Volltext Seite (XML)
en 50 nt in Wochenblatt Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Licbenlchn und die U»gtgcndkn. Umtsökatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 33. Freitag den 29. April 1870. TageSgeschichte. Da es zur Kenntniß des Ministeriums des Innern gekommen ist, daß in einzelnen Theilen des Landes das Einsangen wilder Vö- gel Seiten solcher Personen, welche dazu nicht berechtigt sind, noch immer in großem Umfange betrieben wird, so hat dasselbe eine Ver ordnung erlassen, in welcher auf die diesfallsigen verbietenden gesetz lichen Bestimmungen (im Jagdgesetz vom 1. December 1864) auf merksam gemacht wird. Die Polizeibehörden sind ferner veranlaßt worden, rücksichtlich des Feilbietens wilder Vögel innerhalb der ge ordneten Schon- und Hegezeit der Vorschriften'in Z. 30 des Jagdge setzes, nach welcher auf Zuwiderhandlungen Geldstrafe bis zu 50 Thlr. oder Gefängniß bis zu 6 Wochen gesetzt ist, unnachsichtlich nachzugehen. Das neue Hoftheater in Dresden, dessen Plan Professor Semper bereits vollendet hat, soll ein Prachtbau werden, der sich eben so sehr durch Schönheit und Zweckmäßigkeit, als durch Origi nalität der Anlagen auszeichnen wird. Semper hat hierbei den selben leitenden Gedanken durchgeführt, welchen er seiner Zeit den Plänen zu Grunde legte, die für das neue, nach Richard Wagners Principien in München projectirte Festtheater entworfen wurden. Der Grundplan nähert sich dem der griechischen Bühne, mit ihrer amphitheatralischen Anordnung des Zuschaucrraums; Wagners Idee des unsichtbaren Orchesters soll im neuen Dresdner Theater zur Aus führung kommen. Dem entsprechend wird auch Vie Farads eine we sentlich andere werden, als beim alten Theater. Der Verein für Verschönerung von Neu- und Antonstadt- Dresden hat sich die löbliche Aufgabe gestellt, diesem Theile der Residenz, der beiläufig eine Bevölkerung von 66,000 Seelen umfaßt, ein besonderes Theater zu beschaffen. Wie weit er diesem Ziele nahe getreten, beweist ein an sämmtliche Bewohner dieses Sladt- thcils erlassenes Circular, in dem esu. a. heißt: „Mit hoher Muni- ficenz hat Se. Majestät unser allvcrehrter König durch das Königl. Hausministerium zugcsagt, die Verzinsung des Baukapitals nach Höhe von 150,000 bis 200,000 Thaler für das zu errichtende Theater zu 5 Procent auf Seine Cipilliste als ein, gegen Jnnebehaltung aller Einnahme vom Hause, zu gewährendes Pachtquantum zu übernehmen und der Intendanz der Königlichen Hofbühne die Regie des für Neu- und Antonstadt zu schaffenden Theaters zu überweisen; und mit dankenswerther Bereitwilligkeit hat die Stadtgemcinde durch Stadt rath und Stadtverordnete den erbetenen Bauplatz — das auf dem Bautznerplatz ausmündcnde, von der Vantzner Straße und dem Pro menadenwege begrenzte Areal — unentgeltlich bewilligt." — Nächst- dem wendet sich das Circular an die Opferwilligkeit zunächst der Neu- und Antonstädter, um für 30,000 Thlr. Stammactien zu 3"/<» und überdies etwa 20,000 Thlr. freiwillige Beiträge aufzubringen. Die persönlichen Bemühungen des betr. Vereins haben, wie es weiter heißt, binnen wenig Tage,' zu dem erfreulichen Resultat geführt, daß nicht nur jene 30,000 Thlr., sondern bis zum Druck des Circulars 44,800 Thlr. gezeichnet und von denselben Personen noch 2700 Bei träge in Aussicht gestellt sind. Die daher noch zu deckende Summe ist klein und wird jedenfalls binnen kurzer Zeit beschafft sein, so daß mit dem Bau vorgeschritten werden kann. In der Nacht zum 19. d. M. ist bei»: Gutsbesitzer Schönhals in Oberjahna b. Meißen, während seine Dienstleute bis auf den 16- jähriaen Dienstknecht zu Tanze waren, mittelst Eindrückens einer Fensterscheibe in die im Parterre gelegene Wohnstube eingebrochen worden; Schönhals selbst aber von den Dieben, unter dem Vor wande, daß ein Pferd aus dem Stalle in den Garten gelaufen fei, aus seinem Schlafzimmer in die Hausflur gerufen und daselbst von hinten überfallen und mittelst eines Knüppels zweimal auf den Hin terkopf geschlagen worden, wodurch er zum Fallen gekommen, jedoch noch bei Besinnung geblieben ist, um nach Hilfe rufen zu können. Der Umstand mag auch die Thüter von weiteren Angriffen abge halten haben, worauf sie auch flüchtig geworden sind. Diejenige Frauensperson, welche vor einigen Tagen ihr 4 Mo nate altes Kind bei einer Familie im Dorfe Briesnitz bei Dres den heimlich zurückgelassen hat, ist jetzt, wie das „Dr. I." mittheilt, ermittelt und der zuständigen Behörde zugeführt worden. Am 26. April hat sich in Dresden ein Schützenunteroffizier in seinem Quartier erschossen. Das „L. T." berichtet aus Leipzig vom 23. April: Bei einer am gestrigen Tanzabend im Strauß'schen Salon zu Markkleeberg stattgefundenen Prügelei ist der etwa 26 Jahre alte Maurer Gustav Colditz von dort durch einen vcrinuthlich mittels eines Messers ihm beigebrachten, tief in den Hinterkopf eingedrungenen Stich dermaßen verletzt worden, daß er bereits am heutigen Vormittag in der elften Stunde infolge dessen verstorben ist. Der Schuldige ist dem Verneh men nach zur Zeit noch nicht ermittelt. Frankenhausen, 23. April. Vorgestern Abends wurde der 11V2 Jahr alte Sohn des Fabrikarbeiters Sommer in Crimmitschau, welchen man seit dem 1. April d. I. vermißt hatte, im Mühlgraben der Pleiße hier todt aufgefunde» und gestern Abends auf unserm Friedhöfe zur Ruhe bestattet. Der Knabe hatte am gedachten Tage nur des Vaters Pfeifcnkopf zerbrochen und war bald darauf, wahr scheinlich aus Furcht, obgleich er früher fast noch gar keine Strafe erhalten hatte, spurlos verschwunden. Königswartha, 25 April. Heute Morgen in der 9. Stunde brannten in Hoske bei Wittichenau 4 Vauergüter darnieder; auch hat iu den frühen Morgenstunden ein Schadenfeuer in Klein-Zeisig bei Hoyerswerda stattgefunden. Nach einer in Görlitz angekommenen telegr. Mittheilung, ist das ganze Dorf Klein-Zeisig bis auf eine einzige Besitzung vollständig niedergebrannt. Ob Menschenleben ver unglückt sind und wie groß der Schaden, ist noch unbekannt. Mittelherwigsdorf bei Zittau, 22. April. Gestern Abend in der 7. Stunde brach in dem massiven Wohnhause des Gutsbe sitzers Jentsch hier Feuer aus und nur durch schnelle Hilfe ist cs ge lungen, den Brand zu löschen. Leider ist wiederum bei diesem Brande ein Menschenleben zu beklagen, indem bei Dämpfung des Feuers der daselbst auf Tagearbeit sich befindende Bczirksarmcnhäus- ling Hille von hier verbrannt und leblos aufgefunden wurde. Muth- maßlich hat sich derselbe etwas angetrunken mit brennender Cigarre oder Tabakspfeife in das Bett gelegt, ist einqeschlafen und dadurch der Brand veranlaßt. Hannover, 23. April. Die gestrige Nummer der „Deutschen Volkszeitung" ist polizeilich mit Beschlag belegt worden wegen eines Artikels mit der Ueberschrift „Friede." In demselben heißt es: „In Gedichten und Leitartikeln habe die annexionistische Presse zur Oster feier den Frieden besungen. Die Friedenswahnung fließe nicht aus einer stetigen echt preußischen Gesinnung, denn in Preußen werde ja der König als die höchste Entfaltung der Cultur gepriesen. Preußen habe als Militärstaat den Beruf zum Kriege und zu Eroberungen. ES könne allerdings den ernstlichen Mansch hegen, innerhalb des norddeutschen Bundes überall Frieden und Versöhnung zu stisten; aber Versöhnung sei zwischen Lug und Wahrheit, Gewalt und Recht, Blut und Eisen und dem menschlich reinen Schlag des Herzens nicht denkbar. Die Größe und Macht könne auf dem von Preußen betre tenen Weg nie znr Wahrheit werden; das Recht der Eroberung sei ein Recht der Barbarei, auf welches sich zu berufen für jeden civi- lisirtcn Menschen eine Schande; dies sogenannte Recht habe uns der edelsten Rechte beraubt; der Kitt von Blut und Eisen, durch den wir mit Preußen zusammengefügt, seien furchtbare Fesseln u. s. w. Da gebe es nirgends einen Anknüpfungspunkt für die Versöhnung; es sei vielmehr eine freche und übermüthige Unverschämtheit, zu ver langen, daß wir auf Mahnungen zur Versöhnung hören, so lange in unsern Wunden der Schmerz erlittenen Unrechts wühlt. Dieser Schmerz werde nicht enden, bis das Unrecht voll und ganz gesühnt sei. Bis dahin kein Frieden, keine Versöhnung; bis dahin ist jener ein Phantom, diese ein Trug." Man schreibt aus Wien, Sonnabend, den 23. April: „Die morgen erscheinende „Amtszeitung" wird eine Potocki und Tschabu- schnigg kontrasignirte allerhöchste Entschließung veröffentlichen, welche Amnestie aller Preßdelikte und Niederschlagung anhäniger Preß prozesse ausspricht. Privatklagen sind ausgenommen. Die Wiener „Montags-Revue" wälzt alle Schuld der sehr miß lichen Verhältnisse Oesterreichs auf den Reichskanzler. Sie sagt: I „Die Entwickelung der Dinge seit acht Tagen ist eine für die Ver-