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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in »er »^chästsstelle und den Ausgabestellen 2 BW. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2^0 AM., bei Postbestellung 2 AM. ,u,»glich Abtrag« cwee s. .. . gebühr. Einzelnummern iSA^g. All-Postanstalten Wvüienblatl für Wilsdruff u. Umgegend Postboten und unsercAus. träger und DeschLftistellen t . U U—U nehmen ,u jeder Zeil Be. ftellungen entgegen. ImFalle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht dein Anspruch aus Lieserung »er Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Auclis-ndung eingesandter Schrrststücke ersolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum/ Beamte/ Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: di« 8 gespaltene Raum,eile 2V Rpfg., die 4 gespaltene Zeil- der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs. Pfennig, die 3gespaltene Reklamezeil« im «ertlichen Teile I Reichsmark. Rachweijungsgebuhr 2V Reichspsennige. ^or, werdenFernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 d-riickfich«igi. Ani-igen, °nnahm-bisvorm.1VUHr. — —— Jur d>« Richt,gkci: der durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Ra battanspruch erlrfcht, wenn dcrBetro g durm Klage eingezogen werden muß oderderAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alleDermittlungsfleUenentsekes'. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstreniamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 3 — 90. Jahrgang Telegr.-«dr.: Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Montag, den 5. Januar 1931 Auf dem Fleck. Es ist immer dieselbe Geschichte: Bis zum letzten Fort aus dem 19. oder gar 18. Jahrhundert haben wir in Deutschland nicht bloß den Entwaffnungsforderungen »er Entente stattgegeben, sondern obendrein auch den vielfach geradezu entwürdigenden Kontrollmaßnahmen fremder Heeresangehöriger Hilfe geleistet. Wir haben ferner den nationalen, namentlich den polnischen Minder heiten kulturelle Rechte in einer Ausdehnung eingeräumt, wie es in Polen selbst, in Litauen, in der Tschechoslowakei, geschweige denn in Südtirol nie und nirgends geschehen ist. Polnische Staatsangehörige durften als Lehrer an polnische Mindcrhcitenschulen nach Preußen berufen werden und selbst die paar tausend Wenden erhalten ihre national-kulturellen Sonderrechte. Was wir in Genfund von Genf seit fünf Jahren wollen, ist nur, daß wir für unsere Volksgenossen jenseits der Reichsgrenzen, vor allem IN den ehemals reichsdeutschen Gebieten, die - selbe n R e ch t e k u l t u r e l l e r A-r t zugesichert und gewährleistet erhalten. Darum ist es so Nicderdruckend, daß wir Deutsche in Genf immer und immer wieder mit dieser Forderung kommen und um sie, ^üssen" selbstverständliches verlangt, noch hart streiten Wenn jetzt der deutsche Außenminister auf den ihm für die bevorstehende Ratstagung anheimgefallenen Vorsitz verzichtet hat und mit dem englischen Kollegen Henderson tauscht, so hat die Ncichsregierung diesen Ver zicht für notwendig gehalten, damit ihr Vertreter seine Kraft eben vor allem und uneingeschränkt der Austragung unserer Beschwerden über Polen widmen kann. Tief be- daucrlich ist cs, daß solch eine Maßnahme überhaupt als notwendig erscheint; hat sie doch auch eine Kritik der deutschnationalen Opposition im Reichstag hervorgerusen, weil jener Verzicht nun auch dazu führen werde, daß dem Vertreter Deutschlands damit nur geringere Einfluß möglichkeiten z. B. für die Anberaumung der zukünftigen Abrüstungskonferenz erhalten bleiben. Außerdem würde er größere Präsidialrechte bei der Arbeit der zahlreichen „Dreierausschüsse" besitzen, die sich mit der Entscheidung über Minderheitenbeschwerden zu beschäftigen haben. Allerdings kann diese deutschnationale Interpellation angesichts der augenblicklichen Vertagung des Reichstages einen politisch bestimmenden Einfluß nicht ausüben, — im Februar wird man ja überhaupt erst feststellen, ob etwas und was bei der Genfer Konferenz herausgekom- wen ist. Hoffentlich ist das mehr als das Ergebnis, das die »Vorbereitende Abrüstungskommission" dem Völkerbund- rai vorzulegen hat. Auch hier stehen sich die Parteien scharf ^trennt gegenüber, und für die allgemein-politische Situation ist es hinsichtlich der Abrüstungsfrage ungemein bezeichnend, daß Englands Vertreter Lord Cecil immer wieder jeden deutschen Rechtsanspruch ans eine Welt- obrüstung energisch bestreitet, also auch jeden Gedanken an eine militärische Gleichberechtigung, die den zwangs- weye abgerüsteten Mittelmächten endlich das Gefühl des ständigen Bedrohtseins nehmen kann. Und erst recht das Echngen Deutschlands znrückweist, die Entwaffnungs- des Versailler Vertrages ändern zn lassen, , die .deutsche Wehrlosmach u n g eben nicht 7.^ ^lEUnng zn einer allgemeinen Abrüstung geworden A ^^^dc lediglich eine Verpflichtung der Slgnataimachte vgn Persaillcs, ein gewisses Maß inter nationaler Abrüstung durchzuführen" Ein Maß aller dings, das nun iede'Machl — selbst bestimmt. Natürlich ist das praMjch nignZ anderes als eine Bankerott- er k l ä r u n g c er sogenannten „Arbeit", die die Ab- rustuiigskommniwn geleistet oder vielmehr nicht geleistet hat- Nicht umiitcressanl ist es, daß der englische Außen minister und zukünftige Präsident der Ratstagung, Hen- derson ' der l P§^.wmjwm-sammlung in geradezu drastisch scharfer Forni dem deutschen Stand- vunkt in der zngestimml hat. Es wäre nicht ohne politische Pikanterie, ihn jetzt au seine da- maligen Äußerungen zu erinnern. Auch die wirtschaftspolitischen Verhand lungen m Gens haben bisher zu einem irgendwie prak tischen Ergebnis trotz der schweren Weltwirtschaftskrise nicht geführt. Ter äußerst zahme uno mit zahllosen Ein schränkungen versehene „Zollwafsenstiustand" ist im Papierkorb verschwunden. Man glaub, nun allerdings, daß eine lange Unterredung des deutschen Botschafters in Paris, v. Hoesch, mit dem sranzouichen Außenminister Briand sich vor allem mit wirtschaftspolitischen Themen beschäftigt habe, — denn auch Frankreich ist von der Welt krise jetzt doch nicht mehr so unberührt wie noch in fast dem ganzen Jahre 193». Und gerade die französische „Goldpolitik" hat viel dazu beigetragen, diese Krise im europäischen Westen noch zu verschärfen. Daher wäre es wirklich an der Zeit, wenn man in Gens wenigstens in den Fragen der wirtschaftlichen Krisenbckämpsung einen Schritt vorwärts machen würde. StllikMgW im Ruhrgebiet. Essen, 5. Januar. Nach den beim Bergbauverein einge- gangenen Meldungen von den einzelnen Schachtanlagen über die Lnsahrtszisfern zur Frühschicht des Montagmorgen ergibt sich «ine Streikbeteiligung bei dieser Frühschicht von 7,1» v. H. gegen 11,94 v. H. am Sonnabend morgen. Me beMstehenbe MerbmdtWW Abrüstung und Rinderheiienrecht in Genf. Die Beschwerden gegen Polen. In wenigen Tagen, am 19. Januar, beginnt in Genf Vie diesmalige Völkerbundtagung, die für Deutschland ein außergewöhnliches Interesse hat, weil sowohl die Be schwerden der Ncichsregierung über die polnischen Gewalt taten bei der letzten Wahl gegen Deutsche wie auch die grundlegenden Fragen der Revision des Versailler Ver trages behandelt werden sollen. Der deutsche Minister hat für diesmal auf den ihm zustchcndeii Borsitz zugunsten des englischen Ministers Henderson verzichtet, weil Dr. Curtius bei Vertretung der deutschen Interessen in der Polenangelegcnheit möglichst ungebundene Hände haben will. Die deutsche Aborduung für Genf wird voraussicht lich am 14. Januar von Berlin abreiscn. In England wird erklärt, daß die Entscheidung für Hen derson, an Stelle von Curtius den Vorsitz der Januar- tagung des Völkerbundrates zu übernehmen, nicht leicht gewesen sei, da der englische Außenminister durch zahl reiche Verpflichtungen gebunden sei. London habe aber diese Erwägungen gegenüber der Bedeutung der euro päischen Fragen zurückgestellt. Hendersons Fähigkeiten als Vorsitzender des Vötterbundrates würden erneut einer ernsten Probe unterzogen werden. Zwei Programmpunkte seien von allgemeiner europäischer Bedeutung, die Min- derheitcnbeschwerden und die Festsetzung des Beginnes der A b r ü st n n g s k o n f e r e n z. Man könne erwarten, daß die polnische Antwort auf die Beschwerden einem Gegenangriff gleichkommen werde. In der Frage der Abrüstungskonferenz müsse man mit der Möglichkeit rechnen, ein früheres Datum für den Zusammentritt zu fordern, als es manche interessierten Mächte wünschten. Oie Front 0er Nevisionsgegner. InFrankreich beschäftigt man sich mit dem Besuch Venizelos' in Warschau und sieht hierin den Auf takt eines Zusammenschlusses der Revifionsgegner. Der Hinweis, daß Deutschland die Minderheitenfrage zum Ausgangspunkt einer Aufrollung der gesamten Revisions- srage benutzen wolle, habe genügt, die bedrohten Länder ans den Plan zu rufen. Der Widcrstandsblock beginne sich langsam zu bilden, um denjenigen eine Warnung zu er teilen, die einen Streit heraufbeschwören wollten. Ihr Zusammenschluß sei um so sicherer, als man sich wohl oder übel davon überzeugen müfse, daß die Revisionsforderun gen nicht nur Polen angingen, sondern auch Tirol und die Steiermark. Es sei eigentümlich, zu beobachten, daß jetzt, vor dem Beginn der Genfer Konferenz, auf der sich Polen und Deutschland gegenüberstehen werden, in Frankreich der Gedanke immer größere Verbreitung finde, daß es richtiger sei, die deutsch-polnische Grenze zu be richtigen und den Korridor dem Weltfrieden zu opfern. Man dürfe jedoch nicht vergessen, daß gerade der Bestand Polens die Garantie für einen europäischen Frieden sei. In Warschau wurde nach der Abreise von Venizelos eine Veröffentlichung der Regierung herausgegeben, in der daraus hingcwiesen wird, daß die Gemeinsamkeit der Interessen auch weiterhin eine harmonische und freund schaftliche Zusammenarbeit zwischen Polen nno Griechen land bedinge, vor allen Dingen in der Frage einer loyalen Verteidigung und Wahrung der Friedensverträge. Der baldige Abschluß eines Schiedsgerichtsvertrages sei zu er warten. Man sieht also deutlich die Grundlinien der deutschfeindlichen Front. Der englische Außenminister Henderson. * Protest gegen polnischen Blutterror. Notruf Oberschlesiens an den Völkerbund. Im Namen der politischen und kulturellen Organisationen aller Richiungen hat die Gleiwitzer Ortsgruppe der Vereinigten Verbände heimattreucr Oberschlesier den Delegierten des Völkerbundes eine Eingabe zugehen lassen, in der es heißt: Anläßlich einer gewaltigen Kundgebung unter Teilnahme der gesamten Bevölkerung der Stadl Gleiwitz erheben die Ver einigten Verbände heimattreuer Oberschlesier und die ihnen angeschlossenen Verbände schärfsten Protest gegen den Blut terror, unter dem die deutsche Minderheit in Ostoberschlesien leidet. Wir klagen den Völkerbund an, daß er trotz wiederholter Warnungen und Vorstellungen unsererseits seine Verpflichiungcn gegenüber den deutschen Minderheiten nicht erfüllt hat. Seit Jahren machen wir den Völkerbund auf die Tatsache aufmerksam, daß in Polen amt liche Stellen systematisch zu einem neuen Aufstande oder zum Kriege Hetzen. Wir wenden uns in höchster Not und Besorgnis deshalb an die Delegierten der einzelnen Staaten und gestatten uns auf die letzten Vorgänge noch einmal kurz aufmerksam zu machen: Bei den letzten polnischen Wahlen wurde die deutsche Minderheit so ungeheuerlich terrorisiert, daß von einem Wahlrecht überhaupt nicht mehr gesprochen wer den kann und 108 000 Deutsche in Ostoberschlesien der Wahl urne fcrngeblieben sind, denn die Ausständischcnhorden ver übten Überfälle, Drohungen, Mißhandlungen. Körperverletzun gen mit tödlichem Ausgange, ohne daß die Polizei ein geschritten wäre. Das Bandenwesei entwickelt sich genau so wie während des dritten Polcnaufstandcs im Jahre 1921. Die polnische Regierung hat an der obcrschlesischcn Grenze Zustände geschaffen, die eine Aufrechterhaltung der Ruhe verhindern und die Gefahr von Zusammenstößen zwischen Deutschen und Polen auf beiden Seiten bringen. Es ist noch gar nicht abzufehen. zu welchen Konflikten dos Verhalten der polnischen Regierung führen wird. Die Erregung in Deutschoberschlesicn ist aufs höchste gestiegen. Die polnischen Insurgenten scheinen darauf hinzuarbcitcn, die Deutschen zu unbesonnenen Handlungen zu verleiten, um der polnischen Regierung einen längst erwünschten Anlaß zum Vor gehen zu geben und wieder einmal „vollendete Tatsachen" zu schaffen. Der Marschall Pilsudski ist derselben Ansicht wie sein Handelsminister Kwiatkowski, der öffentlich erklärte, Ober- schlcsien sei der wertvollste Schatz Polens. Er weiß aber auch, daß Oberschlesien nur als unteilbares Wirtschaftsgebiet zu be trachten ist. Er wird also, skrupellos wie cr isi, alles versuchen, um auch den Teil Oberschlesiens für Polen zu gewinnen, der bei Deutschland verblieben iist. Mit welchen Mitteln cr dies tun wird, das wird die Zukunft zeigen. Zehn Jahre sind seit der oberschlesischen Abstimmung ver stossen. Diese zehn Jahre haben mit aller Deutlichkeit gezeigt, daß der Beschluß der Botschafterkonserenz nicht dem Abstim mungsergebnis entspricht und daß cr eine ständige Gefahrenguelle für den europäischen Frieden geworden ist. Wir bitten daher mit allen Mitteln dahin zu wirken, daß diese Gefahrenquelle durch eine Revision des Genfer Ab kommens beseitigt werde. Sie letzten Kräfte für Deutschlands Osten. Eine Kundgebung des Reichskanzlers. Anläßlich seiner Ostreise stellte Reichskanzler Dr. Brüning der Presse folgende Ausführungen zur Ver fügung: Die Botschaft des Herrn Reichspräsidenten vom 13. März 1930 bezeichnete als wesentliche Aufgaben der Neichsregierung die Hilfe für die Landwirtschaft und die hart bedrängten Gebiete an den Ostgrenzen des Reiches. Die neue Reichsregierung hat sich bemüht, ihr im Nahmen des Möglichen gerecht zu werden. Die Maßnahmen, die bisher für Ostpreußen getroffen waren, sollten durch ein umfassendes Osthilfegesetz auf die anderen notleidenden Gebiete an den Ostgrenzen ausgedehnt, sie sollten erweitert und organisch gestaltet werden. Leider wurde durch die Auflösung des Reichstages der Erlaß des umfassenden Osthilsegesetzes unmöglich gemacht. Nur die nötigsten und dringendsten Aufgaben konnten durch Notverordnungen des Herrn Reichspräsidenten in Gang gesetzt werden. So ist es zu verstehen, daß die Erwartungen, die sich für die Bevölkerung an die Osthilfe knüpften, noch nicht so weit befriedigt werden konnten, wie es der Wille der Neichsregierung war und ist. Der Wille, dort zu helfen, wo die Not am größten ist, ist der Grund für die Bereisung der Ostgrcnze durch Mitglieder der Reichsregierung, Vertreter der preußischen Staatsrcgierung, den Ncichsbankpräsidciitcu und den Ge neraldirektor der Rcichsbahngcscttschaft. Trotz der knapp bemchencn Zeit soll versucht werden, möglichst mit allen Bcvölkcrungskrciscn in Berührung zu trete», möglichst alle Wünsche und Ausführungen entgcgcnzunehmeu, und so ein umfassendes Gesamtbild der Lage und der Not zu ge winnen. Die Reise sott ein äußeres Zeichen dafür sein, daß der starke Wille der Sclbstcrhaltung und der Staatsbejahung, der Liebe zur eigenen Scholle und zum Vaterland, der in der Bevölkerung der Ostgebiete lebt, einig ist und gleich gerichtet mit dem Witten der Rcichs- regierung und des Herrn Reichspräsidenten, die nach wie vor bereit sind, die letzten Kräfte einzusctzen für Deutsch lands Osten. gcz. Brüning. * Aeue Anleihe für den Osten? Noch Erwägungen. Im Zusammenhang mit der O st r c i s e des Reichskanzlcr ist in letzter Zeit wicderholl von einer neuen Anleibe für den Otten die Rede gewesen. Auch ein