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Belehrung und Unterhaltung. Nr. Dresden, den 26. Oct ober igis. 82. Abdallah und Dalsora. Eine m o r g e n l a n d i sch e Erzählung. (Au^ rem Englischen.) .^cr Name Helim's ist noch immer in allen östlichen Theilen der Welt berühmt. Er wird unttr den Persern, bis auf den hcutiaen Tag, Helim, der große Arzt, genannt. Er war mit allen Kräften der Kräuter ver traut, verstand sich auf alle Einflüsse der Gestirne und kannre die Geheimnisse, welche auf daS Siegel Salo- mo's, des Sohnes David's, gegraben waren. He Um war daher der OUraufseher des schwarzen PalastS und der Erste unter den AerzLen deö Alnaresch in, des großen Königs von Persien. Alnareschin war der schrecklichste Tirann, wel cher jemals in diesem Lande herrschte. Er besaß einen furchtsamen, argwöhnischen und grausamen Charakter. Aus ganz unbedeutenden Ursachen der Eifersucht und deö Verdachts hatte er fünf und dreißig seiner Königinnen und mehr ajs zwanzig Söhne, von welchen er glaubte, daß sie sich wider sein Leben verschworen hatten, hinrich- tcn lassen. Müde endlich der Ausübung so vieler Grau samkeiten in ferner eignen Familie, und besorgt/ daß der ganze Stamm der Khalifen völlig aussterben möchte, ließ er einst He Um vor sich kommen und redete ihn also an: „ Helim, sprach er, „ ich habe längst Deine große W isheit und eingezoqenen Lebenswandel bewun- „dert. Ich will Dir jetzt einen Beweis des unbeschränk ten Vertrauens geben, welches ich in Dich setze. Ich //habe bloß noch zwei Söhne am Leben, welche jetzt nur //noch K:nder sind. Es ist meine Ansicht, dass Du sie tu Dir in Dein Haus nehmen und wie Deine ebenen „ Kinder erziehen sollst. Laß sie in dem demüthigen und „anspruchlosen Trachten nach Kenntnissen aufwachscn. „Auf Uese Art wird das Geschlecht der Khal'fen erhal- „ten werden und meine Kruder mir nachfolgen, ohne „daß sie, wahrend ich noch lebe, nach meinem Throne „ streben. " Die Worte mein 's Herm , des Königs, sollen allenthalben erfüllt werden, erwied rte Hel im. Hierauf verbeugte er sich und verließ des K.nigs Gegen wart. Er nahm daher die Krnder in sein HauS und er zog sie in der Kenntniß der Wissenschaften und der Tu gend. Die jungen Prinzen liebten und verehrten He- Um wie ihren Vater und machten, unter seiner Anlei tung, solche Fortschritte, daß sie in einem Alter von ein und zwanzig Jahren in allen Theilen der morgen ländischen Gelehrsamkeit unterrichtet waren. Der Name des ältesten war Ibrahim und der des jüngsten Ab dallah. Sie lebten zusammen in einer so vollkomme nen Freundschaft, daß man noch jetzt von vertrauten Freunden zu sagen pflegt, daß sie wie Ibrahim und Abdallah leben. Helim hatte ein einziges Kind, welches ein Mäd chen von feiner Seele und großer Schönheit war. Ihr Vater unterließ nichts bei ihrer Erziehung, wodurch sie daS vollkommenste Frauenzimmer ihrer Zeit werden konn te. Da die jungen Prinzen gleichsam abgesondert von der übrigen Welt lebten, so gingen sie häufig mit diesem liebenswürdigen Mädchen um, weiches ihr Vater auf demselben Wege der Wissenschaft und Tugend erzogen hatte. Abdallah, dessen Gemüth sanfter als das sei nes Bruders war, wurde nach und nach so sehr für den Umgang mit ihr eingenommen, daß er nicht leben M