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I Frankreich erhöht die Einfuhrsteuer Part», 22. November. Der Finanzausschuß der Kammer hat nunmehr endgültig den Gesetzesvorschlag der Regierung ange« ! nommen, der eine wesentliche Erhöhung der Einfuhrsteuer für Fer tigwaren und Halbfertigwaren vorsieht. In Zukunft werden für Fertigwaren statt 2 v. H. 6 v. H. erhoben und für Halbfertig waren statt 2 v. H. 4 v. H. Nur die Rohstoffe bleiben nach wie vor mit 2 v. H. besteuert. Die Erhöhung soll der Regierung eine Mehreinnahme von 400 Millionen Frank bringen. Im Gegen satz zum Einfuhrzoll, der i' nach der Ware verschieden ist, unter liegt die Einfuhrsteuer keinerlei Schwankungen. , Der Haushalt 1931/W schließt mit einem Fehlbetrag von über 2,5 Milliarden Frank. Einnahmen von 50 Milliarden 988,5 Millionen Frank stehen Ausgaben von 53 Milliarden 630,5 Millionen Frank gegenüber. Lasrler Sonderausschuß und StMalte-! Verhandlungen Einladung der privaten Gläubiger nach Berlin Berlin, 22. November. In den Presseerörterungen über das deutsch« Memorandum auf Einberufung des Baseler Sonder ausschusses wird zum Teil behauptet, daß gleichzeitig mit den Verhandlungen de» Sonderausschusses in Basel Verhandlungen über die Regelung der Sttllhaltefrage ebenfalls in Basel und von den gleichen Sachverständigen geführt werden sollen. Diese Dar stellung wird von unterrichteter Seite al» völlig abwegig be-^ zeichnet. Solche Fragen haben formal überhaupt nichts mitein ander zu tun und können auch nicht in gemeinsamer Verhandlung von den gleichen Sachverständigen erörtert werden. Dies ist schon deshalb unmöglich, weil voraussichtlich die Besprechungen über die Stillhaltesragen ^nächst in Berlin erfolgen werd Der deutsche Schuldnerausschuh hat die Vertreter der beteiligten Gläubigerländer nämlich jetzt zu Besprechungen Uber die weiter« Regelung der privaten Schulden nach Ablauf de- Stillhalteabkom mens nach Berlin ringelnden. Bet diesen Verhandlungen ist Deutschland durch den sogenannten Schuldnevau,schuh, das ist der früher« vankenausschuh, vertreten. Auher diesem «u»schuh wer- den vertret«» de« Reichsbank und der Golddiskontbank te lnehme«. Etngeladen sind di« U Ausschüsse der privaten gläubiger, da, heißt di« Vankenvertr«t«r von Amerika, Dänemark, England, Frankreich, Holland, Italien, Norwegen, Schweden und Schwei». empfohlen werden, woraus eine Besserung der Verhältnisse besonders für die mittlere und kleinere Industrie "^°"et wird. Hierher gehört auch der Wunsch nach einer gün- stigeren Ausgestaltung der Frachtentarife für die Ausfuhrindustrie und gewisse Mahnahmen auf dem Gebiete des Zinsendienstes. Die Fassung der Leitsätze ist auf eine von der Regierung vor genommene Formulierung zurückzuführen. Die Maßnahmen ollen einer verhältnismäßig kurzfristigen Begrenzung unterwor- en sein. Von radikalen Maßnahmen dürft« im allgemeinen Ab« tand genommen worden lein, wie ja auch das Tarifsystem nicht beseitigt, sondern nur gelockert werden soll. Es kommt natürlich nun darauf an, welchen Gebrauch die Regierung von diesen Er gebnissen bei ihrer Wirtschaftsnotverordnung macht. Schlußsitzung der Wirtschaftsbeirates Das Ergebnis: alte und bekannte Feststellungen Berlin, 23. Nov. Unter dem Borfitz des Herrn Reichspräsidenten hielt heute vormittag der ReichSwirt- schLstsbetrat seine Schlußsitzung ab. Reichskanzler Dr. Brüning berichtete über das Ergebnis der Beratungen. Er sagte u. a., daß der Beirat auf dem Boden der Regierung stehe und wie sie jegliche Maßnahmen inflatorischer Art zum Zwecke der Anpassung an die Preise auf dem Weltmarkt ablehne. Erste Voraussetzung für die Gesundung der deut schen Wirtschaft sei die Ausgleichung der Haushalte bei Reich, Ländern und Gemeinden. Es herrsche im Beirat Uebereinstimmung darüber, daß die deutsche Wirtschaft auf die Dauer die jetzigen Lasten nicht tragen könne. Bei der Preisbildung müßten sich mehr als bisher die gebundenen Preise dem allgemeinen Preisniveau anpassen. Eine ent sprechende Senkung der Löhne und Gehälter werde sich da bei nicht umgeh-n lassen. Der Inhalt der Tarifverträge müsse sich mehr der wirtschaftlichen Lage anpaffen. Ein stimmig wurde die Notwendigkeit der Zinsniveausenkung für notwendig erachtet, und ebenso die Herabsetzung der Lebenshaltungskosten durch Senkung der Tarife bei den öffentlichen Unternehmen, sowie weiter eine Herabsetzung der WohnungSmieten zwecks Anpassung an die verminder ten Einkommen. Alkrschttmmften, — d«m Willen aber, ans dem Wege staatlich«! Maßnahmen weitere Hilfe zu bringen, steht die unerbittlich« Tat sache gegenüber, daß staatliche Mehraufwendungen infolge der snwierigen Lage der Staatsfinanzen nicht möglich find. Schon aus diesem Grunde war «» ein Gebot der Stunde, di« frei« Wohl fahrtspflege, soweit es nur irgend ging, zur Mithilfe an d«r Ve- kümpsung der großen Not heranzuziehen. St« besitzt in ihren Organisationen dank der bewährten Grundsätze der -tlf,arb«tt von Mensch zu Mensch, dank einer stet» lebendigen Verbindung mit allen Schichten der Bevölkerung diejenigen Möglichkeit«», di, er ihr erlauben, frei von amtlichen Bindungen und Rücksichten da» Hilfswerk d«r Reichsregierung wirksam zu ergänzen. Deshalb hat sich di« Reich-regierung, im Vertrauen auf di« ost bewährte Ar. beitsbereitschaft der freien Wohlfahrtspflege vorbehaltlos hinter ihre Bestrebungen gestellt. Jeder kann helfen I vielgestaltig fin» die Möglichkeiten der Mitarbeit, der Gin« gibt au» den Erträg nissen seiner Arbeit, der ander« t«ilt au, stimm Vorrat dem mir, der wenig oder nicht» besitzt. Auch die Verwendung der von dr» deutschen Reichspost herausgegebenen Wohlfahrt»brt«smarken für die deutsche Nothilfe bedeutet Kamps gegen di« Rot. Vitt« gibt es. di« g«rn« ihr« Zett und Kraft zum Dienst« am »Il^meinm. Wohl zur Verfügung stellen. E« darf nicht der Aatz au^ge- sprachen werd", d«r schon oft d«n notwendig«» rsocko«^- de« Die Aufnahme des deutschen Memoranduns in Parks Paris, 21. November. Der Text de, deutschen Memoran. dums wird von der Presse ganz oder in Auszügen veröffentlicht. Bisher beschäftigten sich jedoch nur einige Blätter kritisch mit der Frage. So erklärt der Außenpolitik» Les „Echo de Pari»": Di« Neichsregierung hat wohl eingewilltgt, die Formeln des Poung- Planes zu gebrauchen, um die Revision der Reparation,lasten zu erhalten, aber sie hat zugleich Sorge getragen, zu bemerken, — und das sei der wesentliche Punkt des Memorandum, — daß diese Formeln nicht nur angemessen seien, und es sich unter drn gegenwärtigen Umständen um etwa» ganz andere» al» di« Herabsetzung der Reparationslasten handele. Das Blatt deutet an, daß für Deutschland praktisch die Reparationen zu existieren aufgehört hätten. „Exzelsior" schreibt: Da» deutsche Memorandum kann beim besten Willen der Welt nicht al« «in Anzeichen für «in« befriedigende Annäherung der französischen und deutschen Ihrs« in der Frage der Reparationen und kurzfristigen Kredite angesehen werden. Es wird Aufgabe des französisch«« Delegierten sein, di« Debatte nicht über den Rahmen des Poung-Plane» htnau»g«h«n zu lassen und nicht zu gestatten, daß zwischen der Regelung der ungeschützten Annuität und der Liquidierung der eingefrorenen Kredite eine Verbindung hergestellt wird. Diese Aufgabe ist äußerst delikat, denn man muß befürchten, daß der französisch« Delegierte sich im Beratenden Sachverständigenausschuß in der Minderheit befinden wird. „Figaro" ist ebenfalls bedenklich. Di« Neichsregierung halte Im Grunde genommen unverändert ihre These von d«r Revision der Zahlungsfähigkeit und der Gesamt liquidierung der Reparationen und kurzfristig«» Kredite aufrecht. Man wundere sich, daß die französische Regierung diese» Dokument ohne Protest habe hinnehmen können. Man habe zwar Wert darauf gelegt, feftzustellen, daß es sich um ein «Inen «inseitigen Charakter tragendes Dokument handele. Aber ein Sprichwort lagt bereits: „Wer nichts erklärt, stimmt zu". Amerikas Antwort auf die englische Einfuhrbeschränkung Neuyork, 21. Nov. Associated Preß meldet auS Washington, die Regierung werde die sofortige Erhebung von Ausgleichszöllen auf britische' Einfuhrwaren entspre chend den Fällen, die England auf amerikanische Erzeug nisse erhebt, anordnen. Auflösung des ArbeitsschntzlwndeS in Danzig Danzig, 21. Nov. Auf Anordnung des Polizei präsidenten ist der Arbeiterschuhbund aufgelöst worden. Die Veranlassung hierzu waren die Zusammenstöße zwischen Nationalsozialisten und Arbeiterschutzbündlrrn bet Kahl- bude am vergangenen Sonntag, bei denen em National sozialist erstochen worden war. Wieder ein Nationalsozialist ermordet Aachen, 21. Nov. Bei einer Versammlung der NSDAP, im Burtscheider Kurhaus, zu der auch etwa 100 Kommunisten erschienen waren, kam es zu einer Schlägerei, der durch Polizeibeamte ein Ende gemacht wurde. ES waren aber bereits zehn Personen verletzt worden. Die Verletzungen sind nur leichter Natur. Die Ruhe war kaum wiederhergestellt, als den Poltzeibeamten mitget-ilt wurde, daß an einer anderen Stelle der Stadt eine politische Schlä gerei im Gange sei. Die Bamten fanden dort zwei schwer verletzte Nationalsozialisten in ihrem Blute liegen. Einer der Verletzten, der 23jährige Nationalsozialist Geirrten auS Aachen, ist seinen Verletzungen erlegen. Die Polizei ver hinderte jeden weiteren Zusammenstoß der politischen Gegner. Vie MlschMchen Leitsätze v!rsi?W!»i^ .Schlußsitzung de» Wirtschaftsbeirat«- unter D°k»ei wird der Reichskanzler da- Er. Erörterungen des Wirtfchaftsbeirates in einer Rede Ä dann ein Auszug veröffentlicht werden auch ziemlich umfangreichen Leitsätze selbst in ihrem bekanntgegeben werden oder ob sich die Oefftntltchkeil ber Red« de, Kanzler» zufriedengeben muß, bleibt noch dahingestellt. Wahrscheinlich wird es aber bei i v«r loseren Form der Darstellung in der Kanzlerrede sein Verven- orn haben. Möglicherweise werden die drei landwirtschaftlichen Mitglie- der des Wirtschaftsbeirates an der Schlußsitzung wieder teil- nehmen, jedenfalls sind sie dazu eingeladen. Der Wirtschaftsbe- rat wird nicht formell aufgelöst werden, sondern in einer gewissen Bereitschaft bleibm. , Gegenüber den pessimistischen Darstellungen über da» voraus sichtliche Ergebnis der Arbeiten de» Wirtschaftsbeirates, die in letzter Zeit lautgeworden sind, scheint es hev^ daß der W>rt< schaftobeirat im letzten Teile seiner Tätigkeit wch ein einiger maßen greifbare« Ergebnis zustandegebracht hat. Ein« scharf umrisftne Fassung genauer Richtlinien für die einzelnen Frag,r kreise dürfte freilich nicht möglich gewesen »ein, obwohl osicnnchtlich sowohl von den Arbeitgebern als auch van den Arbeitnehmern erhebliche Zugeständnisse gemacht woraeu sind. E» sind allerdings Gerüchte verbreitet, daß die Vertreter der Gewerkschaften eine besondere gemeinsame Erklärung gegen- über den Leitsätzen des Wirtschaftsbeirates abgeben oder der Schlußsitzung fcrr.bleiben wollten. Trotz dieser nicht geringen Einschränkungen, Unter denen man das Ergebnis der Arbeiten de» Wirtschaftsbeirates von vorn herein betracht«» muß, scheinen doch gewisse Fortschritte erzielt morden zu sein, vor allem in der Lockerung der Preisbindungen be' Innungen und Kartellen und in der Lockerung der Lohntarife, weniskn« soweit «ine Ablösung des bisherriigen starren Systems in Betracht kommt, an deren Stell« die Berücksichtigung lokaler Bedürfnisse treten soll. Soweit Löhne und Preise gesenkt werden sollen, dürfte eine weitgehende Parallelität de» Vorgehens er- strebt worden sein. Die Fragen einer Senkung der öffentlichen Tarife und der Mieten durch systematischem Abbau d«r Hauszins-, steuer sollen in den Leitsätzen berücksichtigt würden sein. Im Kreditwesen soll, «a» namentlich d«n sächsischen Wünschen entspräche, eine bessere und nach lokalen Gesichtspunkten orten« Zusammentritt des Soirderuussck sses am 7. Dezember Basel, 21- Nov. Me die Schwetzertsche Depeschen agentur erfährt, wird der beratende SondnauSschuß der B^Z dessen (Einberufung von der deutschen Regierung Basel am Sitz der Bank zusammentreten. D«, dttchch- »«Mm»« »,'m «-nd->-u«IchuS D-. b., b-r-'-n- den Sonderausschußes bei der BIZ. ernann . Ser Mskmltt übn die MstMW Berlin, 22. November. Der Reichskanzler hielt heute abend im Rundfunk eine Ansprache Uber die Winterhilfe, in der er u. a. folgend«, »usführte: Meine Damen und Herren! Die schwer« Not des Winters erfordert die Mitarbeit aller Volksge- nossen zur Bekämpfung der Not und des Elends. Ts wäre leicht- fertig wenn wir uns über den Ernst der Zeit Hinwegtäuschen wollten. Nicht weniger falsch wäre es aber auch, wenn wir nicht den Mut hätten, den Bann zu brechen, den diese dunkle Eegen- wartszeit auf uns legt, wenn wir uns den Hemmungen und lähmenden Einflüssen ausliefern würden, ohne zu versuchen aus eigener Kraft die schwierige Zeit der Prüfung zu überwinden. Di« Lebenskräft« des deutschen Volkes sind nicht gebrochen. Sic sind spürbar auf allen Gebieten des Volkslebens und Ihnen «nt- lorinat auch das Hilfswerk, das spontan im ganzen Reiche zur LttH-ru°g der großen materiellen und seelischen Notstände ent- stan^Die^Relchsregterung hat ihrerseits alles ^an, um meataren Not zu steuern. Sie betrachtet diese Aufgabe auch weiterhin al» eine» der dringendsten Erfordernisse. Länder und Gemeinden haben ihre Reserven im Kampf gegen da» Elend «in- gesetzt. Die Reich,regterung ist sich aber auch der Tatsache wohl bewußt, daß ihr« Maßnahmen Mr die unterste Grenz. d«r Für- sorg« darst«ll«n können. Si» schützen d«n Einzelnen vor dem f -»-» -