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Amts- M Alizckeblatt Abonnement oiertelj. 1 M. 20 Pf. einschließl. des „Jllustr. Unterhaltungsbl." u. der Humor. Beilage „Seifen blasen"' in der Expedition, bei unseren Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. für den Milk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag u. Sonn abend. Jnsertionspreis: die kleinspaltige Zeile 12 Pf. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pf. Trlegr.-Adreffr. Amtsblatt. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. Fcrnsprrchcr Nr. 2l0. .-n- 52. Jahrgang. Dienstag, den 19. Dezember «NOS General - Versammlung der Ortskrankenkasse für das Handwerk und sonstige Betriebe zu Eibenstock MltwoS, den 27. Dezember 1905. abends 8 Mr in Unger s Restauration am Albertplatz. 1) Stellungnahme gegen die beschlossene Kassenverschmelzung. 2) Vorlage und eo. Beschlußfassung betr. eines Nachtrags zum Kassenstalule wegen Erhöhung der Kassenbeiträge und Erhebung von Zusatzbeiträgen für die Familienversicherung. 3) Wahl des Rechnungsprüfungs-Ausschusses. 4) Ev. Neuwahl der ausscheidenden Herren Vorstandsmitglieder. 5) Ev. Weiteres. Die Herren Arbeitgeber-Vertreter und Arbeitnehmer-Vertreter werden ersucht, sich hierzu zahlreich einfinden zu wollen. Eibenstock, am 19. Dezember 1905. Der Borstand. HT'IIIivlin Hnxvr, Vorsitzender. Unsere poliMe Micht. Es naht die Zeit, in welcher wir an die Botschaft erinnert werden: „Friede auf Erden!" Wollte doch Frieden werden, bisher sieht es nicht danach aus! Dem Deutschen Reiche verkünden die Nachrichten aus den Kolonien noch nicht Tage fruchtbarer Friedensarbeit und die Botschaft des deutschen Reichskanzlers klingt eher nach Kriegstrommeten wie nach Friedensschalmeien. Im Innern unseres schönen Reiches aber waltet erst recht kein Friede. Je mehr die Bevölkerung an schwillt, desto erbitterter treibt der Erwerbskampf die Men schen gegen einander; je mehr der goldene Regen seit den 70er Jahren unser Volk gesegnet hat, desto mehr führt Be gehrlichkeit einen siegreichen Krieg gegen Anstand und Ehre, Pietät und Treue; und je notwendiger es wäre, das; die po litischen Parteien sich in begeistertem Opfermute für die Wehr haftigkeit des Reiches gegen die inneren und äußeren Feinde ihres nur durch Einigung groß gewordenen Vaterlandes einig fänden, desto heftiger und häßlicher hacken sie auf einander los. Wenn sie wenigstens unter einander blieben! Aber von den ältesten Zeiten ab haben Deutsche es nicht verschmäht, dem gemeinsamen Feinde sich zu verbünden, nur um sich ja nicht mit den anderen deutschen Stämmen und Staaten ver tragen zu müssen. Ist jetzt, Gott sei Dank, diese Schmach in der äußeren Politik ausgeschlossen, so ist sie es sicher nicht in der inneren Politik. Im Reiche, in den Landtagen und leider auch immer mehr in den Gemeinde-Vertretungen ge winnen die Sozialdemokraten Eingang und Einfluß. Wes halb? Weil die gut bürgerlichen Parteien und Kreise uneinig sind und weil deren Glieder es nicht verschmähen, Sozialde mokraten zu wählen, ja, mit ihnen zu paktieren, um angeblich ihre Mißstimmung über irgendwelche mißliebigen Zustände zu äußern oder aber mit Hilfe der Sozialdemokraten ihre eigenen Ziele und Interessen wuchtiger zu vertreten. Das hat man getan und tut es noch, obwohl der Wahn, als ob die deutschen Sozialdemokraten einer harmlosen und mehr theoretisch revolutionären Partei angehörten, die durch ihre ungeschminkte Sprache der Regierung gegenüber manchmal ganz gut wirke, der deutschen Bevölkerung genommen sein sollte. Denn die Verherrlichung der unmenschlichen Schauer szenen in Rußland, die blutige Tonart der „Rosa", die Be rauschung am Massenstreik und die Inszenierung öffentlicher Massenkundgebungen ü 1». Rußland lassen keinen Zweifel über die Blutsverwandtschaft unterer Sozialdemokratie mit der anarchistischen Partei. Derartige Leute wählen aber unsere Bürger zu Bundesgenossen gegen sonst geschätzte Mitbürger, nur wegen einiger anderer Ziele, die ganz und gar neben sächlich sind im Existenzkämpfe gegen vie Erzfeinde des bür gerlichen Friedens und aller staatlichen Ordnung, des Bürger tums, des Thrones und des Vaterlandes. Das ist nur zu verstehen, weikn man sich in unsere Zeit der schärfsten In teressenvertretung hineinzudenken vermag, in der es so blind wütige Vertreter persönlicher, Berufs-, Vereins- oder Partei interessen giebt, daß sie in ihrer fanatischen Feindseligkeit gegen Andersdenkende ganz die klare Vorstellung über den Charakter ihrer Handlungen, die sich oft mit Bürger- und Vaterlandstreue überhaupt nicht mehr vereinigen läßt, verlieren. Je offener deshalb bei unserer Sozialdemokratie ihre radikale Gesinnung zum Durchbruch gelangt, desto zwingender wird die Pflicht eines Bürgers, der sem Gewissen salvieren und in kein schiefes Licht kommen will, einer mit der Sozialdemo kratie liebäugelnden Partei die herbste Zurückhaltung zu be weisen; denn das Rot der Roten färbt ab! — Außerdem haben wohl noch alle, die, im Kampfe mit anderen bürgerlichen Parteien, die Sozialdemokratie zu Hilfe rieken, Haare lassen müssen. Es ist ihnen wie den beiden Hunden ergangen, die sich um einen Knochen balgten, der dritte Hund, welcher hin zukam, half keinem von beiden, wohl aber trug er den Knochen von dannen! Weshalb brauchen wir denn nur diese Sozialdemokraten zur Vertretung unserer Ueberzeugung ge genüber einer anderen achtbaren Ueberzeugung; unsere wird durch Vermischung mit der „roten" doch nicht weißer. Ent weder ist unsere Ansicht existenzberechtigt, dann ringt sie sich mit der Zeit schon durch, oder nicht, dann müssen wir an ständiger Weise unseren Irrtum ehrlich bekennen. Irrtum war noch nie eine Schande und verliert durch offenes Ein geständnis seine unangenehme Spitze. Jeder mag und soll seine Meinung männlich vertreten, auch nötigenfalls scharf bis aufs Messer, aber nur so lange sein Gewissen mit Stand hält und natürlich nur mit zulässigen Waffen und Mit streitern. Man soll auch den Gegner nicht verdächtigen und verunglimpfen, um ihn in der öffentlichen Meinung herab zusetzen, sondern lediglich mit der scharfen Waffe klarer Logik an der Hand von Tatsachen treffen. Dann können die Gei ster ruhig aufeinanderplatzen; nach der Aussprache, nach der Abstimmung oder nach der Wahl kann inan sich doch freund schaftlich d;e Hand drücken, denn die Achtung blieb. Wir haben uns dann gegenseitig geklärt und dadurch der Partei mehr genützt, als durch einen verdächtigen Sieg, der Gutge sinnte abstößt. — Aber die Politik verdirbt den Charakrer; ganz honette Leute verlieren in der Politik manchmal das rechte Gefühl dafür, was anständig und rechtlich ist. Daher artet eine einfache Meinungsdifferenz so leicht in persönliche Zwietracht aus; durch Zwietracht aber wird das größte Ge meinwesen zerrüttet. Kämen wir Deutsche doch endlich dazu, weniger Vereine zu bilden und mehr uns zu vereinigen in friedlicher, aber überzeugungstreuer Beratung gemeinen Wohles für Reich, Staat und Gemeinde aut dem festen Bo den konstitutioneller Gesinnung und rechter Königstreue, dann würde die gewonnene Zeit der Allgemeinheit zu Gute kommen, unsere gemeinsame Fnedensarbeit den vielen Lebehochs auf Kaiser, König und Vaterland viel mehr als bisher durch die Tat entsprechen, dem gemeinsamen Friedensstörer aber die Waffe entwunden und gegen ihn selbst gekehrt: denn nnr durch unsere Uneinigkeit ist er stark! Wollen wir im Innern unseres schönen Vaterlandes Frieden haben, dann müssen wir dessen ärgsten Feind durch unsere Einigung ohne Ansehung unserer belanglosen politischen Gegensätze kalt stellen und die Leidenschaftlichkeit aus dem Programm unserer politischen Arbeit mit anderen nicht rot gefärbten Parteien streichen. Die Leidenschaftlichkeit trübt unser Fassungs- und Urteilsvermögen und verrennt uns in Zwickmühlen, aus denen sich zu retten, Eigensinnige oft Schlimmeres tun, als sie zu tun je für möglich gehalten hätten. — Wollen wir es dazu kommen lassen, solche Skandal szenen in den Parlamenten zu erleben wie Oesterreich! Da hin treibt aber die Leidenschaftlichkeit in der Interessenver tretung, in der Politik. — Deshalb mag die Friedensbotschaft des Weihnachtsfestes uns auch politisch in die Herzen dringen und uns einig finden in friedlicher Arbeit fürs Gemeinwohl und in opferfreudiger Treue und Liebe zu Reich, Vaterland und Gemeinde zur Entwaffnung unserer gemeinsamen äußeren und inneren Feinde! Das sei unser Weihnachts- und Neu jahrswunsch, den wir der Germania huldigend zu Füßen legen. Nicht blos nach Westen spähe die deutsche Wacht! Feinde ringsum, Feinde im Innern! Gürte dein Schwert fester, Germania, damit deine Kinder in Frieden leben! Tattesgeschichte. — Deutschland. Der Reichstag hat sich am Freitag bis zum 9. Januar vertagt. — Der Reichskanzler ordnete die Charterung von Dampfern zum Schutze der deutschen Reichsange hörigen in Riga, Llbau und Reval an. — Berlin, 16. Dezember. General von Trotha ist gestern nachmittag gegen 1 Uhr in Berlin eingetroffen. — Berlin, 16. Dezember. Morenga hat am 8. Dezember einen erneuten Angriff auf Sandfontein gemacht, wobei von uns 5 Reiter fielen und 4 verwundet wurden. Die dem Befehl des Majors v. Estorfs zum Kampf gegen Morenga unterstellten Kräfte befinden sich m der Sammlung, welche einige Wochen beanspruchen wird. Die Abteilung des Rittmeisters Hägele warf am 8. Dezember östlich von Aub die Leute des Cornelius nach Süden zurück und verfolgte sie. Hierbei wurden ein Reiter schwer und ein Reiter leicht ver wundet. Bei Gubuoms, östlich von Aminuis, hatte am 5. Dezember die vierte Batterie ein zweites Gefecht gegen Hotten totten, in welchem der Feind drei Tote, 2 Gewehre. 8 Reit ochsen und 25 Stück Großvieh einbüßte. Auf deutscher Seite wurden ein Reiter schwer, ein Offizier und ein Reiter leicht verwundet. In dem bereits gemeldeten Gefecht dieser Batterie am 1. Dezember sollen außer dem Kapitän der Hoachanas- Hottentotten, Manasse, auch sein ältester Sohn Hodep und sein Schwiegersohn Gasap, sowie der Unterkapitän Hendrik Hektor gefallen sein. — Berlin, 16. Dezember. Gouverneur Graf Götzen telegraphiert aus Dar-es-Salaam: Songea 29. November durch Major Johannes mit 8. und 13. Kompanie entsetzt. Aus Mahenge liegen neue bedenkliche Nachrichten nicht vor. Die Detachements Freiherr von Wangenheim und Grawerl, zusammen 160 Mann, beabsichtigten zum Vormarsch auf Mahenge 12. Dezember Vereinigung in Kungulio am mittleren Rufidju Die 15. Kompanie unter Hauptmann Wunderlich marschierte am 14. Dezember von Dar-es-Salaam auf Moro- goro mit Major von Schleinitz, der mit 5. und 15. Kompanie die endgültige Beruhigung des Bcrglandes südlich Kilossa übernehmen wird. Oberleutnant Klinghardt ist nach Bis marckburg zurückgekehrt. — Oesterreich-Ungarn. Kaiser Franz Joseph Hal den Ministerpräsidenten Frhrn. v. Fejervary ermächtigt, den u n g a r i s ch e n Reichstag am 19. Dezember auf- zulöscn. — Rußland. Soweit die vorliegenden spärlichen Nachrichten ein Urteil gestatten, ist die bedrohliche Lage nach wie vor unveränder t. Der Zar empfing am 14. De zember eine Abordnung des Verbandes russischer Edelleute, eine des Verbandes der Großgrundbesitzer, der Monarchisten des Kirchenbannerträger-Vereins und des Vereins freiwilligen Schutzes sowie einige Bauern, die in Adressen betonten, daß die Selbstherrschaft bedroht sei. Außerdem bezeichnet die Adresse der Großgrundbesitzer die erbarmungslose Bestrafung der Unruhestifter als unerläßlich. — Frankreich. Die für Sonnabend nachmittag an gekündigte Stellungnahme der französischen Deputierten- Kammer zur Auslandspolitik Frankreichs und insbesondere zur Marokko frage hat einen Verlauf genommen, mit dem Deutschland sich nur einverstanden erklären kann. Statt sich in uferlose und ausfallende Debatten einzulassen, hat die Kammer mit tiefem Ernste eine kraftvolle und doch Ruhe und Mäßigung atmende Erklärung Rouviers entgegenge nommen und dann die Verhandlung, trotz der Einwendungen des Heißsporns Jaur^s, einfach abgebrochen und alles Weitere, ganz im Sinne der deutschen Staatsmänner, der Konferenz in Algeciras überlassend. Die Sitzung trug natürlich das Gepräge eines hochwichtigen Vorganges. In Erwartung bedeutungsvoller Dinge waren, wie ein Drahtbericht aus Paris meldet, Haus und Tribünen außerordentlich stark be sucht. Die Botschafter von Rußland, Oesterreich-Ungarn, Italien und der deutsche Geschäftsträger v. Flotow waren anwesend. Als Ministerpräsident Rouvier die Tribüne bestieg, herrschte tiefes Schweigen. In dieser Weise wurde die Er klärung Rouviers angehört, zum Schluffe gab es stürmischen Beifall. Mit 50 t gegen 50 Stimmen beschloß die Kammer, von einer Debatte abzusehen. In den Wandelgängen ver lautete, daß die Kammer, indem sie nach der Erklärung Rouviers den Schluß der Verhandlung über den Gegenstand beschloß, ohne Zweifel den Zweck im Auge hatte, daß man draußen verstehe, daß sie die Politik der Regierung ohne Vorbehalt gutheiße. Lokale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock. Auf freche Weise wurden dem hier auf der Rehmerstraße wohnenden Klempnermeister Herrn Schindler in der Nacht zum 11. d. M. von einem unbekannten Mann, der sich unter dem Vorgeben, bei einer hiesigen Firma in Arbeit getreten zu sein, daselbst einmietete, eine ganze Menge Gegenstände im Werte von ca. 70 Mk. gestohlen. Zwei Tage darauf hat der Mensch in Johanngeorgenstadt dasselbe Manöver ausgeführt. Die betreffende Person wird beschrieben als etwa 30 Jahr alt, 1,70 Meter groß, mit kleinem dunklen Schnurrbart, vorstehenden Backenknochen, hoher Stirn, das Haar etwas gekräuselt. Bekleidet war der Mensch mit dunklem Jacketanzua, schwarzem Ueberzieher und weichem schwarzen Filzhut. Wahrnehmungen, welche zur Ermittelung des Gauners dienen können, wolle man der Polizei oder Gendarmerie anzeigen. — Dresden, 14. Dezember. In der zweiten Kammer kam heute die sozialdemokratische Interpellation betreffend die Straßendemonstrationen gegen das bestehende Wahlrecht in Dresden und Chemnitz zur Verhandlung. Nach Begründung der Interpellation durch den Abg. Goldstein (Soz.) erklärte Staatsminister v. Metzsch, die Regierung be dauere das polizeiliche Einschreiten, aber die Polizeibehörde hätte auf keinen Fall ein Hinaustragen von Wahlrechtskund- aebungen auf die Straße dulden dürfen. Die Regierung hat die zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung er griffenen Polizeimaßnahmen durchaus gutgeheißen und wird alle Mittel zur Anwendung bringen, der Wiederholung der artiger Gesetzwidrigkeiten zu begegnen. Der Minister schloß