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zur Belehrung und Unterhaltung. Dresden, den 29. April 18*2. 33« Skizzen weiblicher Charaktere aus der Mittelzeit. l. Theresia, Gräfin von Sirley. (Fomehung.) irley's Feinde wußten diesen Umstand zu ihrem Vor theile gehörig zu benutzen. Sie bestachen Einen der Lieb linge dcö Königs, und dieser überredete nun Den letztern: Sirley habe nicht mehr jene Verwandte des Königlichen Hauses zur Gemahlin; feine jetzige fey in der Muhame- -anischen Religion geboren und erzogen, habe aber, ih rem Gemahle zu Liebe, ihren Glauben verläugnet und fey Christin geworden. Der Schach, ein treuer Diener seines Propheten (dicß hatte man sehr weislich berechnet), wurde über diese Nachricht äußerst erbittert und versicherte, die Re- negation solle nach den strengen Vorschriften des Ko rans gerichtet werden, das heißt, ihr Lohn solle, wenn sie nicht wieder zur Muhamedanischen Religion überträte, der Scheiterhaufen seyn. - Dahin hatten cs Sirley's Feinde eben bringen wol len, und sie triumphirten schon über ihren gelungenen Anschlag. Aber auf einmal wurde ihnen dadurch, daß der Schach, obschon cin^eifriger Muhamednner, doch auch ein gerechter Mannbar, ein Strich durch die Rechnung gemacht. „Die Mncgation," sagte Sciabar, „muß bestraft werden. Vorder aber muß ich mich auch „überzeugen, daß sie wirklich eine Renegatin ist." Er befahl daher einem Verschnittenen, der There sien, die Tochter deS Fürsten von Catai, genau kannte, zu Sirley's Gemahlin zu gehen und zu forschen, ob diese Verwandte des Königs noch am Leben fey. Jener fand Theresien, welche bereits von dem ganzen Vorgänge be nachrichtiget war und den schauderhaftesten Ausgang be. fürchtete, auf alles gefaßt. Ihr Gemahl hatte ihr ent deckt, welch ein drohendes Gewitter sich über ihrem Haupte zusammenzöge, und ihr besonders seine Besorg nis', daß sie zur Verläugnung ihrer Religion genöthigt werden möchte, geäußert. Allein sie versicherte ihm, daß Nichts im Stande seyn sollte, sie dahin zu bringen, und so erwartete sie mit Entschlossenheit auch das Schreck/ liebste, das ihr begegnen könnte. Der Verschnittene erkannte in ihr sogleich die Toch ter des Fürsten von Catai, versicherte ihr, daß sie nun weiter nichts zu besorgen hatte, und gab dem Monarchen die verlangte Auskunft. Allein dieser, immer noch zweifelnd, wollte sich, was in wichtigen Dingen doch alle Fürsten thun möch ten, mit seinen eigenen Augen von der Richtigkeit über zeugen. Er ließ daher Theresien an den Hof kommen, fand die Nachricht deS Hämlings völlig gegründet, un terhielt sich mit Theresien, die durch geistreiche Gespräche sich seine ganze Hochachtung erwarb, und entließ sie mit der Versicherung, daß sie, als eine geborne Christin, in ihrer Religion nie gestört, vielmehr vor allen Verfolgun gen von ihm geschützt werden sollte. Schon bis hicher hatte unsre Heldin die festeste Entschlossenheit gezeigt. Der Schach führte sie an ein Fenster und zeigte lhr einen auf dem Schlosshofe errich teten Scheiterhaufen. Dieser, sagte er, war für Dich bestimmt, wenn Du nicht dieselbe wärest, die Du bist — wenn Du, als Muhamedanerin, von unsrer Religion