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Dienstag, «. Oktober 1SV8. vilt »er »800 ndlirtt Ilkunt»! Rr.ZMi. Dritter Jahrgang ^uer Tageblatt k und Anzeiger für das Erzgebirge verantwortlicher Redakteur: rm Nkndoia Für di« Inserate verantwortlich: Aalte, isr-nr beide in Aue i. Lrzgeb. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Lonntagsblatt. Sprechstunde der Redaktion mit Ausnahme der Sonntage nachmittags von 4—s Uhr. — Telegramm-Adresse: Tageblatt Aue. — Fernsprecher Für unverlangt eingesandte Manuskripte kann Gewähr nicht geleistet werden. Druck und Verlag: H«, vk»Ol n,« ä«rl»«r «el«»l»«N m. b. H. in Aue i. Lrzgeb. Bezugspreis: Durch unsere Boten frei ins Haus monatlich LO sssg. 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TgSsch.) * Die deutscheHeeresverwaltung nimmt der Forderung gegenüber; die z w e i j ä h r i g c D i e n st z e i r auf die Kavallerie und reitende Artillerie aus- zudehncn, eine ablehnende Stellung ein. Auf dem in S t u t t g a r t abgehaltcnen 9. VerbandStag deutscher Mielervereine wurde eine Eingabe an den sächsischen Landtag angekündigt, in der ein« Einführung der st a a t l i ch e n WohnungSauf- sichtfürSachscn nachgcsucht wird. Der zweite Internationale Mittel st andskon- grcß ist in Anwesenheit von etwa 800 Teilnehmern in W i e n e r ö f f ii e t worden. Oesterreich wird in den nächsten Tagen BoSrrien und die Herzegowina formell annektieren. (S. Tel.) «k Die bulgarische Armee ist auf dem Wege zur Grenze. Die türkische Armee geht ihr entgegen. In Wien ist man sehr beunruhigt. Man glaubt an einen Krieg. (S. Art. i. Hptbl. u. Tel.) Die Unabhängigkeit Bulgariens. , Bulgarien wurde gestern in Tirnowo zum unabhängigen * Königreich proklamiert. Die Fürstin Eleonore von - Bulgarien war nachts mit den Kindern mittels Schnell zuges nach Tirnowo abgereist, wo der Fürst Ferdinand, den die Minister Sonntag abend um zehn in Rustschuk empfangen hatten, mit den Mitgliedern der Regierung gestern vormittag eintraf. Die Proklamierung erfolgte aus dem Hissar, de« Hügel, der einst den Palast der bul- «arischen Zaren trug. Der Pforte hatte di« bulgarisch« Regierung Sonntag nacht mitgeteilt, daß die Unabhängig, keitserklärung bevorstehe. Die Dinge am Balkan überstürzen sich. Nur einen kurzen Augenblick konnte es scheinen, als werde der Zerfall der Türkei durch die Verfassungsbswegung aufgehalten. Die Proklamation der türkischen Verfassung hat nur die Wirkung gehabt, die ge heimen Wünsche und Forderungen der übrigen Balkanstaaten ans Licht zu ziehen. Auf die jungtürkische Neformbewegung folgte die Beschlagnahme der ostrumelischen Bahnen durch Bul garien, auf diese die Initiative Oesterreich-Ungarns zur Annektion Bosniens und auf diese wieder die bulgarische Unabhängigkeits bewegung. Vielleicht ist auch die historische Reihenfolge etwas anders. In jedem Falle aber hat die Türkei, indem sie sich stark machte und die Geschicke der Balkanländer wieder vom türkischen Standpunkt zu regeln suchte, nur die zentrifugalen Bestrebungen der übrigen Balkanstaaten ausgelöst. Jetzt geht es drunter und drüber. Niemand weiß zu sagen, was vielleicht schon die nächsten Stunden und Tage bringen werden. Wenn zu irgendeinem Zeitpunkt, dann mutz diesmal für das Deutsche Reich der Grundsatz des Fürsten Bismarck: Huitu non movere maßgebend sein. Wir gönnen Oesterreich die neuen Neichslande Bosnien und die Herzegowina aus vollem Herzen; es ist selbstverständlich, daß sie nach dem Beweis der kolonisa torischen Tüchtigkeit Oesterreichs nie wieder an die Türkei zurück fallen können. Aber wir haben nicht den geringsten Grund, uns angesichts der österreichischen Annektionsbestrebungen vorzu drängen. Wenn hie und da angedeutet wird, daß jetzt der Augenblick der Dankbarkeit für die Sekundantendienste von Al geciras gekommen sei, so darf nicht übersehen werden, daß Oester reich in Marokko gar kein eigenes Interesse hatte, während wir an der Aufrechterhaltung des stutus guo auf dem Balkan in starker Weise beteiligt sind. Noch weniger läßt sich die Bildung eines unabhängigen Eroßbulgariens mit den deutschen Interessen auf dem Balkan in Einklang bringen. Der Sprung vom Vasallenfürsten der Türkei zum Zaren in Bul garien — was ja nichts anderes als Kaiser bedeutet — ist selbst für einen so geriebenen Diplomaten wie Ferdinand von Koburg etwas groß. Wie sich der russische Zar mit seinem künf tigen Bruder an der Donau abfinden wird, das ist seine eigene Sache. Aber ob nur Rußland dazu süß oder sauer sieht, für das Deutsche Reich liegt nicht die mindeste Veranlassung vor, solchen großmannssüchtigen Bestrebungen Unterstützung zu gewähren. Fürst Ferdinand handelt auf eigene Rechnung und Gefahr. Die Türkei hat schon mehr als einmal ihre Feinde durch eine ungewöhnlich zähe Lebenskraft sehr unangenehm ent täuscht. Es könnt« auch diesmal anders kommen, als man in Bulgarien träumt. Zum mindesten scheint die Türkei den Affront, der ihr jetzt angetan werden soll, nicht gutwillig ein stecken zu wollen. So stehen wir plötzlich vor der Möglichkeit eines kriegerischen Konflikts. Es liegt im europäi schen Interesse, es liegt besonders im deutschen Interesse, die Balkankämpen, wenn es möglich ist, zur Ruhe zu verweisen, wenn es nicht möglich ist, wenigstens den Kampfplatz auf ein enges Gebiet zu beschränken. Die neuesten Meldungen, die auch ein Bild von der Auf nahme der selbstherrlichen Handlung Sr. Majestät Ferdinand I, im Auslande geben, lauten: * Paris, 5. Oktober. Temps spricht die Ansicht aus, daß die Ereignisse im Orient, insbesondere die Proklamation der Un abhängigkeit Bulgariens, den Kabinetten von Paris, London und Petersburg dic Pflicht auferlegen, Europa daran zu er innern, daß der Berliner Vertrag nicht zerrissen, sondern nur rektifiziert werden könne. Für eine Rektifikation sei das Einvernehmen aller Mächte notwendig, das nur durch di« Einberufung eines Kongresses erzielt werden könne, auf dem alle Mächte offen die Gründe ihrer Haltung darlegen müß ten. Man sei um viel geringerer Dinge willen nach Algeciras gegangen. * Sofia, 5. Oktober. (Meldung der Agence Bulgare.) Di« Nachricht von der Proklamierung Bulgariens zum Königreich wurde sowohl in der Hauptstadt, wie in der Provinz mit großer Begeisterung ausgenommen. Ueberall herrschte lebhafte Bewegung, alle Verwaltungsbehörden trafen Maßregeln, um das Ereignis festlich zu begehen. Die Städte sind beflaggt. Morgen werden im ganzen Lande Gottesdienste abgehalten. Auf dem Truppenübungsplätze bei Sofia wird morgen eine Parad « der gesamten Garnison stattfinden, ebenso werden auch in der Provinz Truppenparaden abgehalten weichen. Nach Tirnowo gehen unausgesetzt zahllose Eliickwunschdepeschen ab. Alle Bu reaus sind heute geschlossen. Der Unterricht in den Schulen fällt für drei Tage aus. , * Konstantinopel, 5. Oktober. (Meldung des Wiener k. L Telegr.-Korr.-Bur.) Seit gestern herrscht hier infolge der Nach richten über die Unabhängigkeitserklärung Bulgariens, sowie infolge von Kriegsgerüchten eine beunruhigende Stimmung. An der Börse ist dadurch Mr starkes Weichen der Kurse herbeigeführt worden. Die alarmierende Meldung eines Wiener Blattes, daß am 1. Oktober je 19 Batterien und je 24 Süvwestafrttanische Keldkoft. Einen sehr interessanten Artikel des Leutnants von Gers dorff aus Aminuis (Kalahari), Anfang 1908, finden wir im Kolonialblatt.' Im Gebiet der Kalahari ist die wichtigste Feldkost die Tschama, von den Hereros Omatanga genannt. Sie liefert dem Eingeborenen Nahrung und Trank. Die Tschama, eine wilde Melone, ist ein Rankengewächs, dessen runde Frucht die Größe eines Kindskopfes erreicht. In Farbe und Zeichnung habe ich bis jetzt vier verschiedene Arten gesehen, die sich im Geschmack aber nicht unterscheiden. Es gibt Tschamafelder, Lurch dic man kilometerweit reiten kann und wo Frucht an Frucht liegt. Will man schnell den Durst stillen, so genügt es, an nicht zu heißen Tagen, wenn man die Frucht wie Apfelsinnenscheiben in Stücke schneidet, die Kerne herausschabt und das Fleisch ge nießt. Man muß aber stets vorsichtig kosten, ob es nicht bitter schmeckt. Eine andere Art des Genusses ist folgende: Man schnei det öben eine Scheibe der Schale ab, stampft das Innere mit einem Stock zu Brei und schlürft nun die gesammelte Flüssigkeit, oder man quetscht den gestampften Inhalt mehrerer Früchte durch ein Tuch, am besten durch ein Stück Sack. Eis läßt sich auch so machen: Man schneidet die Früchte in Scheiben, löst die Kerne aus, wirft erstere in «inen großen Topf und läßt sie nun aus kochen. Dann wird das gewonnene Wasser abgegossen. Den meisten Saft liefern die kleinen gelben Tschama, in der Größe einer Zitrone. Diese sind häufig bis auf die Kerne ganz voll Wasser. Das Dschamawasser kann zum Kochen von Kaffee, Reis, Erbmurst usw. verwandt werden. Es hält sich aber nicht in Feld flaschen, nach meiner Erfahrung am besten in Bierflaschen. Hat man frisches Fleisch, so genügt es, dieses in Stücke zu schneiden und zusammen mit den zerschnittenen Tschamas, Salz und (wenn vorhanden) etwas Speck zu kochen. Dies gibt dann eine, wenig stens mir sehr gut schmeckende Soße und gutes Gemüse. Wenn vor der Regenzeit die Tschamas trocken und schwammig werden, legt man sie in ein Loch, bedeckt dieses mit Sand, schüttet heiße Asche darauf und läßt die Frucht braten ä in Aschkopf. Dann nimmt man sie heraus, kühlt sie ab und drückt das angesammelte Wasser aus. Zu dieser Zeit ist es aber kein Gennß, bei His;e sich mit Tschamas begnügen zu müssen. Ochsen und Pferde gewöhnen sich so an Tschamas, daß sie das Wasser gänzlich entbehren können. Ich habe hier erst ein Pferd gefunden, daß keine Tschamas fraß, obwohl es vier Tage ohne Wasser war. Es ist aber nicht einge gangen. Die Pferde wie auch das Wild fressen nicht die ganzen Früchte, sondern beißen sie nur mehr oder weniger an. Bei meinen Tieren, die gute Tschamapserde sind, habe ich bemerkt, daß sie frei weidend lieber Tschama fressen, als wenn diese ihnen im Freßbeutel zerschnitten serviert wird. Den Beutel nehme ich aber nnr in Gebrauch, wenn wenig Tschama vorhanden ist, damit nicht so viel verloren geht. Außer Simon Copper leben in der Kalahari Tausende von Menschen, die Va k - K a la h a r i s, die das ganze Jahr hindurch mit ihrem Vieh die nötige Feuchtigkeit nur aus den Tschamas und den angepflanzten Melonen Magatan beziehen. Dazu kommt allerdings für die Menschen die Milch der Kühe und Ziegen. Letztere brauchen die Tschamas gar nicht; sie begnügen sich, wie Klipp- und Steinbock, mit dem Laub der Büsche. Aber nicht nur der Saft und das Fleisch, sondern auch die Kerne der Tscha mas dienen als Nahrung. Sie werden in heißer Asche geröstet, von ihrer Schale befreit und dann gegessen. Es gibt noch eine A r t T s cha m a, auf Namaqua d Gab, von den Hereros Otura genannt. Sie ist gelb, etwas oval, mit ziemlich weichen Stacheln bedeckt und wird etwas größer wie eine Apfelsine. Ich habe sie sowohl in der Namib wie auch in der Kalahari angetroffen, im Sandfeld nur vereinzelt. Roh genossen erzeugt sie leicht Magen beschwerden und Durchfall. Man muß sie ebenfalls wie «inen Aschkopf in heißer Asche braten und dann nach dem Erkalten den Saft ausquetschen. Von Pferden wird sie nicht gefressen. Von den auf der Erde rankenden genießbaren Gewächsen ist noch eine ArtwilderEurkezu erwähnen. Der Bur nennt sie Kummer, der Hottentott Noa, der Herero Antias«. Ich habe sie, soweit ich im Lande herumgekommen bin, überall gefunden. Diese kleinen Gurken erreichen die Länge eines Zeigefingers, werden etwa zw«i Finger dick und sind mit weichen Stacheln bedeckt. Sie sind sehr saftig und geschält sehr erfrischend, haben auch nicht den faden Geschmack der Tschama. Wenn man sie unter Zusatz von Essig, Oel und Pfeffer in Scheiben schneidet, kann man sich muß jede Frucht gekostet werden, ob sie nicht bitter ist, da von all den eben beschriebenen Melonen und Eurkenarten süße und bittere Exemplare nebeneinander vorkommen. Meist find sie im Sande gut, in Rivieren und in lehmigem Boden bitter. Pferds und Ochsen fressen die Kummern sehr gern. Ich habe häufig beobachtet, daß besonders erstere sie den Tschamas vorzichen. An Bäumen und Sträuchern findet man zuweilen ein Ranken gewächs, dessen Blätter etwas an Wein erinnern, aber kleiner und tiefer eingeschnitten sind. Es ist dies das Gauro des Hottentotten und Omakunqu des Herero. Die reifen Früchte dieser Pflanze sind etwa fingerlange rote dicke Gurken. Noch grün werden sie von den Eingeborenen gepflückt und in heißer Asche geröstet gegessen. Eine Reihe von Pflanzen erinnert ihrem Geschmack nach mehr oder weniger an Kartoffeln. Zunächst gehört hierher eins von den Buren Onki, von den Hottentotten n Ghaus, vom Herero Ösen genannte Pflanze, die man aber nach ihrem Aus sehen auch zu den Zwiebeln rechnen kann. Der Geschmack ähnelt jedoch dem der Kartoffel. Dieses Knollengewächs mit schmalen lanzettenförmigen Blättern wächst meist in Rivieren oder auf rotem, selten und nur spärlich auf grauem und weißem Sand. Es wird in Asche geröstet und dann geschält genossen. Einge borene kochen die Onkis auch gern in Wasser oder noch lieber in Milch zu einem guten und sehr nahrhaften Brei. Eine größer« Art Onkis, auf Nama Sun Sun, in der Hererosprache Owiture genannt, wächst nur im Sande, besonders im Sandfeld, nicht aber in Rivieren. Zubereitet und genossen wird sie wie die gewöhn lichen Onkis. Eine für Nichteingeborene sehr schwer zu findende Feldfrucht ist die Ghabas, di« bei den Hereros Owikandu hrißt. Mir ist es noch nicht geglückt, selbständig eine zu finden, obwohl sie in hiesiger Gegend genügend vorkommt. Sie erscheint als eine Art Trüffel, in der Größe einer Kinderfaust, und kenn zeichnet sich im Sande nur durch eine kleine Erhebung mit einigen Rissen. Blätter find nicht vorhanden. Sie wird in heißer Asch« geröstet und schmeckt ganz gut. Eine merkwürdige Kartoffel brachte mir ein Feldherero in der Gegend von Epata; leider hatte er das Kraut fortgeworfen. Gr nannte sie Omongorua. Zunächst befindet sich unter der Erde eine runde Knolle mit einer dünne:: L^eüe rck bei juugeu Lärtüsselir. Au Lieser Kurllr