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Wilsdruffer Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 6 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 AW. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 AM., bei Postbeftellung ^^Olich Abtrag- . . gebühr. Einzelnummern URq»fg.A^Posta»stalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umaeaend Postboten und unsereAus- VSgerund Geschäftsstellen — ! lH!—: nehmen zu jeder Zeit Be. strÜungeu entgegen. I» Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung »er Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Aücksendnng eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiltegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Naumzeile 20Rxfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- Pfennig, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweijungsgebühr 20 Aeichspfenuige. 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Diese Woche soll dem Handwerk gewidmet sein. Die „Reichshandwerkswoche" steht unter der Schirm herrschaft des Reichspräsidenten von Hinden burg, der sich oft zu dem höchsten Ehrentitel bekannt hat, den das deutsche Handwerk vergeben kann, dem eines „Ehrenmeisters des deutschen Handwerks". Die Woche ist eingeleitel worden durch Ansprachen, die der Reichskanzler und die Führer des deutschen Handwerks bei der feierlichen Eröffnung gehalten haben. In Mil lionen deutscher Familien ist das kleine Werbebüchlein verteilt worden, und ich kann nur wünschen, daß es mit Bedacht gelesen und beherzigt wird. Wer hätte endlich nicht schon die Werbeplakate gesehen, den schwarzen Adler auf gelbem Grund mit den Zeichen der einzelnen Hand Werkszweige? „ Was bedeutet das alles? Das Handwer will für sich werben. Mit Recht! ^zn einer Zeit, die stark unter dem Eindruck der staunenswerten Entwicklung von Technik, Industrie und Weltverkehr steht und laute Ne korde schätzt, werden die stilleren und tiefen Werte hand werklichen Schaffens leicht übersehen. Das Handwerk - wie der gewerbliche Mittelstand überhaupt — hat zudem unter der Not der Zeit besonders zu leiden. Krieg und Inflation haben einen großen Teil seines Betriebs kapirgls genommen. ,Hlle Folgen der drückenden Sonder läge Deutschlands — die hohen Steuern, die schwer trag baren sozialen Abgaben, die kaum erhältlichen und zudem teuren Kredite und was sonst noch alles in Betracht komm! — werden von dem Mittelstand daher besonders drückend empfunden. Dennoch: das Handwerk will sich behaupten Es d^rf und will auf seiner ruhmreichen geschichtlichen auf seiner in vielen Innungen vertretenen handwerklichen alten Tradition nicht ausruhen. Nichts ist falscher, als sich das moderne Handwerk so hübsch mittelalterlich zünftlerisch vorzustellen. Für Leben und Bewegung sorgi schon der rauhe Wind des Wettbewerbes der einzelnen Meister untereinander und der mit Industrie und Handel Er spornt an. alle Errungenschaften der Neuzeit zu nutzen Einrichtungen, die von der Selbstverwaltung des Hand werks ins Leben gerufen wurden, wie etwa das Jnstitm für rationelle Betriebsführung im Handwerk — um nm ein Beispiel zu nennen —, sorgen dafür, daß der einzelne Handwerksmeister durch die über das ganze Reich ver teilten Bezirksstellen dieses Instituts in technischer Be ziehung — hinsichtlich des handwerklichen Materials, dei handwerklichen Fertigung, der Werkstättcneinrichtung aber auch kaufmännisch in Buchführung, Kalkulation, Bc- triebsorganisation, Beschaffungs- und Absatzfragen - aufs beste beraten wird. Ausstellungen, Meisterknrse. Wettbewerbe bringen immer wieder neue Anregungen Schon oft ist auf den st ä a t s p o l i t i s ch e n Wer des gewerblichen Mittelstandes hingewiesen worden, desser Kern das Handwerk ist; am markantesten hat dies viel leicht Bismarck getan. Der gewerbliche Mittelstand Hilst -^" "Ve überbrücken, die ohne ihn zwischen Groß kapital und Arbeiterschaft in viel stärkerem Maße vor- handen waren. Er bietet soziale A u f st i e g s m ö g l i ch Er dem strebsamen Arbeiter dazu verhilft selbst ". Ernehnier zu werden. Wie nützlich in der Schich tung eures Zolles ein bodenständiges, beharrendes Element Ist und daß dies ein Grund für die Notwendigkei der Erhaltung ernes lebensfähigen Bauernstandes ' ist weiß jeder, ^nllcyes gilt auch für das Handwerk nnt den sonstigen gewerblichen mit seiner Füllt wirtschaftlich selbständiger Existenzen Wenn darum jetzt jedem zageren mird: Fördert auch an deinem Teile das Handwerk mit, so geschieht dies deshalb, weil das Handwerk ein wesentliches Glied ar dein Volksorganismus ist, oepen Dahinsiechen oder gm Fehlen der Gesamtheit unerträglich wäre. Es geschieh: aber auch im Einzelinteresse des joA «gesprochener selbst ?>enn das Handwerk ist em Schrittmacher für Wcrt- ^beft, die für ein Volk in der weltwirtschaftlichen Lagt 4 eutschlcmds Entscheidendes bedeutet, rind jeder weiß oder wate wisftn, daß gediegene Arbeit, wie sie gerade im Handwerk geleistet wird, letzten Endes auch tue billigste ist Darum: Fördert das Handwerk! * Fördert das Handwerk! der R e i ch s h a n V w e r k s w o ch e. H i ii bcm Protektorat des Reichspräsidenten von stehende Ell -des Ehrenmcistcrs des deutschen Handwerks, Re chswirttw^ wurde Berlin im Fried! Berlich eröffnet. bandcs des 5' Vorsitzender des Neichsver- cuticknn Handwerks. Hannover, bearnkite den Reichskanzler, die Minister und die zahlreich erschienenen Gäste und lührte folgendes aus: Es würde sich geziemen, die unter uns weilenden Staatsmänner und Führer der Wirtschaft einzeln zu be grüßen. Ich darf aber bitten, mich dieser Pflicht zu entheben. Nur einem Manne, der an höchster Stelle dem Vaterlande dient, sei in Ehrfurcht unser besonderer Gruß und Dank geboten: dem Herrn Reichspräsidenten von Hindenburg, den wir mit Stolz den unsern nennen als den Ehrenmeister des deutschen Handwerks. Er hat die Schirmherrschaft der Reichshandwerkswoche übernommen, an der das gesamte deutsche Handwerk beteiligt ist. Damit ist die Veranstaltung aus der Fülle jagender Tagesereignisse heraus zu Wert und Bedeutung erhoben. Wir danken das dem Herrn Reichspräsi denken von ganzem Herzen. Die Reichshandwerkswoche ist kein Fest. Dazu ist nicht die Zeit. Sie ist keine Gelegenheit zu Klagen und Beschwerden Dafür ist nicht der Ort. Sinn und Zweck der Reichshand werkswoche sollen sein: das deutsche Volk an sein Handwerk und das Handwerk an seine Aufgabe in der Wirtschaft und Gemeinschaft des Volkes zu erinnern. Sie ist gleichmäßig ein Bekenntnis zur Arbeit und zur Pflicht, aber auch zur Hoffnung und zum Glauben an einc bessere Zeit. Handwerk und Volksgemeinschaft. Das deutsche Volk an sein Handwerk erinnern, das bedeute: ein Gedenken an seine Geschichte. Ein Volk darf sowenio wie der Einzelmensch seinen Werdegang vergessen, ohne Wurzel los zu werden. Aus der deutschen Geschichte nun ist das Hand werk nicht fortzudenken. Nicht anders steht es um den kostbaren Schatz an Fertigkeiten und Kenntnissen, den das einzigartige berufsständische Erziehungssystem des Handwerks von Ge schlecht zu Geschlecht weitergibt. Darin lebt beste deutsche Ge schichte, freilich nicht die der Diplomatie und der Kampsfelder. sondern die Geschichte des deutschen Werktages. Das deutsche Volk sei auch an das Handwerk der Gegenwart erinnert, das acht Millionen Menschen ernährt, dessen Bedeu tung aber weit darüber in alle anderen Wirtschaftsgruppen hin einreicht. Vom Handwerk leben heute mehr Menschen als vo: hundert Jahren, auch im industrialisierten Deutschland. Ja unsere Industrie hätte sich nicht so entwickeln können, wie es geschehen ist, wären nicht die vom Handwerk ausgebildeten Kräfte zur Verfügung gewesen. Tüchtige Bürger machen den Staat — und nicht umge kehrt, so hat Schulze-Delitzsch einmal gesagt. Damit ist du Aufgabe des Handwerks in der Volks gemein schäft auf eine knappe, aber vollständige Formel gebracht Sie setzt die Bejahung des Staates, die Anerkennung dec Rechts und der Ordnung voraus, sie verpflichtet zur Mitarbeit an den öffentlichen Aufgaben und zur Unterstützung einer tat kräftigen, aus das Wohl des Volksganzen bedachten Führung Die eben angedeutete politische Aufgabe des Handwerks umschließt die andere: als Mittelstand, d. h. als Berufsstand inmitten anderer Stände und Klassen zu wirken, nach allen Seilen hin auszugleichen und einer Klammer gleich die Volksgemeinschaft zusammenhalten zu helfen. Meine hochverehrten Herren! Ich habe Ihnen mit weniger Worten sagen wollen, in welchem Geiste die Reichshandwerks woche gehalten ist und was sie zum Ausdruck bringen soll. Unser erster Wunsch ist, daß man das Handwerk wieder besser kennen- und verstehen lerne, unser zweiter, daß das Handwerk Freunde in allen Lagern gewinne, unser letzter, das es in einer befriedeten, gesunden deutschen Volkswirtschaft rech bald wieder ein starkes Handwerk geben möge Das walte Gott! Das Handwerk und der Mensch. Der Reichskanzler dankte für die Begrützungsworte des Vorsitzenden und überbrachte die Grütze der Reichs- und der preutzischen Staatsregierung. Er führte u. a. aus: Trotz weitgehender Mechanisierung der Betriebe trotz Arbeitsteilung in den Werkstätten geben auch heute zwei Merkmale dem Handwerk das charakteristische Gepräge: Bei der Eröffnung der Reichshandwcrkswoche im Plenarsaal des Reichswirlschaftsrates zu Berlin über brachte Reichskanzler Brüning die Grüße der Reichs regierung. Das grundsätzliche uverwiegen der menschlichen liver die mechanische Arbeit und die allseitige Beherrschung des Arbeits gebietes durch die im Betriebe beschäftigten Menschen. Es gab wohl keine Zeit, die diese kulturelle, soziale und volkswirtschaftliche Bedeutung des Handwerks eindringlicher vor Augen geführt hat als die Gegenwart. Sie zeigt gerade uns Deutschen die Gefahren, die aus einem Wirtschaftssystem erwachsen würden, das sich allein aus die Industrie stützte. Die gegenwärtige schwere Krise würde sich noch anders und tiefer auswirken, wenn sich nicht ein erheblicher Teil unserer Produktion noch immer aus Betriebe stützte, die sich den Charakter des Handwerks erhalten haben. Denn es sind nicht materielle Dinge allein, die den Gang des Wirtschaftslebens beeinflussen, sondern in hohem Maße auch geistige Strömungen. Es ist das besondere Verdienst des Handwerks, daß es der Wirtschaft nicht nur sachliche und technische, sondern auch geistige Kräfte zuführt. Wieder, wie im vorigen Jahrhundert, klopft die Not an die Türen der Handwerksstätten. Einc Not, die diesmal eine Not des ganzen Volkes ist. Gewiß, die Negierung ist bestrebt, alles, was an ihr liegt, zu tun, nm dieser Not zu steuern und das Mögliche zur Erhaltung und Förderung des Handwerks beizutragen. Alle staatliche Förde rung soll und kann aber immer nur Beihilfe sein, um die stärkeren und wertvolleren Kräfte, die ein Berufsstand aus sich selbst entfaltet, anzuspornen. Der Reichsverband des deutschen Handwerks hat sich zur Selbsthilfe bekannt. Wenn das Handwerk die Forderung der Zeit erkennt, wenn es in all seinen Teilen wieder bemüht ist, das Verhältnis zwischen ihm und seinen Auftraggebern zu kräftigen, durch billige und solide Arbeit zu Bestellungen anzurcgcn, dann erwirbt es sich ein Verdienst um die Gesundung der Wirtschaft lichen Lage. Dann dient es am besten und wirksamsten dem wohlverstandenen eigenen Interesse. Das Handwerk und die Not der Zeit. Ernst Pslugmacher, Präsident des Deutschen Hand werks- und Gewerbekammertages, Magdeburg, dankte daraus dem Reichskanzler für seine freundlichen Worte und führte folgendes aus: Was drün'i uns im Augenblick schärfer als die Arbeitslosigkeit von Millionen von Menschen, die unver schuldet die Bitternis ihrer Abhängigkeit spüren müssen? Unter diesen sind Hunderttauscnde Handwerksgesellen, die wir beschäftigen könnten, wenn jeder deutsche Haus- haltungsvorstand nur einmal überlegen wollte, was er an kleineren und größeren Arbeiten durch Handwerker ausführen lassen kann. Nichts ist unheilvoller als die Scheu, nützliche und notwendige Arbeiten sofort aussührev zu lassen. Es würde für Vas Handwerk die größte Genugtuung sein, wenn es ihm gelingen sollte, in diese Zurückhaltung eine Bresche zu schlagen. Es wäre uns eine Freude, wenn der Erfolg der Reichshand wcrkswoche an einem Sinken der Ärbeitslosen- ziffer gemessen werden könnte. Das Handwerk beschäftigte in normaler Wirtschaft etwa anderthalb Millionen Gesellen. Heute aber stehen viele Werkstätten leer und selbst der älteste Stamm unserer Gesellen kann keine ausreichende Beschäftigung mehr finden. Die zermürbende Not der Zeit hat in erschreckendem Ausmaße unserem Volke das Ver trauen zu sich selbst genommen. Es ist die wesentlichste Vor bedingung der Gesundung, daß wir uns wieder zu uns selbst zurücksinden. Hierzu gehört die klare Erkenntnis der not wendigen Reformen, der feste Wille, trotz allem sich wieder durchzusetzen. Wir begrüßen um deswillen die ermutigenden Worte, die der Herr Reichskanzler soeben zu uns gesprochen hat, als ein Zeichen, daß die R e i ch s r e g i e r u n g bereit ist, das deutsche Volk mit festen Händen durch die Vertrauenskrise der Wirtschaft zu innerer Gesundung zu führen. Daran nach Kräften mitzuarbeiten, ist unser Wille und unsere Pflicht. Wenn wir unsererseits die Absichten und Ziele der Reichs regierung für eine verständnisvolle Förderung des Handwerks anerkennen, so wollen wir nicht minder dem Reichstage und den Parlamenten der Länder dringend ans Herz legen, daß auch sie die Fragen des Handwerks unvoreingenommen und sachlich behandeln. Wir verstehen den Rus unseres Reichspräsidenten, der nicht müde wird, uns an die Einigkeit der Nation zu mahnen. Möge der Tag bald kommen, der dieser Mahnung Erfüllung bringt Lassen Sie uns dieser Hoffnung Ausdruck geben mit der dritten Strophe des Deutschlandliedes. Zuvor aber stimmen Sie mit mir ein in den Ruf: Der Reichspräsident von Hinden burg, der Ehrenmcister des deutschen Handwerks und Schirm herr der Reichshandwerkswoche, er lebe hoch! -i- Ehrenobermeifter Hindenburg. Abordnung des Handwerks beim Reichspräsidenten. Reichspräsident von Hindenburg, Ehrenmeister des deut schen Handwerks, empfing aus Anlatz der beginnenden Reichs handwerkswoche eine Abordnung des deutschen Handwerks. Die erschienenen Herren berichteten dem Reichspräsidenten über Ziele und Zweck der ReichshandwerkSwoche und über die wirt schaftliche Lage im deutschen Handwerk. Am Schluß der Be sprechung gab der Reichspräsident seinem besonderen Interesse für das deutsche Handwerk und seinen besten Wünschen für den guten Erfolg der Reichshandwcrkswoche Ausdruck. Handwerk IM not!