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Vic „Dtiendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich s Mark. Durch di« Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften GiLendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode. Annahme »»n Jns«at« bi» »»«mittag s« Uhr.ij Inserate werden mit p für di« Spaltzrtl« brrrchn« Lab«llarisch«ZSatz nach d«s»nd«r»m Laris Druck und Verlag vor. Hermann Rühl« in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühl« in Groß-Dkrilla No. 48. Sonntag, den 2l. April 1907. 6. Jahrgang. Seitliches und Sächsisches. Dttendorf-Vkrilla, den 20. April M7. /X Im Zeichen deS VerkehrS. Zwischen Dresden und Hermsdorf und umgekehrt ver kehren seit dem 1. Oktober 1906 zwei neue Züge, 8^ in bezw. 8^ aus Hermsdorf. Besonder» der Zug 8^ aus Hermsdorf bietet recht günstige Fahrgelegenheit nach Dresden und ebenso günstige Anschlüsse in Klotzsche nach Radeberg, Arnsdorf, Kamenz, Pirna, der Lausitz und Schlesien, wie in Dresden nach allen Richtungen. Dieser Zug ist nun von Hermsdorf aus recht wenig benutzt, die meisten der in Hermsdorf zusteigenden Passagiere sind noch dazu Ottendorfer und CunncrSdorfer Ein wohner. Um nun auch die günstige Fahr gelegenheit besser benutzen und die Züge für die Eisenbahnverwultung selbst rentabler zu machen, wurde um die Weiterführung der Züge bi» bezw. von Moritzdorf gebeten und es wurde sehnlichst gehofft, diese Züge vom 1. Mat I907 ab zu erhalten. Aber nein! Weit gefehlt! Die industriellen Orte Ottendorf-Okiilla mit 3300, Cunnersdorf mit 600, und Lomnitz mit 900 Einwohnern brauchen die Züge nicht! Wer auö diesen Orten den günstigen Zug nach Dresden benutzen will, nun der mag dach nach Hermsdorf laufen; es ist doch nur V« bezw. */t Stunde bis dahin!? Bei dieser Gelegenheit möchte nur einmal die Frage aufgeworfen werden. Womit ist die Einlegung der beiden Züge zwischen Dresden und Hermsdorf be gründet worden, wenn die Notwendigkeit zur Weiterführung derselben zwischen Dresden und Moritzdorf nicht anerkannt und eine Möglichkeit dazu nicht herbeigesührt zu werden vermag? Mit der Zahl der Passagiere nach bezw. oon H-rmsdorf jedenfalls nicht. Der Weiterführung der Züge bis bezw. von Moritzdorf und der damit verbundenen besseren Rentabilität der selben können so besondere Schwierigkeiten nicht entgegen stehen, als daß es ausgeschlossen sein sollte, auch den Einwohnern der Gemeinden Otttndors-Okrilla, Cunnersdorf und Lomnitz eine ebenso günstige Zugsverbindung zu schaffen, wie sie der Landgemeinde Hermsdorf mit 800 Einwohnern geboten ist. Der Zug nach Dresden müßte bet der W itersührung natürlich auch zu der jetzigen Zeit in Klotzsche bezw. Dresden ankommen. Es würde dann der Zug aus Dresden etwa Stunde früher, — etwa 7" — absahren müssen. Dann wäre auch die Möglichkeit gegeben und damit vielen Wünschen entsprochen, den ersten Zug 7» nach Königsbrück schon etwa 6^ früh in Klotzsche bezw. 6° in Dresden-Hauptbahnhof absahren zu lasten. Da wir einmal gerade bei der Bahn sind, bleiben wir dabei und fragen: Ist die Möglichkeit der Einrichtung einer Reise» und Handgepäck-Annahme und Ausgabe in Ottendorf denn garnicht gegeben? Dringend notwendig ist sie jedenfalls! Vor allem ist sie vom 1. Mai ab, nach der Aufhebung de» Frei gepäck«. ohne Frag« einzurichtenl Die Zu mutung an den einzelnen Pastagier, sein Gepäck selbst in bezw. aus den Packwagen zu heben ist eine sehr starke. Und beobachten wir die Verhältnisse auch wie sie jetzt sind und ganz besonder« im Sommer. 3 — 5 Pastagiere, darunter solche mit Kinderwagen stehen am Packwagen und warten auf Abnahme des Reisegepäckes, andere wieder wollen das Ihrige haben. Erstens wird die Abfahrt des Zuges da durch unnötig ausgehalten und zweitens ist dem Pastagier nur bei größter Eile und manches mal auch da kaum möglich, einen Platz im Zuge zu finden. Zu seinen Angehörigen, die vorher immer eingestiegen sind, kommt er in der Regel nicht, weil er ins erste beste Abteil gesteckt wird, nur um die Abfahrt des Zuges Nicht noch weiter hinaus zuhalten. Es sind hier nicht Verhältnisse wie in Schmorkau! Für Ottendorf mit 3 300 dazu noch Lomnitz mit 900 Einwohnern müßte eine R ise- und Hand gepäckannahme und Ausgabe schon längst vor handen sein! Daß der Verkehr und demzufolge das Bedürfnis vorhanden sind, beweisen ja die Einnahmen der hiesigen Stelle. Wir sind ja daran gewöhnt, seitens der Eisenbahnverwaltung in allen Beziehungen recht stiefmütterlich be handelt zu werden, aber wir hoffen und wünschen, daß — auch der Marteraum und die Beleuchtung des Bahnsteiges sind recht traurige — man an maßgebender Stelle end lich einmal Zeit und Gelegenheit finden wird, auch für Ottendorf etwas zu geben. —* Ob sich eine Verlegung de» Wechsels de» Schuljahre« vom Frühling auf den Herbst und eine Veränderung der Schulferien empfiehlt darüber stellt bekanntlich die sächsische Regierung zur Zell Erörterungeu an. Das Kgl. Sächs. Ministerium des Kultus und öffentlichen Unter richts hat das Kgl. Sächs. Ministerium des Innern um eine Meinungsäußerung hierüber ersucht und zugleich gebeten daß dieses durch Befragung geeigneter Körperschaften, wie der Bezirksausschüsse, der Handels- und Gewerbe- Kammern, des Landeskulturrates und des Landesmedizinalkollegiums, die Ansicht weiter Kreise der Bevölkerung in der Angelegenheit ermitteln möchte. Das erstgenannte Ministerium hat eine Denkschrift zu dieser Angelegenheit versaßt, die u. a. ansührt, daß der Wechsel des Schuljahres im Herbst bereits in Oesterreich, Bayern und Baden bezüglich aller Volks- und Mittelschulen, in Württemberg wenigstens be^ züglich der höheren Knabenschulen besteht. Dir Lehrerschaft der höheren Schulen sei in ihrer Mehrheit einer derartigen Veränderung nicht abgeneigt. Die Denkschrift führt verschiedene Vorteile dieser Veränderung an, u. a. die schon ost in ihrer Wirkung auf die Schule be klagte Wandelbarkeit des Osterfestes, die dann nicht mehr den jetzigen Einfluß ausüdcn würde. Ferner wäre es dann möglich, die Sommcr- ferien weiter in die heiße Jahreszeit hinein zu verlegen, so daß beim Wiederbeginn des Unterricht» die Hitzeperiode entgklttg vorüber wäre, die längste Unterrichtspause und der mit ihr unausbleiblich verknüpfte Verlust erworbener Kenntnisse käme an den Schluß des Schuljahres und den Abiturierten, die ihrer Militärpflicht genügen wollen, wäre die Möglichkeit geboten, hiermit in dem geeigneteren Winterhalbjahre zu beginnen. Als Nachteil wird u. a. die Verlängerung der Sommerferien angeführt. Eine endgültige StellungSnahme des Ministerium findet sich in der Denkschrift nicht. Hoffentlich geschieht sie in einem der Verlegung günstigen Sinne. Die Verlegung ist eine dringende Notwendigkeit. In einer dieser Nummer beiliegenden Beilage „Alkohol ist das Leben" ist auch einmal für den Alkoholgenuß, dessen Be kämpfung in der entsttllendsten Weise geschieht, eine Lanze gebrochen. Dresden. Einen guten Fang machte am Donnerstag die hiesige Kriminalpolizei, indem sie einen Brauer fcstnahm, der. eben erst aus der Strafanstalt Bautzen entlasten, bereits wieder in Kleinzschachwitz einen Einbruch ver übt und dabei 200 M. entwendet hatte. — Der Streik bei Seidel und Naumann dauert noch immer an. Der Verband der Metollindustriellen hat zwar am Montag in der Angelegenheit der angedrohlenGeneralaussperrung einen Beschluß gefaßt, diesen aber bis heute noch nicht bekannt gegeben. Die Streikenden hielten am Donnerstag eine Versammlung ab, um zu erklären, daß sie sich auch einer er- neuten Aufforderung der Firma, zur Arbeit zurückzukehren, nicht fügen wollen, bevor nicht aus die gestellten Forderungen bindende Zusagen erfolgt find. — Wie bereits gemeldet, ist der praktische Arzt Dr. med. Carl Böcker aus Radebeul im hiesigen Friedrichstädter Krankenhause an Genickstarre verstorben. Ueber die Ursache dilseö auffälligen Todesfalles sind verschieden« Gerüchte im Umlauf, die aber mehr oder weniger den Tatsachen widersprechen. Nach den eingezogenen Erkundigungen hat Dr. Böcker zwar einen polnischen Arbeiter, der in Radebeul beschäftigt wird, in Behandlung gehabt, aber nicht wegen irgend einer Gehirnentzündung, sondern wegen einer Gelenkvcrstauchung. Der betreffende Mann lebt heute noch und befindet sich in der Behandlung eines anderen Arztes in Radebeul. Nach den angestellten amtlichen Erhebungen hat Dr. Böcker in letzter Zeit niemand in Behandlung gehabt, der plötzlich verstorben wäre. Hiernach erscheint e» aus geschlossen, daß eine Uebertragung der Genick starre auf den Arzt von irgend einem Patienten überhaupt stattgesunden hat. Dr. Böcker er krankte am 11. April und bald erkannten die ihn behandelnden Radebeuler Kollegen, daß sie es mit einem Falle von Genickstarre zu tun hatten. Der Kranke wurde unverweilt dem Friedrichstädter Krankenhause in Dresden zu- geführt, wo er am 15. April verstarb. Es ist alles, was dort Menschen Kunst vermag, getan worden, um ein Weiterverbreiten dieser ge fürchteten Krankheit zu verhüten. Bis jetzt ist nichts entdeckt worden, was auf eine Weiter verbreitung der Genickstarre schließen lasten könnte. Rätselhaft bleibt es zunächst, wie ge rade ein Arzt in einem von der Genickstarre bisher überhaupt verschont gebliebenen Orte an dieser Krankheit so plötzlich zugrunde gehen konnte. Die Familienangehörigen des in blühender Gesundheit im 39. Lebensjahre dahingerofften Arztes wurden unter ärztliche Beobachtung gestellt, doch hat auch die genaueste bakteriologische Untersuchung keinerlei Anzeichen für eine Uebertragung der Krankheit ergeben. Der Verstorbene wurde auf dem hiesigen Friedrichstädter Friedhose begraben. — In einer auf der Tharandter Straße befindlichen Strickmaschinenfabrik wurde am Donnerstag nachmittag ein Arbeitsbursche beim Auflegen des Riemens auf die an einer Schleudertrommel befindliche Scheibe von dieser erfaßt und mehrere Mule um die Transmissions scheibe geschleudert. Der Verunglückte, besten rechter Arm säst gänzlich vom Körper getrennt war und der außerdem noch eine Verstauchung der Rippen und innere Verletzungen davon getragen hatte, wurde nach Anlegung eines Notverbandes in das Friedrichstädter Kranken haus gebracht. — Der König hat von seinem Begnadigungs rechte gegenüber dem Mörder Arthur Schilling aus Chemnitz, der ein 13 jähriges Schul mädchen ermordete und eine Botenfrau nieder schlug und beraubte, keinen Gebrauch gemacht. Das Dresdner Schwurgericht hatte bekanntlich Schilling, eine Bestie in Menschengestalt, zum Tode und 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Da» Todesurteil ist heute Sonnabend früh 6 Uhr im Hofe des Dresdner Land- gerichtSgebäudeS vom Scharfrichter Brand aus Pfaffroda bei Sayda vollstreckt worden. Dem Mörder ist erst am Freitag Abend vom Staatsanwalt Mitteilung über seine Hinrichtung gemacht werden. Di« früher den Mördern vor der Hinrichtung verabreichte Henkersmahl zeit ist auf Anordnung des Justizministerium« in Wegfall gekommen. — Mit dem festgenommenen Stlberdieb Hedermann hat die Polizei einen glücklichen Griff getan und viel Unheil verhütet, da der Einbrecher ein äußerst gewalttätiger Mensch ist Auf sein Konto kommen neun Einbrüche, die er in reichlich vier Monaten in vornehmen Häusern verübt'. Dabei erbeutete er Silber zeug im Werte von 1413 Mk. Die Hehler dienste leistete dem Einbrecher der am Poppitz wohnhafte GoldarbeUer Oswald Seifert, der ebenfalls in Hast genommen wurde. Noch ist ein weiterer Komplize HedermannS verhaftet worden, der Arbeiter Lier. Dieser unternahm, als er vom Verhör in da« UntersuchuugS- qefängni» zurückgeführt werden sollte, einen Fluchtversuch auf dem Korridor des Justiz gebäudes, wurde aber an der Ausgangstür der Pillnitzer Straße aufgehalten. — Am Freitag Abend gegen 7 Uhr landete auf äußerer Seidnitzer Flur ohne Unfall ein Luftballon der Berliner Militärluftschiffer abteilung, nachdem er zuvor Dresden über« flogen hatte. Moritzburg. Der Wildpark im aus gedehnten Moritzburger Revier ist kürzlich durch Einsetzen von direkt importierten russischen und schlesischen Hirschen erheblich verstärkt und damit frisches Blut in den vorhandenen Hlrsch- wild-Bestand eingesührt werden. — Die Teiche werden vom neuen Pächter, Herrn v. Zehmen, mit frischer Brut besetzt und durch eine ge eignetere Fütterung soll die Fischzucht für di« Folge rationeller betrieben werden, sodaß all jährlich die Ausfischung erfolgen kann. Pirna. Auf dem hiesigen Güterbahnhofe verunglückte der 62 Jahre alte Wagenschreiber Ebermann dadurch tödlich, daß er beim Zusammenstellen eine» Zuge« zwischen die Puffer geriet, wodurch dem Bedauernswerten der Brustkorb zerquetscht wurde. Zeithain. Ein Soldat des jetzt in Zett hain zur Abhaltung von Schießübungen sich aufhaltenden 134. Infanterie-Regiments hatte sich am 13. d M von seinem Truppenteile entfernt und sich des Rockes, Seitengewehres und der Kopfbedeckung in der Nähe der Elbe entledigt und dies in einen Sumpf geworfen. Dieser Tage wurde der Deserteur in der Nähe von Dahlen durch einen Gendarm festgenommen. Erkannt wurde der Flüchtling daran, daß er noch Militarhosen trug. Er wurde an die Wache des Ulanenregiments in Oschatz abge- ltefert, das für Rückbeförderung an sein Regiment sorgte. ' Chemnitz Von der hiesigen Kriminal polizei festgenommen wurde ein 31 Jahre alter von seiner Ehefrau getrennt lebender Fabrik arbeiter- Dieser hat am Mittwoch Abend 9 Uhr seiner Ehefrau, der er zu diesem Zwecke nachgegangen war, im alten Friedhof )en Inhalt einer Flasche Schwefelsäure in den Hals, ins Gesicht und an die Arme geschüttet und ihr dadurch nicht unerhebliche Brandwunden beigebracht. Die Verletzte mußte sich in ärztliche Behandlung begeben. Eifersucht scheint die Ursache zur Tat zu sein. Aue Durch Leuchtgas vergiften wollte sich aus bisher unaufgeklärten Gründen die Ehefrau eines höchst achtbar und streng solid bekannten Einwohners in hiesiger Stadt, als letzterer von der Arbeit heimkehrend die Wohnung verschlossen fand, fiel ihm der starke Gasgeruch auf, und nach Aufsprengung der Türe stellte sich heraus, das die Frau den Gashahn geöffnet und so den Tod gesucht habe. Schwerkrank mußte sie in ärztliche Pflege ge geben werden. Reutnitz bei Ostritz, Ein Unglücksfall mit tödlichem Ausgange ereignete sich am Montag Abend in Reutnitz. Ein Gutsbesitzer war im Stalle damit beschäftigt, einem Ochsen die Kette am Kopfe zu lockern. Hierbei wurde da» sonst nicht böswillige Tier unruhig, drückte diesen an die Wand und brachte ihm mit den Hörnern mehrere schwere Verletzungen bei, di« den Tod herbeisührten. Annaberg. Mit Beginn de« neuen Schuljahres wurde die fiit 15 Jahren b«- stehende katholische Fordbildungsschule in Anna berg auf Antrag der Unterhaltungspflichtigen mit Genehmigung der zuständigen Stellen auf gelöst. Die Schüler müssen von nun ab die allgemeine Fortbildungsschule besuchen. Schedewitz. Schwer verunglückt ist hier der Streckenarbeiter Engelhardt aus Nieder planitz dadurch, daß ihm ein leerer Eisenbahn wagen über beide Beine ging. Engelhardt wollte beim Rangieren aus einen im Gang be findlichen Wagen springen, kam dabei aber so unglücklich zu Fall, daß er auf die Schienen zu liegen kam und der Wagen ihm über beide Beine fuhr. Der Bedauernswerte, welcher erst kürzlich zum Militär ausgehoben worden war, wurde in» Kreiskrankenstift Zwickau übergeführt.