern die Konsequenz gezogen, als sie diese Beschlüsse in ihren eigenen Entwurf hineingearbeitet hat. Am heutigen Mittwoch soll dieser Entwurf vollständig fertig vorliegen. Inzwischen sind aber bereits am Montag in der Wahlrechtsdeputation die ersten, bis 8 34 (8 37 in der Kompromißfassung) reichenden Bogen der nun den Beratungen zugrunde liegenden Vorlage verteilt worden. Die Drucksache ist ganz interessant, da aus ihr einige Bestimmungen ersichtlich sind, die bei der Erörterung bis jetzt einigermaßen in den Hintergrund getreten waren, aber doch von großer Wichtigkeit sind. Aus ihnen ergibt sich nämlich, daß nach der neuen Vorlage auch bei Wegfall der Aenderung der Wahlkreiseinteilung zurAnnahmedesWahlgesetzes «ine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist. Daß es also der Regierung nicht möglich sein würde, ohne die Mit hilfe der Nationalliberalen das neue Wahlgesetz zustande zu bringen. 8 71 Abs. 5 der Verfassung besagt nämlich in der 1868 geschaffenen, heute gültigen Form: Die Abgeordneten hören auf, Mitglieder der Kammer zu sein wenn sie im Staatsdienste angestellt oder befördert werden. — In sachlicher Uebereinstim- mung hiermit heißt es in 8 4 der Kompromißverfassung: wenn sie in ein höheres Amt befördert werden. — In 8 4 des neuen Regierungsvorschlags sind aber die von der Beförderung handelnden Worte gestrichen, es heißt darin lediglich: wenn sie ini Staatsdienste angestellt werden oder in ein besoldetes Hosomt treten. — Tas ist eine deutliche Aenderung des 8 71 Abs. 5 der Verfassung, und zu einer solchen Aenderung ist nach 8 152 Abs. 2 der Verfassung die Anwesenheit von drei Vierteln der verfassungsmäßigen Zahl der Kammermitglieder und die Zustimmung von zwei Dritteln der Anwesenden erforder lich. Es dürfte doch sehr wünschenswert sein, wenn man hier den bestehenden Zustand, der den überall üblichen Gepflogen heiten entspricht, auch fernerhin aufrecht erhalte. Seine Be seitigung würde unseres Erachtens eine ganz entschiedene Verschlechterung bedeuten. An solchen fehlt cs, entgegen der Regierungsoerkllndi- gung, daß niemandem das Wahlrecht entzogen werden soll, der es jetzt besitzt, auch sonst nicht. Tenn 8 8 des neuen Entwurfs (8 16 der Kompromißverfassung) gibt abweichend vom bis herigen Zustande (8 18 des Wahlgesetzes in der Fassung vom 28. März 1896) nur denen das Stimmrecht, die seit minde stens zwei Jahren die sächsische Staatsangehörigkeit besitzen. Es iit also ständig rückwärts revidiert worden. Das Gesetz von 1868 kannte keine Beschränkung hinsichtlich der Wohn- "frist am Orte der Listenaufstellung. Das Gesetz von 1876 sah eine halbjährige Frist vor, die auch im neuen Regie rungsvorschlag enthalten ist, während die Kompromißler sie so gar aus zwei Jahre ausdehnen wollten, und jetzt soll außer der Aufenthaltsfrist auch noch die Bedingung zweijähriger Staats angehörigkeit in Sachsen gestellt werden. Hierzu kommt noch die weitere, ebenfalls der Regierungsabsicht widerstreitende Verschlechterung, daß nach 8 15 des neuen Regierungsentwurfs (8 21 in der Kompromißfassung) nur derjenige wählbar sein soll, der seit vier Jahren die sächsische Staatsangehörigkeit be sitzt und ebenso lange im Königreich Sachsen seinen Wohnsitz hat. Bisher genügte dagegen nach 8 4 des Wahlgesetzes vom 3. De zember 1868 der dreijährige Besitz der sächsischen Staatsange hörigkeit allein. Das sind drei wesentliche Verschlechterungen, die — abgesehen von der unsinnigen Stimmenhäufung und der völlig verfehlten Wahlkreiseinteilung — allein schon den neue sten Negierungsentwurf unannehmbar machen. Man hat sie aber gegenüber den anderen Einwänden gegen das Reformgesetz anscheinend übersehen, und deshalb sei hier nochmals ausdrück lich auf ihre Bedeutung aufmerksam gemacht. Ueber den Wahlakt selbst enthält der neueste Regierungsentwurf die folgenden Bestim mungen: Jeder Stimmzettel ist von dem Wähler in einem mit amtlichem Stempel versehenen Umschläge abzugeben, der kein sonstiges Kennzeichen haben darf. Diese Umschläge sollen 12x18 ciu groß und aus undurchsichtigem Papier hergestellt sein. Sie sind in der erforderlichen Zahl und Art bereit zu halten. Jedem Wähler ist je ein solcher Umschlag an der Wahl stelle durch ein Mitglied der Wahlkommiffion auszuhändigen. Außer dem zur Aufnahme des Stimmzettels bestimmten Um schläge ist jedem Wähler in einem weiteren Umschläge, welcher verschlossen und mit dem Namen des Wählers und seiner Nummer in der Wählerliste versehen ist, eine Gruppen marke zu verabfolgen. Durch diese Eruppenmarke, die von dem Wähler auf den von ihm abzugebenden Stimmzettel zu kleben ist, wird nachgewiesen, ob der Stimmzettel von einem Wähler der Gruppe -p (Erundstimmen und Zusatzstimmen) oder der Gruppe L (nur Erundstimme) abgegeben worden ist. Aus die für die Wähler der Gruppe -L bestimmten Marken ist der lateinische Buchstabe .-X, auf die für die Wähler der Gruppe 1! bestimmten Marken ist der lateinische Buchstabe L gedruckt. Die Marken der beiden Gruppen sollen durch die Farbe deutlich von einander unterschieden sein. (Einfacher wäre es doch, der Gruppe U gar keine Marke zu geben.) Der Wahlberechtigte, der seine Stimme abgeben will, nimmt den zur Aufnahme des Stimmzettels bestimmten, amtlich abge stempelten Umschlag und den mit seinem Namen versehenen, die Truppenmarke enthaltenden Umschlag entgegen, nachdem er zuvor seinen Namen genannt und sich auf Verlangen über seine Person ausgewiesen hat. Er begibt sich sodann in den Nebenraum oder an den Nebentisch, öffnet dort den die Marke enthaltenden Um schlag, nimmt die Marke heraus, klebt sie auf den von ihm ab zugebenden Stimmzettel, steckt diesen unbeobachtet in den zur Aufnahme des Stimmzettels bestimmten Umschlag, tritt sodann an den Tisch des Wahlvorstandes, nennt nochmals seinen Namen, weist sich auf Verlangen auch nochmals über seine Person aus und legt, nachdem sein Name in der Wählerliste aufgefunden worden ist, den seinen Stimmzettel enthaltenden Umschlag per sönlich in die Wahlurne. Wenn die Wähler selbst so umständlich sind, wie diese wört lich dem neuen Regierungsvorschlag entnommene Beschreibung, dann kann die Sache wirklich gut werden! Auf dem Felde der Ehre Novellette von A. Hinze. Nachd'.-ick ^e.buen. , Die bange Nacht ist nun herum, Wir reiten still, wir reiten stumm , Und reiten ins Verderben. Wie weht so scharf der Morgenwind! i Frau Wirtin noch ein Glas geschwind Vor'm Sterben! i Dem Liebchen — doch das Glas ist leer, Die Kugel saust, es blitzt der Speer — , Bringt meinem Kind die Scherben! Auf! in den Feind wie Wettcrschlag! O Reiterlust, am frühen Tag Zu sterben! klang cs aus voller, aus ganzer Seele vom Flügel her. Die Gesellschaft war wie elektrisiert. Man umringte den Sänger, einen jungen Offizier, der im Mittelpunkt des Interesses stand. Wolf von Tresow war zur deutschen Schutztruppe kommandiert und dies der letzte Abend vor seiner Abreise nach Afrika. Das Fest war eine Abschiedsfeier zu Ehren des Leutnants, der Fest geber ein entfernter Verwandter Tresows und Schwiegerpapa in spe. Es war ein offenes Geheimnis, daß Wolf und Helene von Tresow ein Paar werden, das Fest mit der Verlobung der Leiden endigen würde. Durch die feenhaft erleuchteten Räume flutete das Gesell schaftsleben — glänzende Uniformen, ordenbesäte Fracks, duf tige Toiletten und knisternde Seidenroben. Eine schwüle, von Blumen- und Parfümduft durchtränkte Luft; das Arom von Wein: Diener «tuf leisen Sohlen und durch das Knallen der Champagnerpfropfen hier ein pikantes Bonmot, dort ein paar geistsprühende Worte. Das Wehen von Fächern und das Lachen dahinter so diskret-verführerisch. Vielleicht stand vor der Seele Wolf von Tresows, der mit ernster Stirn in einer Fensternische lehnte, ein Bild anderer Art —: Nach langer Meeresfahrt ver setzt auf einem Boden, wo die Kultur noch in Kinderschuhen ging. Jeder Tag Entbehrung, Gefahr, Kampf, inmitten afri kanischer Wildnis, doch auch hier — das Feld der Ehre. Viel leicht war es auch anderes, was ihm die Stirne krauste, geweckt durch ein paar Worte —: , Dem Liebchen — doch das Glas ist leer, Die Kugel saust, es blitzt der Speer — Bringt meinem Kind die Scherben! Ein Fächerschlag traf die Schulter des Sinnenden. Wolf — folge mir in den Wintergarten! flüsterte eine etwas zu voll tönende Stimme. Eine Verneigung antwortete der jugendlichen Befehlshaberin, deren Schritt sich bereits im Schwarm der Gäste verlor. Aber die Falte aus Tresows Stirn hatte sich vertieft, und sein Fuß trat so zornig den Boden, daß die Sporen er klirrten. Seine Befehlshaberin — ja, das war Helene von Tresow bereits gewesen, als er noch Kadett war und die Ferien im Hause ihres Vaters verlebte. Als letzter Sproß einer ver armten Linie der Tresows, verdankte er es allein der offenen Hand des Oheims, daß er die Offizierslaufbahn hatte wählen dürfen. Damit war sein heißester Wunsch erfüllt; daß er ihn mit Zinsen bezahlen mußte, ward dem Kadetten erst klar, als der Oheim ihn während einer Tafelrunde lachend als seinen zu künftigen Schwiegersohn präsentierte. Noch glaubte der Er schrockene an einen Scherz des Oheims; allein das ausgesprochene 'Wort verfolgte ihn und machte ihn der damals im Backfischalter stellenden Helene gegenüber frostig, die ihrerseits den ganzen Despotismus ihrer 14 Jahre an ihm erprobte. Das eigenwillig«, verwöhnte Kind war ihm förmlich antipathisch und die Er blühte, die er einige Jahre später in ihr wiedcrfand, und die ein Gemisch von Autorität und überwallender Zärtlichkeit für ihn hotte, war es nicht minder. Als Tresow zuerst die Offi- zicrsepaulettcn trug, hatte der Oberst eine gchcinie Unterredung mit ihm, darin er dem Neffen eröffnete, daß er ihm die Hand Helenens zngedacht habe, und da er keinen Sohn besitze, ihm s somit dereinst sein großes Vermögen zusallcn würde. Er rede Uber die Sache jetzt schon, um etwaige Jugendtorheiten zu ver hindern, wünsche indes, daß die Verlobung erst offiziell werde, wenn der Neffe zum Oberleutnant befördert sei. Dies war jetzt erfolgt, gleichzeitig aber auch das Kommando zur Schutztruppe auf zwei Jahre. Eine Weigerung Tresows gegen den Plan des Oheims konnte bei der Dankbarkeit, die er diesem schuldete, nicht in Frage kommen, — Sterben, auf dem Felde der Ehre! war der irre Wunsch, der um eines Herzschlags Dauer den Ober leutnant beseelte, als er jetzt die Glastüren, die zum Winter garten führten, öffnete. Endlich! tönte es ihm entgegen. Durch den gewölbten Glas himmel sahen die Sterne; schlanke Palmen breiteten ihre fein- fiedrigen Blätterwedel aus; rotblühende Akazien; hohe Farren; hier ein Moosteppich, dort buntfarbiger Kies, und in der Stein grotte, wo zartfarbige Chrysanthemums nickten, eine junge, sehr üppige Mädchengestalt, ein Gemisch von llebermut und Zorn auf dem vollen Gesicht. Ich begreife deine Rücksichtslosigkeit nicht, Wolf! Bin ich etwa nicht jung und begehrenswert? wie mir der Herr Oberst heute mit nicht mißzuverstehenden Blicken versichert hat!? Nur du scheinst kein Auge hierfür zu haben! Vielleicht hat Gewohnheit — unsere lange Bekanntschaft — dich abgestumpft dagegen! Jedenfalls denke ich, wirst du als ein feurigerer Verlobter wiederkehren, als du weggehst, denn Tren nung facht die Flamme der Liebe an. Ach, Trennung —. Cie war aufgesprungen, hatte ihren Arm um seinen Nacken ge legt und sah ihm zärtlich-herausfordernd in die Augen. Sag', Wolf, — ihre Hand legte sich auf die Stelle, wo unter der Uni form das Herz schlug — fühlst du garnichts für mich? Ruhig, ruhig, mein Freund, mit leeren Ausflüchten kommt man bei mir nicht weit! Jedenfalls werd« ich nicht die Frau sein, die andere Gottbeiten neben sich duldet! Gestehe — wie viele host du bis jetzt auf dem Sündenregister, denn ihr Leutnants seid ein win diges Volk! Eine kleine Handschuhmacherin, eine Ballettratte, oder —. Mit einer zornigen Bewegung entzog er sich ihrer Um armung: Ich verweigere die Antwort, Helene! — Nachdenklich streifte ihr Blick seine erbleichte Stirne. Eh bien, ich will