Volltext Seite (XML)
WeM für Wilsdruff WmM, Wn, Zikbtnlkhn und die UmMÄen. Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für Lie Redaktion Martin Berger daselbst. No. 42 18S7 zu entrichten. Wilsdruff, am 1. April 1897. Der Stadtrat h. Bursian, Brgmstr. Krankenkasse. Die Beiträge zur Kranken- und Jnvaliditäts- und Alters-Versicherung auf das 1. Vierteljahr 1897 sind zur Vermeidung sofortiger Zwangsvollstreckung bis zum 10. dieses Monats Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1M.55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Imlsblnll für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den ^tadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Horstrentamt zu Tharandt. Donnerstag, den 8. April Bekanntmachung. Etwaige Gesuche um Versetzung von Kindern ans einer Bürgerschule in die andere sind bei dem Unterzeichneten bis spätestens Sonntag, den -. M., von den Eltern persönlich oder schriftlich auzubringen. Wilsdruff, den 4. April 1897. Der Direktor der städtischen Schulen. Die Lriffs in Oesterreich. Der neue politische Zeitabschnitt in Oesterreich, der an den Zusammentritt des neugewählten Reichsrathes an knüpft, ist in fast allseitig überraschender Weise durch das Entlassungsgesuch des 'Ministeriums Badem eingeleitet worden, lieber die Entscheidung des Kaisers Franz Josef ist zur Stunde noch nichts Bestimmtes bekannt, doch ver lautet in Wiener politischen Kreisen vielfach, der Monarch werde eMwcder das Entlassungsgesuch ablehnen, oder doch den Grafen Babeni sofort wieder mit der Bildung des neuen Kabinets beauftragen. Jedenfalls zeigt aber ein Blick auf die infolge der Neuwahlen zum Abgeordneten hause geschaffene Lage, daß es sich nicht blos um eine ministerielle Krisis, sondern überhaupt um eine innere Krisis handelt, welche Oesterreich gegenwärtig wieder ein mal durchmacht. Die neue österreichische Volksvertretung setzt sich aus mindestens zwanzig Fraktionen und Fraktionchen zusammen, die theilweise durch nationale oder konfessionelle oder wirthschaftspolitische Gesichtspunkte tief von einander geschieden sind, infolgedessen die Bildung einer nur Halb wegs zuverlässigen Regierungsmehrheit aus diesen von Gegensätzen erfüllten Elementen eine überaus heikle Auf gabe für das Ministerium Badem darstellt. An der Lösung dieses Problems ist denn auch das Kabinet einstweilen ge scheitert; die deutsch-liberalen Gruppen weigerten sich an gesichts der die Interessen des Deutschthums so schwer be drohenden Sprachenverordnung für Böhmen und Mähren in die künftige Regierungsmehrheit einzutreten, und da Graf Badem angeblich mit einer aus den Jungczechen, Antisemiten, Polen und klerikal-konservativen Gruppen be stehenden Mehrheit nicht regieren will, so zog er es vor, die Entlassung des Gesammtkabinets einzureichen. . „ Diese Ursachen der Demission des Ministeriums Badem Ast? ?? auch erklärlich erscheinen, daß selbst im Falle der Wlederbeauftragung des Grafen Badem mit der Bildung dev, neuen Kabinets die Schwierigkeiten der Lage nicht be- sieitigt fein wurden. Dies könnte nur dann geschehen, wenn stch Graf Badem entschlösse, ehrlich mit den liberalen Deutschen zu paktiren und ihnen durch verbürgte Zuge ständnisse e:n erneutes Zusammengehen mit den Partei gruppen vom Centrum und der Rechten, welche beiläufig die parlamentarischen Stutzen der Regierung waren, zu ermöglichen. Aber die erste Vorbedingung hierzu wäre die Zurückziehung der die czechischen Bestrebungen begünstigenden Sprachenverordnung für Böhmen und Mähren, daran ist jedoch nach Lage der Verhältnisse kaum noch zu denken, die Sprachenverordnung soll nun einmal beschlossene Sache fein. Allerdings heißt es, Graf Badem habe den Deutschen in Böhmen und Mähren zum Ersatz die von ihnen schon längst geforderte Schaffung nationaler Eurien in „Aus sicht" gestellt, welche Maßregel speziell in ersterem Kron lande dem Deutschthum immerhin einen nicht zu unter schätzenden Schutzwall gegen das weitere Steigen der czechischen Hochfluth gewähren würde. Von jungczechffcher Seite speit man indessen Gift und Galle schon gegen, den bloßen Gedanken, daß sich die Regierung wirklich zu einem solchen Zugeständnisse an die Deutschen herbeilassen könnte, und da die Regierung die Jungczechen offenbar nicht gern vor den Kopf stoßen will, so wird es wohl nichts mit den nationalen Eurien, aber auch nichts mit dem Beitritt der liberalen Deutschen zu der künftigen Regierungsmehrheit werden. Vorläufig ist die Weiterentwickelung der gejammten entstandenen Krisis noch in den Schleier der Ungewißheit gehüllt, lange kann jedoch die nothwendige Klärung nicht ausbleiben. Handelt es sich doch in dem neuen öster reichischen Reichsrathe vor Allem um die Entscheidung über die Erneuerung des Ausgleichs mit Ungarn, und jeder österreichischen Regierung, gleichviel, welchen Namen sie auch tragen mag, muß an einer ersprießlichen Lösung dieser Frage liegen. Darum wird denn zunächst das neue österreichische Kabinet bemüht sein müssen, in Hinblick auf den Ausgleich mit Ungarn wohl oder übel eine Regierungs mehrheit zusammenzütrommeln, so bunt sie auch aussehen möge. Nur wird man hierbei abermals auf die alte Tausch- und Schacherpolitik des Grafen Taaffe zurück- greifcn müssen, wobei vermuthlich die Deutschen wiederum die Kosten bezahlen müssen. Das berühmte „Fortwursteln" in Oesterreich ist ja noch immer nur dadurch ermöglicht worden, daß das Deutschthum drangsalirt wurde! Tagesgeschichte. Berlin, 5. April. Die Leichenfeier für den in der „Hedwig Wunsch-Grube" bei Zabrze verunglückten Arnold Borsig fand heute Nachmittag in der Villa der Familie zu Altmoabit statt. Die The'ilnahme war eine überaus große. Auch der Kaiser hatte einen Kranz mit den Aus drücken herzlichsten Beileids übersandt. Die gemeinsame Beerdigung der übrigen 5 Opfer jener Katastrohe erfolgte auf Borsigwerk unter Betheiligung der Beamten und der Belegschaften fämmtlicher Gruben des Bezirks. Der Zustand des Staatssekretärs Dr. v. Stephan ist nach der Operation leider sehr bedenklich. Es droht dem Leben des Patienten infolge der Abnahme der Kräfte ernste Gefahr. Als ein Trost muß unter diesen Umständen gelten, daß der Kranke keine Schmerzen leidet. Er liegt im Schlafe oder Halbschlummer und hat kein Bewußtsein von seinem Zustande. Am Krankenbette des Kranken weilt Frau v. Stephan, welche die Pflege selbst übernommen hat. Der Kaiser läßt sich wiederholt Bericht erstatten. Welch' allgemeine Theilnahme die Krankheit des Herrn v. Stephan erregt, zergen die im Reichspostamte aus liegenden Listen für die Besucher, von denen Niemand per sönlich bei dem Kranken vorgelaffen wird. Ferner treffen beständig schriftliche und telegraphische Wünsche für das Wohlergehen des Patienten aus allen Theilen des Reiches und aus dem Auslande ein. Ein am Dienstag um '^9 Uhr Vormittags ausgegebenes Bulletin lautet: „Befinden un verändert. v. Bergmann." In Berlin war bereits am Montag Nachmittag das Gerücht vom Tode v. Stephans verbreitet. Auch für deutsche Verhältnisse ist die nachstehende Mittheilung aus Frankreich von Interesse: Als eine Kriegserklärung an die Adresse der französischen Industriellen feiern sämmtliche radikal-sozialdemokratischen Blätter Frank reichs den dieser Tage gefaßten Beschluß der Arbeits kommission, eine Umfrage über die Lage der industriellen Arbeit in Frankreich zu veranstalten. Rochefort rühmt in seinem „Jntransigeant" diesem Beschlusse sogar nichts Ge ringeres nach, als daß er „den Keim zu einer Revolution ausgesät" habe. Die Industriellen wissen aus Erfahrung, was die Einmischung parlamentarischer Streber in die Angelegenheiten der nationalen Arbeit zu bedeuten hat. Hetzerei, Wirrwarr, Lockerung der Disziplin sind noch die geringeren Uebel, welche das Auftreten solcher parlamen tarischer Untersuchungskommissionen im Gefolge haben, Denn im Sinne der Herren Jaurss, Rochefort und aller Genossen soll das gesammte industrielle Frankreich auf Gnade und Ungnade einem Untersuchungsausschuss«: preis gegeben werden, der seine Weisungen von der Umsturz propaganda erhält. Dieser aber ist es bekanntlich nicht um die Förderung der Interessen der nationalen Arbeiter schaft oder der nationalen Arbeit, sondern um die Mobil machung des Proletariats gegen die bestehende staatliche und gesellschaftliche Ordnung zu thun. Die revolutionäre Wühlarbeit in der Kammer geht nun aber den Genossen bei Weitem zu langsam vorwärts. Würde der eingangs erwähnte Beschluß der Arbeitskommission die Zustimmung des Plenums finden, so hätten die Berufshetzer eine Ge legenheit, wie sie sich ihnen noch nicht geboten hat, in die Toga der Volkssouveränität gehüllt, stch den Zugang zu allen Fabriken und Werkstätten zu erzwingen, die Autori tät der Arbeitgeber im Angesicht des Personals unheilbar zu kompromittiren und alle Vorbereitungen für Ausrufung der rothen Republik zu treffen. Die Deputirtenkammer müßte daher geradezu mit Blindheit geschlagen sein, wenn sie den Weg beträte, auf den sie der Arbeitsausschuß zu drängen versucht. Das „Journal de St. Petersbourg" schreibt: Die aggressive und provocirende Haltung, welche Griechenland mit so bedauernswerther Hartnäckigkeit zu beobachten fort fährt, zwingt die Großmächte, sehr gegen ihren Wunsch, zur Blockade des Golfs von Athen zu schreiten. Die Handlungen des Oberst Vassos' sind genügend bekannt; ist dieser Offizier doch soweit gegangen, thatsächlich allen Mächten den Krieg zu erklären. Aber nicht zufrieden mit dieser unbegreiflichen Haltung einer geistig so hervorragend begabten Nation, wie es die griechische ist, gefallen sich gewisse überspannte und gewohnheitsmäßige Unruhestifter darin, die Kriegserklärung gegen die Türkei für den 6. April oder den Tag des Beginnens der Blockade der griechischen Häfen überschwänglich zu empfehlen. Wir weigern uns entschieden, die Möglichkeit einer so außerordentlichen Thor- heit zuzugeben, aber eintretenden Falles wäre Griechen land unzweifelhaft der Angreifer und würde stch allein verantwortlich machen für eine auf solche Weise hinge worfene Kriegserklärung au Europa, welches die Aufrecht erhaltung des Friedens wünscht und alle seine Anstrengungen nach diesem Ziele hin richtet. Es wäre Zeit, aus Illusionen zu verzichten, die nur zu den schmerzlichsten Enttäuschungen führen könnten. Jede Macht, welche gegenwärtig die Ini tiative zu einem Angriff ergreifen würde, müßte sicherlich die schwersten Folgen auf stch nehmen. Wenn Griechen land nur jeden Preis sich in einen Krieg stürzen wollte, könnte es augenscheinlich auf die Unterstützung Niemands zählen. Welches übrigens auch der Ausgang eines so provocirten Kampfes wäre, so würden die Großmächte doch niemals zugeben, daß der Angreifer auch nur den geringsten Vortheil daraus zöge. Nachdem die Großmächte alle nur irgend möglichen Mittel erschöpft haben, um Griechenland die Leiden zu ersparen, welche dieses sich selbst zugezogen haben würde, würden sie es nicht weiter nöthig haben, darüber in Erregung zu gerathen; ihr vollständiges Ein vernehmen bleibt unveränderlich. Das ist die sicherste Bürgschaft für den endlichen Sieg der Grundsätze der Ord nung, des Rechts und der Billigkeit, das beste Unterpfand für die Aufrechterhaltung des allgemeinen Friedens, selbst im Falle einer örtlichen Störung durch Griechenland,