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A-orker Wochenblatt. Mittheiluugeu über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Zehnter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: I Thaler, bei Bestellung des Blattes durch Botengelegenhcit: 2t» Neugrvschen. ^^28. Erscheint Zehen Mittwoch. 9. Juli 184ä. Wirths Kampf mit der Cenfur. (Fortsetzung von >o. 25). Nun entwickelte Wirth in rascher Aufeinanderfolge seine Ansichten, welche mit voller Klarheit eines in sich abgeschlossenen öffentlichen Charakters in der da maligen Zeit nicht ohne den Reiz der Neuheit waren und auf den empfänglichsten Boden sielen. In Be treff der Idee des Widerstandes stützte er sich haupt sächlich darauf, die Opposition muß redlich sein. Dies bezeickncte er näher, indem er schrieb: „Die Opposition ist nothwendig, sie ist so unent behrlich, daß eine konstitutionelle Regierung beinahe versucht werden sollte, darum zu bitten, wenn sie nicht von selbst sich bildete. Allein nur die gemäßigte und verständige, die gründliche und aufrichtige Opposition ist nützlich. Das Wesen derselben besteht darin, 1) daß man, gestützt auf genaue Kenntnis des Zustandes des Landes, den Gang der Regierung beobachtet und überall, wo ein Abweichcn von dem gesetzlichen Wege oder ein Zuwiderhandeln gegen die Bedürfnisse und Interessen der Station bemerkbar wird, tadelnd, war nend und auch lehrend austritt; 2) daß man dabei jedoch ungünstige Lagen und selbst einen gedrückten Zustand des Bölkes der Regierung nur in soferne zu- itchnel, als dieselbe dazu selbst Veranlassung gegeben »der die Mittel der Verbesserung aus Mangel an Einsicht oder an gutem Willen anzuwenden unterlas. sen hat; 3) daß man der Regierung auch Gerechtig keit widerfahren läßt und ihre Verdienste anerkennt; 4) daß man die Vorwürfe und den Tadel gegen die Regierung nicht auf Hörensagen und Vermuthungen, sondern blos auf Lhalsachcn gründet. Sobald die Opposition dagegen Neigung zeigt, die Schranken zu überschreiten, oder die Sache mit Personen zu ver wechseln, sobald sie ferner nicht mehr durch Gemein sinn und Vaterlandsliebe, sondern durch Leidenschaft und persönliche Gehässigkeiten in Bewegung erhalten wird, so stiftet sie unabsehbaren Nachtheil." Solche Gesinnung führte er nun praktisch aus und es gelang glänzend, weil er wußte, was er wollte und stark genug war, zu können, was er wollte. Er tadelte offen eben so die Regierung, als das Volk, eben so die Deputirtenkammer, als die Journale sei ner Partei, sobald er an ihnen ein Unrecht entdeckte Dadurch verschaffte er seinem Blatte und durch dasselbe der Negierung nicht blos gemachtes oder vorgeschmei- cheltes, sondern wahres Vertrauen des Volks und gab dem Kabinet jene Sicherheit zurück, welche es l83S verloren hatte und ohne welche keine dauernde Ver waltung denkbar ist. Durch Erfolge kühner, hob sich das Reichsblatt immer mehr. Nur Schade, daß man nicht gut schrei ben kann, ohne frei, ohne schrankenlos zu sein. Und keine Regierung verträgt sich auf die Dauer mit Schrankenlosigkeit oder Unabhängigkeit. Rücksichts- nahme, das ist's, was man verlangt, und das gerade war es, waS Wirth nicht brauchte. Anfangs, als die baiersche Regierung über die allzu heftige Erregung bestürzt, nachgcgeben, gefiel es ihr wohl, durch Wirth's Blatt das öffentliche Vertrauen sich wieder wenden zu sehen. Aber bald erholte man sich vom Schreck und mit der Sicherheit des Besitzes kam auch die Reue über das, was man gethan und die Furcht, zu viel zu thun, zu sehr nachzugeben. So begann denn die Neaction. Das Rcichsblatt war das äußere Zei chen der herrschenden Richtung. Wollte man diese ändern, mußte man damit beginnen, jenes herum zu drehen. Das wurde versucht. Wirth litt cs nicht. Man wollte ihn verständigen. Er hörte nicht. Man schritt zu Ermahnungen. Wirth protestirte. Endlich fing man an, die Eensur zu brauchen. Man strich Wirth's Aufsätze, trotz dem, daß daS Streichen eigent lich gegen den Vertrag war, unter dessen Garantie