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Erscheint wöchentlich drei Mal nnd zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich I Mark 20 Pf. prsönnworanäo. Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die CorpuSspaltenzeile mit io Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stabtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 127. Donnerstag, den 28. October 188V. 5. Jahrg. Tagesgeschichte. Deutschland. In der hohen Politik herrscht augenblicklich vollkommene Windstille, ebenso ruhig geht es im Bundesralh zu. Es handelt sich dort zunächst um Abwickelungen noch schwebender Referate der Ausschüsse für Zölle und Steuern und für Handel und Verkehr, welche Angelegenheiten aus der letzten Session betreffen und sich meist auf die Ausführungsbestimmungen von Zollgesetzen beziehen. Neue Vorlagen machen einstweilen den Mitgliedern noch wenig Arbeit und besonders belangreich dürften sich die für die nächste Zeit bevor stehenden Entwürfe auch nicht gestalten. — Nach Berichten aus Bremen dauert die Auswanderung über Bremen nach den Vereinigten Staaten in unveränderter Weise fort, selbst die gegenwärtige, so sehr vorgerückte Jahreszeit hat keine Ab nahme derselben hervorgerufen. Vom 16. bis 24. October wurden nicht weniger als fünf transatlantische Dampfer des Norddeutschen Lloyd expedirt, welche 5000 Emigranten über den Ocean bringen. In keinem Jahre ist die Auswanderung so bedeutend gewesen, als in dem gegenwärtigen, selbst diejenige des Jahres 1872 ist bereits übertroffen. Nach den in Bremerhaven genommenen Aufzeichnungen sind bis jetzt 74,000 Auswanderer mit den Schiffen des Norddeutschen Lloyd nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika abgefahren Dieses ergiebt die vierfache Zahl der Reisenden, welche sich im vorigen Jahre daselbst einschifften. Oesterreich-Ungarn. An die Heeresfolge, welche der eng lische Botschafter in Wien, Sir H. Elliot, dem Baron Haymerle leistet, indem er gleichzeitig mit Letzterem in Pest eingetroffen ist und, wie es scheint, einige Zeit daselbst verbleiben will, knüpfen sich allerlei Gerüchte von Unterhandlungen, welche zwischen England und Oesterreich-Ungarn schweben sollen. Diese Unterhandlungen verfolgen, wie weitschweifigen Details zu entnehmen ist, den Zweck, Oesterreichs Widerstand gegen die Gladstone'schen Orientpläne zu brechen, zu dem Ende Oesterreich mancherlei Konzessionen zu machen und u. A. den Besitztitel des Eigenthums in Betreff Bosniens und der Herzegowina der habsburgischen Monarchie anzutragen. Es scheint aber, als bilde die bulgarische Frage den Stein des Anstoßes, denn hinter dieser Frage steht für Oesterreich der Slavismus, mit welchem schwer lich ein Pakt geschlossen werden könnte. Es ist demnach zu bezwei feln, ob die Bemühungen Sir H. Elliot's eine Verständigung mit Oesterreich-Ungarn, bezüglich der griechischen Frage, herbeizuführen, Erfolg haben werden. Frankreich. Je gespannter die Stimmung in Frankreich durch die Widersetzlichkeit der Bischöfe und Mönche wird, desto weniger Rücksicht dürfen sie erwarten, und desto schärfer wird die Säuberung des Landes durchgeführt werden. Wenn sie aber gar auf die Gasse steigen, Aufläufe Hervorrufen und die Eingänge zu den Klöstern ver mauern, so werden sie ihre Haut dabei zu Markte tragen, und man wird nach den Verführten auch die Verführer fassen. Ein Kampf bis auf's Messer wird nun gar erst den Kongregationen, die ihn führen, den Garaus machen. Dies ist mit kurzen Worten die Lage, wie der „Temps" sie entwickelt. Ob die Regierung noch mit dem Vatikan zu verhandeln suchte oder nicht, ist unklar, der officiösen Ableugnung im „National" stellt „Univers" die Erklärung entgegen, daß diese Ableugnung eben so viel werth sei, wie die frühere, die unter Freycinet erfolgte. Schweiz. Nach Berichten aus Genf fand dort eine Versamm lung der Hauptanführer der Nihilisten statt, in der eine neue Orga nisation der russischen revolutionären Partei ausgearbeitet und be schlossen wurde, in Paris unter dem Titel „Comitö Littsraire" einen Ausschuß für die Propaganda und die Veröffentlichungen und in Genf ein Actionscomitö zu errichten, welches die Leitung der Partei übernehmen soll. Spanien. Die Königin Christine hat am 22. October den ersten Ausgang nach ihrer Entbindung gehabt. Alle zur Attochakirche führenden Straßen sind beflaggt und von einer dichten Menschen menge besetzt, welche den prunkreichen Aufzug des Hofes mit lautem Jubel begrüßt. Rumänien. Fürst Alexander von Bulgarien ist in Bukarest eingetroffen und von dem Fürsten und der Fürstin von Rumänien am Bahnhofe empfangen worden, Fürst Alexander kehrte Abends nach Nustschuk zurück. Eine gewisse Bedeutung erlangt diese Zu sammenkunft durch die daran geknüpften Combinationen von der Bildung eines Bundes der slavischen Balkanstaaten, ein Bündniß, das weniger in der Wirklichkeit, als in den Wünschen einiger beson ders russischer und englischer Politiker begründet sein dürfte. Griechenland. Die Ministerkrisis ist beendet, das neue Cabinet besteht aus: Kumunduros, Präsident, Minister der auswärtigen Angelegenheiten und interimistischer Minister der Justiz, Sotiropulo, Finanzminister, Papamichalopulo, Minister des Innern und interi mistischer Minister des öffentlichen Unterrichts, Valtinos Kriegsminister, Bambulis Marineminister. Das neue Ministerium sollte gestern ver eidigt werden. Ein Athener Correspondent der Daily News, ein großer Griechenfreund, sagt über den Ministerwechsel: „Trikupis habe ernstlich auf den Krieg hingearbeitet, allein Kumunduros würde noch viel eifriger diesem Zwecke zustreben. Trikupis halte mehr auf das Mittel der diplomatischen Pression, Kumunduros mehr auf jenes der Revolten in den Provinzen." Lokales und Sächsisches. — Wie sich am 14. Juni die Wasserströme zerstörend durch das Dorf Niederoderwitz wälzten, so ergießt sich im Laufe dieser Woche ein Segensstrom über dasselbe, ein Segensstrom der, mit leidigen Herzen edler Menschen entquollen, schon im Voraus hat er stehen lassen, was jene vernichtet. Es sind nämlich auch hier nun mehr die Unterstützungsgelder an die Wasserkalamitosen zur Vertheil- ung gelängt, und zwar, dem Vernehmen nach, in Niederoderwitz 84M0 Mark und in Mitteloderwitz 17,000 Mark. Wandert man das Dorf entlang, so zeigen sich überall die Wirkungen, die der Segensstrom schon vor seinem Eintreffen ausgeübt. Die weggeriffenen Gebäude sind, theils an anderen Stellen, wieder aufgebaut, die be schädigten wieder ausgebessert, Fleiß und Thätigkeit sind non den Straßen und Bauplätzen wieder in die Wohnungs- und Arbeitsräume zurückgekehrt, und was etwa noch herzustellen übrig ist, wird hoffent lich noch vor dem kommenden Winter auszuführen möglich sein. — In der Regel erfolgen die Schneefälle in der Zeit zwischen dem 8. November und dem 23. April, doch ist im Jahre 1862 schon am 5. October und im Jahre 1867 noch am 25. Mai Schnee ge fallen. Nach den erstbezeichneten Terminen würde die schneefreie Zeit des Jahres 194 Tage umfassen. Heuer beträgt sie jedoch nur 176 Tage, da der letzte Schnee am 23. April, der erste am 23. October gefallen ist. Im vorigen Jahre kam der erste Schnee schon am 15. October. Dresden. Am Sonntag Nachmittag verschied in Schloß Oelsa bei Verwandten Kammerherr und Hofmarschall a. D. von Zeschwitz. Derselbe war eine seinerzeit in Sachsen viel genannte Person. Er machte als Flügeladjntant des verewigten Königs Friedrich August dessen Reise nach Tirol mit, auf welcher der König sein Leben ein büßte. Er hatte vom Postmeister Mayr in Brennbichl einen leichten Zweispänner gemiethet, der Fürst und sein Begleiter fuhren in dem selben, als die Pferde scheuten, den Wagen umstürzten und beide Insassen herausschleuderten, v. Zeschwitz kam unverletzt davon, während der König so unglücklich zwischen die Pferde fiel, daß ihn ein Huf schlag an die Stirn traf. Der Adjutant leistete dem sterbenden König die nächste Hilfe. Als darauf König Johann den Thron bestieg,