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MsdmfferÄWblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat bei Zustellung durch die Boten 2,30 RM., bei Postbestellung 2 AM. zuzüglich Abtrag- gebühr. Einzelnummern ls«pfg.Ai^P°s'°nst°lten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend P°suw,enunduni-reAus. tragerund Geschäftsstellen - - nehmen zu jeder Zeil Be« stellungen entgeg«?. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. fm-Äurgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: d e 8 gespaltene Raumzelle 20Axfg., die 4 gespaltene ^eile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- Pfennig, die 3gejpaltc'ne Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachwcisungsgebühr 20 Reichspfennige. 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Auch das Scherzwon von dem „Turm zu Basel" batte den Glauben und die durchaus nichl unberechtigte Überzeugung zum Ausdruct bringen wollen, datz man ans der „Bank sür den Inter nationalen Zahlungsausgleich" auch in den verschiedensten sprachen reden, das; die dorthin enisandten Vertreter der Völker einander nich! verstehen würden. Die Entwicklung w Basel schien bisher diesen Pessimismus zu bestätigen. Und als die Bank nun nor ihre wirtschaftspolitisch wichtigste Aufaabe gestellt wurde, den Sonderausschuß des Young-Planes zusammenzubringen, zusammenzuhallen und über die Feststellungen hinsichtlich der deutschen Wirt- ichafts- und Finanzlage hinaus zu positiven Vorschlägen, wenigstens zu „Schlußfolgerungen" zu veranlassen, — da schien es während dieser dreiwöchigen Konferenz so manches Mal, als werde aus jenem Schlagwort bittere und hoffnungslose Wirklichkeit. Die Finanz- und Wirtschaftslage in Deutschland sprach doch aber mit solcher Kraßheit, daß selbst übel wollende diese Sprache nicht zu überschreien vermochten. Was in den drei Kapiteln des Ausschutzberichtes von „Feststellungen" über diese Lage Deutschlands gesagt wird, wie sie ist, wie es zu ihr kam, wie sie von dem deutschen Volke und seiner Negierung bekämpft und zn verbessern versucht wurde, — all das bringt uns Deutschen selbst in seiner grauenhaften Wirklichkeit fast in keinem Satze etwas Neues. Teilweise auch den anderen Völkern, selbst mehreren Gläubigernationen Deutschlands war diese Er kenntnis mehr oder weniger gleichfalls vorhanden. Jetzt ist dieses Urteil über unsere Lage durch den Sonderaus schuß der elf wichtigsten Staaten der Welt — auch Amerikas, auch Frankreichs — vor der ganzen Welt und sür die ganze Welt zu einer nicht mehr zu be streitenden allgemeinen Erkenntnis und Feststellung geworden. Wobei gleich auch noch be merkt werden mutz, daß der Ausschuß es erfreulicherweise ablehnte, nach beliebtem französischen Muster in platte Vorwürfe darüber auszubrechen, wie es zu der gegen wärtigen Lage in Deutschland gekommen ist. Allerdings kam es unerfreulicherweise gerade in diesem Punkte — nach schärfsten Auseinandersetzungen zwischen den Delegierten — zu einem Kompromiß: Nichts ist in dem Bericht darüber gesagt, in welchem Umfang nun sie ungeheuerlichen deutschen Schuldverpflichtungen des Dawes- und Young-Plans uns in die Wirtschafts- und Finanzkaiastrophe hineinpeitschten, uns — und die Welt. Andererseits wird dieses Thema der deutschen Repara tionen und — zum Ausgleich — auch der interalliierten schulden untereinander und von Amerika doch vorsichtig, aber unzweideutig in Kapitel 4 des Berichts behandelt, und die Welt wird es hoffentlich ohne weiteres verstehen, wenn dort gesagt wird, daß „das deutsche Problem" in weitem Umfang „die Ursache für die steigende finanzielle Lähmung der Welt sei". Zur Lösung dieses „Problems" ist aber auch und trotzdem eben notwendig, es anzupacken, weil Deutschland doch letzten Endes und in der Praxis des Young-Plans der Weltschuldner ist. Gehört zu den weiteren Schlußfolgerungen auch und vor allem hinsichtlich des „Funktionierens des Neuen Plans" einmal die Feststellung, daß der Plan nie und nimmer mit einer derartig ungeheuerlichen und langdau ernden Weltwirtschafts- und -finanzkrise gerechnet habe, sondern höchstens mit einer verhältnismäßig kurzfristigen Depression. Und daraus ergibt sich für den Ausschuß als zweite Feststellung: „Deutschland kann nach Ablauf des Hoover-Jahres den „aufschiebbaren Teil" der Young- Planleistungen nicht transferieren." Das eben ist ja nun gerade diejenige Frage, die im bejahenden oder vernei nenden Sinne zu beantworten die Aufgabe des Aus schusses gemäß den Buchstaben des Young-Plans war; er hat „Nein!" gesagt. Datz er drittens diese „Buchstaben" auch wieder mit einiger Vernunft zu erfüllen versucht, muß auch begrüßt werden: „Die tatsächlichen Lasten der deutschen Jahresraten sind, wie alle in Gold sestgelcgren Iahlungen, um 40 Prozent erhöht," — denn um diesen Prozentsatz sind die Warenpreise gesunken, ist also der Kaufwert des Goldes gestiegen. Das hat Deutschland ^on seit Jahresfrist gesagt! Der Kompromißcharakter des Ausschutzberichts tritt am stärksten wohl darin hervor, daß man nur in ein paar andeutenden unbestimmten Sätzen etwas darüber sagt, was denn nun eigentlich keilssofort geschehen, teils später durch geführt werden soll. Denn man muß andererseits fcststcllen, daß der deutsche Vorstoß bis in den Kern der ganzen Reparationsfrage hinein — „Sein oder Nichtsein" des Young-Planes — nicht geglückt ist, man an dem transferungeschützten Teil der Leistungen grundsätzlich vorüb'erging infolge des französischen Wider- itandes. Die „Feststellungen" stoßen weit vor zugunsten Deutschlands. Aber was man von Basel aus dem deut schen Volke als „Weihnachtsgeschenk" überreichte, war in meiner praktischen Wirkung nur ein Aufschub, bis auf oer Reparatronskonferenz die Entscheidung fällt. UW AmrMs m die RcgiekmzMsereiiz Amerika läßt Europa allein. In höchsten Washingtoner, mit dem Weißen Hause und dem Staatsdepartement in engster Verbindung stehenden Amtskreisen wird erklärt, daß Amerika keinen Vertreter zur Haager Konferenz entsenden werde. Die Hoover-Regierung beabsichtige, Europa gegenüber solange eine Nichteinmischungspolitik zu verfolgen, als es sich nicht für die Sicherung der deutschen Zahlungs fühigkeit und für die Vorbereitung zur Wiederkehr der europäischen wirtschaftlichen Erholung verbürge. Die Opposition im Kongreß gegen jegliches Zugeständnis in der Schuldensrage zwinge die Regierung, ihre ganze Kraft den inneren Wirtschastsfrageu zuzuwenden. Augenblicklich sei selbst die Entsendung eines Beobachters zweifelhaft. * ilm die Streichung der Kriegsschulden Amerikanische Parteien gegen Baseler Bericht. Die Anregung der Baseler Berichte bezüglich der Kriegsschulden hat bei führenden amerikanischen Kongreßmitgliedern beider Parteien stärksten Wider spruch hervorgerufen. Der demokratische Fraktions führer kündigt endgültige Ablehnung des Kongresses gegenüber einem Zahlungsaufschub der Kriegs schulden an. Er führte u. a. aus, jeder, der für ein neues Moratorium stimme, belaste den amerikanischen Steuer zahler mit weiteren elf Milliarden Dollar. Der repu blikanische Fraktionsführer betonte, es gehe nicht an daß die europäischen Staaten ihre Schulden auf die Ame rikaner abladen. Damit würde das amerikanische Voll niemals einverstanden sein. Borah für gänzliche Tributstreichung. Senator Borah erklärte zum Baseler Ergebnis, daß er keine wirtschaftliche Erholung Europas sehen könne, solange die Reparationen nicht gänzlich gestrichen würden. Wenn Europa die Tribute nicht annullieren könne, sei es besser sür die Vereinigten Staaten, Europa gänzlich allein zu lassen, um nicht selbst mit in den Bankerott hin eingezogen zu werden. Die französische Behauptung, daß die ungeschützten Zahlungen berechtigt seien, könne Deutsch land durch die Erklärung zurückweisen, daß bereits zehn Dollar Milliarden gezahlt worden seien. SSI Deutschland kann nicht! Ruhigere Sprache des Pariser „Temps". Der „Temps", der noch am Sonnabend gegen die mehr oder weniger optimistische Ausfassung Dr. Brünings gegenüber dem Schlußbericht der Baseler Sachverständige» Stellung nahm, und noch einmal hervorhob, daß eine Her absetzung der Reparationen ohne einen Ausgleich aus der amerikanischen Seite undenkbar sei, zeigt sich jetzt wesent lich verträglicher. Das Blatt zieht die Bilanz Deutschlands uud kommt dabei zu dem Schluß, daß das Reich nicht in der Lage fei, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Theoretisch sei Deutschland Wohl in der Lage, sowohl den Reparationsverpflichtungen nachzukommen, als auch Sen größten Teil seiner sich auf 12 Milliarden Reichsmark belaufenden kurzfristigen Kredite zurückzuzahlen. Prak tisch sei dies jedoch nicht möglich, da die deutschen Gut haben im Auslande und im Jnlande im Augenblick zu mindest nicht hereingebracht werden könnten. Die deutsche Bilanz sei in Wahrheit eine Konkursbilanz. Die Frage sei, ob eine Möglichkeit bestehe, das Reich vor dem vollständigen Zusammenbruch zu retten, dessen Aus wirkungen sür die ganze Welt unübersehbar wären. Auf gabe der interessierten Regierungen sei, die ihnen zufallen de Verantwortung auf der kommenden Konferenz auf sich zu nehmen, ohne sich dabei von egoistischen Gedanken gütigen leiten zu lassen. DeulWaiws Not Weit zum Himmel. Kirchlicher Aufruf zur Winterhilfe. Generalsuperintendent Dr. Karo und Bischof Dr. Schreiber sprachen über Winterhilfe. Dr. Karow wies darauf hin, daß es immer Not aus Erden gegeben habe, aber kaum je eine so weitgreifende Not, wie sie die Gegenwart belaste. Deutschlands Not schreie zum Himmel. Wer Gottesliebe an seinem Leben erfahren habe, der könnne nicht anders, der müsse einlreten, daß die Wärme seines Herzens den Eis panzer schmelzen und die Erstarrung lösen helfe, unter Ver die Seelen seiner Brüder und Schwestern zu ersterben drohten. So liege der Glanz weihnachtlicher Gedanken auch über dem großen Hilfswerk der Winter hilfe. Glaube, Liebe and HEnung! Brünings Botschaft an Vie Völker. Reichskanzler Dr. Brüning Hai vem Transocean Nachrichtenbureau die folgende Weihnachtsbotschaft übergeben: „Frieden den Menschen auf Erden, die guten Willens sind! Kaum jemals hat die Menschheit dringender als setzt aus die Erfüllung dieser frohen Botschaft gehofft. Die Sturmflut der Krise Hai die Völker der ganzen Welt erfaßt. Die Verwirrung, in die Krieg und Nachkriegszeit sie gestürzt haben, hat in dem bald zu Ende gehenden Jahre die wirtschaftliche, finanzielle und soziale Not überall sehr bedrohlich an- wachsen lassen. Allzu hoch ist schließlich der Preis ge worden, den die Völker für den Irrglauben zahlen müssen, daß jeder für sich allein die Krise lösen könnne. Aber immer stärker setzt sich die Erkenntnis durch, daß kein Land durch den Niedergang des anderen gewinnen kann und daß eine Rettung aus dem drohenden Zusammenbruch aller nur in der Aufrich tung einer Interessengemeinschaft zu erblicken ist. An Stelle isolierter Betrachtung muß der Blick gerichtet wer den auf das gemeinsame Weltproblem. Dazu gehört der Wille zu internationaler Zusammenarbeit, dic Bereitschaft zu weitschauender Friedens- und Verständi gungspolitik. Groß ist die Verantwortung der Staats führung, wenn historische Augenblicke nicht be nutzt werden, Augenblicke, in denen Möglichkeiten ge geben sind, dem weiterrollenden Unheil Hali zu gebieten und Europa und die Welt wieder der Gesundung und dem Frieden emgegenzuführen. Überwindung und Ausrottung des internationale! Mißverstehens und Mißtrauens, Gerechtigkeit und Gleichberechtigung für alle sind Voraussetzung sür die Erreichung dieses Zieles. Deutschland ist sei Jahren diesen Weg gegangen, es hat im Interesse des Friedens die schmerzlichsten Opser auf sich genommen. Glaube, Liebe und Hoffnung, die In begriffe des weihnachtlichen Festes, müssen erst wieder ii die Herzen der Völker zurüüfinden, wenn uns die Er füllung seiner Verheißung zuteil werden soll!" „Psiügen und vertrauen!" Minister Schiele über die Sicherstellung der Volksernährung Der Reichsminister für Ernährung und Landwirt schäft. Schiele, nimmt in einem längeren Artikel Stel lung zur deutschen Wirtschaftspolitik und der Notwendig keit, die Volks ernährung sicherzustellen. Er führi u. a. aus: Der Lebensegoismus der Nationen, die natio nalpolitifchen und nationalwirtschaftlichen Unwägbar keiten haben sich als stärker erwiesen als die Ideologie von der Vorherrschaft der kaufmännischen Vernunft im Weltgetriebe. Das bedeutet für Deutschland die Erschüt terung der Voraussetzungen, aus denen unsere bisherige Wirtschaftspolitik im wesentlichen aufgebaut war. Das Ausland versperrt uns die Ausfuhrmärkte, entzieht uns die Kredite und zwingt uns geradezu zum autarken Ausbau unserer Volkswirtscha ft. In unserer passiven deutschen Gesamtwirtschaftsbilanz haben wir ein einziges unschätzbares, starkes nationales Aktivum: die Leistung unserer Landwirtschaft. Wir schulden dem Auslande 27 Milliarden Mark, die wir in absehbarer Zeit nicht bezahlen können. Wagt ein einziger unter uns, es zu befürworten, daß wir unseren Gläubigern nun auch noch unser tägliches Brot in die .Hand geben? Mit Gläubigern kann man vorhan deln; von Beherrschern, die uns unser tägliches Brot zu messen, aber wird diktiert. Deshalb dienen auch die beiden letzten Notverordnungen der Reichsregierung in ihrem wirtschaftspolitischen Teile dem einen großen Ziel: Sicherung der nächsten Ernie, d. h. Siche rung der Volksernährung. In dieser Kata- strophcnzeit ohnegleichen geht es um ganz etwas anderes als um Zollschutz und Preise — nämlich um die elemen tarste Frage: Wie können wir unser Polk ernähre», wie kön»cn wir uns in einer Zeit unerhörter Zusammenbrüche und Zerstörungen vor ärgster Not und Hunger schützen Aber die Saat des Landmannes gedeiht nur in der Hoffnung, Arbeit und Ordnung, nicht in der Verzweiflung Nur im Schutze der Staatsgewalt, nicht in der Auf leh n u ng gegen diese. Darum Hirn und Herz ange spannt. Laßt die Hand nicht vom Pflug! Ich rufe Euch mit Paul Steinmüller in seinem „Schicksal und Glaube deutscher Erde" zu: „Wie es auch sein möge, wir müssen pflügen und vertrauen!" Das Jahr der unersMen Hoffnangen. Das deutsche Handwerk im Jahre 1931. Der Retchsverband des Deutschen Hand Werks gibt einen Rückblick über die Lage des deutschen Handwerks im Jahre 1S31, in dem es n. a. heißt: Die Lage des deutschen Handwerks im Jahre 1931 war leb'