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Viefe rlrritrineV <» Seiten Das Wichtigste vom Tage. Prinz Alexander von Hohenlohe soll dem Kaiser sein Bedauern wegen der Veröffentlichung der Me moiren seines Vaters ausgedrückt haben. * * König FriedrichAugust befindet sich an Bord des nach ihm genannten Dampfers, der auf einer Probefahrt be griffen ist, v o r H e l g o l a n d. * Das Denkmal Kaiser Wilhelms I. in Bonn wurde gestern in Gegenwart des Kaisers enthüll*. * Eine neu einsetzende P o l e n b e w e g u n g fordert die Schaf fung einer Zentralstelle für die polnischen Katho liken. * * Bei Mogador wurde eine große Karawane m i t W a - ren von deutschen Firmen ausgeplündert. Der Landeskulturrat des KönigreichsSachsen ist gestern geschlossen worden. " Der Bergbauliche Verein hat in einer gestern in Elfen abgehaltenen Sitzung die Forderung der Berg arbeiter abgelehnt. * Die übrigen noch verschütteten Bergleute in Win- gate sind jetzt gerettet worden. * Näheres siehe unten. Anr politischen Lage. Die Reise des Staatssekretärs v. Tschirschky nach Wien und Rom hat die klappernden Mühlen der Publizistik in lebhafte Bewegung gebracht, und in Rom wie in Wien zer bricht man sich seit reichlich acht Tagen die geehrten Köpfe, was denn der deutsche Staatssekretär des Auswärtigen Amtes in der Hofburg und auf dem Quirinal zu tun haben könnte. Man rär natürlich, daß diese Reise mit einer Befestigung des sehr wackelig gewordenen Dreibundes zusammcnhängt. Man glaubt, Herr v. Tschirschky soll zwischen Wien und Nom die gestörte Harmonie wieder Herstellen, und was dergleichen Dinge mehr sind. Es ist ja auch sehr wahrscheinlich, daß die Reise mit dem Dreibund etwas zu tun hat, aber daß Herr v. Tschirschky blos nach Rom reist, um den Dreibund festigen zu Helsen, das möchten wir denn doch sehr bezweifeln. Heute haben wir für solche Fälle den Draht, und man schickte nicht einen Staatsmann, der in Wirklichkeit für die auswärtige Politik doch eine ziemlich bescheidene Rolle spielt, wie das bei Herrn v. Tschirschky der Fall ist. Und außerdem liegt uns wirklich so unendlich viel daran, daß der Dreibund wieder auf den alten Stand gebracht wird? Es ist freilich in diesen Tagen der Isolierung Deutschlands für uns nicht erfreulich, wenn uns Italien ein klein wenig ver rät, und wenn Oesterreich und Italien aus sehr gespanntem Flitz niiteinander stehen. Aber das kann uns wohl kaum bestimmen, den Italienern nachzulaufen, die uns übrigens auch noch lange Jahre hinaus vertraglich verpflichtet sind. Wir erinnern daran, datz Fürst Bülow bei der Erneuerung des Dreibundes durch aus nicht überschwenglich vom Wert dieses Bündnisses gesprochen hat, und jedenfalls kann uns, so lange Oesterreich uns treu bleibt, die italienische Freundschaft wohl angenehm sein, aber wir können auch zur Not ohne sie auskommen. Ueberhaupt augen blicklich geht es uns ganz gut. Wir sind mit England im Frieden, und Churchil hat erst in diesen Tagen erklärt, daß die französisch-englische Annäherung durchaus keine deutschfeind liche Spitze hat. Und Churchil mutz es doch wissen, da er alles weiß. Jin Grunde haben sich die Verhältnisse seit dem Ausgang der. Konferenz von Algeciras nicht besonders geändert, sie haben sich nur beruhigt. England und Frankreich sind gut Freund — wie weit diese Freundschaft bereits gediehen ist, das kann na türlich nicht gesagt werden, denn das wissen nur die beiderseiti gen Diplomaten. Datz ein Bündnis zwischen den beiden Staaten für uns an sich nicht gerade angenehm erscheint, das ist klar, denn beide Staaten wollen uns nicht besonders gut, und wenn der Zu sammenschluss auch keine seindliche Demonstration bedeutet, eine freundlich ist sie natürlich auch nicht. Was nun das Verhältnis Englands zu Nutzland anlangt, so ist es noch durchaus unge klärt. Man weiß nicht, was aus dem Projekt wird. England wäre ganz sicher bereit, Rußland ins Schlepptau zu nehmen, aber w a s i st augenblicklich Rußland? Ein gährendes Chaos. Nie mand weiß, wie sich die Dinge gestalten werden, und die Diplo maten in London sind viel zu schlau, um sich allzusehr mit dem Zarismus zu engagieren. Von einem englisch-russischen Bündnis kann man also auf keinen Fall sprechen: das liegt noch in weiten Fernen. Das eng- lisch-j a p a n i s ch e Bündnis aber ist arg erkältet, seit man in London gesehen hat, datz die Japs ihren Weg am liebsten allein machen, wenn es etwas zu erbeuten gibt. Die moralische Rücken deckung, die England den Japanern im Krieg gewährt hat, war für John Bull ein schlechtes Geschäft, und das sängt man jetzt an zu begreifen. Japan schickt sich an, g a n z O st a s i e n abzugrasen, und das paßt den Engländern, die diesen Wunsch selber hegen gar nicht in den Kram. Also wird es über kurz oder lang darüber zum Bruch kommen, und diesr allem Kulturempsinden hohnspre- chcnde Zweibund verschwindet in der Versenkung. Zwischen Eng land und den Vereinigten Staaten besteht kein sonder lich warmes Verhältnis. Man weiß in London zu genau, daß Bruder Jonathan den fetten Bissen von Kanada verspeisen möchte, und sieht sich natürlich vor. Auch zu den übrigen euro päischen Staaten ist das Verhältnis der Union nicht besonders freundlich, denn soviel Instinkt hat auch in Diplomatengehirnen Platz, daß sie die drohende amerikanische Gefahr nicht übersehen könen. Was Deutschland im Augenblick bedrohen könnte, das ist das französisch-englische Bündnis. Aber hier be steht wohl keine Gefahr, solange sich die Verhältnisse nicht bedeu tend verschieben. Die herrschenden französischen Politiker sind vorsichtige Leute, und außerdem durchaus keine Deutschenhasser. Das Gleiche kann man von einem Teil der Londoner Diplomaten sagen, nur weis man natürlich nicht, wie lange die einen oder anderen am Ruder bleiben. Daß in Frankreich jemals wieder ein Delcassä an die Spitze kommen sollte, das halten wir für ausgeschlossen. So ist der politische Horizont im Augenblick ziemlich klar, wenn auch nicht ganz wolkenlos. In der Politik hat man mit Zufällen zu rechnen, daß ist richtig. Aber wenn wir nicht gerade ein besonderes Unglück haben, dann ist vorauszusagen, datz wir uns im Frieden und aller Eintracht weiter entwickeln können. Die Eifersucht, mit der man uns reichlich beehrt, tut nicht viel zur Sache, denn wir haben sie ja nicht zu scheuen. Was Deutsch land will, das ist alles Mißtrauen, das man uns entgegenbringt, kann uns in Wirchlichkeit nicht schaden. Es wäre verfehlt, die Dinge durch die rosenrote Brille des Optimismus anzusehen, aber zu Befürchtungen irgend welcher Art ist augenblicklich nicht der mindeste Anlaß. Wenn man uns nicht liebt, so läßt man uns doch ossizieN in Ruhe und das genügt uns vorderhand. Mag Herr von Tschirschky also in Wien und Rom zu tun haben, was immer — für Deutschlands Politik ist es gleichgiltig! Politische Tagesschau. Verrtsehes Reich. Aue, l7. Oktober 1!)0v. Onkel Ehlodwigs Memoiren. Auch Dr. Lurtiu s, der bekanntlich die Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig bearbeitet und herausgegeben hat, hat sich nun interviewen lasten. Der Pariser Matin publiziert ein In terview seines Mitarbeiters Jules Hede mann in Straßburg mit Dr. Curtius. Curtius wiederholte die Erzählung, die er schon in seinem Vorwort von der Entstehung der Memoiren unk' seiner Mitwirkung an ihnen gegeben hat. Er erklärte, der alte Fürst und Prinz Alexander ahnten nicht die Ausregung, die durch die Veröffentlichung erzeugt worden ist. Der alte Kanzler war io gewohnt, mit Souveränen und Staatsmännern zu sprechen, daß er die Dinge anders als das Publikum ansah. Er legte die sen Ansprüchen nicht die gleiche Wichtigkeit bei, und vor allem' machte cs ihm Vergnügen, zu schreiben! Der Interviewer fragte, ob Prinz Alexander die Veröffentlichung verhindert hätte, wenn der Kaiser es nach den» Erscheinen der ersten Auszüge ge wünscht hätte. Curtius antwortete: „Eanzgewi ß", und sagte serncr, man habe alles unterdrückt, was dem Kaiser per sönlich unangenehm sein konnte. Er selbst und der Prinz hätten vieles fortgelassen, was sich auf die innere Politik Deutschlands, besonders während der Kanzlerschaft Hohen lohes, bezog, dagegen alles veröffentlicht, was die Beziehungen pro niliilo. Skizze aus dem Cubanischen Ausstand. Von Fr. Eckel. (Nachdr. verb) Am Fuße des Gebirgszuges dehnte sich weit aus die Sa vanne, die »och gestern in ihrem gesättigten Grün und ihrer Ucppigkeit Zeuge von der Fruchtbarkeit des Bodens, wie ihn die mit reicher Vegetation bedeckten Ebenen Cubas auszuweisen Huben. Gestern heute gleicht die Savanne einer Oede, denn in ihrem Schoße hatte die Schlacht getobt, zwischen den Regie- rnngstruppen und dem Rcvolutionsheer. Das üppigste Grasseld war zerstampft, zerfahren, blutbesprengt. Frisch aufgeworfene Gräber bergen nun, friedlich neben einander die sterblichen Reste der Krieger, die sich in heißer Schlacht einander als Feinde ent- gegengestellt, ohne sich im Leben einmal gcsehn zu haben. Das Hl das Werk des Krieges, ein Werk der Schrecken! Krieg, un würdigstes Menschenwerk, fürwahr, wo ihn nicht die heiligsten Crdengütcr zur Notwendigkeit machen. Aber wie liebreich der Tod! Was das Leben getrennt in Feindschaft und Unfrieden, der Tod vereinigt'» in Freundschaft und Frieden Im sausten Dunkel des Waldrandes der aus kurzer Strecke das Schlachtfeld einfaßte, senkte sich das Baumgezweig trauernd herab auf ein einsames Grab, besten Kreuz aus rotem Holz eine Tafel trug mit dem Namen Carlos Orlanda. Einsames Grab? Nein, nein! Waldesfrieden weht um das Grab des Rebellensllh- rers Carlos Orlanda und Liebe hütet es's — Von dem srischen Grabeshügel löste sich eine dunkle Gestalt los — — Maria Tubana strich das Haar, das aufgelöst unter dem schwar zen Schleier hervorquoll, aus dem blassen Gesicht. Sie zerriß ihren Schleier und schlang ihn in Fetzen um das Grabkreuz. Dann kniete sie am Grabeshügel noch einmal hin und mit stammendem Blick, die rechte Hand wie zum Schwur emporgestreckt, rangen sich aus ihrer Brust die Worte: „Carlos, Carlos ich werde dich rachen!" „Wer da?" hallte es dumpf aus dem Walde heraus. Eine Streispatrouille der Rebellen richtete die Eewehrläufe aus das junge Mädchen. Der Patrouillenfühier trat ein paar Schritte vor. „Wer da? Freund oder Feind?" wiederholte er, den Re volver schußbereit. „Freund! — die Braut Eures Führers Car- 'los Orlanda!" antwortete Maria Cubana mit fester Stimme. Die Patrouille salutierte. „Führt mich in das Lager der Euri gen!" — Das Auge des greisen Rebellenoberst ruhte warm und weich aus den> sympathischen, blassen Gesicht des jungen Mädchens, das da im Lager vor ihm stand mit slammendem Blick, sicher und ruhig wie eine aus Erz gegossene Heldengestalt. „Sennorita," sagte der Oberst ernst aber freundlich, „Sic verlangen von mir eine Abteilung Freischärler als Rächer? Ich verstehe Ihre Trauer um den Tod des heißgeliebten Helden. Aber be denken Sie auch, daß neben jedem Krieger der Tod herschreitet?" „Den Tod, Sennor, fürchte ich ebensowenig, wie den Feind." Ein Lächeln leuchtete Uber ihre energischen Gesichtszüge. Der Oberst ging ein paar Schritte aus und ab. Dann trat er dicht vor das junge Mädchen hin. „Ihr Vater, Sennora, ist unser Feind und ein Feind, mit dem wir im Gcfcchtbrechnen. Bedenken Sie, daß Sie im Gefecht Ihrem Vater gcgenllberstehen — — Und", seine Stimme sank herab zur finsteren, grollenden Strenge, „bedenken Sie, Sennorita, daß die Tochter unter Rebellen den Vater nicht schonen darf darf — darf —" Sie zuckte nicht einmal mit de» Wimpern auf seinen scharfe» Blick. Fest entschlossen, todes mutig klangen ihre Worte. „Sennor, das habe ich bedacht." Nach einer kurzen Pause reichte der Oberst ihr seine Hand mit freund licher Milde. „Sennorita Maria Cubana, Ihre Bitte wird er füllt." Kapitäns Cubanas Sieg über das Rebellenheer in der Sa vanne gestaltete sich zu einer wahren Jubelfeier im Lager der Negierungstruppen. Ein Eilbote verlangt zu dem Kapitän ge führt zu werden. „Petro, du bringst " Der alte Mulatte holte aus dem Lauf seiner Pistole eine dünne Papierrolle hervor, die er schweigend dem Kapitän überreichte. Kapitän Cubana war wie vom Blitz geschlagen. Endlich faßte er Petro wuchtig um das Handgelenk und zog ihn dicht an sich heran. Stoßweise leuchte er. „Petro, ist das alles so — so, wie hier geschrieben steht?" „So ist es, Sennor Capitano." „So eile zurück, melde meiner Gemahlin, ich würde, noch ehe der Tag zur Neige geht, meine Tochter lebend oder tot zurückholen." Nach kurzem Kriegs rat flogen die Adjutanten durch das Lager und — der Jubel stei gerte sich zum Sturm Die Regierungstruppen schienen wieder im Vorteil. Kapi tän Cubana wirkte wahre Wunder. Da! Wie aus der Erde ge wachsen, stürmte todesmutig eine neue Heeresabteilung der Re bellen schweigend in die Reihen der Regierungstruppen. Immer weiter drangen die Rebellen vor unter der Führung eines Jüng lings, der wie ein junger Kricgsgott blitzartig dareinsuhr, zer schmetternd, was er auf seinem Wege antraf. Die Fahne in der linken Hand hoch haltend, ritz mit kühnem Zuge mitten im Schlachtgetllmmel der junge Kriegsgott seinen Revolver aus dem Gürtel Kapitän Cubana, der siegreiche Held, stürzte vom Pferde. Endloser Jubel der Rebellen erschütterte die Luft. Die flam menden Blicke des jungen Kriegsgottcs richteten sich auf den ge fallenen Kapitän, in dem Momente, als er seine Hand aus's Herz legte und sein Heldenauge brach die Fahne entsank seiner Hand weithin flog der Revolver. Der junge Kriegs ¬ gott war wieder ein Mensch — ein schwacher Mensch. „Vater!" Dann brach Maria Cubana an der Leiche ihres Vaters zusammen. * * * Präsident Palma, der gute Alte, hat seine Präsidentschaft niedergelrgt. Das Grab am Waldesrand liegt nicht mehr ein sam. — Es ist zum Doppelgrab geworden für Carlos Orlanda und Maria Cubana. Im Tod vereint. Bezugspreis. Durch unsere Loten frei ins isans monatlich 5» Pf». Lei der Geschäftsstelle abgeholt monatlich 40 pfg. und wöchentlich zo pfg. — Lei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich z..->o Mk. — Durch den Briefträger frei in; Haus vierteljährlich >.g2 Mk - Einzelne Nummer 10 pfg — Dcnlscher poslzcitung»- katalog — Erscheint täglich in den lNiltagsstnnden, mit Ausnahme von Sonn- und Feiertage». Annahme von Anzeigen bis spätestens g>s, Uhr vormittags. Für Ausnahme von größereil Anzeige» an bestimmten Stellen rann nur dann gebürgt werden, wenn sie am Tage vorher bei uns eingehen, ^nsertionspreis: Vie siebengesxaltene Aorpnszeile oder deren Baum ,0 Psg„ Reklamen zz pfg Bei größeren Aufträge,1 entsprechender Rabatt. Mittwoch, 17. Oktober ISO«. Nr. 40. Erster Jahrgang 5luer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntagsblatt. Druck und Verlag: Gebrüder Leuth n er lZnh.: Paul Benthnrr) in Aue. veigntwortlichrr Redaktenr: Fritz Ar n hold: Für die Inserate verantwortlich: Albert Füchsel, beide in Aue. Sprechstunde der Redaktion mit Ausnahme der Sonntage nachmittags von 4—ö Uhr. — Telegrainm-Adreffe: Tageblatt Aue. — Fernsprecher :<>r. Für unverlangt eingesandte Manuskript» kann Gewähr nicht geleistet werden,