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WchmM für MÄmff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Ml., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne Nummern 10 Pf. Tharandt, Mn. Mknlthn and die UmgtMden. Imlsßlntt Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnscrtionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. No. 57. Freitag, den 18. Juli 189«. Ttonkttrsverfahren. Das Konkursverfahren über des Vermögen d.'s^Braumeisters Friedrich Hermann Dittrich in Herzogrmalde wird nach erfolgter Abhaltung des Schlußtermins hierdurch aufgehoben. Wilsdruff, am 14. Juli 1890. Königliches Amtsgericht. vr OniiAloN. Tagesgeschichte. VonIdem auf 12688065 Mk. festgestellten Betrage'der Besoldungserhöhungen im Nachtragsetat des deutschen Reiches fällt ein Betrag von über 10 Millionen Mk., d. i. etwa fünf Sechstel, allein auf die Reichspost- und Tele graphenverwaltung. Bei der Vertheilung dieser Zulagen, mit Einschluß derjenigen für das diätarisch beschäftigte Post- und Telegraphenpersonal, kommen nicht weniger als 85000 Personen, nämlich 32000 Beamte und 53000 Unterbeawte in Betracht (die Gesammtzahl des Post- und Telegraphenpersonals übersteigt 100000 Köpfe). Bekanntlich war bezüglich der Zulagen u. A. auch der Gesichtspunkt maßgebend, die große Zahl der einzelnen Beamten und Unterbeamtenclassen durch Verschmelzung in größere Gruppen zu verringern. Hiermit ist für eine so umfassende Verwaltung eine große Umwälzung verbunden, seit Wochen herrschte daher bei der obersten Post- und Telegraphenverwaltung die angestrengteste Thätigkeit, um die bezüglichen Arbeiten zu bewältigen ; doch ist, wie die „Nord deutsche Allgemeine Zeitung" bemerkt, unter Ausbietung aller Kräfte eS ermöglicht worden, dieselben so zu fördern, daß die auf die Zulagebewilligungen sich beziehenden Verfügungen bis auf einen kleinen Theil bereits am Tage der amtlichen Ver öffentlichung des Nachtragsetats-Gesetzes an die Provinzialbe hörden haben abgehen können. Zur Frage der Ministerzusammenkünfte theilt die „Mgdb. Ztg." aus Berlin mit: Die Zusammenkunft des Reichskanzlers von Caprivi mit dem leitenden österreichischen Minister, Grafen Kalnoky, war schon vor einigen Monaten in Aussicht genommen; Ort und Zeit sind endgiltig noch nicht festgestellt, obschon es heißt, es sei ein Tag in der zweiten Hälfte des August in Aussicht genommen. Der Umstand, daß der italienische Minister Crispi seine in Karlsbad befindliche Familie besuchen wollte, hatte das Gerücht hervorgkrufen, es würde in dem böhmischen Badeorte eine Zusammenkunft der leitenden Minister der Dreibundstaaten erfolgen; diese Angabe hat indessen keinen thatsächlichen Hintergrund. Wie der „Elberfelder Zeitung" aus Bremen gemeldet wird, hat ter Staatöminister v. Bötticher in Bremen auf Be fragen geäußert, daß weder ein Termin für die Uebergabe der Insel Helgolands an Deutschland, noch ein Ceremoniel für düse Feierlichkeit bestimmt worden sei. Se. Majestät der Kaiser persönlich «erde den Akt überhaupt nicht vollziehen, da die» der Würde eines regierenden Fürsten nicht entspreche. Se. Königl. Hoheit Prinz Heinrich werde die Nebernahme auch dann nur als Prinz des Königlichen Hauses vollziehen können, wenn gleichzeitig die Königin von England auch iherseitS einen Prinzen damit beauftragen würde. Die Details der Uebergabe würden erst während der Anwesenheit des Kaisers in England und nach Rücksprache daselbst mit der Königin Victoria fest gesetzt werden. Die zwanzigjährige Erinnernngsfeier an den deutsch-französischen Krieg wird diesenH:rbst in zahl reichen Kreisen deutscher Patrioten begangen werden. In Thüringen sind die größeren Städte bereits eifrig mit der Einleitung zu den festlichen Maßnahmen beschäftigt. In Jena soll die für das Burschenschaftfest geplante Festhalle auch der Sedanfeier dienstbar gemacht werden. Das badische Land trifft besonders umfassende Vorbereitungen. In Mann heim findet die Frier am 3. August statt und werden an der selben die Kämpfer des Jahres 1870/71 theilnehmen. Der Stadtrath läßt die Soldatengräber auf dem Friedhof schmücken. In Schwetzingen wird um gleiche Zeit ein großer Kriegertag abgehalten werden, zu welchem alle Angehörige des Bezirks, welche den Krieg mitgemacht haben, eingeladen werden. Am 31. August in Kehl der Gedenkstein für den daselbst bei der Belagerung von Straßburg gefallenen Artillerichauptmann von Faber enthüllt werden. Der Kaiser kaufte das ganze Herrengnt Urville, umfassend Schloß, Mühle, die Hofgüter Pont ü Chaussy und Lcsmenils in Lothringen, für 500 000 Mk. Di-Befürchtung, daß die sozialdemokratischeAgi- tation nach Ablauf des Sozialistengesetzes be sonders wüste Formen annehmen werde, hält die „Schlesische Zeitung" vorerst wenigstens für nicht zutreffend. Zur Be gründung dieser Ansicht läßt sich das Blatt folgendermaßen aus: „Die Kassen der Partei sind nach dem eigenen Ein- geständniß der Führer zu erschöpft, als daß die Anfangs in Aussicht genommene Neubegründung sozialistischer Blätter thatsächlich in einigermaßen erheblichem Umfange in Angriff genommen werden könnte. Daß die jetzt bereits bestehenden sozialdemokratischen Blätter nach dem 30. September den vor Erlaß des ersten Sozialistengesetzes in dieser Presse üblich gewesenen Ton wieder anschlagen werden, ist gleichfalls wenig wahrscheinlich. Das Sozialistengesetz hat wenigstens die eine gute Wirkung gehabt, daß sich auch die Arbeiterschaft an eine einigermaßen anständige Schreibweise der von ihr gelesenen und angeblich ihre Interessen vertretenden Blätter gewöhnt hat, so daß die früheren Maßlosigkeiten kaum Beifall bei ihr finden würden; andererseits könnte eine allzu agitatorische Sprache der sozialistischen Presse den Führern der Partei um so eher gefährlicher werden, als sie nach ihrem eigenen Einge ständnisse nicht in der Lage sind, den Arbeitern die Erreichung praktischer Ziele sür die nächste Zeit in Aussicht zu stellen. Aus diesem Grunde soll auch die Agitation in den Versamm lungen, wie die Agitatoren selbst versichern, eine relative maß volle sein. Unter solchen Umständen kann man dem Außer krafttreten des Ausnahmegesetzes bis auf Weiteres ohne allzu große Besorgniß entgegensehen. Die Arbeitgeber aber haben die unabweisbare Pflicht, das wirthschaftliche Uebergewicht, welches die gegenwärtigen Marktverhältnisse ihnen gewähren, zu benutzen und bei allem Wohlwollen gegen ihre Arbeiter zu beweisen, daß sie gewillt sind, der dreisteu Anweisung der von gewissenlosen Agitatoren aufgestachelten Massen mit un beugsamer Entschlossenheit zu begegnen. Nur dann ist es möglich, daß die deutsche Arbeiterschaft zur Besinnung kommt und daß die von der Sozialdemokratie ihr vorgegaukelten utopischen Bilder allmählich ihren Reiz und ihre Anziehungs kraft verlieren. Ein lehrreiches Urtheil über den großen westfälischen Bergmannsstreik findet sich in dem soeben erschienenen Jahresberichte der Handelskammer zu Hagen. Dieser Bericht constatirt, daß der Ausbruch des Streiks auf socialdemokrati- sches Anstiften unter Contractbuch der Arbeiter erfolgte; wie die staatsseitig geführte Untersuchung bewies, waren unter dem Druck langer schlechter Jahre die im Bergbau gezahlten Löhne im Allgemeinen für eine mäßige Lebenshaltung ausreichend. Die Beilegung des Streiks hat in den Bergarbeitern die An sicht hervorgerufen, daß sie durch gut organisirte Streiks in der Lage seien, jede Art von Forderung durchzusetzen, da der Stillstand in der Kohlenförderung gleichbedeutend mit dem Stillstände aller Industrie sei. Die Ansicht hat bei einigen Belegschaften dazu geführt, neuerdings erhöhte Forderungen zu stellen, welche indessen von den Zechen mit Erfolg zurückge wiesen wurden. Wie aus zuverlässigen Veröffentlichen hervor geht, beziehen die Bergleute nunmehr einen durchaus ausreichen den Lohn und es kann daher mit Rücksicht auf die in anderen Zweigen gezahlten Arbeitslöhne nur gebilligt werden, wenn der Lohn der Bergarbeiter nicht weiter ins Ungemeffene ge steigert wird. Nachdem Fürst Bismarck in Friedrichsruh verschiedene auswärtige Journalisten empfangen hat, ist nun auch einem Vertreter der deutschen Presse, Julius Rittershaus, Heraus geber des nationalliberalen „Frankfurter Journals", die Ehre eines Empfanges durch den früheren Reichskanzler zu Theil geworden. Ueber den Verlaus seiner Unterredung mit dem Fürsten Bismarck hat Herr Rittershaus in seinem Blatte einen hochinteressanten Bericht veröffentlicht, dessen auch nur aus zugsweise Wiedergabe an dieser Stelle indessen unmöglich ist. Es sei daher nur hcrvorgchoben, daß sich Fürst Bismarck in der Audienz in äußerst charakteristischer Weise über die ver schiedensten Themata sehr bestimmt und offen verbreitete, so über die deutsche Presse, über sein Verhältnis; zu den National- liberalen, über Finanzminister vr. Miquel, über die nun er ledigte Frage der Kandidatur des Fürsten im Wahlkreise Kaisers lautern-Kirchheimbolanden, ferner über das Sozialistengesetz, über das deutsch - englische Abkommen, über die Arbeiter-Erlasse des Kaisers und die Berliner Arbeiterschutz-Konferenz u. s. w. Die Aeußerungen des Fürsten Bismarck enthalten manches schon Bekannte, doch auch viel Neues und haben sie jedenfalls zur Klärung einer Reihe von Fragen nnd Vorgängen, über welche in der öffentlichen Meinung bislang noch viele wider spruchsvolle Anschauungen verbreitet waren, beigetragen. Nur bezüglich der Gründe seines Rücktrittes beobachtete der Fürst große Zurückhaltung und deutete lediglich an, daß zwischen ihm und dem Kaiser, noch mehr aber zwischen ihm uud seinen Kollegen Meinungsverschiedenheiten bestanden hätten. —Herr Rittershaus ist von Friedrichsruh in dem wehmüthigen Ge danken geschieden — wie er am Schluffe seines Berichtes be merkt — welch' ungeheure Kraft, wie viel Genie, Arbeitslust und Energie in der Einsamkeit von Friedrichsruh verborgen bleiben müsse. Wien. Eine Meldung der „Politischen Korrespondenz" aus Karlsbad versichert auf Grund von Mittheilungen von gut unterrichteter bulgarischer Seite, daß alle Nachrichten von der angeblichen Absicht des Prinzen Ferdinand abzudanken, sowie die Nachrichten von einem Attentate auf Stambulow vollständig erfunden seien. Der Oberhofmeister des Prinzen Ferdinand, Graf Foras, begiebt sich von hier mit zweimonat lichem Urlaub nach Savoyen. — Der „Post" wird ferner gemeldet: Der hiesige bulgarische Agent Ratchevitsch ist aus Karlsbad zurückgekehrt. Er sowie Oberst-Hofmarschall Graf Forß, war zu den Conferenzen des Herzogs Ernst von Coburg mit dem Prinzen Ferdinand zugezogen. Es gilt als ausge macht, daß es sich hierbei ansschließlich um Familienaffairen und Geldfragen gehandelt hat. Die Meldungen französischer Blätter, daß der Herzog Ernst eine Mission vom deutschen Kaiser hatte, und daß Prinz Ferdinand auf dem Punkte stehe, abzudanken, sind nichts als Sensationsmacherei. In London hielt unter den Auspicien des vor Kurze« gegründeten Vereins der „Freude der russischen Freiheit", welche auf eine bessere Behandlung der sibirischen Verbannten hinwirken wollen, der Nihilist Fürst Peter Krapotkin einen Vortrag über „Sibirien". An 20000 Männer, Fraumund Kinder, so führte er aus, gehen jährlich nach Sibirien. Das Gefängntß von Tomsk, wo die Gefangenen vertheilt werden, hat nur Raum sür 1000 Personen, sollte aber 3000 fassen können. 500 Verbannte sind gewöhnlich gleichzeitig krank, das Hospital in Tomsk kann aber nur 260 aufnehmen. Die Sterblichkeit ist deshalb groß. Von Tomsk geht es zu Fuß nach Ost-Libirien. Viele Gefangene schleppen 3 Ketten mit sich. Die Soldaten schlagen die Unglücklichen mit dem Ge wehrkolben, um sie zur Eile anzuspornen. Mehr als 10000 Personen werden jährlich nach Sibirien verschickt, ohne jemals vor einen Richter gebracht worden zu sein. In den Gold gruben wird Tag und Nacht gearbeitet, damit die erforderliche Menge Gold, 13 Centner jährlich, zusammengebracht wird. Im Januar ist die Temperatur in jenen Gegenden durchschnitt lich 54 Grad Fahrenheit unter Null. Die Vegetation besteht fast nur aus Moosen und Flechten. Die Bäume sind sogroß wie Büsche. Fürst Krapotkin schloß mit der Bemerkung, daß von den Versammelten ein Jeder nach Sibirien verschickt werden würde, falls er unter russijcher Herrschaft lebte. Madrid, 15. Juli. In der Provinz Valencia kamen gestern 18 Choleraerkrankungen und 11 Choleratodesfälle vor. Petersburg. In der Stadt Uciany (Gouvernemmt Kowno) sind infolge Brandstiftung 400 Häuser eingeäschert worden. Ebenso ist die Stadt Spierzen (Gouvernement MinSk) größtentheils niedergebrannt. Der Schaden in beiden Städten ist enorm, das Elend groß. Fürst Ferdinand von Bulgarien denki gar nicht daran, abzudanken, wie dies soeben erst wieder eine von gut unter richteter Seite in Sofia kommende Meldung bestimmt versichert hat, er wird vielmehr nach Beendigung seiner Karlsbader Brunnenkur nach Bulgarien zurückkehren. Doch auch die Blättermeldungen, welche wissen wollen, der Bulgarienfürst beabsichtige, sich noch im Laufe dieses Sommers als unabhängigen Herrscher Bulgariens ausrufen zu lassen, dürften nichts al« leere Vermuthungen sein, denn der Koburger weiß selber gut, daß dies ein gewagter Schritt wäre, der ihm und seinem Lande unter Umständen übel ausschlagen könnte. New-Jork. Ein furchtbarer Wirbelsturm hat die Stadt St. Paul (Minnesota) und die benachbarten Seen heimge-