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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). AbonnementspreiS beträgt vierteljährlich l Mark 20 Ps. pr»nnm«rnnäo. Anzeiger Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden TageS des Erscheinens erbeten und die CorpusspaltenzeUe mit 10 Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Qrgan für den Stabtgemeinderalh, den Kirchen-- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 1. Sonnabend, den 1. Januar I88l. 6. Jahrg. Ium Aeujahr 1881. Dem Baum' der Zeit entfallen Blätter Geheimnißvoll und wunderbar. Sie rauschen in des Schicksals Wetter Hernieder leise Jahr um Jahr. Verwelkt durch Gluth, geknickt vom Sturm, Rauscht Blatt um Blatt herab vom Ast. Einförmig klingt dazu vom Thurme Der Stunden Schlag in banger Hast. Hast du genützt die flücht'ge Stunde, Verlorst du keinen Augenblick? Verstummt der Wunsch in deinein Munde: „O kehrte mir der Tag zurück?" Dann bist du glücklich zum Beneiden Und lebst zufrieden und vergnügt; Dann hast du nicht blos Zeit zu Zeiten, Hast gutes Werk zum Werk gefügt. War dir das Jahr ein Quell des Jammers, War's eine Noth und Last für dich? Und traf der Schlag des Schmerzenhammers Dich Armen hart lind fürchterlich? O sei getrost! Das Leid entschwindet, Wie Well' auf Welle leis' verrinnt. Der Sonne Glanz ist nicht erblindet, Ein neues, schön'res Jahr beginnt. Gott hat geholfen, hilft auch weiter. Er ist dem Mück, dein Licht und Stern. Wenn er dein Schirm und dein Begleiter, So bleibt des Kleinmuths Zweifel fern. Nicht wird dein Glaube fürder wanken; Es hat dein Gott sich treu bewährt. Du weihst ihm Liebe ohne Schranken, Wie Hoffnung deine Zukunft klärt. O gieb uns Allen, was wir brauchen, Der Seele Heil, dem Leibe Brod, Und daß wir haben stets vor Augen Dich, unserm Herrn, und dein Gebot! Erhalt' den Frieden unserm Lande, Und aus dem Boden ruf' die Frucht! Verleihe Segen jedem Stande Und tilge alle böse Sucht! O sei bei uns mit deiner Gnade, Mit deiner Liebe, deiner Huld! Verleih', daß uns kein Unfall schade, Vergieb uns freundlich unsre Schuld! O höre uns in Jesu Namen Und sei bei uns zu jeder Zeit! Was du auch thust, wir sprechen: „Amen! Sei hochgelobt in Ewigkeit!" - Lr. Neujahr. Wenn das Jahr sich seinem Ende zuneigt, wendet sich unser Blick rückschauend auf die verflossenen Tage und das ganze Leben mit seinem Streben und Wollen zieht an unserm geistigen Auge vorüber. Wie viele zerstörte Hoffnungen, zertrümmerte Illusionen, wie viele verblichenen Träume, wie zahllos geflossene Thränen begraben wir mit dem scheidenden Jahr! Manch lieber Platz an unserer Seite ist leer — der unerbitt liche Tod hat klaffende Lücken in Freundes- und Vermandtenkreisen gerissen. Stoch einmal gedenken wir bei Jahresschluß all' der Wohl- thaten und Liebesbezeugungen, die mir von den geliebten, den un vergeßlichen Todten genossen, und eine Thräne stiehlt sich heimlich in unser Auge, sie ist geweiht der schmerzlich-süßen Erinnerung an unsere Lieben. — Wie hart und stolz auch sonst die Menschen sein mögen, an diesem Tage richtet sich Jedermanns Blick mit ergebungsvoller De muth zu Gott, dem Allerbarmer. Mag die Stimmung bei den Meisten auch schon am nächsten Tage verfliegen, sie tönt doch manch mal in schmerzensbangen Stunden leise, ganz leise in der Brust nach und läßt die Menschen erkennen, daß Trost und Frieden und Ruhe nur im Uten Glauben an den allgütigen Vater zu finden ist. Da rum sind die Kirchen am letzten Tage des scheidenden Jahres auch voller als gewöhnlich und eine andachtsvolle Menge lauscht den heilverkttndenden Worten des Priesters. Die Rückerinnerung, das Nückschauen auf das verflossene Jahr hat Jeden die Fehler und Sünden erkennen lassen, die er begangen und auf vielen Gesichtern prägt sich die bitterste Reue über das Geschehene aus. Wohl ge lobt Jeder Besserung und es ist ihm in diesen Moment Ernst mit seinem Gelöbniß, aber nur zu rasch geht häufig der gute Vorsatz im heißen Lebenskämpfe verloren. Und der neue Tag bricht an, das erste Glied einer langen Kette voll Ungewißheit und Sorge. Steuer Muth, neue Lebenslust und neue Hoffnungen erfüllen die Menschenbrust. Weiter und weiter rollt das Zeitrad, wir merken es kaum an uns selbst, wie die Jahre vorüberfliegen, und nur an den Zeitabschnitten, bei Jahresschluß, bei Beginn des neuen Jahres schauen wir zurück in die Vergangenheit und wenden den Blick nach der Zukunft. Da erkennen wir, wie viele Hoffnungen und Wünsche, die unser ganzes Lebensglück aus machten, in Staub und Trümmer sanken und wehmüthiges Bangen erfüllt den Geist vor dem Schicksal, das räthselhaft, mit einem un durchdringlichen Schleier bedeckt, vor uns liegt. Wird sich der Kreislauf des Jahres vollenden und uns noch unter den Lebenden antreffen? Wir wissen es nicht, dunkel und ungewiß liegen unsere Schicksalswege vor uns, aber ernst und hoffnungsvoll sehen wir der Zukunft entgegen. Die Natur draußen liegt noch im Todesschlummer, eine weite weiße Schneedecke umspannt das unten keimende und knospende Leben, und darüber hinweg tönen die Glockenklänge, die das neugeborene Jahr einleiten und Verkündigung bringen von Gottes unendlicher, unermeßlicher Güte.