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Wilsdruffer Tageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreisr die Lgejs oUtn« Bovvxelie 20 Dpfg., die 4gefpaltene Zeile der anztliche» Bekanntmachvvgev 4V 2 eiche* Pfennige, die Zgefpaltene Beklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. S-achweisungsgebühr 20 Reichspfenvige. Dor* geschriebeneErscheinungs- LH»—4 .LL « tage und Platzvorsciristen werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeige«. V«ue yogerer ^ewau, —— - 7- «tteg oder sonstiger Be- H 1 annahmebisvorm.10Uhr. — Für die Richtigkeii de, riedsftörungen besteht Keir Anspruch ous^fteserung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung >11 V durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Zeder Aadattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch eingefandter Schriftstücke erfolgt i^ur, wenn Porto beiliegt. Klage eingezvgen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gertchts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 258 — 91. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag, den 3. November 1932 Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, La» .WMdruffkr Tageblatt» ettchrinl an allen Werlliagen nachmittag-, s Uhr. Bezngrpreir monatlich 2,— NM. rei Haus, bei Poftbeftellung 1,8V RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpsg. Alle Postanstalten, Post, n-Lme'u Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend SteoergutscheineWdSlelmMstände Die Steuergutscheinverordnung und die dazu er gangenen Durchführungsbestimmungen sehen bekanntlich vor, daß Steuergutscheine nur an diejenigen Steuerzahler ausgegeben werden, die ihre steuerlichen Verpflichtungen pünktlich erfüllt haben. Ist ein an sich Gutschein- bcrechtrgter mit den gestundeten Steuern im Rück stände, so kann das Finanzamt die auszugebenden Steuergutscheine zurückbehalten und sie als Sicherheit nach Z 381 AO. behandeln, d. h. verkaufen und den Erlös zur Begleichung der Steuerrückstände verwenden. Dieses Zurückbehaltungsrecht des Finanzamtes besteht nicht nur, wenn jemand mit den gutscheinfähigen Steuern selbst, d. h. mit Grundsteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer oder Veförderungsstener im Rückstände ist, sondern schlechthin für Steuerrückstände jeder Art, mögen diese bei den Finanzämtern oder bei den Hauptzoll- oder Zollämtern, bei den Landes- und Gemeindebehörden, ja sogar bei den Kirchenbehörden bestehen. Bei einer starren Durch führung dieser Vorschrift muß befürchtet werden, daß die mit der Steuergutscheinverordnung erstrebte Ankurbelung der Wirtschaft zu einem großen Teil wieder illusorisch wird. Eine derartige Handhabung der Bestimmungen würde aber nicht nur der Wirtschaft nachteilig sein, sondern auch auf den Finanzämtern vor Ausgabe der Steuergutscheine erst eine Fülle von Anfragen bei anderen Steuerbehörden nach dort etwa vorhandenen Steuerrück ständen erforderlich machen. Dadurch würde ein außer ordentlich umfangreicher und überflüssiger Schriftwechsel der Behörden untereinander einsetzen. Es ist daher sehr zu begrüßen, daß der Reichsfinanzminister sich unter dem 13. Oktober 1932 zu Anweisungen an die Nachgeordneten Finanzämter entschlossen hat, die einer unterschieds losen Ausübung des Zurückbehaltungsrechts entgegen- treten. Der Rcichsfinanzminister weist darauf hin, daß eine zu rigorose Handhabung des Zurückbehaltungsrechts gegen den Sinn der Stenergutscheinverordnung verstoßen würde, der gerade dahinginge, der notleidenden Wirt schaft durch Hingabe der Steuergutscheine die Möglichkeit zu geben, sich Büttel zur Wiederbelebung der Wirtschaft zu verschaffen. Das Zurückbehaltungsrecht soll daher von den Finanzämtern grundsätzlich nicht ausgeübt werden, wenn der Gutscheinbercchtigte mit Steuern im Rückstände ist, die vor dem 1. Oktober 19 3 2 fällig geworden und zu entrichten waren. Es ist ferner ausgeschlos sen, wenn die Rückstände an laufenden, d. h. nach dem 1. Oktober 1932 fällig gewordenen Steuern, im Verhält nis zu den Beträgen, für die der Steuerpflichtige Steuer gutscheine zu erhalten hat, gering sind. Zur Erläuterung der vorstehenden Anweisungen diene folgendes Beispiel: Ein Steuerpflichtiger hat am 10. Oktober 1932 1000 Mark Umsatzsteuer zu entrichten; für seine gleichfalls am 10. Oktober 1932 fällige Einkommensteuerrate von 60 Mark hat er Stundung beantragt, die aber vom Finanzamt nicht gewährt wurde. Wenn der Steuerpflichtige nunmehr mit seiner Einkommensteuerrate von 60 Mark im Rück stand bleibt, am 17. Oktober 1932 aber die füllige Umsatz steuer zahlt, so ist von dem Zurückbehaltungsrecht nicht Gebrauch zu machen, da der rückständige Betrag von 60 Mark im Verhältnis zu dem gutscheinfähigen Betrag von 400 Mark (40 Prozent von 1000 Mark) als gering zu bezeichnen ist. Bemerkt sei im übrigen noch, daß die Steuergutschein- verordnung ein Zurückbehaltungsrecht nur bei Steuer gutscheinen für Steuerzahlungen vorsieht und daß auch hier eine Zurückbehaltung immer nur in Höhe des betreffenden Steuerrückstandes, nicht aber darüber hinaus zulässig ist. Dagegen ist bei den Steuergutscheinen für Mehrbeschäftigung von Arbeitnehmern kein Zurückbehaltungsrecht vorgesehen, vielmehr hier die Wirt- schaftsankurbelung von steuerlichen Gesichtspunkten aus sreigemacht worden. Wejlerkeschöftigimg tmsgelernier Lehrlinge ist Mehreinftelkmg. Auf eine Eingabe des Reichskartells des selbständigen Mittelstandes hat der Reichsarbeitsminister dem Kartell folgende Entscheidung mitgeteilt: .Wenn einLehrling nach Ablauf seiner Lehrzeit nicht aus einem Unternehmen ausscheidet, sondern als GeselleoderHandlungs- gehilfe oder sonst gegen Entgelt im Betriebe weiter beschäftigt wird, so ist diese Wetterbeschäftigung regel mäßig als Mehrbeschäftigung eines Arbeit nehmers im Sinne der Verordnung des Reichspräsidenten zur Belebung der Wirtschaft vom 4. September 1932 ao- ruseben." Veränderung in den deutschen Auslandsvertretungen. Der Reichspräsident hat eine Reihe von Ernennun gen im diplomatischen Dienst vorgenommen, darunter unter anderem: den Ministerialdirektor z. D. Dr. Zechlin zum Gesandten in Mexiko, den Gesandten z. D. Dr. h. e. Freytag zum Gesandten in Lissabon, den Gesandten ' ^n Bülow (Asuncion) zum Generalkonsul in Kalkutta, den bisherigen Untergeneralsekretär des Völkerbundes Dufour» Lerynce zum Gesandten in Belgrad. Vie Kontingentierung kommt Wichtige Beratungen der Reichsregierung. Bayern und das Reich. Die Reichsregierung ist am Mittwoch zusammen- gctreten, um abschließend zur Durchführung der Kontin gentierungspolitik Stellung zu nehmen. Atan rechnet all gemein damit, daß. die Reichsregierung die Vorlage am Donnerstag endgültig verabschieden wird. Jedenfalls hat Reichskanzler von Papen sich in diesem Sinne einer Ab ordnung von deutschnationalen Landtagsabgeordneten gegenüber geäußert, die er vor der Kabincttssitzung emp fangen hat. Vorgesehen in der Sitzung des Reichskabinetts war «. a. auch die Behandlung des Verhältnisses zwischen Reich und Preußen, die nach der Ernennung von neuen stellvertretenden Reichskommissaren für Preußen besonders in Süddeutsch land, vor allem aber in Bayern Verstimmung hervor gerufen hat. Diese Verstimmung hat dazu geführt, daß sich der bayerische Ministerpräsident Dr. Held zu schweren Angriffen auf die Reichsregierung hat Yinreitzen lassen, die nach Ansicht des Reichskabinetts in so auffallender Form erfolgt sind, datz die Reichs regierung die Beziehungen zu Bayern, deren Pflege sie sich besonders angelegen lassen sein sollte, wieder ein schränken wird. Es wird insbesondere kein weiterer Besuch des Reichsvertreters Freiherrn von Lersner beim bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Held stattfinden, so datz die bayerische Staatsregierung einstweilen andere Wege benutzen muß, um sich über die politischen Absichten der Reichsregierung zu unterrichten. Von bayerischer Seite wird zu dem Streitfall betont, daß das Vorgehen der Reichsregierung gegen Preußen nach Ansicht der süddeutschen Länder in Widerspruch zu den Versprechungen stehe, die sowohl Reichskanzler von Papen bei seinem Besuch in München als auch Reichsinnenminister von Gayl bei seinem letzten Aufenthalt in Bayern den bayerischen Regierungsstellen gegenüber abgegeben hat. Von zuständiger Reichsstelle wird demgegenüber darauf hingewiesen, daß irgendwelche Zusagen in München nicht gegeben worden seien, außer der einen, daß sich grundsätzlich an dem Verhältnis zwischen Reich und Preußen nichts ändern werde. Die jetzigen Maßregeln der Reichsregierung hätten sich aus schließlich im Rahmen des Leipziger Urteils bewegt, und das Verhältnis zwischen Reich und Preußen werde davon grundsätzlich nicht berührt. Die Ankündigung der Reichsregierung, daß vorder hand über ihre Absichten und Pläne mit der bayerischen Regierung zur Unterrichtung keine Verbindungen aus genommen werden sollen, wird sich nicht aus die Verfassungsplänedes Reichs kabinetts erstrecken. Me Reichsregierung hat vielmehr die feste Ab sicht, vor der Beschlußfassung im Kabinett die Länder regierungen über die Berfassungspläne zu unterrichten und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Entwurf der neuen Verfassung wird also, ehe er vom Rcichskabinett verabschiedet wird, Gegenstand ausgiebiger Verhandlungen zwischen dem Reich und den Ländern sein. Gleichzeitig hält die Reichsregierung an ihrem Plan fest, einen Sachverständigenausschuß, dem sowohl Theo retiker wie Verfassungspraktiker angehören sollen, zur Be handlung der Versassungssrage einzuberufen. Der Aus schuß wird höchstens zehn Mitglieder umfassen. Hel- gegen Papen. Neue Angriffe auf die Reichsregierung. Der geschäftsführende bayerische Ministerpräsident Dr. Held gab vor der Presse in München neue Er klärungen zu dem Vorgehen des Reiches gegenüber Preußen ab. U. a. sagte er: Der Lösung des Dualismus Reich — Preußen habe sich Bayern niemals entgegen gestellt, sondern es habe nur verfassungsmäßige Garantien verlangt, datz die übrigen Länder nicht durch die ein tretende Verschiebung von dem neuen Reich in ihren Eigen rechten bedrängt und etwa als selbständige Staaten ab gesetzt werden könnten. Sowohl Reichskanzler von Papen anläßlich seines Münchener Besuches wie Reichsinnen minister von Gayl beim Abschluß der Ostmarkreise hätten zugesichert, daß man sich, wenn etwas geschähe, mit Bayern und den übrigen Ländern in Verbindung setzen würde, damit nicht neue Schwierigkeiten entständen. Versprechun gen materieller Art und in konkreter Hinsicht seien aller dings nicht gemacht worden. Nun habe Reichskanzler von Papen in einer telephonischen Unterhaltung mit ihm am letzten Samstag erklärt, daß er (Minister präsident Dr. Held) mit dem Telegramm an den Reichs präsidenten nichts anderes erreichen werde, als daß Ber liner Blätter schreiben, Held leiste wieder einmal Herrn Braun Hilfsdienste. Dazu habe er erwidert, daß er nur das Recht und die Wahrheit verteidige. „Die Unterschiebung derartiger Motive sei eine so ver ächtliche Kampfeswcise, daß sie niemals an die Größe seiner eigenen Verachtung heranreichen könne." (!) Bayern habe nach dem Leipziger Urteil gehofft, die Reichsregierung würde nun sachlich mit den Ländern be raten, sie habe das nicht getan, sondern in rascher heim licher und unverständlicher Weise Tatsachen geschaffen, die mit dem Urteil nicht vereinbar seien. Die Reichsregierung habe vollend eteTatsachen geschaffen, indem sie die neuen Reichsminister bestellt und mit der Führung preu ßischer Ministerien beauftragt, indem sie preußische Ministerien aufgehoben oder mit Reichsministerien ver einigt habe. Es stehe fest, daß man erstens feierlich ge gebene Versprechungen nicht eingehalten, zweitens die ge botene Rücksicht auf das Leipziger Urteil und seine Be gründung außer acht gelassen und drittens die Länder nicht rechtzeitig informiert habe. Bayern sei für Reichsreform, aber „nicht mit den Mitteln des Staatsstreichs oder des Artikels 48". Nun heiße es, die Reichsregierung werde mit Bayern nicht mehr verkehren. Derartige Drohungen seien sehr töricht und politisch nicht ungefährlich. Der Minister präsident schloß mit der Versicherung, wenn beim Reich genau derselbe gute Wille vorhanden sei wie bei Bayern, dann sei auch heute die Möglichkeit noch nicht aus geschlossen, daß es zu einer Verständigung unter den von Bayern umschriebenen Voraussetzungen kommen könne. Der Generalsekretär der Deutschen Zentrumsfraktion, Dr. Vockel, MdR., sprach in Hildesheim über verfassungs rechtliche Fragen. Auf die Rede des Neichsinenministers ein gehend, in der zum erstenmal die Verfassungsrcsormpläne ver Negierung dargestellt wurden, sagte Dr. Vockel: Eine Änderung des Artikel 54, des Kernstücks der deutschen Reichsverfassung, sei vom Standpunkt der praktischen Erfahrung nicht akut, denn die verantwortungsbewußten Parteien hätten seit 1919 von den Rechten des Artikels 54 nur sehr maßvoll Gebrauch ge macht. Zu der Frage der Änderung des Wahlrechts betonte Vockel: „Wir sind durch die Andeutungen des Reichsinnen- ninisters auf das tiefste enttäuscht. Es ist uns nicht möglick», uns mit Plänen zu beschäftigen, die uns hinter Bismarck zurücksühren, zumal in diesen Vorschlägen der Pserdefutz der Stimmungsmache bei einzelnen Gruppen des Volkes deutlich zu erkennen ist." Das Flugzeug S. 724 verunglückt. Fünf Personen getötet. Die zweite deutsche Flngzengkatastrophe innerhalb kurzer Zeit. Vor etstigen Tagen erst traf uns die Trauer botschaft, daß ein deutsches Postflugzeug während der schweren Stürme, die im Kanal und an der Küste Eng lands und Frankreichs herrschten, in der Nähe der engli schen Küste verunglückt sei, und daß zwei wagemutige Piloten den Tod gefunden hätten, und nun gelangt die Kunde von einer neuen, noch schwereren Flugzeugkata strophe zu uns. Auf dem Fluge von Nürnberg nach Frankfurt a. M. verunglückte am Mittwoch mittag gegen 12 Uhr 50 Minnien dasFlugzeug „D. 724" (Typ Junkers „F. 13") bei Echterspfahl in der Nähe von Rohrbrunn im Spessart. Die Insassen des Flugzeuges, Oberregierungsrat Weindner und Regierungsrat Eschenbach vom Landes- sinanzamt München, der kaufmännische Angestellte Richter von der Münchener Flugleitung und die Besatzung, Flug zeugführer Anton Schulz und Funkermaschinist Karl Frank, fanden den Tod. An -er Ltnglücksstette« Bericht eines Augenzeugen. Nach dem ersten Bericht eines Augenzeugen des Flugzeugunglücks herrschte bei der Katastrophe dichter Nebel, so daß nur ganz geringe Sicht auf wenige Meter möglich war. Das Flugzeug flog außerordentlich niedrig über den Waldungen zwischen Echtertal und Webersbrunn. Nach dem unregelmäßigen Arbeiten des Motors zu schließen, muß während des Fluges ein Motordefekt eingetreten sein. Plötzlich setzte der Motor aus und das Flugzeug stürzte mit starkem Aufprall in den Wald. Der eine Flügel ist abgebrochen und steht aufrecht im Walde. Das Flugzeug selbst hat sich 100 Meter davon entfernt in den Boden eingebohrt und ist völlig demoliert. Beim Absturz . geriet das Flugzeug in Braud, < jedoch nahm das Feuer nur geringe Ausdehnung an, da sich die Maschine sofort in die Erde einbohrte und das Feuer erstickte. Zunächst konnten nur vier Leichen