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Sonnabenä» lS. Rpril 1914. 9. Jahrgang. Nr. SS. e«Mtz« « »«» dl. 1 .«h»am.»a«U»5»Ps,. «.«»»<.. Ich 1» Pf», »«li.e p.st d.st.llt und ftldst «d,«h»lt ol.rl.IIdtzrllch 1^» Mer Tageblatt WW Mnzeiger für -as erzgebirge mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Muer Sonatagsblatt. m!» nuÄ'ab.Wn.'f»»?. dprechch«»« »m Ne-awou «11 ffumahm» S»e Solwta-, «achmtNa-, 4—» Uhr. — Lttrenmmr-sUnff», Lagttle« ftveerzgeSirg». femspreche» «. ?«»m.a"'Äst.uu«^u za» «werlavgl ttv-efav-n Maauftrtpt» kann dewäh» nicht geletstdt «n»«u Diese Nummer umfaßt 10 Setten. Außerdem «egt das achtseitige illustttert« Sonntagsilatt bet. Das Wichtigste vom Tage. Durch einen Erlaß an das Heer feiert Kaiser Wilhelm den heutigen 50. Gedenktag der StLrmung der Düppeler Schanzen.*) * Der Gesamtvorstand de» Evangelischen Bun des erhob erneut Einspruch gegen die Aufheb ung oder Abbröckelung des JesuttengesetzeS. * Die beiden Bataillone des Infanterieregiment» Nr. 99, die früher in Zabern lagen, werden am heutigen Sonnabend dorthin zurückkeh- r e n.*) , In ganz Preußen treten am 1. Juli gletchlau- lende Polizeiherordnungen über die praktische Ausübung de» Arbeit-Willi- genschutzeS in Kraft. * In Kolmar wurden drei französische Touri sten unter dem dringenden Verdacht der Spionage verhaftet. Nähere Einzelhei ten über die Angelegenheit sind bi» zur Stunde nicht bekannt. Die Antwortnote de» Dreibünde» auf die Note des Dreiverbände» über die EpiruSfrage ist in London, Pari» und Petersburg überreicht worden. »> Nähere« steh« an ander« Stell«. Der Tag von Düppel. Seit des Jahrhunderts Mitte schien auf der preußischen Ehre die Schmach von Olmütz zu LreNnen. In dessen nwchte der Rückzug aus Hessen ein der deutschen Einigkeit und dem Landfrieden gebrachtes Opfer heißen und tadelnswerter als das fchliehltche Zuviichoeichen des ohn« vorsorgliche Erwägung seiner erfolgsichernden Bedingungen wie seiner letzten Konsequenzen unternommenen Vorgehens Preußens gewesen sein. Daß man aber in dem nämlichen Unglllcksjahre 1850 das schleswigsche Deutschtum den Dänen preisgegeben chatte, wurde nicht mit Unrecht ein Verrat genannt und hat die Anfänge von Btomqrck» deutscher Politik Noch schwieriger gemacht, aü> sie ohnehin sein mußten. Monatelang glaubte man in Deutschland nicht, daß Preußen diesmal Ernst machen werde, nachdem der Regierungsantritt Christians IX. (15. November 1863) und seine Unterzeichnung der neuen eiderdänischen Ver fassung am IS. di« schleawitz-holsteinifche Frage wieder dringend gemacht hatten. Erst zu Anfang Januar 1864 enthüllt« sich aus verschiedenen Kdmdgebungen der preu ßische Standpunkt: Festhalten am Londoner Protokolle pom 8. Mai 1862, also an der Thronfolge de» Glücksburgers im dänischen Gesamt-Staat», ober Wiedernichtig- keitserklärüng der November - Verfassung. Diesem Pro gramm« getreu verlangte Bismarck vom Bunde di« Lus- wetsung des Augustenburger» au» Holstein, der sich tm Dezember bereit» im Kieler Schlöffe unter hannöversch, sächsischem Schutze häuslich eingerichtet und ein holsteinisches Ministerium gebildet hatte; von Dänemark aber jene Nichtigkeitserklärung. Als in Kopenhagen am 19. Januar ein mit 48 Stunden befristete» Ultimatum oLgelehnt war, begann der Krieg. Mit gewaltiger Spannung lauschte Preußen-Deutschland den Nachrichten vom Kriegs schauplätze. Aber die Geduld wurde auf eine ziemlich harte Probe gestellt. Man vergleiche die räumliche Beschränkt heit de» dänischen Krtegstheaters mit dem französischen von 1870 und die dänische Gsfamtvolkszahl von zwei Millionen einschließlich Island mit der 18 fachen französischen und halte daneben, daß nach der allerdings raschen Wegnahme de» Dan «wirk» durch einen österreichischen Wanken marsch (5./6. Februar) der Angriff auf Düppel, die dänische Kauptstellung, sich Lio tief in den März hinein verzögerte: genau zwei Monate nach der Kriegserklärung wurde aber 1870 bereit» Pari» umzingelt! Indessen war Prinz Friedrich Tarl» Vorsicht sehr ge rechtfertigt. Ein Sturm vom Anmarsch« au», wie man im Griechischen sagt, hätte furchtbare Opfer gekostet und viel leicht nicht einmal den Sieg verbürgt. Eine Schlappe aber beschwor di« Defochr ruffisch-englischer Einmischungen nahe herauf. Da» alle» stellt, sich dem Prinzen vor Augen, als er vor Düppel erschien und di« berühmten Werk« per sönlich in Augenschein nahm, di« in den letzten 1ö Jahren erstanden waren, seitdem der bayrifchsächstsche Sieg de» 18. April 1849 die strategische Bedeutung dieser Stellung ge zeigt hatte. Mit der durch einen schmalen Sund oSge- trennten Insel Alfen zusammen war an diesem ostsüd- östlichen Vorsprunge der Halbinsel Sundewitt «in« Befostigungsanlag« mindesten» doch zweit«n Range» ge schaffen, di« durch ihr« Flankenlag« «ine sichere Behaust- tung de» Herzogtums Schleswig den Deutschen unmöglich gemacht haben würde. So befahl denn der Prinz di« förm liche Belagerung. Nachdem zu Mitte März schwere Ge schütz« eingetroffen waren, wurde das Bombardement aus- genommen. Am 28. begann der Parallelenbau, Mitte April war man zur Glaeiskrönwng vorgeschritten. Auf den 18. April wurde der Sturm anberaumt. Di« Heeresleitung bewahrt« in echt MolktÄscher Art strenges Geheimnis über den Termin. Tinen ersten Fehlschlag würd« das Publikum früh genug noch dem Gelingen eines zweiten Versuche» erfahr«« haben; wie 1871 der mißlungen« Sturm de» 26. Januar aus Belfort erst Lekanntgegeben wurde, nachdem «in zweiter Angriff in der achte, Februar- «acht erfolgreicher ausgefallen war- In Berlin kannte nur der König Wilhelm da» Geheimni» von Düppel und nur sehr scharfsichtig« Beobachter ahnten an dem verhäng nisvollen Morgen di« Ur-fache seiner auffälligen Erregtheit und Zerfahreichett auf Vom Paradeplatze. Aber die Dinge verliefen außerordentlich glatt. In raschem Anläufe fiel viertelstundenweise «tne der -Hn Schanze« nach der ander«; zuletzt auch der Sonderburger Brückenkopf. Die Legend« de» Pionier» Klink« und ihr« Widerlegung hat die O-ffeni- lichkeit darüber aufgeklärt, wie» gemacht wurde. Denn um Winkelriediaden handelt« es sich bei der Schleuderung von Pulverfäcken gegen die Eeckavpen Keineswegs. Der Unteroffizier Lademann und der Gefreite Kitto, die da» Werk an Schanze II vollführten, sind beide heil geblieben, und Lademann lebt noch heute al» pensionierter General major und «chemaliger Gouverneur von Küstrin. Daß Minke um» Leben kam, log daran, daß er sich bereit» -wischen den Stürmenden und den Dänen befand. Der Sieg von Düppel, der die Preußen nur 1170 Tote und Verwundete gekostet halt« (bei KöniHgrätz wurde es da» Zehnfache) erschien allgemein in deutschen Landen al» «in Zeichen, daß es nach der langen Erstarrung jetzt wieder frisch auswärts gehe. Ein fiebenwöchentlicher Waffenstill stand ließ freilich da» SchluUtück der kriegerischen Opera tionen, die Besetzung Alsenz noch einmal hinaurschicben, sodaß der dänische Krieg tm ganzen beinahe so lang« wi« der .französische gedauert hat. Aber in der Sommevmitte, am 1. August, erfuhren denn dach die Schle-swigHolsteiner durch di« Nachricht von der Unterzeichnung der Wiener Friedenspräliminarien, daß di« düsteren Namen Malmö und Idstedt, 1848—60 er Angedenkens» nunmehr tote Ge- speffter einer überwundenen Vergangenheit Mr sie gv- rooden waren. » Gin -old «m, Vüpp«h Obnftleutnant z. V- Friedrich »Alm» f. Da» 60. Infanterieregiment, do» fett 1897 in Weißen burg in Garnston liegt, ist in feinen Vorbereitung«» Mr di« Düppelfeier, di« es in großartigster und umfangreich ster Weis« begehen wollt«, von der traurigen Nachricht «reilt worden, daß einer der Helden des Regiment» von Düppel, Oberstleutnant z. D. Friedrich Guss am, zur großen Armee abberustn ist. Am 11. Juni 1862 tn das Regiment eingetreten, zeichnete sich der blutjunge Leutnant Lei Düp- pel durch Ruhe und Umsicht in solcher Weise aus, daß ihm der Rote Adlerorden 4. Klaffe mit Schwertern verliehen wurde. Diese Tapferkeit vor dem Feind hatte er 1866 bei Königgrätz und 1870 als Regimentsadjutant weiter be wiesen. Seinem Vorsatz mit den wenigen noch lebenden Regimentskameraden tn Weißenburg den ruhmreichen Tag von Düppel feiern zu können, hat nun der Tod durchkreuzt. Im Feldzug 1870 hatte sich Friedrich Guffow^da» Eiserne Kreuz erworben. Lebensschicksale. Skizze von I. A. Ros«, «» . Sachd»«« ««ist«,. Beobachteten wir die Ereignisse unsere» Leben» auf. merksamer, meinte der Musiker Tallenoire, würden wir mit Erstaunen sehen, daß fast immer di« kleinsten Ursachen die größten Wirkungen haben. Zehn-, ja, zwanzigmal habe ich es bemerkt, wenn es mich betraf, und hundertmal, wem -es sich um mein« Freunde handelt«. Di« Geschichte mein« Debüts, ich meine meines großem Debüts ist ein gute» Beispiel dafür. Ich hatte zu jener Zeit Äne Oper kom poniert, auf di« ich groß« Hoffnungen setzte, und zu der das übrigens vorzügliche Textbuch «in ganz unbekannter junger Schriftsteller goschrieben hatte. Dies« Oper war, wr« sich» gehört, Herrn Planchoit, dem Direktor unserer ,königlichen Musikakademie, gesandt worden^ der mich durch eine glückliche Verwechslung selbst empfangen hatte. Planchoit galt al» ein ausgezeichneter Mann, der in Musikfragen sehr kompetent war, aber furchtsam rote «tn Hase, durch die geringste Kpttik tn Bestürzung -versetzt wurde, und der vor Seiner Majestät dem Minister de» öffentlichen Unterrichtes und der schönen Künste vollständig auf den Knien lag. Er hatte einen Blick aus mein» Partitur ge worfen. .Sie mißfiel ihm keineswegs, aber er fand st« kühn und sogar verwegen. Dann unterbreitete er sie dem Gut- achten de» Meister» Ferdinand Couperos«, einem Mann«, der das Festhalten an der Tradition bi» zur Grausamkeit betrieb. Couperose erklärte, daß sich meine Oper viech leicht für Karatben oder Lotokuden eigne, ah« daß man es nicht wagen dürfe, sie vor «tnsm kultivierten Publikum zu spielen. Das war da» IVodesurdetl. E» würde mir Lekanntgegeben «erden, sobald Planchoit von einer Reife au» Kleinasien -urückgrkehrt wäre. Ich kannte mein Schill-1 fal: Couperos« sagte feine Meinung gerade heraus: er hatt« seinen schlechten Eindruck beim Schüiß eine» Festesten»' vor einem meiner Kameraden geäußert und feinem Haß gegen di» modern« Musik Luft gemacht. So erwartete ich denn di« unvermeidliche Entscheidung »oller Angst, denn «ein Elend war groß. Seit sech» Jahren kämpfte ich. und ich hatte lamm zwei oder drei Lichtblicke gekannt. Ich lebte von kläglichen Stunden, di« desto kläglicher wurden, je mehr mein letzter Gehrock schäbiger aussah und schon wi« Speck glänzte, da zu mit rostfarbenen Fleckchen und graugrünen Streifen Übersät war. Dabet konnte ich Kieselsteine verbauen und mußte von einem Stück Brot, einem Stück Wurst und Käse resten leben. An einem regnerischen Abend strich ich im Bahnhof von Nyon umher (ich hotte immer «ine Vor liebe für Bahnhöfe; sie erweckten die Reiselust in mir), al» ich «inen alten Mann sah, der sich mit einem <Kutscher stritt. Der alt« Mann war dünn» schüchtern und stotterte, dsr Kutscher -war dick, frech und grob; «r verlangt« WNf Franken, um den Alten nach Teure» zu sichrem Das ist nicht recht, nicht rechts stotterte der alt« Mann, so viel, so viel sollten Sie nicht — verlkngenl Wi«? Richt recht? brüllte der Kutscher, in wo» für einem Nest glauben Sie sich denn, tn dem man für mischt arbeitet. Oder sind Sie ein Geizhäl»? Der kleine Mt« schüttelte den Kopf; man sah, daß er seine Energie' gegen das, was man mtt einem Diebstahl bezeichnete, auflehnen wollt«, und obgleich ihn der Kutscher erschreckte, protestierte er weiter: Njeinl Nicht recht l Man muß anständig seinl AnständigI brüllte der Kutscher, wenn Sie da» noch einmal sagen, Sie schmie riger Fty» schlage ich Ihnen die Knochen iM Leibe ent- zwei. Weich und an allen Gliedern zitternd, trat der Seifende einige Schritt« zurück. Weil Man sich eigentlich nie recht klar über sich wird, w«tß ich nicht, wechalb ich plötzlich -efinnungslm vor Witt wurde, von einem Ge fühl, da» jede Vorsicht beiseite ließ, Mrigertffen, sprang ich aus den Droschkenkutscher zu. Ich «erde mtt Ihre Rvnümr merken, rief ich mit einer drehenden Gest«, Eie fahren sofort nach d«m Tarts, ob« schnell! Sonst werd« ich au- zeigen, wie Si« sich soeben benommen haben! verblüfft betrachtet« mich der Kutscher, und da er Unannehmlich keiten vermutete, tat er, als ob er gchherzt hätte: Kann man denn gar keine» Ust machen? Natürlich fahre ich obgleich mein Brauner kaum noch bis Dernes kommen wird; er kann nicht mehr, sein« Füße stich wie Mei. Ich ver beugte mich vor dem alten Mann, öffnete ihm den Wagen schlag und stieg noch ihm «in. Ich will sehen, ob er am ständig fahren wird, siqtr ich Langsam fetzte sich di« Droschke tn Bewegung. Der alte Herr richtete ebenso warme wie verwirrte Danke» wort« an mich: Ich hin — bin — «e — gerührt. Da» ist sehr nett — nett — Eie find — find «tn brav »-- braver Mann. Noch einig« Zett «urd« er ruhiger. Ob gleich er gehörig stotterte, kam er doch so «eit, einig« Fragen an mich zu richten. Ich bemerkt^ «ah «r klug, Augen und «in Vage» Lächeln hatte, aber dabei etwa» Sanft«, Zarte». Ohne zu wissen, weahalch vertraut« ich mich ihm an. Ich war in so fürchterlicher Stimmung, daß ich mein Lebenchchtckfal einem Pferde erzählt hätte, s, hörte mir zu, ermutigte mich mit vernünftige» Einwen dungen, und al» wir vor dem kleinen Hotel angekammm waren, in dem er abstieg, fragte er mich nach «einem Namen und meiner Abriss«, notierte si» und sagt« zu «ir: Um — Ihn — Ihnen dan - danken zu können-. Traurig kehrt« ich nach Kauf« zurück, ohne noch an da» Abenteuer zu denken und mir «inzubilden» daß «s Folgen haben könne. — Zwei Tag, später empfing ich von dem Minister de» öffentlichen Unterricht» und der schönen Mnste «inen Brief und la« mit Erstaunen: Sehr geehrter Hartl wollen Si« sich Dien»tag vormrittaa Zwifchm zehn und elf chr im Mnisiertmn melden, Jh-ab, Ihnen «in« Mitteilung zu machen. D«r Brief war tn kleinen energischen Schrifttzstam gffchrtebrn und Eharle» Varnet »nterzttchnet. Der Much« Hutt» sich die Mich« gsnwmwNt «tt Mst »t