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Zweites Blatt WmM für Wilsdruff WrM Nossen, Menlehn md die Umgegenden Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro drcigespaltene Corpuszeile. No. 54 Sonnabend, den 8. Mai 1897 Die Rache der Nihilistin. Original-Roman von A. Rochefort. (Nachdruck verboten.) - n (Fortsetzung.) «Ihre Beziehungen zu dieser des HochverratHS überführten Familie muß ich auf's Strengste tadeln. Sie selbst erscheinen durch diese Verbindung im höchsten Grade verdächtig und die gegen Sie erhobenen Beschuldigungen bestätigt. Ich war Ihnen einst sehr gewogen, General, Ihre Verdienste auf dem Schlacht- fOdc sicherten Ihnen meine Dankbarkeit, aber Ihre hochver» räthcrischen Umtriebe erlauben mir fernerhin nicht, Nachsicht gegen Sie zu üben. Uebergeben Sie dem Grafen Kiselew Ihren Degen," gebot der Kaiser, auf dessen Zeichen der Graf aus dem angrenzenden Borzimm-r mit einer Anzahl von Sol daten eingetreten war. Erblassend gehorchte Fürst Galitzin. „Der Fürst ist Ihr Gefangener und soll in das EtaatS- gefängniß abgeführt werden," befahl der Kaiser. 26. Kapitel. Ein trauriger Abschied. Frau von Rulow lag auf ihrem Bett in einer abgesonderten Zelle des Gefängnißlazareths, und an ihrer Seite saß Elisa- Dit Jutztndspielc. Beginnt der Frühling mit seinen sonnigen und wonnigen Tagen und entfaltet die Natur ihre zauberischen Reize von neuem dann wird es dem Menschen in seiner sonst so traulichen Wohnung zu eng und er folgt einem unbezwing lich"» Sehnen, hinaus zu eilen in Gottes schöne Natur. Hier üben die verschiedenen Eindrücke, welche man wohl- thuend empfindet und die inannichfaltigen Beobachtungen in der belebten und unbelebten . Schöpfung sowie die Be wegung in gesunder, erfrischender Luft einen höchst wohl- thätigen Einfluß auf Körper und Geist aus. Darum eile jetzt ein Jedes, dem Zeit und Verhältnisse es gestatten, insbesondere aber Jeder, welchen Beschäftigung und Beruf au die Werkstätte oder dumpfe Stube fesselt, hinaus an den erquickenden Jungbrunnen der Natur! Auch unserer Schuljugend, vorzüglich der städtischen und großstädtischen, Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daselbst. ZUM Sonntage Jubilate. Ev. Joh. 5, 39: Suchet in der Schrift, denn ihr meinet, ihr habt das ewige Leben darinnen, und sie ist's, die von mir zeuget. Ein Wort des HErrn an Leute, die sehr bewandert in der heiligen Schrift waren. Sie besaßen sie nicht nur in ihren Pergament-Rollen, sie hatten sie auch ihrem Ge dächtnisse eingeprägt. Das kann man heute nicht von vielen Leuten sagen. In wieviel Häusern in Berlin, Breslau, Magdeburg, Hannover, Leipzig, Stuttgart, Dresden wird eine Bibel, ein Neues Testament zu finden sein? Wo sie sich finden, liegen sie oft genug verstaubt auf dem Bücher brett oder sie stehen hinten im Schranke, um Schiller und Goethe nicht den Platz wegzunehmen. Wo sind unter den „Gebildeten" die Leute, denen beispielsweise der Römer brief, der Prophet Jesaias, das Johannes-Evangelium Bücher sind, in denen sie sich völlig zu Hause fühlen? Jene Juden waren wenigstens der Meinung, in der Schrift das ewige Leben zu haben. Wie viele unter deutschem Volke, das doch sein Volkstum mit dem Lebensbrote der Schrift genährt und erhalten hat seil Luthers Tagen, hegen noch diese Meinung? — Soll deine Zeit friedensreich, deine Ewigkeit freudenreich sein, so beachte das Heilandswort: Suchet in der Schrift! Indessen, die Herzen der schriftgelehrten Zeitgenossen Jesu hatten nicht erfaßt, was ihre Köpfe gelernt hatten. Den Kern der Schrift, den Heiland und Sein Reich, hatten sie nimmer ergründet; das wahre Leben hatten sie noch nicht gefunden: ja sie gaben sich gar keine Mühe, nach diesem Schatze zu suchen. „Gottes Wort war ihnen kein Puls des Gemütes, kein Schlag des Gewissens, kein be wahrender Halt, keine tröstende Hoffnung, keine die Heim kehr verbürgende Heimatkunde". Und darum war es ihnen eher schädlich als nützlich. Es führte sie nicht in die Gnade, es brachte sie ins Gericht. Unter den Bibelkennern und Bibellesern unserer Tage — wie viele doch, die den Kern der Schrift nimmer be griffen und ergriffen haben, die den lebendigen Jesus in ihr noch nicht gefunden haben! Sie wollen nicht zu Ihm kommen, daß sie das Leben haben möchten (Joh. 5, 40). Und dock zeugt die Schrift von Ihm fast auf jedem Blatte, doch ist Er „der Kern der Schuft, die auf Ihn zusammen- tufft". Was nützen dir alle Bibelkenntnisse, wenn sie totes Kapital bleiben? Was hilft dir dein Bibellesen, wenn du den Heiland nicht bekommst, der dein Herz allein still und i)'vh machen kann und im Frieden mit Gott erhalten kann ? Wulst du ihn bekommen, o, dann suche in der Schrift, dann ues sie mit dem Herzen, dann bete über dem Lesen, dann Hore fleißig die Predigt des Wortes, dann sei ein häufiger Abendmahlsgast Denn wer da bittet, der em pfangt, und wer da suchet, der findet, und wer da anklovfet dem wird aufgethan. ' Wer gefunden hat, dem gilt die Aufforderung des Sonntags: Jubilate, jauchzet dem HErrn! Der schaut auch ganz von selbst thränenden Auges zu seinem glorreichen HErrn auf und frohlockt: ... Ich will dich lieben, meine Stärke; ich will dich lrcben, meine Zier! thut es not, sich recht oft im Freien aufzuhalten und zu bewegen. Die Wohnungen in den Städten, namentlich für die unbemittelte Bevölkerung, lassen in gesundheitlicher Beziehung ost viel zu wünschen übrig. In Ermangelung eines geräumigen Hofes oder Gartens sind die Kinder für ihre Erholung und Bewegung nach langem Aufenthalte und angestrengter Thätigkeit in Fabrik-, Arbeits- und Schulräumen meist nur auf die gepflasterte, staubige und schmutzige Verkehrsstraße angewiesen. Die sich hier auf sichtslos befindlichen und selbstüberlassenen Kinder wissen ihre freie Zeit gewöhnlich nicht gut anzuwenden. Rohes Schreien, Zanken, .Raufereien und Belästigungen des an wohnenden oder auf den Wegen verkehrenden Publikums sind dann nicht selten der einzige Zeitvertreib der Jugend. Selten beobachtet man hier ein gemeinsames Spiel der Kinder, am meisten noch bei den Mädchen. Auch zum Spiele und zu zweckdienlicher Bewegung während ihrer Freizeit will die Jugend bis zu gewissem Grade, ohne sie unnöthiger Weise einzuschränken, Anleitung haben. In größeren Städten hat man darum in neuer Zeit auch für passende Beschäftigung der Schuljugend während ihrer freien Zeit durch gesellige Spiele gesorgt. Große, möglichst frei gelegene Spielplätze sind durch die Stadtverwaltungen für den angegebenen Zweck zur Verfügung gestellt. Lehrer oder sonstige Kinderfreunde leiten die Spiele. So hat sich in Dresden der Gemeinnützige Verein auch in diesem Jahre der betreffenden Sache wieder angenommen. In den Nachmittagsstunden finden an vier Wochentagen für die Knaben auf der alten Vogelwiese und im Kleinen Ge hege unter Beaufsichtigung bewährter Lehrer und an eben soviel Tagen und auf denselben Spielplätzen die Mädchen unter Leitung geeigneter Damen, meist Seminaristinnen des Königlichen Lehrerinnen-Seminars, die gemeinsamen Jugendspiele statt. Geldkosten sind für die Kinder bei dieser Einrichtung gänzlich ausgeschlossen. In Leipzig verfolgen die Schrebervereine denselben Zweck. Es ist eine große Freude für Alt und Jung, aus den verschiedenen Schreberplätzen die Schuljugend sich Wohlgemuth herum tummeln zn sehen. Man will auf diese Weise der Jugend — bei welcher nur gar zu leicht Müßiggang aller Laster Anfang werden kann — zweckmäßige Beschäftigung, Er holung und Zerstreuung verschaffen und sie vor Unfug und Ausschreitungen aus langer Weile bewahren. Zudem hofft man durch diese Einrichtung die der Jugend wohlanständige Heiterkeit des Gemütes, kräftige Gesundheit und Gewandt heit des Körpers zu unterstützen und derselben den unserer Zeit so nötigen Gemeinsinn anzuerziehen. Möge das Vorgehen zunächst größerer Städte möglichst auch ander wärts, wo das Bedürfnis zu einer Beaufsichtigung und Beschäftigung der Jugend während ihrer Freizeit niehr oder weniger ebenfalls vorliegt, freudige und aufopferungs willige Nachahmung finden. Es gilt zu Nutz und Frommen unserer Kinder und der Zukunft! Imlsblull für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. Zur inneren Lage. Wieder einmal schwirren Gerüchte von einer „schleichen den" Ministerkrisis in Preußen und zugleich Kanzlerkrisis im Reiche durch die politische Luft, aber es fehlen auch diesmal nicht die üblichen Versicherungen, daß es mit diesen Muthmaßungen nichts auf sich habe. Die Fragen der Verschärfung der Vereinsgesetzgebung zunächst im leitenden Bundesstaate und der Reform der Militärstrafprozeßord- nung sollten, wie verlautete, in den Berliner Regierungs kreisen wachsende Meinungsverschiedenheiten hervorgerufen haben, sodaß hie und da schon von einer abermals bevor stehenden förmlichen Regierungskrisis gesprochen wurde. Auf anderen Seilen wiederum bezeichnet man freilich alle die betreffenden Gerüchte als blanke Erfindungen, an denen kein Körnchen Wahrheit sei, doch konnte man solchen Be theuerungen allerdings den alten Satz entgegenhalten, daß da, wo Rauch zu bemerken ist, auch Feuer sein müsse. Zum Mindesten erscheint es immerhin auffällig, daß bis jetzt weder die Novelle zum Vereiusgesetz im preußischen Abgeordnetenhause eingebracht noch der Entwurf der neuen Militärstrafprozeßordnung im Reichstage vorgelegt worden ist, vielleicht ist es doch nicht so ganz geheuer hinter den Berliner Regierungscoulissen, und so wird man denn gut thun, die weitere Entwickelung der Dinge abzuwarten. Inzwischen wird es immer unzweifelhafter, daß mindestens der Reichstag höchstens noch bis Pfingsten zu sammenzuhalten wäre. Seine Sitzungen sind vom Beginne des nachösterlichen Sessionsabschuittes an tagtäglich sehr mäßig, um nicht zu sagen schlecht, besucht gewesen, daß hierin noch eine Wendung zum Besseren eintreten solle, ist nicht mehr anzunehmen, dauert doch die Wintersession des Reichsparlameuts nun schon in den siebenten Monat hinein. Auch steht bereits jetzt fest, daß von den noch schwebenden gesetzgeberischen Arbeiten des Hauses verschiedene unter den Tisch fallen werden, so die Vorlage über die Abänderung der Invalidenversicherung, dann vermuthlich auch die Hand werker-Vorlage und vielleicht noch die Novelle zu den ver schiedenen Unsallversicherungsgesetzen. Selbst wenn die Vorlage über die Reform der Militärstrafprozeßordnung dem Reichstage wirklich noch in der Zeit bis Pfingsten zu gehen sollte, was freilich nachgerade im höchsten Grade unwahrscheinlich geworden ist, so würde sie schwerlich über die erste Lesung hinanskommen, nachher bliebe der ganze wichtige Gesetzentwurf nichts wie „schätzbares Material" für eine der nächsten Sessionen. Angesichts dieses Standes der Dinge verlautet denn auch neuerdings vielfach, daß der Reichstag möglicherweise schon binnen zwei Wochen ge schlossen werden würde. Bei dem preußischen Landtage ist allerdings an eine Verabschiedung desselben ebenfalls vor Pfingsten kaum zu denken; steckt doch das Abgeord netenhaus noch tief in der Spezialberathung des Etats, so daß sich der Zeitpunkt noch gar nicht absehen läßt, zu welchem der Etat endlich dem Herrenhause unterbreitet werden könnte. Außerdem gilt es ja für den Landtag, noch einen ganz neuen und nicht unwichtigen Berathungs- stoff in Gestalt der jüngsten Sekundärbahn-Vorlage auf zuarbeiten. In, Uebrigen harren verschiedene schwebende Personal- fragen der endlichen Entscheidung. Von ihnen soll die jenige der Neubesetzung des durch den Tod Dr. v. Stephans erledigten Postens eines Staatssekretärs im Reichspostamte nächster Tage ihre Lösung finden, denn allseitig nimmt man die Ernennung des Unterstaatssekretärs Dr. Fischer zum Nachfolger Dr. v. Stephans als unmittelbar bevor stehend an. Formell noch ungelöst ist die Krisis im Marine- Staatssekretariat, doch herrscht nirgends mehr ein Zweifel daran, daß der auf der Heimreise nach Deutschland be findliche Oberbefehlshaber des Kreuzergeschwaders in Ost asien, Kontre-Admiral v. Tirpitz, dazu ausersehen sei, Chef unserer Marineverwaltung an Stelle des zurücktretenden Herrn Hollmann zu werden. Auffällig verzögert sich die allerhöchste Entschließung in der Angelegenhert der Neu besetzung des Oberpräsidiums von Schleswig-Holstein, wahrscheinlich bekämpfen sich in dieser Frage verschiedene Einflüsse in der Umgebung des Kaisers.