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Auer Tageblatt LZM /lnzeiger Mr -as Erzgebirge — l'onmoa. äen IS vkiober 1S3I 2S. Ushcssna ist berufen wovden vom Reichspräsidenten, hinter dem das Eros duschen Bevölkerung steht und zu dem wir in unverbrüch- icher Treue stehen. (Abg. Stubbemdorff-Dntl.: Für SO Millionen in unverbrüchlicher Treuei") Präsident Löb« : Da» ist «in«, Unterstellung, die Sie im Ernst nicht aufrecht erhalten werdenI Abg. Kleiner (Dntl.): Ab«r der „Vorwärts" hat» doch ge schrieben l Präsident Löbe: Was der „Vorwärts" schreibt, geht mich nicht» an. Ich rufe den Abg. Stubbendorff zur Ordnung. (Lachen und Klatschen rechts.) Ls ist eine Infamie, zu behaupten, daß in der Schicksalsstunde des deutschen Volkes eine anständige Partei sich durch Geldsum men in ihrer Entscheidung beeinflussen liehe. Was bei unserer verantwortungsvollen Entscheidung bestimmt, ist allein der Wunsch, das deutsche Volk aus dem Abgrund wieder zur Höh« zu führen. (Beifall bet der Wirtschaft,Partei.) Reichskanzler Dr. Brüning gab dann folgend« Erklärung ab: Ich bin dankbar für di« An regungen, die in der Debatte gegeben worden sind. Die Reich», regierung widersetzt sich nicht einem Antrag, «ine Reihe formu lierter Vorschläge auf Aenderung der Notverordnung einem Ausschuß zur weiteren Beratung zu überweisen. Wir wollen nur, daß nicht die Klammern zerstört werden, die unser Wirtschafts und Finanzgebäude zusammenhalten. Eine ander« Eesamtlösung ist in der Debatte der Regierung von keinem Parteiredner den Negierungsvovschlägen «ntgegengohalten worden. Ich danke allen Rednern, auch! dem Führer der -lattonalsoziaWen, für di« Vor nehmheit, mit der sie die Polemik gegen mich in der Reichstags debatte geführt haben. Wenn diese Besserung der politischen Methoden auch in den Parteiversammlungen der kleinsten Orte Platz greifen würde, dann würden manch« Maßnahmen überflüssig sein, die wir nicht zu unserer Freude in di« Notverordnung aufnehmen mußten. Es ist kein« Freud«, der Presse Zwangsauslagen machen, und ich wünsche den Tag herbei, wo es durch freiwillige Selbstkontrolle der Press« möglich sein würde, daraus zu verzichten. Im übrigen darf ich ein besonder» hervovheben, wa» mich mit einer gewissen Enttäuschung erfüllt hat, und da» ist die bei aller persönlichen Liebenswürdigkeit scharf ablehnend« Kritik der Deutschen Land, volkpartet. (Lebhafte Zustimmung.) Ich sag« enttäuschend und sage da« vom Standpunkt eine» Freund«, der Landwirtschaft au» Denn «inen Minister so anzugreifen, dem es da» Geschick auferlegt hat, nur Abbaumaßnahmen gegen die Arbeiterschaft au» einer Zwangslage heraus vorzunehmen, einem Mann, der schon in srüheren Jahren sich unter die Konsumenten gestellt hat und sich mutig zum Schutz der Landwirtschaft bekannt hat, diesem Manne derartige Vorwürfe zu machen, da» ist ein ganz historischer Fehler vom Standpunkt der deutschen Landwirtschaft. (Starker Beifall.) Sind wir uns doch darüber klar: Neben der ungeheuren Schulden- und Zinsenlast, di« auf der Landwirtschaft ruht, neben der Heber- spannung anderer öffentlicher Lasten leidet doch die Landwirtschaft heut« schon in Deutschland wenigsten» schon im stärksten Maß« ^eß, so kann nicht bestritten werden, datz di« M«HW- darunter, daß die Kaufkraft der Konsumenten so weit gesunken - - - - .— ... ist, daß sie ihr« Produkte nicht mehr absetzen kann. Und deshalb geht eS auch nicht so mit den radikalen Lösungen der ProduktionSkostensenkung auf einen Schlag, wie sie anscheinend einigen Rednern, vielleicht auch dem Abgeord- n«t«n Dingeldey, vorgeschwebt haben. Vor allem aber, das muß ich hier einmal scharf betonen, Herr Abgeordneter Dingeldey, w«nn ich in den Tagen, wo di« Banken und Sparkassen geschlossen waren, Maßnahmen getroffen hätte, die da» ganze Volk erregt hätten, dann wäre es nicht möglich gewesen, die deutsche Kredit, wirtschaft und den deutschen Staat überhaupt zu retten. (Lebhaft« Zustimmung.) Ruh« mußte ich schaffen in diesem Augenblick. ES sind nicht die Maßnahme« des Staates gewesen, die unser Kreditsystem gerettet haben, sondern der Glaube der Bevölkerung an diese Maßnahmen. Eine praktische Arbeitsgemeinschaft hab« ich im Stillen so «eil durchgefÜhrt, daß ich stet, wteder mit Wtrtschaft»fü>hr«rn gespro- chen und versucht habe, eine Linie zu finden. Ich bin überzeugt, daß es möglich ist, eine solche Linie zu finden. (Kommunistischer Zuruf: Hungerltntel) Ketnesweg» eine Hungerliniel Ihre Poli- tik (zu d«n Komm, gewandt) führt letzten End«, zum Hunger. E» ist mein« Ausgabe, zu verhindern, daß da» deutsche Volk in diesem schwersten aller Winter auieinandevgerissen wird. Man mag mich ruhig angretfen, da« soll mich nicht stören. 2ch Ur m Bewußtsein in den letzten Wochen nicht m«hr in der O-ffentlichketi gesprochen, weil ich sonst in so scharfer Form gegen di« Jntrtguen und Gehässigkeiten hätte Stellung nehmen müssen, daß ich viel- leicht viele» für die Zukunft zerschlagen hätte. Ich habe Wichtigeres zu tun, und ich habe einen zu tiefen Glauben an daß deutsche Volk, als daß ich eS für nötig hatte, auf jeden Angriff infamer Skribenten zu antworten. vei dem Kampf der «inen «eite dieses Haus,, gegen di, ander« ist Gsrtfetzmeg bar Vrüutngr^e auf Seit» k Der Sitzungsbericht PrästdeM Löb« eröffnet die Sitzung um 12 Uhr. Zunächst wird eine Entschließung des Krieg-beschädigtenau,schuss» ange. nommen. Vie Aussprache über di« Regierungserklärung wird fortgesetzt Abg. Nippel (Thrsoz) r A geht heut« um mehr als um ein Kabinett, es geht um die Schicksalsfrage de, deutschen Volkes. Schrittmacher der radi- kalen Flügelparteien sind die rücksichtslos« Politik Frankreichs und die Not. Tin« weitere Unterstützung hat di« Agitation der Flügelparteten gewonnen durch di« Sünden der früheren Regie- rungen. Die Recht,opposttion verdächtigt in ihren Versamm- langen den Reichskanzler seit langer Zeit. Darum ist es erfreu, lich, daß gestern Hitler erklärt hat^ er wolle Brüning- Unantast- barkeit in keiner Weis« anzweifeln. Di« Parteigenossen Hitlers haben sich leider ander, verhalten. (Lauter Widerspruch der Nationalsozialisten, Dr. Frick und Dr. Göbbels rufen: ,Mr haben da, auch nie getanI") Herr Dr. Göbbels, wenn Sie in Ihrem ..Angriff" Dr. Hugenberg und sein« Partei al» «inen „Misthaufen" bezeichneten, dann wundert e» mich, daß Sie S Wochen später mir diesem „Misthaufen" «ine Einheitsfront bilden. Di« National- sozialtsten laufen jetzt Sturm gegen di« Brüning-Notverordnung, in der di« Kürzung der hohen Pensionen, die Kontrolle der Groß, banken und Kartelle angeordnet wird. Da, sind doch Forde rungen, di« die Nationalsozialisten früher selbst propagiert haben. Die Ausführungen Dingeldey» waren wenig klar: aber ich habe den Eindruck, daß sie beginnen und enden mit der Forderung der Senkung der Löhne und der Auflockerung der Tarifverträge. Weder Dr. Dingeldey noch Dr. Oberfohren haben ein Einschreiten gegen die preisverteuernde Politik der wirtschaftlichen Eroßkon« zerne und Kartell« gefordert. Da» deutsche Volk trägt harte. Opfer, wenn die Not de» Vaterland» es erfordert. Es wehrt sich aber mit Recht dagegen, wenn die verschwenderisch« Wirtschaft der Privatwirtschaft und der Kommunen auch in der jetzigen Notzeit fortgesetzt wird. Heute ist eS nicht -u rechtfertigen, wenn der Intendant des Duisburger Stadttheater» ein Gehalt von 40 000 Mark bezieht und wenn die Generaldirektoren der Großindustrie, die der RechtSoppofition sehr nahe stehe«, heute «och GehLlter bi» 800000 Mark erhalten. In aufreizendem Gegensatz dazu stehe« die niedrige« Gehitter der kleine« Beamte«, von denen einer «ach Abzug der durch die Notverordnungen verfügten Kür- zungen für sich, Frau und Kind ganze 81 Mark al» Monatseinkommen hat. Haben die Nationalsozialisten die Absicht, gemeinsam mit Hugenberg di, Sozialversicherung zu zerschlagen. Wie steht «« heutr bei den Nationalsozialisten mit der Entthronung der Bank- und Börfenfürsten? Mit solchen agitatorischen Forderungen haben di« Nationalsozialisten ihre Bewegung groß gemacht und jetzt stellen sie diese Bewegung den Bank- und Börsegfürsten zur Verfügung, wir können in dieser Notzeit den Klassenkampf nicht ertragen, der von recht» au» proklamiert wird. Wir brauchen «ine Arbeitsgemeinschaft, in der auch die Gewerkschaften aller Richtungen vertreten sind. Abg. Dr. Neubauer (Komm.) führt au», die privatkapi talistische Wirtschaft in Deutschland sei bereits vollständig bank- rott. Sie werde nur gehalten durch di« riesigen Subventionen, die ihr vom Reich au» den Opfern der armen Steuerzahler zuge- führt werden. Abg. Mollath lWP.) verliest «ine Erklärung seiner Fraktion, in der e» heißt, die Folge einer vernichtenden 10jährigen Finanz- und Wirtschaftspolitik in Verbindung mit außenpolitischer Schwäche sei die Abwendung eine» großen Teil» d» Volk» von dem jetzige« System. Di« nationale deutsche Jugend ist heute der wertvollste Aktivposten unser» Volk». Vie Fraktion der wirtschaft-partei, die durch Zustimmung zum Mißtrau«n,votum den Steg freizumachen hätte für di« Bildung «tmr Regierung, in der diese Kräfte führend ver- treten sind, ist sich der schweren Verantwortung bewußt, di« sie damit für di. Zukunft übernimmt. Losgelöst von aller Partei- Politik haben wir die Folgen «ine» solchen Schritte» orgfältig erwogen. Mr haben vor der Entscheidung der Frakt' n dem Reichskanzler verschiedene Fragen vorlegen müssen; u , er Hai un, zugrsagt. daß er eine grundsätzlich« Schwenkung in der Politik der letzten zehn Jahre vornehmen wolle unter Berück- fichttgung der Bedürfnisse de» selbständigen Mittel- stand«». ' ' wir haben andererseits nicht die UeLerzeugung gewinnen können, daß heute die Thaneen für die M«hrheit»btldung einer Recht»- reaterung größer «erden al» vor einem Jahr«, al» ..r zu die- sem Zweck unseren Minister Dr. Vredt zurückgezogen haben, wir haben un, darum entschlossen, potz alttr vtdentt« do» ir-bstM vrikri», zu tolerier*«. 1 Dieser Regierung gehörme heut. Mn^V'rMMtttn E mehr »n, gegen di» wir vSdenftn hatten. Dao Kabinett «rüntng Knappe Mehrheit für Brüning le entscheidende Abstimmung — 284 gegen 27» Stimmen »ei S Stimmenthaltungen - Wirtschaftspaktes rettet die Brüning-Regierung - Reichstag vertagt dis 23. Februar Der Sieg des Kanzlers Nach den Reich»tag»abstimmungen Berlin, 16. Okt. Zn Kreisen d«r hinter der Negierung stehenden Parteien verzeichnet man da» Ev- gebnis der heutigen Abstimmungen mit großer Genug tuung. Tie Mehrheit von 24 Stimmen, mit der di« zusammengelegten Mtßtrauensanträg« gegen da« Kabi nett erledigt wurden, war größer, al» man zeitweilig erwartet hatte. Nachdem die Wtrtschastspartei, welche ziemlich geschlossen gestimmt hat, sich, in die Reihe der Gegner der Mißtrauen-anträge «inreihte, war der Sieg des Kabinett» absolut sicher. Eine Ueberraschung war noch, daß nicht nur Geheimrat Kahl, sondern auch vier wettere Abgeordnete der Deutschen Bolkspartei gegen da» Mißtrauensvotum stimmten. E» handelt sich da bei um die Abgeordneten o. Kardorff, Kalle, Thiel und Glatzel, während Dr. Gchneidev-TreSden und Dr. Moldenhauer sich der Stimme enthielten. Diese Aend» rung gegenüber der Haltung, die nach dem Verlauf der Frakiionssitzung zu erwarten war, hat ihren Grund darin, daß Geheimrat Kahl nach reiflicher Ueberlegung erklärte, er könne e» nicht mit seinem Gewissen ver einbaren, sich nur der Stimme zu enthalten. Darauf haben dann auch die vier anderen Abgeordneten sich seiner Stimmabgabe gegen da» Mißtrauensvotum an geschlossen. Tie Landvolkpartei ist übrigen» mit Aus nahme de» Abgeordneten Schlange-Schöningen für di« Mißtrauensanträge eingetreten. Zm Reichstag wird selbst in Kreisen der Opposition kein Hehl au» der Meinung gemacht, daß da» Abstimmungsergebnis in erster Linie al» ein starker Erfolg de» Reichskanzlers» anzusehen ist, vielleicht sogar al» der grüßte Erfolg den Brüning im Kampf um seine Politik btAher er rungen hat. Seine heutig« Rede hat den auSgiezieicht- neten Eindruck der Ausführungen, die er am Diens tag im Zusammenhang mit der Regierungserklärung gemacht hat, noch erheblich! vertieft. Der Kanzler zev- pflückte die Argumente seiner Gegner in einer außev- ordentlich wirkungsvollen und sachlichen Art, so daß sich ernsthafte Einwendungen gegen da», wa» er sagte, überhaupt nicht Vorbringen ließen. La» stärkste Ar gument de» Kanzlers aber war wohl die Feststellung, daß in der ganzen Debatte niemand eine andere Ges samtlösung vorgeschlagen habe al» den Weg, den die RetchSregierung bisher beschritten hat und weiter be schreiten wird. Diese einfach« Feststellung trug dem Kanzler starke Zustimmung ein. Nimmt man noch die Persönliche Sympathie hinzu, welche sich in dem Echo seiner heutigen Red« wieder deutlich wahrnehmen heit al» ein starker persönlich«- Erfolg Brüning» zu werten ist. Da» Praktische Hauptergebnis dieser Tagung ist nun, daß die Regierung jetzt vier Monate Zett hat. in denen die Lösung der großen wirtschaft»- und außen- politisch«« Aufgaben, vor welchen wir stehen, mit aller Energie betrieben werden soll. Die Mftimmng Berlin, 16. Oft. Da» Abstimmungsergebnis über die Mißtrauensanträge gegen da» Gesamtkabtnett hat bei der endgültigen Zählung noch eine Korrektur für die Re gierung erfahren. E» find tatsächlich 205 Stimme» für die Negierung abgegeben worden, so datz die Mehrheit 2b Stim men beträgt. Der Reichstag wie» bei den Abstimmungen am Freitag eine Besetzung auf, wie sie noch nicht dagewese« ist. Bon den 577 Abgeordneten sind 571 i« Saal« ge wesen, nur 6 haben also gefehlt. Die Fehlenden waren der preußische Ministerpräsident Braun, die Kommunisten Mad- dalena und Creutzbnrg, bet der Bolkspartei die Abgeord- neten Dr. Curtiu» und Dauch und der Borfitzende der Wirtschaft-Partei, Dr. Bredt. In allen diesen Fällen lagen Krankheit oder andere unüberwindliche Gründe vor. Bei der Bolkspartei haben fünf Abgeordnete gegen die Miß- trauenSanträae gestimmt, und zwar die Abgeordneten Dr. Kahl, Glatzel, Thiel, Kall« und von Kardorff. Dir Ab geordneten Dr. Moldenhauer und Dr. Schneider-DreSden blieben der Abstimmung fern. Da» Landvolk hat bi» auf seine Mitglieder Schlange-Schöningen und Dersch-Hess^ für Vie MihttauenSantrige Mhmndmfter« gegen die MißtraueuSantti« sttmutte, hat sich letzterer « der -lbsttmrmmg nicht tetem-t.