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Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Wochenblü^ fÜk WWdkUff UNd ÜMgegLNd Postscheckkonto Leimig 28614 Dieses Block enchatt die amttkchen Bekanntmachungen der AmtshauptmaNnschast Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Vorleger mrd Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. 80. Jahrgang Nr. 205. Freitag den 2. September 1921. Amtlicher Teil. wird hiermit bekannt gemacht, daß bei Ent- SS» stehung eines Schadenfeuers i« der Stadt so ¬ fort durch fortgesetztes Anschlägen der Glocke auf dem Rathausturme alarmiert wird. Außerdem werden noch wie bisher die dritte und die große Glocke der Nicolaikirche an geschlagen. — Bei auswärtigen Bränden bleibt daS bisherige dreimalige Anschlägen der Rathausglocke auch weiterhin beibehalken. Ebenso wird bei auswärtigen Bränden die Richtung wie bisher am Tage durch eine Fahne und abendS durch eine Laieme gekennzeichnet. Wilsdruff, am 31. August 1921. Der Stadtrot. Bekanntmachung der Allgemeinen Ortskrankenkasse Wilsdruff-Land. Die Neuwahl der Mitglieder des Ausschusses findet am Sonntag Sen 16. Ok- tober 1921 im »Gasthof zum Weißen Adler* in Wilsdruff in der Zeit von vor mittags S bis nachmittags 2 Uhr statt für die Arbeitgeber im großen Saale, für die Versicherten im weißen Saale. Zu wählen sind: 18 Arbeitgebervertreter und zwar: 6 Vertreter als Ausschußmitglieder, 12 Vertreter als Ersatzmänner und 36 Versicherteuvertreter und zwar: in Gruppe 10 Vertreter als Ausschußmitglieder, 20 Vertreter als Ersatzmänner, in Gruppe S 2 Vertreter als Ausschußmitglieder, 4 Vertreter als Ersatzmänner. Die Wahlberechtigten werden hiermit aufgefordert, Wahloorschläge bis spätestens 17. September 1921 bei dem unterzeichneten Kafsenvorsitzenden einzureichen. Wahl vorschläge, die nach diesem Tage eingehen, können nicht berücksichtigt werden. Die Wahloorschläge liegen nach ihrer Zulassung in der Hauptgeschäftsstelle in Klipphausen zur Einsichtnahme aus. Bei dsn örtlichen Meldestellen können auch die als Wählerlisten bienenden Arbeitgeber- und Mitgdederverze chmsss eingesehen werden. Etwaige Einsprüche gegen die Richtigkeit der Verzeichnisse sinv bei Vermeidung des Ausschluffes spätestens 4 Wochen vor dem Wahltag unter Beifügung von Beweismitteln bei dem Kaffmoorstand einzulegen. Es wird darauf hingewiesen, daß der Wahlausschuß befugt ist, die Wahl- und Slimmberechtigung jeden Wählers zu prüfen und es empfiehlt sich daher, einen Ausweis zur Wahlhandlung mitzubringen. Im übrigem wird aus die Bestimmungen in Z 86 der Satzung und die derselben ang>fügte Wahlordnung aufmerksam gemacht. si»? Klipphausen, am 25. August 1921. Der Vorstand. O. Friedrich, Vorsitzender. Kleine ^eituna für eilige Leser. * In Berlin und anderen Städten des Reiches sanden große Demonstrationen infolge der Ermordung Erzbergers statt. * Der Belagerungszustand für Mitteldeutschland und Ost preußen ist ab 1. September aufgehoben worden. * Die französische Kammerlommission für finanzielle Ange legenheiten hat einstimmig erklärt, daß die Bestimmungen des Friedensvertrages es nicht zulassen, daß Frankreich bei Ver teilung der ersten deutschen Milliarde übergangen wird. * Die Griechen haben mit der Räumung von Eskischehir be gonnen und die Stadt in Brand gesteckt. * Der Sonderfrieden zwischen Amerika und Ungarn ist in Budapest unterzeichnet worden. * Der amerikanische Marinestaatssekretär Derby hat erklärt, daß nach dem Unfall des englischen Luftschiffs „L. R. 38" Amerika keine größeren Luftschiffe mehr in Auftrag geben wird. Deutschfeindliche Treibereien. Wenige Tage nach der Unterzeichnung des deutsch amerikanischen Friedensvertrages ist auch mit Italien ein sogenannter Wirtschaftsvertrag zustande gekommen. Er steht selbstverständlich auf dem Boden der Gleichberechti gung beider Teile und trägt der Tatsache vollauf Rech nung, daß im Handelsverkehr zwischen uns und unseren ehemaligen Verbündeten nicht nur von einer Seite ge geben, nicht nur von der anderen Seite genommen wird. Es ist eine Art Rahmenvertrag, der der Ausfüllung durch die Wirtschaftsträger hüben und drüben bedarf. Je mehr auf unserer Sette die Erzeugung gesteigert, alle Kräfte zur Überwindung der Wirtschaftsschwierigkeiten zusammenge rafft werden, desto größer wird der Nutzen sein, den wir aus diesen erneuerten Beziehungen zum Süden werden einheimsen können. Und mit dem wirtschaftlichen Vorteil pflegt neuerdings, noch mehr als je zuvor, der politische Hand in Hand zu gehen. Leider wird die Befriedigung über diesen Vertrag Lurch einen Zwischenfall äußerst herabgemindert, der kurz vor der Unterzeichnung in Nom hervortrat. Ein italieni sches Blatt veröffentlichte einen angeblichen Geheimbericht des zur deutschen Gesandtschaft gehörenden Herrn v. Sto- becker, in dem mit deutlich zwischen den Zeilen durch schimmernder Freude festgeflellt wurde, daß Deutschland wieder nahe daran sei, sich zum Herren des italienischen Wirtschaftsmarktes zu machen. Leicht begreiflich, baß der deutschfeindliche Teil der italienischen Presse sich auf diese Veröffentlichung stürzte, und daß daraus schwere Vor würfe gegen unsere amtliche Vertretung in der italieni schen Hauptstadt hergeleitet wurden. Die deutsche Bot schaft säumte keinen Augenblick, mrd erklärte auf das bündigste, daß hier eine Fälschung vorliegen muffe, denn von einem Geheimbericht des bezeichneten Inhalts sei ihr nicht das mindeste bekannt. Man deutete an, daß hier Intriganten am Werke seien, um die Wiederanbahnung normaler Beziehungen zwischen Deutschland und Italien schon in der ersten Entwicklung zu treffen. Wer da weiß, welcher Mittel sich insbesondere das französische Kapital zu bedienen versteht, um namentlich in Oberitalien jede Konkurrenz aus dem Felde zu schlagen, der wird diese Andeutung auch keineswegs unberechtigt finden. Nur pflegt man auf deutscher Seite nicht mit gleicher Skrupel losigkeit zu verfahren, sonst würde wohl auch hier man cherlei Material zur Verfügung stehen, das die wahren Motive französischer Bundesfreundschaft für „die latei nische Schwester* sehr deutlich kennzeichnen würde. Man weiß offenbar anderwärts ganz genau, daß man sich auf die Verschwiegenheit deutscher Vertretungen emigermal -n verlassen kann. Im vorliegenden Fall ist nun aber die Angelegenheit mit dem Dementi der deutschen Botschaft nicht erledigt. Die Echtheit des Geheimberichts wird trotzdem nach wie vor von ihren Urhebern behauptet. Auch neutrale Blätter bezeichnen es als Pflicht der Regierung, unbedingte Klar stellung herbeizuführen, indem sie sich des veröffentlichten Dokumentes bemächtige und seine Echtheit-oder Falschheit scststellc. Werde es als echt erkannt, dann allerdings könne von einem weiteren Verbleiben der gegenwärtigen diplomatischen Vertretung des Deutschen Reiches in Nom keine Rede sein. Das Blatt, von dem die Veröffentlichung ausgegangen ist, sucht sich dieser Forderung gegenüber mit der Erklärung zu decken, daß der Geheimbericht, der ihm vor gelegen habe, lediglich ein mit der Maschine geschriebenes Manuskript gewesen sei, dessen photographische Wieder gabe nichts beweisen würde. Wichtiger als die ver langte Nachprüfung sei die Feststellung, ob der Inhalt des Berichtes den Tatsachen entspreche oder nicht. Und ein zweites Blatt, das von dem Bericht gleichfalls Kennt nis erlangt haben will, fügt noch aus eigener Wissen schaft hinzu, daß in ihm zwei italienische Zeitungen als Empfänger recht hoher Beträge von feiten der Deutschen Negierung genannt worden seien. Also eine recht dunkle und vielleicht auch eine recht schmutzige Angelegenheit. Sollte die Enthüllung den Zweck verfolgt haben, die Wirtschaftsverhandlungen in Berlin, von denen man Wohl wußte, da sie ihrem Abschluß ent- gegengingcn, noch im letzten Augenblick zu zerschlagen, so ist diese Absicht, wie man weiß, nicht erreicht worden. Für Deutschland aber darf der Zwischenfall damit selbst verständlich nickst erledigt sein. Wir zweifeln nicht daran, daß weder unsere Regierung noch unsere Vertretung in Rom in diesem Punkte das volle Licht der Öffentlichkeit zu scheuen braucht. Die Meinung des Völkerbundsraies En tsch e i d u n g An f a n g O kto b e r ? In den Kreisen des Völkerbundsrates in Genf nimmt man immer noch an, daß der Völkerbundsrat die Frage zunächst an eine ausschließlich aus Neutralen zusammen gesetzte Kommission von Wirtschafts- und Nechtssach- verständigen verweisen wird, von der wahrscheinlich einige Mitglieder den Auftrag erhalten werden, an Ort und Stelle durch eigenen Augenschein die Behauptungen der Doku mente zu berichtigen oder zu bestätigen. Nach einer Havasmeldung wird der Völkerbundsrat in der Lage sein, sein Gutachten in der Oberschlesischen Frage in der ersten Oktoberwoche bekanntzugeben. Wenn sich eine Übereinstimmung nicht erzielen lassen solle, so müsse der Rat die Oberschlesische Frage an den Internationalen Gerichtshof verweisen. Neue Mordtaten in Oberschlesien. Nach einer Meldung aus Breslau wurden auf der Chaussee zwischen Peuke und Bohrau die Leichen von vier Selbstschutzleuten aufgcftmden. Sie wiesen Schuß- und Schlagwunden auf. Beamte der Breslauer Kriminal polizei haben sich bereits an den Tatort begeben, um den neuen Mord aufzuklären. — Rach anderen zuverlässigen Meldungen befinden sich in Oberschlesien zurzeit stehende Abteilungen regulären polnischen Militärs in einer Gesamtstärke von etwa 10 000 Mann. Hauptsächlich halten sich diese Truppen in dem Kreise Pleß und Rybnik auf, und zwar immer in der Nähe der polnischen Grenze. Auch kann man diese Soldaten nur selten in Uniform sehen. Sie bewegen sich sehr unauffällig und sollen nur für d^u Fall eines neuen Aufstandes zusammengezogen werden. Die Kundgebungen in Berlin. s. Berlin, 31. August. Ganz Berlin stand heute nachmittag unter dem Zeichen der von den beiden sozialistischen Parteien, den Kommu nisten, einigen den Demokraten und dem Zentrum nahe stehenden Verbänden einberüfenen Massendemonstration im Berliner Lustgarten, die in der Erregung über die Er mordung Erzbergers ihre Ursache hatte. Die meisten größeren Betriebe wurden gegen 2 Uhr nachmittags still gelegt. Nur in Krankenhäusern, Gas- und Elektrizitäts anstalten, sowie bei der Eisenbahn und Straßenbahn wurde der Betrieb aufrechterhalten. Der Aufmarsch der Arbeiter und Angestellten erfolgte von den einzelnen Betrieben aus. Auf den Straßen bildeten sich Züge von imposanter Länge. Im Lustgarten gaben Trompetensignale das Zeichen für die einzelnen Redner. Auch die Arbeitslosen nahmen an der Demonstration teil, dagegen keine Reichs minister, da keiner von ihnen in Berlin weilte. Die Berliner Schutzpolizei hatte angesichts der Ver sicherungen aller an den Demonstrationen beteiligten Par teien, Latz der Tag nur durch eine ruhige Kundgebung begangen werden soll, von der Einrichtung eines beson deren Straßendienstes Abstand genommen. Es war nur dafür Sorge getragen worden, daß der Bannkreis von geschlossenen Trupps nicht überschritten wird. Die Schutz polizei befand sich aber selbstverständlich in Alarmbereit schaft. Im Lustgarten. Der ganze Lustgarten wie die Schloßfreiheit bis zum Alten Museum von der Brücke bis zum Dom waren von einer Menschenmenge gefüllt, die wohl weit über hundert tausend Köpfe zählen mochte. Tausende von roten und schwarzrotgoldenen Fahnen, sowie von Schildern mit In schriften waren auf dem weiten Platze sichtbar. Ferner bewegten sich auf den Zugangsstraßen, besonders Unter den Linden, unabsehbare Züge aus den einzelnen Be trieben nach dem Lustgarten, als pünklich N5 Uhr die Reden begannen. Von zahlreichen erhöhten Stellen aus sprachen Dutzende von Rednern, die von der Menge mit lautem Beifall begrüßt wurden. Alle Bäume und Later nenpfähle, alle Geländer und Treppen, sowie die Denk mäler waren von einzelnen jungen Leuten mit roten Fahnen erklettert worden, sogar auf dem Denkmal Kaiser Wilhelm I. in der Schloßfreiheft sah man Leute, und auf dem Helm des Kaisers saß ein junger Bursche, der eine rote Fahne schwenkte. Die Versammlung verlief zu nächst anscheinend ohne jedn Zwischenfall. Demonstrationen im Reiche. In den meisten größeren Städten des Reiches, so u. a. in Braunschweig, Kiel, Frankfurt a. M. und an vielen anderen Orten, wickelten sich ebenfalls von den sozialisti schen Parteien veranstaltete Kundgebungen in gleicher Richtung und ähnlichen Charakters ab. Vielfach waren die Betriebe von mittags an stillgelegt, die Straßenbahnen verkehrten nicht, nur die lebensnotwendigen Betriebe wurden in Gang gehalten. Verbotene Zeitungen. Die Wirkung der neuen Verordnung. Die Regierung hat aus ihrer neuen Verordnung zum Schutze der staatlichen Ordnung, in der auch vorgesehen war, daß Presseorgane» die aufreizende Artikel bringen^ verboten werden können, sehr schnell Gebrauch gemacht. Der Minister des Innern hat bereits neun durchweg rechts stehende Zeitungen auf die Dauer von 14 Tagen verboten: das Deutsche Abendblatt l8-Ubr-Ausaabe des Deutsches