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Billigste Tageszeitung im Erzgebirge. Freitag, den 4. Angust 1899. 12. Jahrgang. Nr. 121 Beranlwnrtllcher Redakteur: «ruft Aue jErzgebirge.j Redaktion u. Expedition: At»«, Marklstraße. Inserat» die einspaltige Petitzeile lO Pf-., amtliche Inserate die CorpuS-Zeile 2b Psg., Reklamen pro Zeile 20 Psg. Bei 4 maliger Ausnahme Ri»/o Rabatt. — Bei größeren Inseraten «. mehrmaliger Ausnahme wird entsprechend höherer Rabatt gewährt. Alle Postanstalten und Landbriesträger nehme» Bestellungen an. «rfchetnt täglich Nachmittag«, außer an Sonn« ».? Feiertagen. — Preis pro Monat srei in« Hau« 20 Psg-, auswärt« Sb Psg. — Mit der Sonntagsbeilage: „Der Zeitspiegel" 5 Psg. mehr. — Bei der Post abgeholt pro Vierteljahr 1 Mk. — Durch den Briefträger 1.40 Mark. Auertyal -Zeitung. Tageblatt für Vie Stabt Aue «ab Umgebung ÄlUa* Den geprüften und verpflichteten Geometer Herrn Julius Otto Mitscherling haben wir als Rath-»Geometer angestellt und hente verpflichtet. Aue, den 1. August 1899. Der Rath der Stadt. Or. Kretzschmar. Kühn. Mich Ablauf dieser Frist erfolgt Mahnung brzw. ZwangSvollstrecknng auf Kosten der Säumigen, Aue, den 81. Juli 1899. Der Rath der Stadt. vr. Kretzschmar. Ed. Arre. Herrn Oskar Ewald Heinke haben wir als Rathsexpedient angestellt und heule verpflichtet. Aue. Tie 3. Theilzahlnng der Stadtanlage« und der 2. Termin Grundsteuer sind am 1. August fällig und spätestens bis zum 14 August I8SS an unsere Stadlsteuereinnahme zu entrichten. A u e, den 2. August 1899. Der Rath der Stadt. vr. Kretzschmar. Kühn. Airerthul- Zeitung erscheint jetzt täglich, kostet PPS Arsi*«»t nur 2<d Pfennige. Art» «rllsP Lvstt. * Die Absage des Kaiserlichen Besuches in Dort mund zur Einweihung des Dortmund-EmSkanals hatte nach dem „Berliner Lok.-Anz." seinen „eigent lichen und einzigen Grund" in der tiefgehenden Verstimmung des Kaisers über die Ausnahme seines Bielefelder TelegrammeS in einem Teile der Presse. * Der Kaiser ist vorgestern um 12 Uhr mittags von seiner Nordlandsreise im Kieler Hafen einge- trossen. Nachmittags empfing der Kaiserden Kom mandanten des dänischen Panzerschiffes „JverHoit- selb", Kapitän Arong. * Ueber einen Besuch des Deutschen Kaisers in Frankreich haben nach einer Erklärung des franzö sischen Ministeriums des Aeußern niemals Verhand lungen zwischen der deutschen und der französischen Regierung stattgesunden. * Den ^fliegenden ^Gerichtsstand der Presse ver teidigt in der neuesten Nummer der „Deutschen Juristen-Ztg.", im Gegensatz zu einer Reihe hervor, ragender Rechtslehrer und Praktiker, insbesondere auch einzelner Gerichte, der Münchener Professor Dr. Karl Bickmeyer als der heutigen Rechtslage entsprechend. * Die Zulassung der Feuerbestattung in Hessen ist nunmehr endgültig genehmigt, nachdem die Erste Kammer den von der Zweiten Kammer gutgeheißenen Regierungsentwurf mit allen gegen vier Stimmen angenommen hatte. * Das Kompromiß der bayerischen Sozialdemo kratie mit dem Zentrum für die Landtagswahlen hat seitens der Parteileitung scharfe Verurteilung gefunden. Auch der Parteitag der Sozialdemokra tie Thüringens hat sich entschieden gegen dieses Zu- sammengehen ausgesprochen. * Eine wichtige Entscheidung hat das Reichsge richt über die Auslegung des Gesetzes zum Schutz« der persönlichen Freiheit gefällt: Wegen Widerstan des gegen die Staatsgewalt war ein Bürger vom Landgericht zu 30 Mark Geldstrafe verurteilt »vor dem Der Angeklagte sollte das Gefährt eines Kaufmanns durch überschnelles Fahren geschädigt, auch eine Frau überfahren haben. Der Kaufmann verfolgte den Thäter und veranlaßte einen Schutz, mann zum Einschreiten. Der Beamte gebot dem Angeklagten Halt und kletterte schließlich von hinten aus den Wagen. Mit Hilfe «ine- anderen Schutz mannes wurde der Angeklagte nach der Wach« ge bracht. Da» Landgericht nahm an, daß der Schutz. mann sich in berechtigter Amtsausübung befand, als der Angeklagte ihm Widerstand leistete. Es heißt im Urteil: „Der Schutzmapn sei nicht ver pflichtet gewesen, die Sache sofort zu untersuchen, er habe verlangen können, daß dies auf der Wache geschehe". Die Revision des Angeklagten bestritt dieses. Angeklagter habe sich ausweisen können, zu seiner Verhaftung habe kein genügender Grund vor- gelegen. Der Reichsanwalt trat der Auffassung des Vorderrichters bei. Wenn ein Straßenjunge sich weigere, mitzukommen, so habe nach 8 161 der Strasprozeßordnung di« Polizei das Recht, den Zeugen, wenn die Sache keinen Aufschub dulde, zu sistieren^ Ein Beschuldigter könne danach erst recht verhaftet werden. Wo die Untersuchung stattfinden solle, das zu bestimmen, habe im Ermessen des Be- amten gelegen. Er habe sich also in der recht mäßigen Ausübung seines Amtes befunden. Das Reichsgericht hob jedoch das Urteil de» Landgerichts aus und wies die Sache an letzteres zurück. * Aus der unmittelbaren Umgebung des Ad- mirals Dewey verlautet, dieser weise die ihm in den Mund gelegten Aeußerungen gegen Deutschland entschieden zurück. * Der Kreuzer „Olympia" mit dem Admiral Dewey an Bord, ging gestern Nachmittag in der Richtung nach Neapel in See. * Der Rücktritt des belgischen Ministeriums ist Thatsache geworden, nachdem es in der Wahlre formfrage sich eine schmähliche Niederlage geholt hat. * Brüssel, 2. Augusst. De Smet de Nayer hat für die Bildung des neuen Kabinetts eine Frist von zwei Tagen erbeten. * Madrid, 2. August. Bei der Verhandlung vor dem obersten Kriegsgericht betreffend die Uebergabe von Santiago de Cuba brachte General Pereja zu seiner Verteidigung vor, es habe in der Stadt an Lebensmitteln gemangelt und die Verteidigung sei unmöglich gewesen. * Der deutsch - nationale österreichische Reichs- tagsabgeordnete Wolf sprach am Sonntag in Er furt vor einer etwa 1500 Köpfe starken Versamm lung unter beispiellosem Erfolge. Der Redner ver breitete sich in längeren Ausführungen über die Lage der Deutschen in Oesterreich, über deren Kämpfe, ferner über die nationale Gleichgültigkeit, das „B'ickhändeltum" im Reiche, und forderte zu kräftiger Unterstützung der ihren Verzweiflungskamps kämpfenden österreichischen Deutschen auf. * Wien, 1. August. Die Deutschen Oesterreichs und Siebenbürgens haben den Todestag Bismarcks in innigem Gedenken begangen. * Wien, 2. August. Hier und in zahlreichen ' Provinzstädten haben wieder Protestkundgebungen gegen die Steuererhöhungen stattgesunden. * Die Riesensperre in Dänemark geht ihrem Ende entgegen. Gestern ist -wischen den Lettern der Arbeitgeber- und Arbeitervereine ein Abkommen getroffen worden. * Der Bericht der Samoa-Kommission empfiehlt die Abschaffung der Königswürde und die Eintei lung in Verwaltungsbezirke mit einzelnen Häupt- fingen, welche sich jährlich versammeln sollen. * Die großen englischen Seemanüver verursachen in Frankreich Beklemmungen. 8 Berlin, den 31. Juli. (Vom Tode gerettet.) Durch die Feuerwehr voin sicheren Tode geret tet wure heute Nacht die 82jährige Witwe Eichfeld, die Commandantenstraße 20 ein Dachstübchen be wohnt. Die alte Frau ist seit länger als acht Tagen krank und öfter von hochgradigem Fieber besalleu. Kurz nach Mitternacht wurde nun die E. von einem starken Fieberanfall heimgesucht, sie kletterte durch das Fenster auf das schräg abfallende Dach und ließ sich hier hart am Rande nieder, so daß die Beine über die Dachrinne hinabhingen. Ein und eine halbe Stunde hat sie in dieser le bensgefährlichen Lage zugrbracht, bevor sie bemerkt wuroe. Der sich schnell .ansammelnden Menschen- menge rief sie mit schwacher Stimme zu: „Leut chen, kommt doch herauf und helft mir rvieder in mein Bett!" In aller Eile wurde die Feuerwehr allarmirt, die in kaum 2 Minuten zur Stelle war und sofort das Sprungtuch ausbreitete. Geräusch los kletterten dann Feuerwehrleute durch zwei ver schiedene Dachfenster auf das Dach und zogen die Kranke unter eigener Lebensgefahr wieder in das Dachstübchen. Daß die Frau nicht herabgestürzt ist, erscheint als ein Wunder umsomehr, als sie in ihrer gefährlichen Lage fortwährend mit starkem Husten zu kämpfen hatte. 8 Ein trauriges Wiedersehen zwischen Mutter und Sohn hat Sonnabend Nacht unter wahrhaft eigenartigen Umständen in Spandau stattgefunden. Der 19-jährige Sohn einer Witwe war in Berlin in der Lehre gewesen, hatte aber nicht gut gethan und war zum Vagabunden geworden. Er wurde wegen schweren Diebstahl hingesetzt, aber auch jetzt wollte die Mutter noch nicht die Hoffnung auf Bes serung ausgeben. Als die Strafzeit zu Ende war, schickte die Mutter neue Kleidung und Reisegeld unb bat ihn, nach Hause zu kommen. In obiger Nacht wuroe sie durch Krawall im Nachbarhause aufgeweckt. Sie begab sich auf die Straße und sah, daß mehrere Männer einen Menschen sesthielten und ihn durchprügelten. Sie erkannte in dem Mißhan delten ihren Sohn. Derselbe hatte sofort nach sei- ner Ankunft dein Laden einer HandelSfran einen ungebetenen Besuch abgestattet. 8 Der aus der Strafanstalt zu Jchtershauken ausgebrochene, von der Wache niedergeschossene Strafgefangene Peter Zacher aus Weimar ist der Schußverletzung nicht erlegen, sondern befindet sich auf dem Wege der Besserung. Die Soldatesi, die Zacher verfolgten, sollen durchaus vorschriftsmäßig gehandelt haben. Zacher, der eine dreijährige Ge fängnisstrafe zu verbüßen hat, verhöhnte auf der Flucht die ihn verfolgenden 10 Soldaten insofern, als er zunächst auf den Anruf stehen blieb, dann mit den Händen lange Nasen schnitt und wieder davonlies. 8 Au» München wird gemeldet: Heute Nacht (zum Dienstag) ist der S: nellzug München—Lindau Nr. 75 mit der Maschine des Güterzuges Nr. 2110 in der Station Hergatz zusammengestoßen. Der Hetzer de» Zuge» Nr. 75 ist schwer, der Lokomotiv führer un.d ein Reisender sind leicht verletzt. Die Lokomotive und zwei Personenwagen sind beschädigt.