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Mittwoch, de« 2 Mai 1928 Rr, 102. — 87. Jahrgang Telegr.-Adr.: „DmkSRatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 WWc SeWWWMMWU Staaten „sehr erfreut" über vre veutjcyen Aussuyrungen sei, die in sehr glücklicher Form die hauptsächlichen, in Frankreich ossenbar bisher zweifelhaft gewesenen Punkte llarstellten und sich auf der gleichen Linie bewegten, die Staatssekretär Kellogg einschlug, um Frankreich davon zu überzeugen, daß seine Vorbehalte unnötig seien. dem früheren Lehrer Würtz, „er habe eine evangelische Ver sandbuchhandlung gegründet mit dem Zweck, in den wiedergefundencn Provinzen die germanische Kultur zu verbreiten, durch Gründung von Bibliotheken, die aus schließlich aus deutschen oder prodeutschen Büchern be stehen." Die Hauptsreude für die Flieger wird aber zweifellos das Wiedersehen mit ihren Frauen sein. Mit dem Lloyddampfer „Dresden" sind sie ihren Männern nachgefahren und werden sie am Montag haben umarmen können. Die Feierlichkeiten werden noch einige Tage andaucrn und die Flieger voll in Anspruch nehmen. In Gedanken sind sie aber schon, wie Köhl sagte, auf dem Rückfluge nach Europa, hoch in den Lüften, wc nur Winde und Wellen ihnen Beifall klatschen. Beginn der Verhandlung. Seit dem frühen Morgen ist am 1. Mai das Kokmarer Schwurgcrichtsgebäudc von einem starken Militärkordon ab gesperrt. Sämtliche Eingänge zum Schwurgerichtssaal werden von Soldaten im Stahlhelm und mit Karabinern bewacht. Auch im Saale selbst sind umfassende Kontrollmaßnahmen ge troffen worden. Der Andrang des Publikums ist ungeheuer. Auf der Angeklagtenbank haben die 15 des Komplotts gegen die Sicherheit des Staates angeklagten Elsässer Platz ge nommen. Die übrigen sieben befinden sich, wie erwähnt, im Ausland. Ununterbrochen werden Angeklagte, Verteidiger und Zeugen mit Zwischenrufen und Händewinken begrüßt. Der Prozeß beginnt zunächst mit den üblichen Formali täten. Der Gcneralstaatsanwalt hat 40 Zeugen geladen, die Verteidigung 230. Der Großindustrielle des Saargebiets, Kommerzienrat Röchling, soll es abgelehnt haben, als Zeuge zu erscheinen: er hat sich jedoch bereit erklärt, unter Eid zu erklären, daß er niemals irgendwelche finanzielle Mittel für die Propaganda in Elsaß-Lothringen zur Verfügung ge stellt habe. Stresemann geladen. Von der Verteidigung ist u. a. Reichsaußenminister Dr. Stresemann als Zeuge geladen worden. Die Mitteilung wird vom Publikum und den Zeugen mit lautem Beifall und mü Zurufen begrüßt. Zuerst wird der neugcwählte Kammer- abgcordnete Dr. Ricklin aus dem Gefängnis vorgesührt und vernommen. In schärfster Tonart gibt der Vorsitzende sofort die Erklärung ab, daß er jegliche Manifestation, für welche Seite sie auch erfolgen möge, mit einer sofortigen zwangs weisen Räumung des Saales erwidern werde. Der Reihe nach geben sodann die Angeklagten teils in französisch, teils in elsässischem Deutsch kurz ihre allgemeinen Lebensdaten be kannt. Es zeigt sich sogleich, daß nur eine geringe Anzahl der Angeklagten sowie auch der Zeugen und der Geschworenen genügend französisch versteht, um den Verhandlungen folgen zu können. Ein Dolmetscher wird zur Verfügung gestellt. Der Gerichtsschreiber verliest die Anklageschrift. Ser AutononnstelAozeß. 22 Angeklagte. Vor dem französischen Schwurgericht in Kolmar be gann Dienstag früh der seit längerer Zeit mit der größten Spannung erwartete Prozeß gegen 22 Autonemisten, das heißt Anhänger der Bewegung, die mit der französischen Verwaltung des Landes, wie sie seit der Besitzergreifung sich vollzog, nicht zufrieden sind, vielmehr Selbstverwal tung und eigene Entscheidung über das, was dem Lande und seinem Volke gebührt, verlangen. Dieser Prozeß ist in seiner grundsätzlichen Bedeutung im Augenblick noch gesteigert worden durch den Umstand, daß die Selbständig keitsbswegung erhebliche Vorteile bei den soeben voll zogenen französischen Kammerwahlen errang, mehrere Ab geordnete ins Parlament entsenden kann, von denen einige sich im Gefängnis und unter den Angeklagten befinden, demnächst aber in die Pariser Dcpntiertcnkammer einziehcn sollen. Die Angeklagten, von denen sich ein anderer Teil im Ausland befindet, deck direkten Zufassen also entzogen ist, werden beschuldigt, wie die Anklage sagt, „in Über einstimmung miteinander den Entschluß gefaßt zu haben, das Ziel zu verfolgen, sei es, die Negierung zu stürzen oder zu ändern, sei es, die Bürger oder Ein wohner aufzureizen, sich gegen die Autorität zu be waffnen". Das ist dem französischen Strafgesetzbuch an gepaßt, weil man anderswie die Anklage nicht recht zu stützen vermochte. Die Verteidiger erklären schon die An klage wegen ihrer recht gekünstelten Begründung als vollkommen unhaltbar. Die gesamte Anklage geht im Grunde gar nicht auf Handlungen hinaus, sondern aus Gesinnungen. So wird dem Schriftsteller Solveen vorge worfen, daß er, „belebt von germanophilen Ge fühlen", „seine ganze Kraft einer aktiven Propaganda zu gunsten der deutschen Kultur widmete unter dem Deck mantel künstlerischer und literarischer Tätigkeit." „Er widmete sich der Verbreitung separatistischer Ideen surch Veröffentlichung von Kalendern, die die Kultur von jenseits des Rheins verherrlichen." Oder- es heißt bei Oer Triumphzug -er Stieger. Newyorks Ovationen für die „Bremen"-Besatzung Newyork, heute die größte Stadt der Welt, hat zu dem Empfang der drei Atlantikbezwinger mehr Leute auf die Beine gebracht als selbst zu dem Einzug des amerikanischen Nationalhelden Lindbergh. 2^ Millionen Menschen wollten die Helden sehen. Die Flieger nahmen also den größten Triumphzug der größten Stadt, ja sogar den größten Triumphzug in der Geschichte der Menschheit entgegen. Aber nicht nur riesige Mengen von Menschen waren zu sehen, sondern auch ein buntes Bild, bestehend aus Luftschlangen, Flaggen aller Nationen, Feuerlöschbooten und Flugapparaten. Die Flieger erklärten, daß die Eindrücke dieses Tages alles hinter sich ließen, was sie bereits an Begeisterung bei der ersten Ankunft am Pennsylvaniabahnhof erfahren hätten. Seit den Tagen des alten Roms dürfte kaum mehr ein so überwältigender Anblick geboten worden sein wie der ihnen von Newyork bereitete Empfang. Die Flieger besuchten unter anderem auf ihrer Rund fahrt durch Newyork auch den Boxkampf Sharkey—Dela ney, der von Sharkey gewonnen wurde. Es war von vornherein klar, daß die Schaustellung darunter zu letven hatte, daß die Zuschauermasse von 12 000 Personen offen bar mehr zu dem Zweck gekommen war, die Helden des atlantischen Fluges zu sehen, als wegen des Boxkampfes. Die beiden Kämpfer bestiegen den Ring beinahe unbemerkt, während die drei Flieger, Hauptmann Köhl, Baron von Hünefeld und Major Fitzmaurice, mit einer überwältigenden Kundgebung empfangen wurden, ^ie waren begleitet von Bürger meister Walker und wnrden mit stürmischem Beifall emp fangen. Hauptmann Köhl »nd Baron von Hünefeld trugen Gesellschaftskleidung und Major Fitzmaurice seine irische Uniform. Nachdem der Kampf zu Ende wa-, mußten .di: dre: Nr:rs<r. Die Kriegsächtung. Deutschlands Antwortnote. Aus die von Amerika ersolgte Anregung eines allgemeinen Kriegsächtungspakles ist jetzt der Wortlaut der deutschen Antwort note veröffentlicht worden. Der Inhalt der deutschen Note deckt sich mit den bereits be kannt gewordenen Meldungen, nach denen Deutschland zu dem amerikanischen Ach tungsvorschlag seine Zustimmung erklärt. In politischen Kreisen wird der Noten wechsel folgendermaßen beurteilt: Angesichts der deutschen Entwaffnung ist es für Deutschland eine Selbstverständlichkeit, alle Bestrebungen zu unterstützen, die auch nur im entferntesten dazu geeignet sind, uns unsere Wehrlosigkeit weniger ge fährlich zu machen. Ob durch einen bloßen Vertrag der Krieg aus der Welt geschafft werden kann, mag man bezweifeln, aber solch ein Vertrag hat zum mindesten den Wert, den Krieg zu erschweren. Nicht umsonst ist gerade von Frankreich der Vorschlag zur Kriegs ächtung ausgegangen; denn dieser Staat hat kaum etwas zu gewinnen durch irgendein kriegerisches Experi ment, höchstens nur viel zu verlieren. Ebenso ist es mit Amerika. Die Verhandlungen zwischen dem französischen Außenminister Briand und dem Staatssekretär des Aus wärtigen der Vereinigten Staaten, Kellogg, über eine weitgehende Vereinbarung, die jeden Krieg bei jedem Zwischenfall ausschalten will, waren daher ursprünglich nur Besprechungen zwischen Staaten, die an der Erhaltung des gegenwärtigen Weltbildes selbst das allergrößte Inter esse haben. Daher wirkte es überraschend, daß eine ein seitige Vereinbarung mit Frankreich, die leicht nach außen hin den Anschein eines Bündnisses, intimerer Beziehungen erhalten hätte, durch die amerikanische Regierung ausgedehnt wurde zu einem weit umfassenderen Pt « «Lngtanv, Leutjchtano, Italien und Japan wnrden Verhandlungen der Leiden Regierungen in Washington und Paris in Kenntnis gesetzt und daran die Fragen geknüpft, ob die betreffenden Regierungen geneigt seien, einen internationalen Pakt zur Ächtung des Krieges abzuschließen gemäß den Vorschlägen, die in einem Entwurf der amerikanischen Regierung niedergelegt sind. Jetzt hat die deutsche Regierung daraufhin erklärt, daß sie einen solchen Pakt aufs wärmste begrüße. Deutschland hätte kein höheres Interesse, als die Möglich keit kriegerischer Konflikte ausgeschaltet und im Leben der Völker eine Entwicklung gesichert zu sehen, die den fried liche» Ausgleich aller Gegensätze zwischen den Staaten gewährleistet. Die Antwortnote der deutschen Regierung verweist auch auf die Bindungen, die deutscherseits ein gegangen worden sind und die sich aus dem Beitritt zum Völkerbund und aus der Vereinbarung von Locarno ergeben. »Die deutsche Regierung ist der Überzeugung, daß diese Verpflichtungen nichts enthalten, was mit den Verpflichtungen, die der Paktentwurf der Vereinigten Staaten vorsieht, irgendwie in Widerstreit geraten könnte", was man allerdings wohl in Frankreich bestreiten wird. Denn der Völkerbundpakt sieht ja ausdrücklich militärische und wirtschaftliche Maßnahmen vor, die unbedingt als solche kriegerischer Natur aufzufassen sind. Andererseits ist der Sinn des Völkerbundpakles ebenso wie der der Locarnoverträge doch nur der, deu Krieg überhaupt aus- zuschatten. Außerdem macht die deutsche Antwortnote deu selbstverständlichen Vorbehalt, daß der von Amerika vorgeschlagene Pakt das souveräne Recht eines jedenStaateszur Selbstverteidigung besonders dann nicht in Zweifel stellen könnte, wenn ein Staat den Pakt bricht und deswegen die anderen aus Gründen der Selbst erhaltung geradezu zwingt, sich gegen den Friedensbrecher zur Wehr zu setze«. Stellt sich also die deutsche Negierung unbedingt auf den Boden des amerikanischen Vorschlages, so wird diese Gelegenheit erfreulicherweise auch dazu benutzt, um bei dieser zusagenden Antwort nicht nur stehenzubleibcn, sondern den Gedanken weiter auszudehnen. Das geschieht nach zwei Richtungen hin. Auf der einen Seite wird darauf hingewiesen, daß ein solcher Kricgs- ächtungspakt möglichst alle Staaten der Welt umfassen sollte, und andererseits ist die logische Folge eines solchen Paktes nichts anderes als die Durchführung einer allgemeinen Abrüstung. In Genf sind ja die Versuche Deutschlands, hierüber zu zwingenden Ent schlüssen zu kommen, vergeblich geblieben. Vielleicht ist es jetzt auf dem anderen Wege möglich. Bindungen ein- zugehen, die nicht Rechte bringen, wäre zum mindesten eine Voreiligkeit. Aber die Möglichkeit erscheint doch nicht als ausgeschlossen, daß der amerikanische Gedanke einer Kriegsächtung nicht auf dem Wege über den Völkerbund, der mit allzu starken Bindungen und historischen Be lastungen beschwert ist, sondern durch eine freie Ver einbarung der Völker verwirklicht werden kann. * Die Aufnahme in Washington. ... Staatsdepartement in Washington läßt in- ossiziell mitteilen, daß die Regierung der Vereinigten begeisterte Ovationen in Aewyork. Die weiteren Pläne der Piloten. Obwohl seit der Bezwingung des Atlantiks durch die dre „Dremcn"-Flieger nun schon einige Wochen vergangen sind gestaltcrc sich der Empfang der drei Helden zu einem wahrer Triumphzug. Der Bahnhof, auf dem der Zug aus Washingtor ankam, war von Zehntausenden umlagert, so daß selbst di, bekannten Pilote» Chamberlin und Byrd Mühe hatten ihre deutschen Kollegen persönlich zu begrüßen. Auf den Straßen stockte der Verkehr und die Mengt jubelte, als Köhl, Hünefeld und Fitzmaurice vom Balkon ihres Hotels aus persönliche Ansprachen hielten. Unge heurer Beifall brach aus, als die Flieger vor der Gala vorstellung der Oper der Gattin des Bürgermeisters Walker, der selbst erst kürzlich in Deutschland weilte, d» Hand küßten. Beim Eintritt der Piloten in das Parket, erhoben sich alle Theaterbesucher von den Sitzen. Der erste Besuch der Flieger galt der Kirche. Vor Hünefeld besuchte auch einen KU-oergottesdienst in eine, protestantischen Schule und erzählte den Kleinen vor seinen Erlebnissen während des Fluges. Köhl und Fitz maurice statteten dem Kardinal Hayes einen Besuch al und erhielten seinen Segen. Köhl erklärte, daß er mit seiner Maschine bereits ir zehn Tagen nach Newyork fliegen wolle, wenn die Repa raturen in dieser Zeit bewerkstelligt werden könnten Dann würde außerdem der Rückflug nach Deutschland erwogen werden. Man gebrauche für Ozeanüberquerun gen eine technische Neuerung, einen Sextanten, der di« magnetischen Störungen anzeigt. Auf ihrem Fluge sind sie kilometerweit abgetrieben worden, da ihnen dieses wich tige Instrument fehlte. Die Newyorker Bevölkerung überschüttet die Flieger mit allen erdenkbaren Ehrungen. 18 Schneider erboten sich, den Piloten gratis Anzüge nach Maß zu liefern. Ge schenke aller Art, vor allem natürlich prächtige Blumen arrangements, laufen stündlich in dem Ritz-Carlton-Hotel, in dem die Flieger wohnen, ein. Am Montag wurden sie in feierlichem Zuge zum Rat haus geleitet, wo eigentlich erst die offizielle Begrüßung stattsand. Dort wurde ihnen die goldene Ehrenmedailü überreicht. Anschließend fand eine große Parade statt. MOmsserTagehlatl Ti für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Anzeigenpreis: die »gespaltene Raumzeile 20Rpfg,, die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekannimachungen 4V Reichs- Pfennig, die 3gespal1ene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisunt,sgebühr 20 Reichspfennige. Dor- geschriedeneErscheinungv- —. . _ tage und Platzonrschriften werden nach Möglich»», Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtig,. Anzeigen, annahmebis vorm.lOUHr. -- - - Für die Richtigkeit der durch FernrufübermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabatianspruch erlischt, wenn dcrBetrag durch Klage eingezogen werdenmuß oderderAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. 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