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Wochenblatt Wilsdruff, Tharandt, Roffr», Sievenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 80. Freitag den 11. October 1872. Anher erstatteter Anzeige zufolge ist in der Zeit vom 11. bis 16. August d. I. aus einer Stube in hiesiger Stadt eine silberne Ancer-Uhr mit Goldrand und Sekundenzeiger nebst daran befindlichem, seidenem Uhrbande spurlos entwendet worden. Mit dem Bemerken, daß die fragliche Uhr insbesondere daran kenntlich, daß im Innern da, wo dieselbe aufgezogen wird, sich zwei Rostflecke befinden, wird dieser Diebstahl behufs Ermittelung des Thaters und Wiedererlangung des Gestohlenen hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, am 5. October 1372. Leonhardi. Bekanntmachung. Wegen Reinigung der Localitäten bleibt das hiesige Königliche Gerichtsamt Sonnabend, den 12. Oktober d. I., geschlossen. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, am 10. October 1872. Leonhardi. Tagesgeschichte. Wie daS „Dr. Journ." aus sicherer Quelle vernimmt, ist über die Festlichkeiten am königl. Hofe zur Feier der goldenen Hochzeit Ihrer Majestäten des Königs und der Königin im Allgemeinen folgendes Programm festgestellt worden. Zur Annahme der Glück wünsche von den voraussichtlich sich anmcldenden Korporationen, ungleichen der Herren Slaalsminister, der Mitglieder des diplomatischen Corps, der Directoricn der hohen ständischen Kammern sind die Tage deS 7. und 8. November bestimmt. Den 9. November wünschen Ihre Majestäten mit den allerhöchsten und höchsten Mitgliedern deS königl. Hauses und mit den etwa anwesenden hohen fürstlichen Gästen 6n lawiHo zuzubringen. Am 10. November Vormittags 10 Uhr findet die kirchliche Eeremonie der Einsegnung deS allerhöchsten Jubelpaares in dem zu diesem Zwecke besonders eingerichteten Eck- paradesaal der 2. Etage deS königl. Residenzschlosses statt, nach deren Beendigung die allerhöchsten Herrschaften Sich zum Gottesdienst in die katholische Hoskirchc begeben, in welcher nach der Predigt der Am- brostauische Lobgesang unter Absencrung von Artillerie- und Klein- gewchrsalven abgesungcn werden wird. Am Abend des 10. November wollen Ihre königl. Majestäten Sich in daS Hoflheatcr begeben, um daselbst dem Vorträge eines Prologes, der Aufführung einer Fest- vuverture und eines geeigneten Stückes beiznwohnen. Den Schluß der Festlichkeiten bildet ein Hofball, welcher am 11. November in den Festräumen der 2. Etage deS königl. Nesidenzschlosscs statlfiuden soll. Wie in anderen sächsischen Städten wird auch in Leipzig bei Gelegenheit des bevorstehenden königlichen Ehe-JubiläumS zu einem „goldenen Stipendium" gesammelt; auf der betreffenden Liste hat sich, wie versichert wird, in den letzten Tagen ein angesehener Leipziger Einwohner mit der Summe von 10,000 THIr. cingtragcn. Ans dem oberen Erzgebirge. Nachdem der September an fangs rauh und unt^r Zuhülfenahme eines strengen "Nordwindes höchst unangenehm sich bemerkbar machte, brachte er Loch zuletzt noch einen schönen Nachsommer, wodurch ein bequemes und schnelles Einernteu der Kartoffeln statlflndcn konnte. Die Felder stehen größtentheilS leer und die Keller lind voll, ja häusig haben ihre Räume nicht zu- gcrcichl, den cingeernteten Segen aufzunehmen. Von allen Seiten hört man die Versicherungen, daß seit Jahren nicht eine solche Kar toffelernte gemacht worden sei und selbst ans den rauhesten Höhen der sächsisch-böhmischen Grenze sieht man die Bewohner mit-zusrie- dcnen Mienen von ihren wenigen Feldern, die sie mit saurer Mühe dem kärglichen Stein- lind Waldbvden abgerungcn haben, zurückkehren. Anna Böckler, daS unglückliche Kind, ist und bleibt.verschwlin den. Seltsamer noch ist, daß auch erwachsene Personen spurlos hcrsehwinden. Ein Beispiel ist folgendes. Der frühere Eavalier dc§ Herzogs Friedrich von Holstein, Friedrich Henning Emil von Rumohr "us Flensburg, 1838 geboren, wurde zur Heilung einer GcmüthS- krankheit der Anstalt auf dem Thonberg bei Leipzig, übergeben, Wichte sich aber am 30. März 1870 bei einem Gang durch die Grimmaische Straße in Leipzig der Aussicht des ihn begleitenden Wärters zu entziehen und ist seitdem spurlos verschwunden. Sowohl die Verwandten des Vermißtet! als die sächsischen Behörden haben seitdem die cisrigsten Recherchen, aber ohne allen Erfolg, angcstcllt; 2V2 Jahre sind seitdem verflossen und noch ist keine Spur entdeckt, ob der Verschwundene noch unter den Lebenden weilt, ob er Hand an sich selbst gelegt, »der ob er das Opfer eines Verbrechens ge worden ist. Neuerdings haben sich seine Verwandten an das Rcichs- kanzleramt mit der Bitte um weitere Nachforschungen auf dem ganzen Gebiete des deutschen Reiches gewendet und sind nunmehr in Folge eines weiteren, an die Ministerien des Acuß-rn gerichteten Ersuchens alle Organe der öffentlichen Sicherheit zum Nachforschen ermächtigt. Vielleicht dienen vorstehende Zeilen dazu, eine Spur des Vermißten aufzufindcn und den so schwer betrübten Verwandten desselben wenig stens Gewißheit zu geben. Negierungsaffessor v. Rumohr zu Plön in Holstein nimmt Nachrichten entgegen. Berliner Blätter berichten: Der Letzte von den Verwundeten aus dem Kriege von 1870 ist in diesen Tagen als geheilt entlassen worden. Es ist der Unteroffizier Laber, welchem in der Schlacht von Mars-la-Tour beide Kiefern weggeschosscn wurden. Er mußte in Folge dessen auf künstlichem Wege durch Flüssigkeiten erhalten wer ben und verblieb in der Lazarcthpflegc, bis er am 15. März 1871 von dem Hofzahnarzt Or. E. Pfälzer in die Privatpflcge übernom men wurde. Den Bemühungen des Herrn Pfälzer ist es gelungen, den Verwundeten zu erhallen und wieder herzustellcn, sowie ihm die zerschossenen Kiefern auf künstlichem Wege vollständig wieder zu er setzen, so Laß der Patient jetzt wieder vollständig kauen und ziemlich deutlich sprechen kann. Aus Paris, 5. Octobcr, wird der „K.Z." berichtet: lieber den Vazaine'schen Prozeß theilt der „Rappel" folgende Einzelheiten mit: Alle wichtigen Zeugen sind vernommen worden. General Bourbaki war der letzte. Die Zahl der Aussagen ist beträchtlich. Dieselben gehen theils von den Generalen aus, die unter dem Befehl des Marschalls standen, theils von den Bewohnen: LolhringenS, welche Zeugen oder mitwirkende Personen bei den Ereignissen waren, und endlich von den Mitgliedern der Regierung des Empire und der Na- tionalvcrtheidigung, welche in Folge ihrer Functionen Beziehungen zu dem Ex-Oberbejehlshaber der Rheinarmee hallen. Zn diesen Aus sagen kommen die, welche zur Enquete über den -1. September ge hören, und von denen die Versammlung dem mitcher Instruction ^be trauten General Nivior» Kenntniß zu nehmen gestaltet hat. Außer dem benutzte die Untersuchung die von den Offizieren oder Generalen, welche der Nhcinarme angeh'ört haben, veröffentlichten Bücher, sowie das Werk von Bazainc selbst, welches derselbe über Metz geschrieben. Der Marschall steht unter einer doppelten Anlage, der, ohne Noth-